Parität. Religion und konfessionelle Konflikte an der Universität Bonn im 19. Jahrhundert

Philip Rosin (Bonn)

Allegorisches Wandgemälde der Theologischen Fakultäten aus der Alten Aula der Uni Bonn. (Archiv der Universität Bonn)

1. Einleitung

Re­li­gi­on, Kir­che und Uni­ver­si­tät wa­ren seit der Ent­ste­hung der ers­ten hö­he­ren Bil­dungs­ein­rich­tun­gen im mit­tel­al­ter­li­chen Eu­ro­pa eng mit­ein­an­der ver­bun­den, ihr Ver­hält­nis zu­ein­an­der bil­det so­mit „ei­ne der Kern­fra­gen der eu­ro­päi­schen Uni­ver­si­täts­ge­schich­te.“[1] Mit der Re­for­ma­ti­on wur­den die Uni­ver­si­tä­ten zu­neh­mend zu ei­nem Be­stand­teil der kon­fes­sio­nel­len Aus­ein­an­der­set­zun­gen. Im „kon­fes­sio­na­li­sier­ten Ter­ri­to­ri­al­staa­t“[2] spiel­ten die Uni­ver­si­tä­ten nun ent­spre­chend die Glau­bens­über­zeu­gung des je­wei­li­gen Lan­des­herrn wi­der. Ei­nen wich­ti­gen Schritt hin zur Pro­fes­sio­na­li­sie­rung und Mo­der­ni­sie­rung der Uni­ver­si­tä­ten in deut­schen Lan­den stell­te in der Frü­hen Neu­zeit die Grün­dung der Uni­ver­si­tä­ten in Hal­le/Saa­le (1694) und be­son­ders in Göt­tin­gen (1737) dar.[3] Sie ver­deut­lich­ten me­tho­disch die Über­win­dung scho­las­ti­scher Denk­mo­del­le hin zu ei­nem weit­ge­hend ra­tio­na­len Wis­sen­schafts­be­griff und or­ga­ni­sa­to­risch die Ab­kehr von der so­ge­nann­ten „Fa­mi­li­en­uni­ver­si­tät“.[4] Wei­ter­hin kenn­zeich­nend blieb trotz ih­rer staat­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­on je­doch ihr ein­sei­ti­ger kon­fes­sio­nel­ler Schwer­punkt, re­prä­sen­tiert durch die je­wei­li­ge theo­lo­gi­sche Fa­kul­tät. Der nächs­te be­deut­sa­me uni­ver­si­täts­ge­schicht­li­che Mo­der­ni­sie­rungs­schritt voll­zog sich zu Be­ginn des 19. Jahr­hun­derts, ver­bun­den mit dem „Hum­boldt­schen Mo­del­l“ der Ein­heit von For­schung und Leh­re. Für die hum­boldt­sche Uni­ver­si­tät kenn­zeich­nend wa­ren die Grün­dun­gen der so­ge­nann­ten „drei (preu­ßi­schen) B’s“[5], näm­lich der Uni­ver­si­tä­ten in Ber­lin (1810), Bres­lau (1811) und Bonn (1818). Ein be­deu­ten­der Re­form­schritt, der heu­te et­was in Ver­ges­sen­heit ge­ra­ten ist, wur­de ge­ra­de nicht in Ber­lin, son­dern zu­nächst in Bres­lau und dann we­nig spä­ter in Bonn prak­ti­ziert: Das Prin­zip der kon­fes­sio­nel­len Pa­ri­tät.[6]  Bei­de Uni­ver­si­tä­ten ver­füg­ten je­weils so­wohl über ei­ne ka­tho­li­sche als auch über ei­ne evan­ge­lisch-theo­lo­gi­sche Fa­kul­tät und stan­den so­mit ex­pli­zit Leh­ren­den und Ler­nen­den bei­der Kon­fes­sio­nen of­fen.

Wilhelm vom Humboldt (1767-1835), Gemälde von Gottlieb Schick (1776-1812), Öl/Leinwand, Rom, 1808/1809. (Deutsches Historisches Museum, Berlin / A. Psille, Inv.-Nr.: Gm 97/19)

 

Am Bei­spiel der Uni­ver­si­tät Bonn soll an ei­ni­gen mar­kan­ten Er­eig­nis­sen ex­em­pla­risch auf­ge­zeigt wer­den, wel­che Kon­se­quen­zen sich dar­aus im aka­de­mi­schen Le­ben der Rhei­ni­schen Fried­rich-Wil­helms-Uni­ver­si­tät im 19. Jahr­hun­dert er­ga­ben. Nicht Öku­me­ne war die Fol­ge des Pa­ri­täts­prin­zips, viel­mehr bot ih­re prak­ti­sche Aus­ge­stal­tung nicht sel­ten An­lass zu Kon­tro­ver­sen in­ner­halb der Bon­ner Al­ma Ma­ter. Wie zu zei­gen sein wird, wa­ren As­pek­te der Re­li­gi­on und kon­fes­sio­nel­le Kon­flik­te ein Stück weit prä­gend für die Ge­schich­te der Bon­ner Uni­ver­si­tät wäh­rend der ers­ten Jahr­zehn­te ih­res Be­ste­hens. Im Fo­kus der Un­ter­su­chung ste­hen al­ler­dings nicht die Ge­schich­te der bei­den theo­lo­gi­schen Fa­kul­tä­ten oder de­ren wis­sen­schaft­lich-fach­li­che Ent­wick­lung, son­dern die Be­deu­tung und die Kon­se­quen­zen des Prin­zips der Pa­ri­tät für die Ge­schich­te der Uni­ver­si­tät Bonn bis zur Reichs­grün­dung 1871.

2. Der Köln-Bonner Standortstreit

Die Rhein­lan­de ge­hör­ten be­kannt­lich nicht zu den von Preu­ßen an­ge­streb­ten Ge­biets­er­wer­bun­gen auf dem Wie­ner Kon­gress. Durch die Über­nah­me der West­pro­vin­zen ver­än­der­te sich die bis­he­ri­ge preu­ßi­sche Staats­struk­tur fun­da­men­tal. In kon­fes­sio­nel­ler Hin­sicht von Be­ginn an hei­kel war die Tat­sa­che, dass das be­tont pro­tes­tan­ti­sche Kö­nigs­haus der Ho­hen­zol­lern nun im Wes­ten über ei­ne neue gro­ße ka­tho­li­sche Be­völ­ke­rung herrsch­te. Die von Kö­nig Fried­rich Wil­helm III. (Re­gent­schaft 1797-1840) am 5.4.1815 ver­kün­de­te Ab­sicht, in sei­nem neu­en Be­sitz in na­her Zu­kunft ei­ne Uni­ver­si­tät zu grün­den[7] , be­saß durch­aus am­bi­va­len­ten Cha­rak­ter: Ei­ner­seits zeug­te die An­kün­di­gung vom Wil­len des preu­ßi­schen Staa­tes zum En­ga­ge­ment in den nun er­wor­be­nen Be­sit­zun­gen, an­de­rer­seits ließ sie sich auch als sicht­ba­ren Macht­an­spruch der neu­en Herr­scher in­ter­pre­tie­ren.

Der Hofgarten im Jahr 1837 mit dem Hauptgebäude der Universität Bonn, sowie mit der Anatomie. Stich: Laurenz Lersch. (Archiv der Universität Bonn)

 

Da die Fra­ge des Stand­orts der neu zu grün­den­den Uni­ver­si­tät zu­nächst of­fen­blieb, ent­brann­te bald ein Kon­kur­renz­kampf zwi­schen meh­re­ren Or­ten: So mach­te Duis­burg als Sitz der frü­he­ren alt­preu­ßi­schen Uni­ver­si­tät An­sprü­che gel­tend[8], auch Köln ver­wies auf sei­ne uni­ver­si­tä­re Tra­di­ti­on, wäh­rend Bonn mit den vor­han­de­nen Räum­lich­kei­ten im ehe­ma­li­gen kur­fürst­li­chen Schloss und der Schön­heit sei­ner Rhein­land­schaft für sich warb.[9] Die Duis­bur­ger Am­bi­tio­nen wa­ren chan­cen­los, so dass ein Zwei­kampf zwi­schen Köln und Bonn ent­brann­te, der sei­nen Nie­der­schlag in ver­schie­de­nen Denk­schrif­ten der je­wei­li­gen An­hän­ger fand. Die Köl­ner mach­ten da­bei wohl den ent­schei­den­den ar­gu­men­ta­ti­ven Feh­ler, der eng mit dem Fak­tor Re­li­gi­on zu­sam­men­hing. In­dem sie auf die jahr­hun­der­te al­te uni­ver­si­tä­re Tra­di­ti­on so­wie auf die gro­ße Be­deu­tung ih­rer Stadt im Mit­tel­al­ter hin­wie­sen, rie­fen sie an­ti­ka­tho­li­sche Vor­ur­tei­le bei den neu­en pro­tes­tan­ti­schen Lan­des­her­ren her­vor.[10] Nichts lag den Ho­hen­zol­lern als Ziel fer­ner, als ei­ne an ih­re mit­tel­al­ter­li­che Tra­di­ti­on an­knüp­fen­de, ka­tho­lisch ge­präg­te Uni­ver­si­tät in un­mit­tel­ba­rer Nä­he des ein­fluss­rei­chen Köl­ner Erz­bi­schofs. Die schlie­ß­lich am 18.10.1818 voll­zo­ge­ne Bon­ner Grün­dung ver­stand sich als mo­der­ne Re­for­m­u­ni­ver­si­tät. Das hei­ßt aber auch: Das Prin­zip der Pa­ri­tät soll­te nicht pri­mär der An­nä­he­rung der Kon­fes­sio­nen die­nen, son­dern es war ge­ra­de ge­dacht als Al­ter­na­ti­ve zum ka­tho­li­schen Köl­ner Mo­dell und soll­te den Ein­fluss des Pro­tes­tan­tis­mus an der neu ge­grün­de­ten Uni­ver­si­tät der Rhein­pro­vinz si­cher­stel­len. Die Rhein-Uni­ver­si­tät war Aus­druck des preu­ßi­schen Selbst­ver­ständ­nis­ses, wo­nach in den Wor­ten des Kul­tus­mi­nis­ters Karl vom Stein zum Al­ten­stein (1770-1840, Kul­tus­mi­nis­ter 1817-1838) von 1819 „die Re­gie­rung für die evan­ge­li­sche Kir­che sorgt mit Lie­be, für die ka­tho­li­sche Kir­che sorgt nach Pflicht.“[11] Das ist wohl auch der Haupt­grund da­für, dass in den nach­fol­gen­den Jahr­zehn­ten so er­bit­tert um die prak­ti­sche Aus­ge­stal­tung der Pa­ri­tät an der Bon­ner Uni­ver­si­tät ge­strit­ten wur­de.

Blick auf das neue kurfürstliche Schloss in Bonn, Residenz des Kölner Erzbischofs, Stich von Balthasar Friedrich Leizel (1727-1802), 1780er-Jahre.

 

3. Das Prinzip der Parität im Spiegel der Stiftungsurkunde und der Statuten

In der Stif­tungs­ur­kun­de, von Fried­rich Wil­helm III. am 18.10.1818 in Aa­chen aus­ge­stellt, wur­den in § 3 die ein­zel­nen Fa­kul­tä­ten auf­ge­zählt, dar­un­ter so­wohl ei­ne Evan­ge­lisch-Theo­lo­gi­sche als auch ei­ne Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­sche Fa­kul­tät. Die par­al­le­le Exis­tenz bei­der Fa­kul­tä­ten war - wie ge­sagt - zur da­ma­li­gen Zeit ei­ne Be­son­der­heit. Ihr Ver­hält­nis zu­ein­an­der, mit­hin der Kern des Pa­ri­täts­prin­zips, wur­de eben­falls in § 3 fest­ge­schrie­ben: „Die bei­den theo­lo­gi­schen Fa­cul­tä­ten sol­len an Rang ein­an­der gleich sein, aber in al­len Ver­hält­nis­sen, wo es auf den Vor­tritt an­kommt, Jahr um Jahr hier­in un­ter ein­an­der wech­seln.“[12] Dar­über hin­aus wur­de in § 5 be­tont, dass die Kon­fes­si­on der Hoch­schul­leh­rer, von den bei­den theo­lo­gi­schen Fa­kul­tä­ten ab­ge­se­hen, kein Kri­te­ri­um für de­ren An­stel­lung sein dür­fe, al­so nach heu­ti­gem Sprach­ge­brauch kei­ner­lei Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Fak­tors „Con­fes­si­on“ statt­fin­den dür­fe. Im Wei­te­ren ga­ran­tier­te § 6 den Hoch­schul­an­ge­hö­ri­gen das Recht, ih­ren Glau­ben im Uni­ver­si­täts­all­tag durch den Be­such kon­fes­sio­nell ge­trenn­ter Got­tes­diens­te zum Aus­druck brin­gen zu kön­nen. Den Pro­tes­tan­ten wur­de die Ka­pel­le im bis­he­ri­gen Schloss, dem künf­ti­gen Uni­ver­si­täts­haupt­ge­bäu­de, zur Ver­fü­gung ge­stellt, wäh­rend den Ka­tho­li­ken der „Mit­ge­brauch“ ei­ner der ört­li­chen Bon­ner Kir­chen emp­foh­len wur­de.[13] Hier­an zeigt sich sym­bol­haft, dass ei­ne la­ten­te Vor­rang­stel­lung des Pro­tes­tan­ti­schen an der neu­en Uni­ver­si­tät im Ein­klang mit den Glau­bens­vor­stel­lun­gen des Herr­scher­hau­ses von Be­ginn an durch­aus ge­ge­ben war. Gleich­zei­tig muss man sich vor Au­gen hal­ten, dass es zum Zeit­punkt der Uni­ver­si­täts­grün­dung kaum Pro­tes­tan­ten in Bonn gab; das än­der­te sich erst all­mäh­lich mit dem Zu­zug preu­ßi­scher Be­am­ter, der Be­ru­fung von Pro­fes­so­ren und die An­we­sen­heit aus­wär­ti­ger Stu­den­ten so­wie durch den Zu­zug von Sol­da­ten und Neu­bür­gern aus an­de­ren preu­ßi­schen Lan­des­tei­len. Ein Aus­druck des­sen war, dass die Pro­tes­tan­ten in Bonn bis zur Ein­wei­hung der heu­ti­gen Kreuz­kir­che am Kai­ser­platz im Jahr 1871 über kein grö­ße­res Got­tes­haus ver­füg­ten.[14] In­so­fern spiel­te die Schloss­ka­pel­le aus der Sicht der meist neu zu­ge­zo­ge­nen Pro­tes­tan­ten ge­ra­de in der Früh­pha­se der Uni­ver­si­tät ei­ne zen­tra­le Rol­le. Das wird auch dar­an deut­lich, dass spä­ter in den Uni­ver­si­täts-Sta­tu­ten (§ 7) ver­fügt wur­de, die Schloss­kir­che ste­he „zu­gleich für den Got­tes­dienst der evan­ge­li­schen Ge­mein[d]e“[15] zur Ver­fü­gung.

Vor dem all­ge­mein­po­li­ti­schen Hin­ter­grund von Re­stau­ra­ti­on und Dem­ago­gen­ver­fol­gung seit den Karls­ba­der Be­schlüs­sen dau­er­te es bis ins Jahr 1828, ehe die 1819 er­las­se­nen pro­vi­so­ri­schen In­struk­tio­nen durch of­fi­zi­el­le Uni­ver­si­täts­sta­tu­ten er­setzt wer­den konn­ten. Trotz der lan­gen Zeit der Er­ar­bei­tung wa­ren die Bon­ner Sta­tu­ten eng an die Ber­li­ner Uni­ver­si­täts­sta­tu­ten an­ge­lehnt.[16] Das galt je­doch vor dem Hin­ter­grund des Pa­ri­täts­prin­zips an der Uni­ver­si­tät Bonn nicht für die re­li­gi­ös-kon­fes­sio­nel­len Be­stim­mun­gen, das in den Bon­ner Sta­tu­ten brei­te, mehr­fa­che Be­hand­lung er­fuhr. So wur­de, viel deut­li­cher noch als in der Stif­tungs­ur­kun­de, in § 6 ih­re be­son­de­re re­li­gi­ös-kon­fes­sio­nel­le Ver­fasst­heit her­vor­ge­ho­ben: „Die Uni­ver­si­tät zu Bonn ist, in Be­zie­hung auf die Re­li­gi­ons- und Con­fes­si­ons-Ver­hält­nis­se, ei­ne ge­misch­te und pa­ri­tä­ti­sche. Die Leh­rer der Theo­lo­gie bil­den zwey ver­schie­de­ne, selb­stän­di­ge, und mit glei­chen Rech­ten und glei­chem Ran­ge be­gab­te Fa­kul­tä­ten, ei­ne evan­ge­li­sche, und ei­ne ka­tho­li­sche“.[17] 

Erster Teil des Paragraphen 3 der Stiftungsurkunde der Universität Bonn, 18.10.1818. (Archiv der Universität Bonn)

Zweiter Teil des Paragraphen 3 der Stiftungsurkunde der Universität Bonn, 18.10.1818. (Archiv der Universität Bonn)

 

Be­son­de­re Auf­merk­sam­keit ver­dient dar­über hin­aus der § 8 der Sta­tu­ten, der sich ex­pli­zit mit der Be­zie­hung der bei­den kirch­li­chen Kon­fes­sio­nen zu­ein­an­der und dem in­ner­uni­ver­si­tä­ren re­li­giö­sen Bin­nen­ver­hält­nis be­fasst. Zu­nächst wird noch ein­mal die recht­li­che Gleich­heit al­ler Uni­ver­si­täts­an­ge­hö­ri­gen un­ge­ach­tet ih­res je­wei­li­gen re­li­giö­sen Be­kennt­nis­ses be­tont, so­dann fast schon in Form ei­nes Ap­pells dar­auf hin­ge­wie­sen, dass an der Uni­ver­si­tät Bonn als „ei­ner ge­misch­ten An­stalt al­les ver­mie­den wer­den muss, was die Rech­te der ei­nen oder an­de­ren Kon­fes­si­on krän­ken, und in die­ser Be­zie­hung Un­zu­frie­den­heit und Kla­gen ver­ur­sa­chen könn­te.“[18] Die­se Aus­sa­ge ist ein ein­drück­li­ches Be­kennt­nis zum Pa­ri­täts­prin­zip. Dass es je­doch nach fast zehn Jah­ren aka­de­mi­schen Le­bens an der „Rhein-Uni­ver­si­tät“ von of­fi­zi­el­ler Sei­te of­fen­sicht­lich für not­wen­dig er­ach­tet wur­de, nun 1828 die­sen we­der in der Stif­tungs­ur­kun­de (1819) noch im „Vor­läu­fi­gen Re­gle­men­t“ (1819) ent­hal­te­nen Pas­sus in die neu er­las­se­nen Sta­tu­ten ein­zu­fü­gen, ist zu­gleich ein Hin­weis auf exis­tie­ren­de Span­nun­gen im kon­fes­sio­nel­len Ver­hält­nis. In die­sem Zu­sam­men­hang be­mer­kens­wert ist auch der letz­te Ab­satz in § 7 mit dem Auf­ruf zu „gu­ter Ein­trach­t“ und ins­be­son­de­re zu „christ­li­cher Lie­be“, der sich in­so­fern wie ein frü­hes Be­kennt­nis zur Öku­me­ne liest – ko­di­fi­ziert von der Ver­wal­tung ei­nes Staa­tes, der im Ver­lauf des 19. Jahr­hun­derts in der Fra­ge der kon­fes­sio­nel­len Spal­tung selbst frei­lich nicht sel­ten „Con­cor­di­a“ und „Ca­ri­tas“ ver­mis­sen ließ.

Karl Joseph Hieronymus Windischmann, Porträt. (Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung, Porträtsammlung, Inventar-Nr. PORT_00136490_01)

 

4. Besonderer Ausdruck der Parität: Die Konkordatslehrstühle

Ab­ge­se­hen von der Exis­tenz der bei­den Theo­lo­gi­en fand das Pa­ri­täts­prin­zip mit Blick auf die an­de­ren Fa­kul­tä­ten be­son­de­ren Aus­druck in der Er­rich­tung der so­ge­nann­ten „Kon­kor­dats­lehr­süh­le“.[19] In be­stimm­ten Fä­chern, de­ren Schwer­punk­te oder In­hal­te sich aus kon­fes­sio­nel­ler Per­spek­ti­ve un­ter­schied­lich dar­stel­len konn­ten, soll­te je­weils spie­gel­bild­lich zu ei­nem Pro­tes­tan­ten ein Lehr­stuhl ei­nem Ka­tho­li­ken vor­be­hal­ten sein. Be­reits in der Stif­tungs­ur­kun­de wur­de für die da­ma­li­ge „Kö­nigs­dis­zi­plin“, die Phi­lo­so­phie, fest­ge­legt, dass es im­mer auch ei­nen or­dent­li­chen Pro­fes­sor ka­tho­li­scher Kon­fes­si­on ge­ben müs­se.[20] Ers­ter Lehr­stuhl­in­ha­ber wur­de auf ka­tho­li­scher Sei­te Karl Jo­seph Win­disch­mann (1775-1839), der bald zu ei­nem ein­fluss­rei­chen, aber auch um­strit­te­nen Für­spre­cher ka­tho­li­scher In­ter­es­sen avan­cier­te.[21] Als evan­ge­li­scher Ver­tre­ter der Phi­lo­so­phie wur­de Chris­ti­an Au­gust Bran­dis (1790-1867) be­ru­fen.[22] 

In den Uni­ver­si­täts­sta­tu­ten wur­de die­se Re­ge­lung dann of­fi­zi­ell auch auf die Ju­ris­ti­sche Fa­kul­tät aus­ge­wei­tet (§ 6)[23], weil sich für den Be­reich des ka­tho­li­schen Kir­chen­rechts eben­falls die­se Not­wen­dig­keit er­gab. Der Ruf er­ging an den Hei­del­ber­ger Pri­vat­do­zen­ten Fer­di­nand Wal­ter (1794-1879). Die­ser fes­tig­te sei­ne neue Stel­lung in Bonn nicht nur mit dem Ver­fas­sen ei­nes Maß­stä­be set­zen­den Lehr­buchs zum Kir­chen­recht, son­dern zu­sätz­lich auch durch die Hei­rat mit der äl­tes­ten Toch­ter von Pro­fes­sor Win­disch­mann, was Wal­ter zu ei­nem wich­ti­gen Re­prä­sen­tan­ten der Bon­ner ka­tho­li­schen Ge­sell­schaft mach­te.[24] 

Christian August Brandis, 1853, Autograph: Augustini confehs. - Amemius non inveniendo invenire potius, quam inveniende non inveniere Te, Domine, Christianus Aug. Brandis. (Stadtarchiv Bonn)

 

Ein Fach, das eben­falls nicht un­be­rührt blieb von den hef­tig auf­kei­men­den kon­fes­sio­nel­len Aus­ein­an­der­set­zun­gen im Lau­fe des 19. Jahr­hun­derts, war die Ge­schichts­wis­sen­schaft. Ein aus Bon­ner Sicht an­schau­li­ches Bei­spiel war die 1844 von dem da­ma­li­gen Pri­vat­do­zen­ten Hein­rich von Sy­bel (1817-1895) ge­mein­sam mit Jo­hann Gus­tav Gil­de­meis­ter pu­bli­zier­te Un­ter­su­chung zur im glei­chen Jahr be­gan­ge­nen Hei­lig-Rock-Wall­fahrt zu Trier[25], die ih­rer quel­len­ba­sier­ten Me­tho­dik nach zwar wis­sen­schaft­lich an­ge­legt war, in ih­rer ein­sei­ti­gen po­li­ti­schen Ab­sicht und Kri­tik am Re­li­qui­en­kult aber ei­ne de­zi­diert an­ti­ka­tho­li­sche Schrift war.

Trotz sol­cher Ent­wick­lun­gen war in aka­de­mi­schen Krei­sen die Über­ra­schung groß, als die preu­ßi­sche Re­gie­rung per Ka­bi­netts­or­der vom 26.9.1853 für Bonn und Bres­lau je­weils die Ein­füh­rung ei­ner pa­ri­tä­ti­schen Ver­tre­tung des Fachs Ge­schich­te ver­füg­te. Nach ei­ni­gem hin und her zwi­schen der Kul­tus­ver­wal­tung und der Uni­ver­si­täts­lei­tung – in Bonn stand man der neu­en Ver­fü­gung zwar nicht prin­zi­pi­ell ab­leh­nend, aber doch pas­siv-kri­tisch ge­gen­über – wur­de schlie­ß­lich der Rhein­län­der Karl Adolf Cor­ne­li­us (1819-1903), der nach sei­nem frü­hen Weg­gang nach Mün­chen 1856 durch Fried­rich Wil­helm Kampschul­te (1831-1872), ei­nem auf­stre­ben­den Ex­per­ten für das Re­for­ma­ti­ons­zeit­al­ter, er­setzt wur­de.[26] 

Heinrich Sybel, Porträtfoto, 1857.

 

5. Hermesianismus-Streit und „Kölner Ereignis“

Die An­fän­ge der Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät ge­stal­te­ten sich auf­grund be­son­de­rer in­ne­rer und äu­ße­rer Um­stän­de in den ers­ten Jahr­zehn­ten be­son­ders schwie­rig. Bei der Be­set­zung der Lehr­stüh­le gab es auf­grund der Schlie­ßung der al­ten Uni­ver­si­tä­ten in der Fran­zo­sen­zeit kaum ge­eig­ne­tes Per­so­nal aus dem Rhein­land, Preu­ßen selbst ver­füg­te nur in Bres­lau und Müns­ter über ei­ge­ne ka­tho­li­sche Kan­di­da­ten. Für ka­tho­li­sche Be­wer­ber aus den süd­deut­schen Län­dern war die Uni­ver­si­tät Bonn in der Früh­pha­se noch nicht sehr at­trak­tiv, denn die neue In­sti­tu­ti­on galt als ei­ne Art pro­tes­tan­tisch do­mi­nier­ter Fremd­kör­per, zu­mal das künf­ti­ge po­li­ti­sche und recht­li­che Ver­hält­nis zwi­schen preu­ßi­schem Staat und ka­tho­li­scher Kir­che im Rhein­land noch un­klar war.[27] Ne­ben ei­ni­gen eher nach­ran­gi­gen Per­so­nen ge­lang es En­de 1819 schlie­ß­lich, mit dem an­ge­se­he­nen Müns­te­ra­ner Dog­ma­ti­ker Ge­org Her­mes (1775-1831) „ei­ne theo­lo­gi­sche Be­rühmt­heit“[28] an die Bon­ner Fa­kul­tät zu be­ru­fen. Al­ler­dings soll­te ge­ra­de die­se Be­ru­fung so­wohl kurz- als auch lang­fris­tig für mas­si­ve Schwie­rig­kei­ten sor­gen. Zu­nächst führ­te die Weg­be­ru­fung zu Span­nun­gen zwi­schen Bonn und Müns­ter. Da sich nach der Weg­be­ru­fung von Her­mes ein Exo­dus sei­ner Schü­ler an den Rhein ab­zu­zeich­nen schien, wur­de den Müns­te­ra­ner Se­mi­na­ris­ten ein Wech­sel von kirch­li­cher Sei­te streng un­ter­sagt, was wie­der­um zu Pro­test aus Bonn führ­te, schlie­ß­lich das Kul­tus­mi­nis­te­ri­um auf den Plan rief und nach wei­te­ren Strei­tig­kei­ten gar die sechs­mo­na­ti­ge Schlie­ßung der Müns­te­ra­ner Fa­kul­tät zur Fol­ge hat­te.[29] In den kom­men­den Jah­ren er­ar­bei­te­te sich Her­mes ei­ne kla­re Füh­rungs­po­si­ti­on in­ner­halb der Fa­kul­tät. Ob­wohl der Dog­ma­ti­ker Franz Jo­seph Se­ber (1777-1827) 1818 als ei­ner der ers­ten Pro­fes­so­ren über­haupt nach Bonn be­ru­fen wor­den war, mach­te Her­mes ihm schnell sei­ne Po­si­ti­on strei­tig. So führ­te er di­rekt bei sei­ner An­kunft im Som­mer­se­mes­ter 1820 eben­falls mit gro­ßem Er­folg ei­ne Dog­ma­tik-Vor­le­sung durch.[30] Se­ber ver­ließ schlie­ß­lich 1825 die Uni­ver­si­tät Bonn in Rich­tung Lö­wen.[31] 

Georg Hermes, Stahlstich, Künstler: Bollinger [S]aulp. (Archiv der Universität Bonn, Graphiksammlung Nr. 1)

 

Zu Her­mes’ För­de­rern ge­hör­ten so­wohl Kul­tus­mi­nis­ter Al­ten­stein als auch der neue Erz­bi­schof des mitt­ler­wei­le wie­der­her­ge­stell­ten Erz­bis­tums Köln, Fer­di­nand Au­gust Graf von Spie­gel (Epis­ko­pat 1824-1835). Als wich­tigs­ter uni­ver­si­täts­in­ter­ner Geg­ner Her­mes’ ver­blieb der be­reits er­wähn­te Phi­lo­soph Win­disch­mann.[32] Sei­ne Kri­tik und die wei­te­rer Ka­tho­li­ken hat­te ih­re Ur­sa­che dar­in, dass Her­mes ei­ne ei­ge­ne, eng an die Phi­lo­so­phie an­ge­lehn­te theo­lo­gi­sche Denk­wei­se ver­trat.[33] In­dem er mit Un­ter­stüt­zung des Erz­bi­schofs sei­ne An­hän­ger um sich schar­te, wur­de die Bon­ner ka­tho­li­sche Fa­kul­tät zum Zen­trum des so­ge­nann­ten „Her­me­sia­nis­mus“. Die ne­ga­ti­ven Kon­se­quen­zen die­ser Ent­wick­lung zeig­ten sich erst nach Her­mes’ Tod (26.5.1831). Im Jah­re 1833 wur­de in Rom ei­ne Un­ter­su­chung zu den Her­mes­schen Leh­ren ein­ge­lei­tet, die 1835 zu ei­ner päpst­li­chen Ver­ur­tei­lung sei­nes theo­lo­gi­schen Sys­tems und zu ei­nem Ver­bot sei­ner Bü­cher führ­te. Für die mehr­heit­lich aus Her­mes-Schü­lern be­ste­hen­de Bon­ner ka­tho­li­sche Fa­kul­tät stell­te die­se Ent­wick­lung ei­ne gro­ße Ge­fahr war, zu­mal fast zeit­gleich ihr ein­fluss­reichs­ter Un­ter­stüt­zer, der Köl­ner Erz­bi­schof von Spie­gel, ver­stor­ben war.[34] Bis zur Neu­be­set­zung des Bis­tums zei­tig­te das päpst­li­che Bre­ve für die Bon­ner Theo­lo­gen kei­ne Kon­se­quen­zen, doch mit dem Amts­an­tritt von Cle­mens Au­gust von Dros­te-Vi­sche­ring, ei­nem er­klär­ten Her­mes-Geg­ner, war die­se Gna­den­frist im Mai 1836 ab­ge­lau­fen. Er ver­häng­te un­ter an­de­rem ein Ver­bot an die Stu­den­ten zum Be­such der Lehr­ver­an­stal­tun­gen der her­me­streu­en Do­zen­ten, die Mit­glie­der der Fa­kul­tät soll­ten ih­rem al­ten Meis­ter zu­dem of­fi­zi­ell ab­schwö­ren. Die Fol­ge war ei­ne Ent­frem­dung zwi­schen den Stu­den­ten und den Pro­fes­so­ren der Fa­kul­tät, die ih­rer­seits mit Kon­se­quen­zen we­gen des Fern­blei­bens von Lehr­ver­an­stal­tun­gen droh­ten, wor­auf­hin vie­le der von bei­den Sei­ten un­ter Druck ge­setz­ten an­ge­hen­den jun­gen Theo­lo­gen die Uni­ver­si­tät Bonn ver­lie­ßen.[35] Ein fast ein­jäh­ri­ger Rom-Auf­ent­halt von Pro­fes­sor Jo­hann Hein­rich Ach­ter­feld (1788-1877) - April 1837-April 1838 -, der dem Ver­such ei­ner in­halt­li­chen Ver­tei­di­gung und Re­ha­bi­li­ta­ti­on von Her­mes’ The­sen die­nen soll­te, en­de­te mit ei­nem „völ­li­ge[n] Schei­tern des ge­plan­ten Ver­mitt­lungs­werks“.[36] 

Ferdinand August von Spiegel (1764-1835), Erzbischof von Köln.

 

Die Aus­ein­an­der­set­zung en­de­te schlie­ß­lich 1843 da­mit, dass zwei Pro­fes­so­ren, die wei­ter­hin nicht be­reit wa­ren, sich von Her­mes’ Leh­ren zu dis­tan­zie­ren - ne­ben Ach­ter­fel­d Jo­hann Wil­helm Jo­seph Braun (1801-1863) - vom preu­ßi­schen Kul­tus­mi­nis­te­ri­um dau­er­haft von ih­ren Lehr­ver­pflich­tun­gen ent­bun­den wur­den – da­mit kam es ei­ner kirch­li­chen Ent­zie­hung der Lehr­er­laub­nis zu­vor.[37] Of­fi­zi­ell blie­ben die bei­den Pro­fes­su­ren bei vol­lem Ge­halt wei­ter­hin Teil des Lehr­kör­pers. Für die Fa­kul­tät war das ei­ne be­son­de­re or­ga­ni­sa­to­ri­sche Be­las­tung, denn ei­ne per­so­nel­le Auf­sto­ckung er­folg­te nicht.

Der am En­de teu­er er­kauf­te Kom­pro­miss war auch ei­ne Fol­ge der Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen preu­ßi­schem Staat und ka­tho­li­scher Kir­che, der auf po­li­ti­scher Ebe­ne in den 1830er Jah­ren un­ge­fähr zeit­gleich zum in­ner­ka­tho­lisch-theo­lo­gi­schen Her­me­sia­nis­mus-Streit im Rhein­land statt­fand. Hier­bei han­del­te es sich um ei­ne be­son­de­re Aus­prä­gung des in der Ge­schich­te häu­fig an­zu­tref­fen­den Grund­kon­flikts zwi­schen Staat und Kir­che, von ir­di­scher Macht und gött­li­chem Heil.[38] Mit der neu­en Zu­ge­hö­rig­keit der west­li­chen Ge­bie­te zum pro­tes­tan­tisch do­mi­nier­ten Preu­ßen wa­ren kon­fes­sio­nel­le Kon­flik­te im Grun­de vor­pro­gram­miert, denn „für die über­wie­gen­de Mehr­zahl der Rhein­län­der hieß Kir­che ka­tho­li­sche Kir­che.“[39] Zu­nächst wa­ren bei­de Sei­ten je­doch um Aus­gleich be­müht. Die ka­tho­li­sche Kir­che muss­te sich nach der na­po­leo­ni­schen Zeit und der in Wien 1815 ge­schaf­fe­nen po­li­ti­schen Ord­nung zu­nächst re­struk­tu­rie­ren, für die Ho­hen­zol­lern ging es um den Auf­bau ei­ge­ner Ver­wal­tungs­struk­tu­ren im neu­en Herr­schafts­ge­biet und um die In­te­gra­ti­on in den Ge­samt­staat.

Johann Heinrich Achterfeld, Porträt.

 

Zum Kon­flikt­herd ent­wi­ckel­te sich in den kom­men­den Jah­ren der so­ge­nann­te „Misch­ehen­streit“, die Fra­ge des Um­gangs mit bi­kon­fes­sio­nel­len Ehen und ins­be­son­de­re der Kon­fes­si­ons­zu­ge­hö­rig­keit der Kin­der. Die Kon­stel­la­ti­on im Rhein­land war da­bei meist ein aus be­ruf­li­chen Grün­den aus „Alt­preu­ßen“ zu­ge­zo­ge­ner Mann in Ver­bin­dung mit ei­ner ein­hei­mi­schen ka­tho­li­schen Ehe­frau. Als 1825 durch ei­ne Ka­bi­netts­or­der be­stimmt wur­de, dass sich die Kon­fes­si­on der Kin­der pau­schal an der des Va­ters ori­en­tie­ren sol­le, war be­son­ders in der Rhein­pro­vinz die Ab­leh­nung groß, zu­mal päpst­li­cher­seits 1830 in ei­nem Bre­ve be­tont wur­de, dass aus der Sicht Roms über­haupt nur sol­che ge­misch­ten Ehen zu­läs­sig wa­ren, in de­nen die Kin­der ka­tho­lisch er­zo­gen wur­den.[40] Hat­ten sich Staat und Köl­ner Erz­bis­tum im Jahr 1834 noch um ei­ne Kom­pro­miss­lö­sung be­müht („Ber­li­ner Kon­ven­ti­on“), kam es mit der Er­nen­nung des neu­en Erz­bi­schofs Dros­te-Vi­sche­ring zu ei­ner Ver­schär­fung der Ge­gen­sät­ze. Die Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen Staat und Kir­che, wie sie im Misch­ehen- und im Her­me­sia­nis­mus­streit zum Aus­druck ka­men, kul­mi­nier­ten schlie­ß­lich im so­ge­nann­ten „Köl­ner Er­eig­nis“. Auf die fort­ge­setz­te Wei­ge­rung des Erz­bi­schofs, die „Ber­li­ner Kon­ven­ti­on“ an­zu­er­ken­nen, folg­te am 20.11.1837 als staat­li­che Macht­de­mons­tra­ti­on Dros­te-Vi­sche­rings Ver­haf­tung und In­haf­tie­rung. In der Fol­ge be­kam Ber­lin den ge­ball­ten Wi­der­stand von Kle­rus und Be­völ­ke­rung zu spü­ren. In der auf die „Köl­ner Wir­ren“ fol­gen­den Zeit ge­lang Mit­te der 1840er Jah­re ana­log zum Um­gang mit der her­me­sia­ni­schen Leh­re an der Uni­ver­si­tät Bonn ein Kom­pro­miss. So wur­de die um­strit­te­ne preu­ßi­sche Ver­ord­nung zur Misch­ehe von 1825 auf­ge­ho­ben, im Ge­gen­zug muss­te Dros­te-Vi­sche­ring auf sein Bi­schofs­amt ver­zich­ten und starb bald dar­auf in Müns­ter.

Der Kölner Erzbischof Clemens August von Droste zu Vischering (1773-1845), Porträt, Gemälde.

 

6. „Affäre Schlottmann“

An­fang der 1860er Jah­re nah­men auch an der Uni­ver­si­tät Bonn die kon­fes­sio­nel­len Span­nun­gen zu. Der all­ge­mei­ne Hin­ter­grund dürf­te in der Be­deu­tungs­zu­nah­me und Po­li­ti­sie­rung des Re­li­giö­sen in je­ner Zeit lie­gen mit der Grün­dung Ita­li­ens (1861), der da­mit zu­sam­men­hän­gen­den Fra­ge nach der Zu­kunft des Kir­chen­staats (noch bis 1870 Prä­senz fran­zö­si­scher Trup­pen in Rom als Schutz­macht) so­wie schlie­ß­lich der Ein­be­ru­fung und Ab­hal­tung des Ers­ten Va­ti­ka­ni­schen Kon­zils (1869/1870). Die ver­stärk­te Sicht­bar­keit des Ka­tho­li­schen führ­te in pro­tes­tan­ti­schen Krei­sen zu ver­stärk­ten Ab­wehr­re­ak­tio­nen und um­ge­kehrt.

Be­reits in sei­ner Bon­ner An­tritts­vor­le­sung (1859/1860) hat­te der evan­ge­li­sche Theo­lo­ge Con­stan­tin Schlott­mann (1819-1887)[41] har­sche his­to­ri­sche Kri­tik am Papst­tum ge­äu­ßert. Sei­ne „rom­feind­li­che[n] Aus­fäl­le“[42] wie­der­hol­te er spä­ter in sei­ner Funk­ti­on als De­kan der Evan­ge­lisch-Theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät in ei­ner An­spra­che an­läss­lich der tra­di­tio­nel­len Uni­ver­si­täts­fei­er zum Ge­burts­tag des Uni­ver­si­täts­grün­ders Fried­rich Wil­helms III. am 3.8.1861. Die ka­tho­li­schen Ver­tre­ter ver­wahr­ten sich ge­gen ei­ne solch par­tei­ische Re­de an die­sem für die ge­sam­te Uni­ver­si­tät wich­ti­gen Fest­tag. Auf Ge­heiß des Ku­ra­tors Wil­helm Be­seler (1806-1884) drück­te Schlott­mann schrift­lich sein Be­dau­ern über die schlech­te Auf­nah­me sei­ner Re­de aus, Be­lei­di­gun­gen hät­ten ihm fern­ge­le­gen. Die­se Stel­lung­nah­me wur­de von der Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät je­doch als un­zu­rei­chend zu­rück­ge­wie­sen. Schlie­ß­lich er­hielt Schlott­mann ei­nen Rüf­fel durch den Mi­nis­ter selbst, der den Pro­fes­sor an das in den Sta­tu­ten fest­ge­leg­te Pa­ri­täts­prin­zip er­in­ner­te.[43] In ei­nem in­ter­nen Be­richt des Ku­ra­tors Be­seler an den Mi­nis­ter Hein­rich von Müh­ler (1813-1874, Kul­tus­mi­nis­ter 1862-1872) aus dem Jahr 1864 wur­de zu­dem kri­ti­siert, Schlott­mann sei zwar ge­lehr­sam und ein erns­ter For­scher, doch stün­den im Ge­gen­satz da­zu sei­ne nur man­gel­haf­ten päd­ago­gi­schen Fä­hig­kei­ten.[44] Vor dem Hin­ter­grund die­ser Ent­wick­lun­gen war es wohl fol­ge­rich­tig, dass Schlott­mann im Jah­re 1866 ei­nen Ruf an die Uni­ver­si­tät Hal­le an­nahm und Bonn so­mit nach nur sie­ben Jah­ren wie­der ver­ließ.

Konstantin Schlottmann (1819-1887).

 

7. Denkschrift zur Parität

Die Skan­dal­re­de des De­kans Schlott­mann vom Som­mer 1861 und ihr Nach­spiel ver­schärf­ten die kon­fes­sio­nel­len Ge­gen­sät­ze an der Uni­ver­si­tät. Nur vor die­sem Hin­ter­grund ist es er­klär­lich, dass we­ni­ge Mo­na­te spä­ter ein wei­te­rer, an sich un­spek­ta­ku­lä­rer An­lass die Si­tua­ti­on zu­spitz­te. Bei den Vor­stands­wah­len für den „Aka­de­mi­schen Le­se­ver­ein“, der über die An­schaf­fung von Li­te­ra­tur und Zeit­schrif­ten an der Uni­ver­si­tät ent­schied, was in ei­ner Zeit po­li­ti­scher und re­li­giö­ser Span­nun­gen kei­ne rei­ne For­ma­lie war, wur­de der ka­tho­li­sche Ju­rist Her­mann Hüf­fer (1830-1905) nicht wie­der in den Vor­stand ge­wählt, der nun nur noch aus Pro­tes­tan­ten be­stand. Et­wa 300 ka­tho­li­sche Bon­ner Stu­den­ten nah­men die­sen Vor­gang zum An­lass, um am 19.2.1862 in ei­ner Pe­ti­ti­on an den Ku­ra­tor Be­seler ei­ne ge­ne­rel­le Zu­rück­set­zung des ka­tho­li­schen Ele­ments an der Uni­ver­si­tät zu be­kla­gen. Be­seler re­agier­te auf die­se Pe­ti­ti­on in der Form recht un­ge­wöhn­lich, näm­lich mit ei­nem Ant­wort­schrei­ben im wich­tigs­ten pu­bli­zis­ti­schen Or­gan der Re­gi­on, der „Bon­ner Zei­tun­g“, wo­durch die­se bis­her in­ter­ne An­ge­le­gen­heit öf­fent­lich wur­de. In der Aus­ga­be vom 22.2.1862 wies er die Vor­wür­fe zu­rück. Sie sei­en Aus­druck ei­ner „vor­ge­fa­ß­te[n] Mei­nun­g“[45], die Pa­ri­tät sei an der Bon­ner Uni­ver­si­tät ver­wirk­licht, die Aus­wahl der Hoch­schul­leh­rer er­fol­ge al­lein nach dem Kri­te­ri­um der wis­sen­schaft­li­chen Eig­nung. Er kri­ti­sier­te in die­sem Zu­sam­men­hang das Ver­hal­ten der Stu­den­ten scharf, denn die Pa­ri­tät „auf arith­me­ti­sche Ver­hält­nis­se zu­rück­zu­füh­ren, hie­ße die Axt an die Wur­zel un­se­rer ruhm­rei­chen Hoch­schu­le le­gen.“ Un­aus­ge­spro­chen lau­te­te die Bot­schaft, die ka­tho­li­schen Wis­sen­schaft­ler sei­en häu­fig we­ni­ger qua­li­fi­ziert als die pro­tes­tan­ti­schen, da­her trä­fe die Uni­ver­si­tät und die Re­gie­rung kei­ne Schuld. In­di­rekt lag dem Ant­wort­schrei­ben so­mit ei­ne deut­lich an­ti­ka­tho­li­sche Sto­ß­rich­tung zu­grun­de.

Wilhelm Hartwig Beseler, Porträtfotografie, ca. 1880. (Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek)

 

Die Stu­den­ten emp­fan­den die Ant­wort des Ku­ra­tors als Pro­vo­ka­ti­on und rich­te­ten an ihn ei­ne wei­te­re Adres­se, in der sie ih­ren Vor­wurf ei­ner kon­fes­sio­nel­len Un­gleich­be­hand­lung durch sta­tis­ti­sche An­ga­ben zu un­ter­mau­ern such­ten. Dar­über hin­aus stell­ten sie fest, das vom Ku­ra­tor an­ge­führ­te al­lei­ni­ge Kri­te­ri­um der Qua­li­fi­zie­rung kön­ne nicht stim­men, „als sonst fol­gen wür­de, daß die deut­schen Ka­tho­li­ken ver­gleichs­wei­se we­ni­ger na­tür­li­che Fä­hig­keit zum An­bau der Wis­sen­schaft, min­der gründ­li­che Ge­lehr­sam­keit und min­der vor­züg­li­che Lehr­ga­be be­sä­ßen, ei­ne Be­haup­tung, die Nie­mand ver­tre­ten wird.“[46] In sei­nem kurz ge­hal­te­nen Ant­wort­schrei­ben auf die zwei­te Ein­ga­be ver­bat sich Ku­ra­tor Be­seler je­de wei­te­re Dis­kus­si­on.[47] 

Da­mit war die De­bat­te über den rea­len Zu­stand der Pa­ri­tät je­doch nicht be­en­det. Zur Jah­res­mit­te 1862 er­schien im Frei­bur­ger Her­der-Ver­lag ei­ne an­onym pu­bli­zier­te, über 200 Sei­ten star­ke „Denk­schrift über die Pa­ri­tät an der Uni­ver­si­tät Bon­n“, die im De­tail die star­ke Dis­kre­panz zwi­schen An­spruch und Wirk­lich­keit kon­fes­sio­nel­ler Gleich­be­rech­ti­gung aus ka­tho­li­scher Per­spek­ti­ve dar­stell­te.[48] Als Au­tor stell­te sich bald der Bon­ner Kir­chen­his­to­ri­ker an der Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät, Hein­rich Floß (1819-1881), her­aus.[49] Er kri­ti­sier­te an­hand ei­ner Viel­zahl von Sta­tis­ti­ken ei­ne Be­nach­tei­li­gung ka­tho­li­scher Be­wer­ber bei der Be­set­zung nicht-theo­lo­gi­scher Lehr­stüh­le so­wie mit Blick auf die Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­sche Fa­kul­tät bei der Be­ru­fungs­po­li­tik die häu­fi­gen und lan­gen Va­kan­zen bei der Be­set­zung der ein­zel­nen Lehr­stüh­le. Floß kam vor die­sem Hin­ter­grund zu dem Schluss, es müs­se end­lich „that­säch­li­che Pa­ri­tät“ ge­schaf­fen wer­den, die nicht mehr das Ziel ver­fol­ge, „ka­tho­li­sche Leh­rer von un­se­rer Hoch­schu­le fern zu hal­ten und ihr bei­na­he den Cha­rak­ter ei­ner evan­ge­li­schen zu ver­lei­hen.“[50] 

Heinrich Joseph Floß, Porträtfotografie, um 1880.

 

Die­se Aus­sa­ge blieb von pro­tes­tan­ti­scher Sei­te nicht un­kom­men­tiert. Der Bon­ner Kol­le­ge und His­to­ri­ker Carl von No­or­den (1833-1883) ver­öf­fent­lich­te noch im sel­ben Jahr ei­ne Ge­gen­streit­schrift un­ter dem pro­gram­ma­ti­schen Ti­tel „Die Pa­ri­tät in Preu­ßen und die ul­tra­mon­ta­ne Par­tei“.[51] Dar­in kri­ti­sier­te er bei Floß me­tho­disch das an­geb­lich klein­li­che Auf­rech­nen von Zu­wei­sun­gen an Per­so­nal- und Geld­mit­teln für die bei­den Kon­fes­sio­nen. Den ei­gent­li­chen Schwer­punkt sei­nes Pam­phlets aber bil­de­te ein ge­ne­rel­ler An­griff auf die an­de­re Kon­fes­si­on mit der Be­haup­tung, Ka­tho­li­zis­mus und Wis­sen­schaft sei­en mit­ein­an­der nicht ver­ein­bar, ja die ul­tra­mon­ta­ne Denk­wei­se ste­he der ob­jek­ti­ven Wis­sen­schaft di­rekt ent­ge­gen. Das ge­sam­te ge­gen­wär­ti­ge deut­sche Geis­tes­le­ben grün­de schlie­ß­lich auf dem pro­tes­tan­tisch ge­präg­ten mo­der­nen Er­kennt­nis­in­ter­es­se und Fort­schritts­stre­ben.[52] Die ins Grund­sätz­li­che ge­hen­de Ar­gu­men­ta­ti­on von No­or­dens schloss da­mit an die Ar­gu­men­ta­ti­ons­wei­se des Ku­ra­tors Be­seler an und be­dien­te sich ei­nes Ste­reo­typs, das in den nach­fol­gen­den Jahr­zehn­ten im­mer wie­der auf­tauch­te, näm­lich das ei­ner an­geb­li­chen Un­ver­ein­bar­keit ei­ner als rück­wärts ge­wandt emp­fun­de­nen ka­tho­li­schen Denk­wei­se in Grund­fra­gen der da­ma­li­gen po­li­tisch-kul­tu­rel­len Ge­gen­wart.

Carl von Noorden (1833-1883), Porträtfoto, ca. 1873-1876. (Universitätsbibliothek Thübingen)

 

8. Papst-Audienz

Wie leicht sich kon­fes­sio­nel­le Fra­gen auch in­ner­halb der ei­ge­nen Glau­bens­ge­mein­schaft zu ei­nem Skan­dal aus­wach­sen konn­ten, zeig­te sich 1866 an den Fol­gen ei­ner Rom-Rei­se. Der evan­ge­li­sche Theo­lo­ge Theo­dor Plitt (1815-1886), seit 1860 or­dent­li­cher Pro­fes­sor und Uni­ver­si­täts­pre­di­ger in Bonn, ver­brach­te ge­mein­sam mit sei­ner Toch­ter Ber­tha die Os­ter­ta­ge in der „ewi­gen Stadt“. Er nahm auch an ei­nem Emp­fang von Papst Pi­us IX. (Pon­ti­fi­kat 1846-1878) teil.[53] Sei­ne Toch­ter be­kam bei die­ser Ge­le­gen­heit ei­ni­ge Ro­sen­krän­ze ge­schenkt. Zu­rück in Bonn über­mit­tel­te Plitt sei­ne Rei­se­no­ti­zen ei­nem be­freun­de­ten ka­tho­li­schen Jour­na­lis­ten und über­ließ sie ihm zur Ver­öf­fent­li­chung. So er­schie­nen in den streng­ka­tho­li­schen „Köl­ner Blät­tern“ die über­aus po­si­ti­ven Rei­se­ein­drü­cke des Bon­ner evan­ge­li­schen Theo­lo­gen, vor al­lem sei­ne Be­geg­nung mit dem Papst, den er als „ein[en] Fel­s“ be­schrieb, „voll Mil­de, voll Hei­ter­keit, voll Gott­ver­trau­en. […] Wer ihm ein Mal in sein Au­ge ge­se­hen hat, muß ihn ver­eh­ren.“[54] Da­mit aber zog Plitt die ge­ball­te Kri­tik der in der Dia­spo­ra be­find­li­chen Pro­tes­tan­ten im Rhein­land auf sich. Auch wenn sich die Evan­ge­lisch-Theo­lo­gi­sche Fa­kul­tät nach an­fäng­li­cher Ver­är­ge­rung für ei­ne Be­schwich­ti­gung der Af­fä­re und ei­nen Ver­bleib ih­res Mit­glieds ein­setz­te,[55] war Plitt nicht mehr zu hal­ten. Ein Grund lag in dem von ihm zu­sätz­lich ver­se­he­nen Amt des Uni­ver­si­täts­pre­di­gers. Wie das Bon­ner Pres­by­te­ri­um En­de April 1866 ver­lau­ten ließ, sei die evan­ge­li­sche Ge­mein­de in Auf­ruhr und ei­ne Pre­digt Pitts im nächs­ten Got­tes­dienst für vie­le Gläu­bi­ge un­denk­bar.[56] Un­ter die­sen Um­stän­den be­trieb Ku­ra­tor Be­seler die Ent­las­sung des ge­fal­le­nen Theo­lo­gen, der Plitt mit der Nie­der­le­gung sei­ner Äm­ter schlie­ß­lich zu­vor­kam; fort­an wirk­te er als Land­pfar­rer bei Hei­del­berg.[57] 

Jakob Theodor Plitt (1815-1886). (Stadtarchiv Karlsruhe, Plan- und Bildersammlung - Personen, Nr. 1146)

 

9. Unfehlbarkeitsdogma des Papstes

Das wich­tigs­te Er­geb­nis des im De­zem­ber 1869 er­öff­ne­ten Va­ti­ka­ni­schen Kon­zils (Ers­tes Va­ti­ka­num) war im Ju­li 1870 der Be­schluss und die Ver­kün­dung des Dog­mas von der Un­fehl­bar­keit des Paps­tes. Auch un­ter Ka­tho­li­ken gab es Pro­test und Ab­leh­nung ge­gen den In­halt oder zu­min­dest die dog­ma­ti­sche Form der Fest­le­gung. Be­reits im Vor­feld und wäh­rend des Kon­zils hat­te es war­nen­de Ein­ga­ben ver­schie­de­ner ka­tho­li­scher Theo­lo­gen und Wür­den­trä­ger an den Köl­ner Erz­bi­schof Pau­lus Mel­chers ge­ge­ben.[58] Nach der Ver­kün­dung des neu­en Dog­mas spal­te­te sich ein Teil der deut­schen Ka­tho­li­ken von Rom ab, dar­un­ter auch die Or­di­na­ri­en der Bon­ner Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät Jo­seph Hil­gers (1803-1874), Franz Xa­ver Die­rin­ger (1811-1876), Franz Hein­rich Reusch (1825-1900) und Jo­sef Lan­gen (1837-1901). Als ein­zi­ger rö­misch-ka­tho­li­scher Or­di­na­ri­us ver­blieb Hein­rich Floß, der nun zu­sam­men mit den drei Pri­vat­do­zen­ten der Fa­kul­tät, Lo­renz Max Roth (1814-1877), Hu­bert Theo­phil Si­mar (1835-1902, 1900-1902 Erz­bi­schof von Köln) und Franz Phil­ipp Kau­len (1827-1907) die „papst­treu­e“ Frak­ti­on bil­de­te.[59] Die­ser Kon­flikt brach­te die Bon­ner Fa­kul­tät „dem Un­ter­gang ganz na­he“[60] und ließ sie er­neut in ei­nen star­ken Ge­gen­satz zum Köl­ner Erz­bi­schof ge­ra­ten. En­de Sep­tem­ber be­zie­hungs­wei­se An­fang Ok­to­ber 1870 ging den auf­säs­si­gen Pro­fes­so­ren der Bon­ner Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät ein Schrei­ben des Köl­ner Erz­bi­schofs mit ei­ner Un­ter­wer­fungs­for­mel un­ter das neue Dog­ma zu, ver­se­hen mit ei­nem Ul­ti­ma­tum zur Un­ter­schrift.[61] Al­le vier Pro­fes­so­ren ant­wor­te­ten ab­leh­nend, nur Die­rin­ger deu­te­te Kom­pro­miss­be­reit­schaft an. Zu­vor hat­ten die Pro­fes­so­ren Reusch und Lan­gen be­reits ih­re Un­ter­schrift un­ter die so­ge­nann­te „Nürn­ber­ger Er­klä­run­g“ vom 26. Au­gust ge­setzt, in der 14 deut­sche Pro­fes­so­ren der ka­tho­li­schen Theo­lo­gie öf­fent­lich ih­re Ab­leh­nung des Dog­mas be­kräf­tig­ten.[62] In Bonn grün­de­te sich ein Ak­ti­ons­aus­schuss ge­gen die Kon­zil­s­er­geb­nis­se un­ter der Lei­tung des Ju­ra-Pro­fes­sors Jo­seph Bau­er­band (1800-1878). Da ein Ein­len­ken der Theo­lo­gen nicht ab­zu­se­hen war, er­neu­er­te Erz­bi­schof Mel­chers in ei­nem wei­te­ren Rund­schrei­ben an die Ab­trün­ni­gen von An­fang Ok­to­ber 1870 den Auf­ruf zum Ge­hor­sam, ver­bun­den mit der Dro­hung, im Fal­le fort­be­ste­hen­der Ab­leh­nung de­ren „Be­fug­nis zur Aus­übung pries­ter­li­cher Funk­tio­nen zu sus­pen­die­ren.“[63] Die Ge­hor­sams­pflicht ge­gen­über der Kir­che schloss nach Mel­chers An­sicht dar­über hin­aus auch die Re­chen­schaft über die in der Ei­gen­schaft als Pro­fes­sor er­teil­te uni­ver­si­tä­re Leh­re mit ein, sprich: die Lehr­er­laub­nis. Vor die­sem Hin­ter­grund war es nur ei­ne Fra­ge der Zeit, bis in die­ser in­ner­kirch­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung die staat­li­che Ebe­ne auf den Plan trat. Das Preu­ßi­sche Kul­tus­mi­nis­te­ri­um stell­te sich in ei­nem Schrei­ben vom 24.10.1870 auf die Sei­te der be­trof­fe­nen Pro­fes­so­ren.[64] Im Kern ging es um die Fra­gen, ob die das Un­fehl­bar­keits­dog­ma ab­leh­nen­den Do­zen­ten noch ka­tho­li­sche Lehr­in­hal­te ver­tre­ten wür­den und wer dar­über zu be­fin­den ha­be. Die Fa­kul­täts­sta­tu­ten von 1834 hat­ten ei­nen wohl aus­ta­rier­ten, sprach­lich nicht ganz prä­zi­se ge­hal­te­nen Kom­pro­miss zwi­schen dem preu­ßi­schen Staat und der ka­tho­li­schen Kir­che dar­ge­stellt. So ent­hielt § 26 die Vor­schrift, dass neu zu be­ru­fen­de Pro­fes­so­ren sich vor den Mit­glie­dern der Fa­kul­tät auf das tri­den­ti­ni­sche Glau­bens­be­kennt­nis zu ver­pflich­te­ten hat­ten. Der § 4, Ab­satz 1 ent­hielt ein Ab­leh­nungs­recht des Erz­bi­schofs ge­gen vor­ge­schla­ge­ne Kan­di­da­ten bei der Neu­be­set­zung der Lehr­stüh­le. Bei be­reits am­tie­ren­den Or­di­na­ri­en konn­te der Erz­bi­schof bei Ver­stö­ßen ge­gen die ka­tho­li­sche Glau­bens­leh­re die­se laut § 4, Ab­satz 2 bei den staat­li­chen Stel­len zur An­zei­ge brin­gen, wor­auf­hin das Mi­nis­te­ri­um, so die For­mu­lie­rung, „auf den Grund ei­ner sol­chen An­zei­ge mit Ernst und Nach­druck ein­schrei­ten und Ab­hül­fe leis­ten“ wür­de.[65] Schlie­ß­lich sah der § 4, Ab­satz 3 vor, dass der Erz­bi­schof die Vor­le­sungs­ver­zeich­nis­se im Vor­feld be­gut­ach­ten und Kri­tik hier­an äu­ßern konn­te, was die Fa­kul­tät „nach Mög­lich­keit zu be­ach­ten“ ha­be. Mit Blick auf de­ren gleich­zei­ti­ge Funk­ti­on als ka­tho­li­sche Geist­li­che be­saß der Erz­bi­schof zu­dem ein Auf­sichts- und Dis­zi­pli­nar­recht über die Fa­kul­täts­mit­glie­der und so­mit laut der Fa­kul­täts-Sta­tu­ten die Mög­lich­keit, bei Ver­stö­ßen „mit Vor­wis­sen des Mi­nis­te­ri­ums die ge­eig­ne­te Zu­recht­wei­sung ein­tre­ten zu las­sen.“[66] Vor die­sem Hin­ter­grund die­ser doch recht gro­ßen Ein­fluss­rech­te des Erz­bi­schofs er­scheint die Hal­tung des Mi­nis­te­ri­ums, wo­nach ka­tho­li­sche Lehr­in­hal­te gar nicht be­trof­fen sei­en und es in­so­fern auch kei­ne Ver­pflich­tung zum Ein­schrei­ten staat­li­cher­seits ge­ben wür­de, und die kirch­li­che Sei­te zur Sank­tio­nie­rung nicht be­rech­tigt sei, doch recht ge­wagt. Ähn­lich wie beim preu­ßi­schen Ver­fas­sungs­kon­flikt An­fang der 1860er Jah­re über das Bud­get­recht des Par­la­ments, könn­te man auch in die­sem Zu­sam­men­hang von ei­ner Art „Lü­cken-Theo­rie“[67] spre­chen, ging man in § 4, Ab­satz 2 und 3 der Sta­tu­ten doch da­von aus, dass zwi­schen Mi­nis­te­ri­um und Erz­bis­tum Ein­ver­neh­men über das Vor­lie­gen ei­nes Re­gel­ver­sto­ßes ei­nes Fa­kul­täts­mit­glieds und ent­spre­chend über die Ahn­dung des Ver­ge­hens herr­sche. Galt das tri­den­ti­ni­sche Glau­bens­be­kennt­nis un­ter den neu­en Be­din­gun­gen der päpst­li­chen Un­fehl­bar­keit aber über­haupt noch? Zu­min­dest ging das Kul­tus­mi­nis­te­ri­um, dar­in die Hal­tung der ab­trün­ni­gen Pro­fes­so­ren über­neh­mend, im Grun­de da­von aus, dass sich Papst und Erz­bi­schof selbst nicht mehr an bis­he­ri­ge ka­tho­li­sche Glau­bens­grund­sät­ze hiel­ten, was auch im Be­griff „Alt­ka­tho­li­zis­mus“ zum Aus­druck kam.

In die­ser Si­tua­ti­on fühl­ten sich Hil­gers, Reusch und Lan­gen nicht an das kirch­li­che Lehr­ver­bot ge­bun­den und kün­dig­ten im Ver­zeich­nis für das Som­mer­se­mes­ter 1871 Ver­an­stal­tun­gen an. Ein er­neu­tes Ul­ti­ma­tum Mel­chers lie­ßen sie wie­der­um ver­strei­chen. Das Tisch­tuch zwi­schen der gro­ßen Mehr­heit der Bon­ner Or­di­na­ri­en und dem Erz­bi­schof war zer­schnit­ten. Die Es­ka­la­ti­ons­spi­ra­le ließ sich nun nicht mehr auf­hal­ten. An de­ren En­de stand im März 1872 schlie­ß­lich die Ex­kom­mu­ni­ka­ti­on der drei Bon­ner Pro­fes­so­ren „we­gen no­to­ri­scher Hä­re­sie“.[68] 

Franz Heinrich Reusch (1825-1900).

Der spätere Erzbischof von Köln Hubert Theophil Simar (1835-1902).

 

An­ders, aber kaum we­ni­ger tra­gisch, ent­wi­ckel­te sich der Fall von Franz Xa­ver Die­rin­ger. Wäh­rend des Kon­zils und un­mit­tel­bar da­nach ge­hör­te er zu den schärfs­ten Kri­ti­kern des neu­en Dog­mas. Auf ei­ner Ta­gung kri­ti­scher Theo­lo­gen im Au­gust 1870 war er so­gar als de­ren Wort­füh­rer her­vor­ge­tre­ten und hat­te den in­ner­kirch­li­chen Kon­flikt so­mit mit­be­för­dert. Doch war bei ihm in der Fol­ge das in­ne­re Rin­gen zwi­schen kirch­li­cher Loya­li­tät und theo­lo­gi­scher Über­zeu­gung be­son­ders aus­ge­prägt. Ent­spre­chend mach­te er meh­re­re schrift­li­che Vor­schlä­ge für ei­ne Kom­pro­miss­for­mel, die ihm die Un­ter­wer­fung er­mög­li­chen wür­de. Der Erz­bi­schof sand­te sie zur Prü­fung je­weils nach Rom wei­ter, wo man je­doch die un­ein­ge­schränk­te An­er­ken­nung des Dog­mas ver­lang­te. Die­rin­ger muss­te ei­ne end­gül­ti­ge Ent­schei­dung tref­fen und ent­schied sich für die Un­ter­wer­fung. Das ge­schah im Rah­men ei­ner per­sön­li­chen Un­ter­re­dung mit Erz­bi­schof Mel­chers am 3.1.1871.[69] Da­mit setz­te er sich je­doch end­gül­tig zwi­schen al­le Stüh­le und sah sich in der Fol­ge mas­si­ven Vor­wür­fen sei­tens der Fa­kul­täts­mehr­heit und rom­kri­ti­scher Me­di­en aus­ge­setzt, so dass er mit­ten im Som­mer­se­mes­ter 1871 sei­nen Bon­ner Lehr­stuhl über­ra­schend auf­gab und ei­ne Pfarr­stel­le in Süd­deutsch­land über­nahm.[70] Auch der ka­tho­li­sche Ju­rist Bau­er­band, der - wie er­wähnt - so­gar den Vor­sitz in ei­nem Bür­ger­ko­mi­tee ge­gen das neue Dog­ma über­nom­men hat­te, er­klär­te schlie­ß­lich sei­ne Un­ter­wer­fung. Zwar hat­te er als Pro­fes­sor der Ju­ris­ti­schen Fa­kul­tät kei­ne be­ruf­li­chen Kon­se­quen­zen zu fürch­ten, doch woll­te er als gläu­bi­ger Ka­tho­lik und an­ge­se­he­nes Ge­mein­de­mit­glied von sei­ner Kir­che nicht ver­sto­ßen wer­den. In sei­ner Un­ter­wer­fungs­er­klä­rung führ­te er un­ter an­de­rem aus, dass an­fäng­li­che Be­den­ken „sich spä­ter als un­halt­bar re­spek­ti­ve un­be­grün­det er­wie­sen ha­ben.“[71] So­mit wa­ren zwei der frü­hen Wort­füh­rer des Pro­tests in den Schoß der Kir­che zu­rück­ge­kehrt, wäh­rend an­de­re, die teil­wei­se zu Be­ginn noch zö­ger­lich ge­we­sen wa­ren, sich für die Auf­recht­er­hal­tung ih­rer ab­leh­nen­den Hal­tung und da­mit für die end­gül­ti­ge Los­sa­gung von Rom ent­schie­den hat­ten.

Johann Joseph Bauerband (1800-1878).

 

Nach­dem je­weils im Sep­tem­ber 1871 so­ge­nann­te Alt­ka­tho­li­ken­kon­gres­se in Mün­chen be­zie­hungs­wei­se im Sep­tem­ber 1872 in Köln statt­ge­fun­den hat­ten, wur­de ins­be­son­de­re im Rhein­land mit dem Auf­bau ei­gen­stän­di­ger seel­sor­ge­ri­scher Struk­tu­ren be­gon­nen. Im Herbst 1873 folg­te – be­güns­tigt durch den Kul­tur­kampf – die of­fi­zi­el­le staat­li­che An­er­ken­nung als Kir­che. Zu­gleich er­hielt der von ei­ner De­le­gier­ten­ver­samm­lung in Köln ge­wähl­te bis­he­ri­ge Bres­lau­er Theo­lo­gie­pro­fes­sor Jo­seph Hu­bert Rein­kens (1821-1896) die kö­nig­li­che An­er­ken­nung als ers­ter alt­ka­tho­li­scher Bi­schof. Zu sei­nem Sitz wur­de Bonn be­stimmt, wo­bei die Exis­tenz ei­ner theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät mit klar alt­ka­tho­li­scher Do­mi­nanz von ent­schei­den­der Be­deu­tung war.[72] Die Grün­dung ei­nes ei­ge­nen Alt­ka­tho­li­schen Se­mi­nars soll­te erst Jahr­zehn­te spä­ter, im Jah­re 1902, er­fol­gen, nach­dem die Alt­ka­tho­li­ken ih­re be­herr­schen­de Stel­lung in­ner­halb der Fa­kul­tät längst wie­der ver­lo­ren hat­ten.[73]

10. Fazit

Das Prin­zip der „Pa­ri­tät“ mit der Exis­tenz zwei­er theo­lo­gi­scher Fa­kul­tä­ten nach Bres­lau­er Vor­bild war auf den ers­ten Blick ein neu­es, in­no­va­ti­ves Ele­ment der Bon­ner Uni­ver­si­täts­grün­dung. Doch die Ein­heit und Gleich­heit, die in der Grün­dungs­ur­kun­de und spä­ter in den Uni­ver­si­täts­sta­tu­ten pro­pa­giert wur­de, be­stand weit­ge­hend nur auf dem Pa­pier, es herrsch­te Kon­fron­ta­ti­on, nicht Ko­ope­ra­ti­on. Wie ins­be­son­de­re der li­te­ra­ri­sche Pro­test­ruf von Floß aus dem Jah­re 1862 an­schau­lich zeigt, bil­de­te die Uni­ver­si­tät Bonn „tat­säch­lich ei­ne Vor­burg des Pro­tes­tan­tis­mus im ka­tho­li­schen Rhein­lan­de“.[74] 

Der kon­fes­sio­nel­le Ge­gen­satz war, mit Tho­mas Nip­per­dey im Gro­ßen ge­spro­chen, die „Grund­tat­sa­che“ der deut­schen Kul­tur­ge­schich­te im 19. Jahr­hun­dert, ge­prägt von ei­ner „un­ge­heu­re[n] Schär­fe des kon­fes­sio­nel­len Ant­ago­nis­mus und sei­ner Rhe­to­rik.“[75] Das lässt sich im Klei­nen auch für die Uni­ver­si­tät Bonn in den ers­ten Jahr­zehn­ten ih­res Be­ste­hens sa­gen. Die ka­tho­li­sche Prä­gung des Rhein­lands und sei­ner Be­völ­ke­rung und die Uni­ver­si­täts­grün­dung un­ter preu­ßisch-pro­tes­tan­ti­scher Ägi­de bil­de­ten ei­nen Ge­gen­satz, der sich nicht auf­lö­sen ließ. Um die Grün­de zu ver­ste­hen, gilt es sich zu ver­ge­gen­wär­ti­gen, dass die Al­ter­na­ti­ve zur Grün­dung der Bon­ner „pa­ri­tä­ti­schen“ Uni­ver­si­tät die Wie­der­be­le­bung der al­ten ka­tho­lisch do­mi­ner­ten Hoch­schu­le in Köln ge­we­sen wä­re. „Pa­ri­tät“ war un­ter den Ho­hen­zol­lern so­mit eher ein Mit­tel zur Stär­kung des Pro­tes­tan­tis­mus im Rhein­land und dien­te nicht pri­mär dem Ziel des kon­fes­sio­nel­len Aus­gleichs, ge­schwei­ge denn der Öku­me­ne. In­so­fern wä­re zu hin­ter­fra­gen, ob „Pa­ri­tät“ an der Uni­ver­si­tät Bonn wirk­lich als „be­wusst ein­ge­setz­te[s] Mit­tel“ dien­te, mit dem Ziel, die „ka­tho­li­schen Rhein­län­der für ih­ren neu­en Lan­des­herrn zu ge­win­nen.“[76] 

Ei­nen Hö­he­punkt er­leb­ten die Kon­flik­te an der Bon­ner Uni­ver­si­tät in den 1860er Jah­ren, in de­nen das Den­ken des nach­fol­gen­den „Kul­tur­kampf­s“ be­reits spür­bar war. Da­ne­ben ran­gen vor dem Hin­ter­grund ver­stärk­ter po­li­ti­scher, wirt­schaft­li­cher und ge­sell­schaft­li­cher Ver­än­de­run­gen und neu­er Her­aus­for­de­run­gen auch die je­wei­li­gen Glau­bens­rich­tun­gen in­tern um die „rich­ti­ge“ Po­si­tio­nie­rung. Be­son­de­re re­gio­na­le Kon­se­quen­zen hat­ten da­bei die Er­geb­nis­se des ers­ten Va­ti­ka­ni­schen Kon­zils mit der Ab­gren­zung ge­ra­de auch vie­ler ka­tho­li­scher Bon­ner Pro­fes­so­ren vom ver­kün­de­ten Dog­ma der päpst­li­chen Un­fehl­bar­keit. In der Fol­ge wur­de Bonn zum Mit­tel­punkt des Alt­ka­tho­li­zis­mus im Rhein­land,[77] was in Stadt und Uni­ver­si­tät bis heu­te Spu­ren hin­ter­las­sen hat.

Literatur

Kur­siv = Kurz­zi­tier­wei­se
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Joseph Hubert Reinkens (1821-1896), Porträt, 1874.

 
Anmerkungen
Zitationshinweis

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Rosin, Philip, Parität. Religion und konfessionelle Konflikte an der Universität Bonn im 19. Jahrhundert, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/paritaet.-religion-und-konfessionelle-konflikte-an-der-universitaet-bonn-im-19.-jahrhundert/DE-2086/lido/5b30e5884d7089.82134018 (abgerufen am 24.04.2024)