Alexandra Cordes

Schriftstellerin (1935-1986)

Gabriele Uelsberg (Bonn)
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Alex­an­dra Cor­des, ge­bo­ren als Ur­su­la Schaa­ke in Bonn, war ei­ne der er­folg­reichs­ten deut­schen Schrift­stel­le­rin­nen in der Zeit nach dem Zwei­ten Welt­krieg. In den 1970er und 1980er Jah­ren er­reich­ten ih­re Ro­ma­ne re­gel­mä­ßig Plät­ze in den Best­sel­ler­lis­ten. Mil­lio­nen von Ex­em­pla­ren wur­den ver­kauft. Sie war ver­hei­ra­tet mit dem Schrift­stel­ler Mi­cha­el Hor­bach (1924-1986), ei­nem eben­falls er­folg­rei­chen, wenn auch un­be­que­men Au­tor, der die Ge­sell­schaft der Nach­kriegs­zeit kri­tisch be­leuch­te­te. Ihr Le­ben fand ein tra­gi­sches En­de, als am 26.10.1986 ihr Mann erst sie und dann sich selbst er­schoss.

Am 15.11.1935 wur­de Ur­su­la Schaa­ke in Bonn ge­bo­ren. Sie war das zwei­te Kind ei­ner deutsch-fran­zö­si­schen Fa­mi­lie, de­ren Wur­zeln im El­saß und im Rhein­land la­gen. Ih­re El­tern wa­ren der Ge­schäfts­füh­rer Erich Schaa­ke und Chris­ti­ne Ra­chel An­na Schaa­ke, ge­bo­re­ne Men­nin­ger. Ih­re Gro­ß­mut­ter, Frie­de­ri­ke Frie­da Men­nin­ger, ge­bo­re­ne Frie­de­ri­cke Welsch, war im El­saß ge­bo­ren und in Straß­burg auf­ge­wach­sen, wo sie die Schul­freun­din von El­li Knapp, der spä­te­ren Gat­tin von Theo­dor Heuss (1884-1963) war und die Ju­gend­freun­din von Al­bert Schweit­zer (1875-1965).

Die aus­ge­bil­de­te Leh­re­rin Frie­da Men­nin­ger, die im El­saß als Ma­de­moi­sel­le Welsch un­ter­rich­te­te, be­ein­fluss­te den Le­bens­weg von Alex­an­dra Cor­des nach­hal­tig. Sie be­wun­der­te ih­re cou­ra­gier­te „Omi" und no­tier­te vie­le Jah­re spä­ter in ih­rem Ta­ge­buch: „Wenn ich so mu­tig bin, ver­dan­ke ich das mei­ner Gro­ß­mut­ter. Weil sie ei­ne Frau wie vie­le an­de­re war und doch ein­zig­ar­tig. Sie lieb­te die Spra­chen, die Kunst, Kul­tur und Mu­sik und vor al­lem die Men­schen. Und bis zu ih­rem letz­ten Tag hat sie sich ge­wei­gert, ei­nen Men­schen, den sie lieb­te, Adieu zu sa­gen. Auch in ih­rer letz­ten Stun­de sag­te sie: Auf Wie­der­se­hen."

Nach En­de des Krie­ges be­such­te Ur­su­la Schaa­ke das Bon­ner Mäd­chen­gym­na­si­um Cla­ra-Schu­mann-Schu­le und mach­te dort ein sehr gu­tes Ab­itur. Sie woll­te je­doch nicht stu­die­ren, son­dern be­gann ei­nen Mo­de­zeich­ner­kurs, lernt Ste­no­gra­phie und Schreib­ma­schi­ne und ab­sol­vier­te an der Ber­litz-Schu­le das Dol­met­scher­ex­amen in Eng­lisch und Fran­zö­sisch.

Das Schrei­ben lag ihr von An­fang an und so trat sie im Bon­ner Bü­ro der Lon­do­ner „Ti­mes" ei­ne Vo­lon­tärstel­le an. Sie nahm am po­li­ti­schen und jour­na­lis­ti­schen Le­ben der Stadt Bonn in den so ge­nann­ten Bon­ner Pres­se­ba­ra­cken teil und lern­te in die­sen Jah­ren 1952 den Jour­na­lis­ten Mi­cha­el Hor­bach ken­nen, der für den eng­lisch­spra­chi­gen AP (As­so­cia­ted Press) ar­bei­te­te. Mi­cha­el Hor­bach war ein kri­ti­scher Be­ob­ach­ter der Bon­ner Sze­ne. Er setz­te sich rück­halt­los für die Auf­klä­rung der NS-Ver­gan­gen­heit ein. Er schrieb über Kriegs­op­fer, die neue Bun­des­wehr und die Mög­lich­kei­ten zur Wehr­dienst­ver­wei­ge­rung.

1957 ver­öf­fent­lich­te Hor­bach sei­nen ers­ten Ro­man bei Ro­wohlt: „Die ver­ra­te­nen Söh­ne" und wur­de Res­sort­chef für Tat­sa­chen­be­rich­te beim „Stern" in Ham­burg. Ur­su­la Schaa­ke trat nach ih­rem Vo­lon­ta­ri­at ei­ne Stel­le beim Ham­bur­ger Abend­blatt in Bonn an und ar­bei­te­te an ih­rem ers­ten Ro­man. Bei­de heg­ten den Wunsch, als freie Au­to­ren un­ge­bun­den zu ar­bei­ten. Mi­cha­el Hor­bach kün­dig­te beim Stern und sie hei­ra­te­ten 1958 in Bonn.

Ur­su­la Schaa­ke hat­te zu die­sem Zeit­punkt die Ar­beit an ih­rem ers­ten Ro­man (Ar­beits­ti­tel: „Die to­ten Blu­men") ab­ge­schlos­sen. Es war gleich­sam ein Pen­dant zu Hor­bachs „Die ver­ra­te­nen Söh­ne". Im Mit­tel­punkt die­ses Ta­ge­buchs über die letz­ten Kriegs­ta­ge und die Nach­kriegs­zeit stan­den zwei Kin­der, de­nen man al­les ge­nom­men hat­te. Schaa­ke reich­te den Ro­man beim Ro­wohlt-Ver­lag ein, des­sen Lek­tor Wolf­gang Wey­rauch (1904-1980) ein ver­nich­ten­des Ur­teil über das Ma­nu­skript fäll­te. Er schrieb, sie sol­le „bes­ser nie mehr ei­ne Zei­le" schrei­ben. Trotz die­ses Ver­dikts schaff­te sie es, ihr Erst­lings­werk zu ver­öf­fent­li­chen. Nach vie­len zä­hen Ver­hand­lun­gen er­schien es 1963 un­ter dem neu­em Ti­tel „Die ent­zau­ber­ten Kin­der" im Hes­tia-Ver­lag. Da­mit be­gann ih­re schrift­stel­le­ri­sche Kar­rie­re. Im Lau­fe der nächs­ten Jah­re soll­te sie mehr als 60 Bü­cher schrei­ben und als „Auf­la­gen-Mil­lio­nä­rin" an die Spit­ze der meist­ge­le­se­nen deutsch­spra­chi­gen Au­to­rin­nen auf­stei­gen. Da al­ler­dings die Ho­no­ra­re für die ers­ten Bü­cher noch ge­ring wa­ren, be­gan­nen sie und ihr Ehe­mann früh da­mit, un­ter ver­schie­de­nen Pseud­ony­men Re­por­ta­gen, Ro­ma­ne und Thril­ler für die il­lus­trier­ten Zeit­schrif­ten „Bun­te", „Quick", „Re­vue" und „TV-Hö­ren und Se­hen" zu schrei­ben. Schaa­ke schrieb un­ter ali­as „Chris­ta Bach" und „Jen­ni­fer Mor­gen" und er­zähl­te in Ro­ma­nen wie „Die Bu­sch­ärz­tin" Ge­schich­ten von Frau­en zwi­schen Pflicht und Lie­be. Par­al­lel da­zu be­reis­te das Ehe­paar die Welt. Fünf län­ge­re Rei­sen nach Ke­nia und Tan­sa­nia mit Sa­fa­ri zum Ki­li­man­dscha­ro präg­ten auch die Stof­fe ih­rer künf­ti­gen Ro­ma­ne.

Mit­te der 1960er Jah­re zo­gen die „Hor­bachs" ins Sie­ben­ge­bir­ge. In die­sen Jah­ren pro­du­zier­ten bei­de zahl­rei­che Bü­cher. Die Köl­ni­sche Rund­schau be­ti­tel­te sie in ei­nem Ar­ti­kel von 1971 als „Die Ro­man­fa­brik im Sie­ben­ge­bir­ge". Ur­su­la Schaa­ke hat­te sich auf Ro­ma­ne spe­zia­li­siert, so ge­nann­te „Frau­en-Ro­ma­ne", die sie Wo­che für Wo­che für ein Il­lus­trier­ten-Pu­bli­kum schrieb. Die­se Ma­nu­skrip­te wur­den spä­ter auch zum Teil als Bü­cher ver­legt. Wäh­rend ih­re Le­ser-Ge­mein­de stän­dig wuchs, wur­den ih­re Ro­ma­ne in den Me­di­en als kli­schee­haft ver­ris­sen.

Als Ur­su­la Schaa­ke zum Schnee­kluth-Ver­lag nach Mün­chen wech­sel­te, er­kann­te Ul­rich Stau­din­ger un­ge­ach­tet der Kri­tik so­fort ih­re „er­folg­rei­che Spra­che". Er reg­te an, ei­ne Fa­mi­li­en­sa­ga, zu schrei­ben. Stau­din­ger kre­ierte ein neu­es „La­bel" für Ur­su­la Schaa­ke, den Künst­ler­na­men Alex­an­dra Cor­des. 1974 er­schien un­ter die­sem Na­men zu­nächst der Ro­man „Die Dra­chen stei­gen" und 1975 in Fol­ge die Fa­mi­li­en­sa­ga der Oma Frie­da Men­nin­ger, die sie zur „Gro­ß­mut­ter des Jahr­hun­derts" mach­ten. Die Au­to­rin hat­te mit ihr in lan­gen In­ter­views mehr als 80 Ton­bän­der auf­ge­zeich­net. Die Buch­ti­tel der Fa­mi­li­en­ge­schich­te lau­te­ten: „Sag mir auf Wie­der­se­hen", „Geh vor dem letz­ten Tanz" und „Frag nie nach dem En­de".

Ur­su­la Schaa­ke und Mi­cha­el Hor­bach schu­fen sich ein Do­mi­zil in Châ­teau­neuf-du-Pa­pe, wo bei­de wei­ter ar­bei­te­ten und auch ver­such­ten, ge­mein­sa­me Ro­ma­ne zu schrei­ben. 1981 ver­öf­fent­li­chen sie „Der Ge­sang von Lie­be und Tod", 1983 „Auf dei­nen Lip­pen das Pa­ra­dies" und 1985 „Hei­mat".

Schwe­re Er­kran­kun­gen und de­pres­si­ve Schü­be er­schwer­ten in­des das ehe­li­che Zu­sam­men­le­ben, bis es zu der Ka­ta­stro­phe in der Nacht zum 27.10.1986 kam. Alex­an­dra Cor­des wur­de mit Kopf­schuss tot auf dem Bo­den lie­gend vor­ge­fun­den, Mi­cha­el Hor­bach eben­falls mit Kopf­schuss oh­ne Be­wusst­sein da­ne­ben sit­zend. Er starb fünf Ta­ge spä­ter, oh­ne aus dem Ko­ma er­wacht zu sein.

Werke (Auswahl)

Auf dem Weg in die Nacht, 1998.
Chris­ti­ne. Die gan­ze Fül­le ei­nes Le­bens, 1984.
Das Haus im Ma­ru­la­baum, 1977.
Das Traum­schloß, 1998.
Der Sehn­sucht an­de­re Sei­te, 1996.
Die ent­zau­ber­ten Kin­der, 1963 (un­ter dem Ge­burts­na­men Ur­su­la Schaa­ke).
Die La­dy, 1986.
Die Um­ar­mung, 1985; Nacht der Kat­zen, 1985.
Ein Lä­cheln im Herbst, 1979.
Ein­mal noch nach Hau­se, 1983.
Ei­ko, 1986.
Frag nie nach dem En­de, 1978.
Ge­fähr­li­che Lie­be, 1982.
Geh vor dem letz­ten Tanz, 1976.
Ih­re bit­te­re Lie­be, 1998.
Lie­be kennt kei­ne Jah­re, 1980.
Mei­ne schwar­ze Schwes­ter, 1977.
Nimm ei­ne Hand voll Ster­ne, 1996.
Sag mir auf Wie­der­se­hen, 1975.
Und drau­ßen blüht der Ja­ca­randa­baum, 1985.
Und drau­ßen sang der Wind, 1982.
Wenn die Dra­chen stei­gen, 1974.
12 Ta­ge im Au­gust, 1969 (un­ter dem Ge­burts­na­men Ur­su­la Schaa­ke).

Literatur

Edin­ger, Eli­sa­beth, Omas Le­bens­beich­te wird ein Best­sel­ler, in: Ex­press, 31.3.1976.
Schaa­ke, Erich, Lie­ben und Ster­ben in der Pro­vence – Die Ge­schich­te der Alex­an­dra Cor­des, Mün­chen 2005.
Schalk­heu­ser, Hel­ga, Alex­an­dra Cor­des, Er­folg mit Frau­en­schick­sa­len: in: No­ra, Au­gust 1976.
Schmitt, Chris­ti­an W., Schrei­ben sie bes­ser nie mehr ei­ne Zei­le, in: Bör­sen­blatt, 27. April 1986.
Spie­gel, Ru­dolf, Die Ro­man­fa­brik im Sie­ben­ge­bir­ge, in: Köl­ni­sche Rund­schau, 9.1.1971.

 
Zitationshinweis

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Uelsberg, Gabriele, Alexandra Cordes, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/alexandra-cordes/DE-2086/lido/57c68d8f123c04.91014079 (abgerufen am 16.04.2024)