Peter Terkatz

Bildhauer (1880–1954)

Josef Niesen (Bonn)

Kriegerdenkmal im Bonner Baumschulwäldchen, Foto: Josef Niesen.

Pe­ter Ter­katz war ein rhei­ni­scher Bild­hau­er, des­sen Wir­kungs­kreis vor­wie­gend im Ge­biet zwi­schen Aa­chen, Vier­sen un­d Bonn lag; ein­zel­ne Wer­ke fan­den auch dar­über hin­aus Ver­brei­tung.

Pe­ter Ter­katz wur­de am 7.2.1880 in Vier­sen als drit­tes Kind und ein­zi­ger Sohn des Sei­den­we­bers Her­mann Ter­katz (1846–1887) und des­sen Ehe­frau An­na Ma­ria The­veßen (1847–1905) ge­bo­ren. Die bei­den äl­te­ren Schwes­tern hie­ßen Ma­ria He­le­na (ge­bo­ren 1875) und Ma­ria Eli­sa­beth (ge­bo­ren 1877), die jün­ge­re Eli­sa­beth An­na (1881–1954).

Sei­ne künst­le­ri­sche Aus­bil­dung be­gann Ter­katz mit ei­ner vier­jäh­ri­gen Leh­re in ei­nem Stein­metz­be­trieb, be­vor er – ver­mut­lich aus­ge­stat­tet mit ei­nem Sti­pen­di­um von Kom­mer­zi­en­rat Jo­sef Kai­ser, dem Be­grün­der von Kai­ser's Kaf­fee – ein Stu­di­um in der Zei­chen­klas­se der Düs­sel­dor­fer Kunst­aka­de­mie auf­nahm. Zur Fa­mi­lie Kai­ser stand Ter­katz je­den­falls Zeit sei­nes Le­bens in en­gem Kon­takt, was ei­ne Rei­he von ihm an­ge­fer­tig­ter Bron­ze­por­träts von Kai­ser und des­sen Kin­dern be­zeu­gen. Zu­dem schuf Ter­katz auf dem Vier­sener Löh­fried­hof die ge­sam­te An­la­ge des Fa­mi­li­en­grabs von Jo­sef Kai­sers Va­ter Her­mann (1822–1890) mit ei­ner Haupt­fi­gur und zwei seit­li­chen Stein­re­liefs. Mög­li­cher­wei­se ging es auch auf Kai­sers Pro­tek­ti­on zu­rück, dass Ter­katz den Fi­gu­ren­schmuck für die von Kai­ser fi­nan­zier­te Vier­sener „Fest- und Turn­hal­le“ (1911–1913 er­rich­tet) schuf.

 

Dem Stu­di­um in Düs­sel­dorf folg­te 1909 ein Bild­haue­rei-Stu­di­um an der Kö­nig­li­chen aka­de­mi­schen Hoch­schu­le für die bil­den­den Küns­te in Ber­lin (heu­te Uni­ver­si­tät der Küns­te Ber­lin) zu­nächst bei Pro­fes­sor Pe­ter Breu­er (1856–1930), dem Weg­be­rei­ter der Mo­der­ne in der Ber­li­ner Bild­hau­er­schu­le und Schöp­fer des zwei­ten Bon­ner Beet­ho­ven-Denk­mals (1938 pos­tum er­rich­tet, heu­te Rhein­aue Bonn) und seit dem Win­ter­se­mes­ter 1911/1912 bei Pro­fes­sor Ernst Her­ter (1846–1917), der da­mals be­reits mit sei­nen Stand­bil­dern über­re­gio­na­le Be­deu­tung er­langt hat­te (1899 wur­de sein Hein­rich-Hei­ne-Denk­mal/Lo­re­ley­brun­nen in New York auf­ge­stellt). Es ist an­zu­neh­men dass Ter­katz zu­dem noch von ei­nem drit­ten Leh­rer, Pro­fes­sor Ger­hard Ja­nensch (1860–1933), un­ter­rich­tet wor­den ist, denn Ja­nensch, seit 1892 als Nach­fol­ger von Al­bert Wolff (1814–1992) Lei­ter der Mo­del­lier­klas­se, stand an der Hoch­schu­le ex­tra für den Un­ter­richt der fort­ge­schrit­te­nen Bild­haue­rei-Stu­den­ten zur Ver­fü­gung, zu de­nen Ter­katz ja auf­grund sei­ner Vor­bil­dung ge­hört ha­ben muss. Ein in man­chen Quel­len an­ge­ge­be­nes Stu­di­um an der Kunst­aka­de­mie in Mün­chen lässt sich nicht nach­wei­sen und er­scheint auch zwei­fel­haft.

Viersener Festhalle. (Heimatverein Viersen)

 

Ge­ne­ra­ti­ons­ty­pisch nahm auch Ter­katz – als Of­fi­zier – am Ers­ten Welt­krieg teil, be­vor er ei­ne ge­re­gel­te Bild­hau­er­tä­tig­keit auf­neh­men konn­te. 1921 be­zog er in Hon­nef (heu­te Stadt Bad Hon­nef) ei­ne Woh­nung in der Haupt­stra­ße 14 und mie­te­te zu­sätz­lich ein Ate­lier in ei­ner lee­ren Hal­le der Schrei­ne­rei Kai­ser im na­he­ge­le­ge­nen Rom­mers­dorf (heu­te Stadt Bad Hon­nef). 1923 schuf er für den un­mit­tel­bar vor sei­nem Ate­lier ge­le­ge­nen Platz die so ge­nann­te An­na-Säu­le, die zu­gleich als Weg­wei­ser dient. 1929 ver­leg­te er das Ate­lier in sein Haus, dass er seit sei­ner Hoch­zeit am 25.10.1922 ge­mein­sam mit sei­ner Ehe­frau Wil­hel­mi­ne We­ber (1892–1958), ge­nannt Mi­mi, be­wohn­te. Die Ehe blieb kin­der­los.

In den 1920er Jah­ren be­gann auch sei­ne re­ge Aus­stel­lungs­tä­tig­keit, die sich für die Früh­jahrs-Aus­stel­lun­gen der Preu­ßi­schen Aka­de­mie der Küns­te Ber­lin für die Jah­re 1922, 1926, 1927, 1929, 1932 und 1933 be­le­gen lässt. Da­ne­ben be­tei­lig­te er sich eben­so häu­fig an den Aus­stel­lun­gen im „Städ­ti­schen Mu­se­um Vil­la Ober­nier“ in Bonn, das 1884 aus der Stif­tung des ver­stor­be­nen Bon­ner Me­di­zin­pro­fes­sors Franz Ober­nier (1839–1882) her­vor­ge­gan­gen war und 1947 den Grund­stock der neu­ge­grün­de­ten „Städ­ti­schen Kunst­samm­lun­gen Bon­n“ bil­de­te. 1932 nahm er – ge­mein­sam mit Car­lo Men­se (1886–1965), dem re­nom­mier­ten Ver­tre­ter des Rhei­ni­schen Ex­pres­sio­nis­mus, – als Gast an ei­ner Aus­stel­lung der von Karl Men­ser mit­be­grün­de­ten „Bon­ner Künst­ler-Ver­ei­ni­gung 1914“ (BKV) im Hei­mat­mu­se­um Hon­nef teil. Eben­falls ge­mein­sam mit Car­lo Men­se, der 1933 eben­so wie Ter­katz mit dem Rom-Preis der Preu­ßi­schen Aka­de­mie der Küns­te aus­ge­zeich­net wor­den war, ab­sol­vier­te der Künst­ler 1933/1934 dank des mit dem Preis ver­bun­de­nen Sti­pen­di­ums ei­nen ein­jäh­ri­gen Stu­di­en­auf­ent­halt in der Vil­la Mas­si­mo in Rom. Ein wei­te­rer Sti­pen­di­at in je­nem Jahr war Kon­rad Wachs­mann (1901–1980), der Ar­chi­tekt des Ein­stein­hau­ses in Ca­puth (heu­te Ge­mein­de Schwie­low­see).

Relief in Linz am Rhein, Ecke Am Himmelreich / Am Totenborn, 2006, Foto: Wolfgang Ruland.

 

Die ho­he Aus­zeich­nung hat­te Ter­katz für sein Werk „Kla­gen­de Frau­en“ er­hal­ten, ei­ner Mo­nu­men­tal­plas­tik, die der Bon­ner Kunst­his­to­ri­ker Hein­rich Lüt­zeler (1902–1988) sei­ner­zeit in der Mo­nats­zeit­schrift „Die Kunst“ lo­bend be­spro­chen hat. In Ita­li­en schuf Ter­katz wäh­rend sei­nes Sti­pen­di­ums ei­ne Pie­tà für das Col­le­gi­um Ger­ma­ni­cum in Rom. Auch nach sei­ner Rück­kehr wid­me­te der Bild­hau­er sich, wie schon zu­vor in den 1920er Jah­ren, vor­wie­gend der re­li­giö­sen Kunst und fer­tig­te Ma­don­nen­fi­gu­ren, Grab­mä­ler und Ge­denk­ta­feln an.

Ne­ben die­sen Wer­ken ste­chen je­doch vor al­lem zwei Ar­bei­ten her­vor: das Krie­ger­denk­mal auf dem Pop­pels­dor­fer Fried­hof in Bonn und das Krie­ger­denk­mal im Bon­ner Baum­schul­wäld­chen am Wit­tels­ba­cher Ring. In bei­den Fäl­len han­delt es sich um Eh­ren­ma­le, die sich wohl­tu­end von den oft he­roi­sie­ren­den Ar­bei­ten an­de­rer Künst­ler die­ser Zeit ab­he­ben.

Kriegerdenkmal auf dem Poppelsdorfer Friedhof in Bonn, Foto: Jotquadrat.

 

Das 1930 ge­schaf­fe­ne Eh­ren­mal auf dem Pop­pels­dor­fer Fried­hof zeigt ei­nen da­hin­sin­ken­den jun­gen Sol­da­ten in der Fel­d­uni­form des Ers­ten Welt­kriegs, der sich – im Ster­ben be­grif­fen – mit der lin­ken Hand ans Herz fährt. Die Au­gen schon ge­schlos­sen, stützt er sich noch auf ei­nem Fel­sen auf. Der erns­te Blick der neu­sach­lich auf­ge­fass­ten Fi­gur zeigt kein fal­sches Pa­thos, son­dern er­weckt beim Be­trach­ter Mit­leid. Hier ge­lingt es Ter­katz, der Sinn­lo­sig­keit des Sol­da­ten­tods ei­ner ge­op­fer­ten Ju­gend Aus­druck zu ver­lei­hen.

Das zwei­te, 1939 ge­schaf­fe­ne Krie­ger­denk­mal geht zu­rück auf ei­nen frü­he­ren Ent­wurf des Bild­hau­ers, mit dem er zu Be­ginn der 1920er Jah­ren an ei­nem Wett­be­werb des Re­gi­ments­ver­bands des ehe­ma­li­gen 9. Rhei­ni­schen In­fan­te­rie-Re­gi­ments Nr. 160 teil­ge­nom­men hat­te, der sei­nen ge­fal­le­nen Ka­me­ra­den des Ers­ten Welt­kriegs ein wür­di­ges Eh­ren­mal in Bonn er­rich­ten las­sen woll­te. Doch die Ver­hand­lun­gen mit der Stadt zo­gen sich bis 1938 da­hin und wur­den erst mit der Auf­la­ge, ein all­ge­mei­nes Bon­ner Eh­ren­mal zu schaf­fen, be­en­det. Die In­au­gu­ra­ti­ons­fei­er fand am 21.5.1939 un­ter gro­ßer Be­tei­li­gung der Be­völ­ke­rung statt.

Das Denk­mal aus Ba­salt­la­va be­steht aus ei­ner zwei­stu­fi­gen Bo­den­plat­te, über der sich ei­ne schwe­re 4 mal 2,20 Me­ter gro­ße De­cken­plat­te, ge­tra­gen von vier stei­ner­nen Ad­lern, er­hebt. Dar­un­ter be­fin­det sich die Fi­gur ei­nes voll­be­klei­de­ten und Stahl­helm tra­gen­den to­ten Sol­da­ten, der lang aus­ge­streckt wie in ei­nem Sar­ko­phag ruht.

Wenn Ter­katz da­mit auch der heu­te auf we­nig Ver­ständ­nis sto­ßen­den ro­man­tisch-ver­klär­ten Idee folgt, dass der für sein Va­ter­land ge­fal­le­ne Sol­dat in ei­nem hö­he­ren Sinn nicht tot ist, son­dern nur ruht und in sei­nem Volk wei­ter lebt, so muss man doch kon­sta­tie­ren, dass er in ei­ner Zeit, als sich der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus auf dem Hö­he­punkt be­fand, auf je­des na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Em­blem, wie et­wa Ha­ken­kreu­ze, ver­zich­te­te, und das Mahn­mal in ei­ner schlich­ten, ge­ra­de­zu zu­rück­ge­nom­me­nen künst­le­ri­schen Form schuf. Der sonst in der NS-Kunst üb­li­che he­ro­isch-pa­the­ti­sche Stil fehlt hier ganz, so dass die An­la­ge nichts mar­tia­li­sches, son­dern et­was Wei­he­vol­les aus­strömt.

Am 31.8.1954 starb Pe­ter Ter­katz in Hon­nef, wo er auf dem Al­ten Fried­hof be­gra­ben wur­de. Ein na­tur­be­las­se­ner Gra­nitstein er­in­nert heu­te an den Künst­ler. Nach dem Tod fast ver­ges­sen, wur­de sei­nen zwi­schen Mo­der­ne und Klas­sik ste­hen­den, teils von der neu-sach­li­chen Schu­le ge­präg­ten Ar­bei­ten erst wie­der in jün­ge­rer Zeit Be­ach­tung ge­schenkt.

Werke in der Öffentlichkeit (Auswahl)

1912 - Gie­bel­schmuck, Fest­hal­le, Vier­sen.
1914 - Por­trät-Büs­ten, Jo­sef Kai­ser und Kin­der so­wie Grab­an­la­ge Her­man Kai­ser, Löh­fried­hof, Vier­sen.
1914 - Bron­ze­re­lief, Por­trät Fried­rich Greef, Vier­sen.
1923 - An­na-Säu­le, zu­gleich Weg­wei­ser, Bad Hon­nef.
1925 - St. An­na-Weg­wei­ser, Bad Hon­nef.
Nach 1927 - Kreuz­weg, St. Bo­ni­fa­ti­us, Frank­furt a. M.
1928 - Re­li­ef am Brun­nen Ecke Am Him­mel­reich/Am To­ten­born, Linz am Rhein. 
1929 - Grab­mal Pro­fes­sor Fel­ten, Pop­pels­dor­fer Fried­hof, Bonn.
1930 - Krie­ger­denk­mal, Pop­pels­dor­fer Fried­hof, Bonn.
1930 - Por­tal, Pros­per-Hos­pi­tal, Reck­ling­hau­sen.
1932 - Grup­pe Kla­gen­de Frau­en, un­be­kann­ter Ort.
1932 - Plas­ti­ken, St. Vin­cenz-Wai­sen­haus, Dort­mund.
Nach 1932 - Ma­don­na, am Turm der Lieb­frau­en­kir­che, Arns­berg.
1933/1934 - Pie­tà, Col­le­gi­um Ger­ma­ni­cum et Hun­ga­ri­cum, Rom.
1937 - Ma­ri­en­sta­tue und Rei­ter­bild Karls des Gro­ßen, Diö­ze­san­bi­blio­thek, Aa­chen.
1939 - Krie­ger­denk­mal, Baum­schul­wäld­chen, Bonn.
1940 - Der Pflü­ger, Re­li­ef, Grab­stät­te Wülfing, Süd­fried­hof, Bonn.
1942 - Ma­don­nen­fi­gur, Ei­che, Mi­cha­els­kir­che, Op­la­den (heu­te Stadt So­lin­gen).
Nach 1950 - Grab­mal Dr. Pomp, Fried­hof Kes­se­nich, Bonn.
1952 - Kreu­zi­gungs­grup­pe, Holz, St. Ma­ri­en­kir­che, Sie­gen.
1953 - Ma­don­na, Holz, St. Ma­ri­en­kir­che, Sie­gen.
1953 - Ma­ri­en­sta­tue, Mu­schel­kalk, Por­tal der Pfarr­kir­che, Bad Hon­nef-Rhön­dorf.
Ma­don­na, Mar­mor, Ber­gisch Glad­bach
Bron­ze­re­lief, Burg­fried­hof Bad Go­des­berg, Bonn.
Krie­ger­denk­mal, Zen­tral­fried­hof Bad Go­des­berg, Bonn.
Grab­mal, Ohls­dor­fer Fried­hof, Ham­burg.

Literatur

Lüt­zeler, Hein­rich, Pe­ter Ter­katz, in: Die Kunst. Mo­nats­hef­te für freie und an­ge­wand­te Kunst 67 (1933), S. 114-117.
Lüt­zeler, Hein­rich, Pe­ter Ter­katz, Ein Rhei­ni­scher Bild­hau­er, in: Die Christ­li­che Kunst 30, Heft 8, Mai 1934, S. 220-230.
Nie­sen, Jo­sef, Bon­ner Denk­mä­ler und ih­re Er­bau­er, Bonn 2013, S. 146, 149, 244f.
Pau­ly, Al­bert, Pe­ter Ter­katz (1880–1957) „ein rhei­ni­scher Bild­hau­er“ aus Vier­sen, in: Hei­mat­buch des Krei­ses Vier­sen 2008, S. 52-61.

Marienfigur am Portal der Pfarrkirche St. Mariä Heimsuchung in Bad Honnef-Rhöndorf, Foto: Tohma.

 
Zitationshinweis

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Niesen, Josef, Peter Terkatz, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peter-terkatz/DE-2086/lido/57c93acda13043.92640220 (abgerufen am 23.04.2024)