Eduard Rhein

Erfinder, Wissenschaftsjournalist und Schriftsteller (1900-1993)

Ansgar S. Klein (Bonn)

Porträtfoto von Eduard Rhein. (Eduard-Rhein-Stiftung)

Edu­ard Rhein er­fand ein Füll­schrift­ver­fah­ren für Schall­plat­ten und führ­te die Rund­funk­pro­gramm­zeit­schrift „Hör zu!“ als Chef­re­dak­teur zu Mil­lio­nen­auf­la­gen. Er selbst be­zeich­ne­te sich selbst als „Jahr­hun­dert­man­n“.

Ru­dolph Edu­ard Rhein wur­de am 23.8.1900 in Kö­nigs­win­ter als Sohn des Gast­wirts Edu­ard Rhein (1867-1934) und sei­ner Ehe­frau The­re­se Hoy (1872-1952) als das zwei­te von fünf über­le­ben­den Kin­dern ge­bo­ren und ka­tho­lisch ge­tauft. Der Va­ter war der Be­sit­zer der am Auf­stieg zum Dra­chen­fels ge­le­ge­nen Som­mer­wirt­schaft „Zum Va­ter Rhein“. Die Mut­ter stamm­te aus Mün­chen. Die Fa­mi­lie muss­te die Gast­stät­te we­ni­ge Jah­re spä­ter aus fi­nan­zi­el­len Grün­den auf­ge­ben und zog 1906 nach Beu­el (heu­te Stadt Bonn), wo Edu­ard Rhein bis zum Ab­itur 1917 die Schu­le be­such­te. Nach dem Tod des Gro­ßva­ters kehr­te die Fa­mi­lie nach Kö­nigs­win­ter zu­rück. 

Im letz­ten Kriegs­jahr des Ers­ten Welt­krie­ges droh­te Rhein die Ein­zie­hung zum Mi­li­tär­dienst. Der tech­nisch be­gab­te Rhein­län­der las sich in­ten­siv in die The­ma­tik der Luft­schiff­fahrt ein und mel­de­te sich frei­wil­lig für den Ein­satz bei der Be­treu­ung von Luft­schif­fen, um so dem Schüt­zen­gra­ben zu ent­ge­hen. 

Sein Be­rufs­ziel war Schrift­stel­ler. Am 25.4.1918 er­schien in der Kö­nigs­win­te­rer Lo­kal­zei­tung „Echo des Sie­ben­ge­bir­ge­s“ sei­ne Kurz­ge­schich­te „Die Schmin­ke“. Nach Kriegs­en­de ent­schied er sich je­doch aus prak­ti­schen Er­wä­gun­gen für ein Vo­lon­ta­ri­at bei der Elek­tro­fir­ma „Ar­thur Le­ser & Co.“ in Köln. Von 1920 bis 1923 stu­dier­te er an der grö­ß­ten pri­va­ten In­ge­nieurs­schu­le in Mitt­wei­da bei Chem­nitz Phy­sik und Elek­tro­tech­nik, wo er mit dem Di­plom ab­schloss. Nach dem Stu­di­um fand er rasch den Ein­stieg in die Elek­tro­tech­ni­sche Bran­che. Er zog nach Ber­lin und ar­bei­te­te in der Ab­tei­lung Öf­fent­lich­keits­ar­beit der elek­tri­sche Klein­be­leuch­tungs­an­la­gen pro­du­zie­ren­den Zie­gen­berg AG, die al­ler­dings im glei­chen Jahr In­sol­venz an­mel­den muss­te. Zwi­schen­zeit­lich schlug sich der Gei­ge spie­len­de Rhein mit drei Stu­den­ten der Mu­sik­hoch­schu­le als Tanz­ka­pel­le in Bars vor­neh­mer Ho­tels durch. Bei der AEG war er bald dar­auf im Be­reich Wer­bung und Patent­we­sen tä­tig. Zwi­schen 1925 und 1930 war er As­sis­tent in der Nor­men­stel­le des Zen­tral­ver­ban­des der Deut­schen Elek­tro­tech­ni­schen In­dus­trie.

Be­reits 1926 er­schie­nen erst­mals jour­na­lis­ti­sche Tex­te aus sei­ner Fe­der. Als Frei­er Mit­ar­bei­ter von Zeit­schrif­ten wie „Fun­k“, „Funk­schau“, „Sen­dun­g“ und „Ber­li­ner Funk­stun­de“ be­glei­te­te er das neue, sich rasch ent­wi­ckeln­de Me­di­um sei­ner Zeit: den Rund­funk. 

Im Auf­trag des Ver­eins Deut­scher In­ge­nieu­re ver­fass­te er 1927 das Buch „Nor­mie­rung im Rund­fun­k“, in dem er sein be­son­de­res Ta­lent zeig­te: kom­pli­zier­te tech­ni­sche Zu­sam­men­hän­ge auch für Lai­en ver­ständ­lich zu er­läu­tern. Als Wis­sen­schafts­re­dak­teur war er seit 1931 bei dem re­nom­mier­ten Ull­stein-Ver­lag in Ber­lin tä­tig. Hier blieb er über die Ent­eig­nung und Um­be­nen­nung in Deut­scher Ver­lag im Jah­re 1937 hin­weg bis zum Früh­jahr 1945. Er schrieb für Rund­funk­zei­tun­gen - von 1931 bis 1939 für „Sie­ben Ta­ge“ und von 1936 bis 1941 für „Hier Ber­lin und al­le deut­schen Sen­der“ - und ver­öf­fent­lich­te wei­te­re Bü­cher, die Best­sel­ler wur­den: 1937 er­schien „Wun­der der Wel­len“ und 1940 „Du und die Elek­tri­zi­tät“. 

Ne­ben­bei schrieb er 1941 für sei­nen per­sön­li­chen Freund, den Kom­po­nis­ten Edu­ard Kün­ne­ke (1885-1953), das Li­bret­to für des­sen Ope­ret­te „Traum­lan­d“. 

Sein be­ruf­li­ches The­men­ge­biet war die Ent­wick­lung der Ra­dio- und der auf­kom­men­den Fern­seh­tech­nik. Gleich­zei­tig war er selbst auf die­sem Ge­biet for­schend und er­fin­dend tä­tig. Ins­ge­samt mel­de­te er zeit sei­nes Le­bens 50 Pa­ten­te an. 1942 ent­wi­ckel­te er ei­nen Ra­di­o­schnell­star­ter, der da­nach auch in Fern­seh­ge­rä­ten Ver­wen­dung fand. Eben­falls wäh­rend des Krie­ges bau­te er den Pro­to­ty­pen des Ra­dar­ge­rä­tes „FK1“, doch die Er­fin­dung kam 1944 zu spät und ging nicht mehr in die Se­ri­en­pro­duk­ti­on. Sei­ne be­deu­tends­te und lu­kra­tivs­te Er­fin­dung ge­lang ihm 1949: das so ge­nann­te Rhein´sche Füll­schrift­ver­fah­ren ver­dop­pel­te die Spiel­dau­er ei­ner Schall­plat­te. Da­mit war Rhein der Er­fin­der der Lang­spiel­plat­te ge­wor­den. 

Auf sein jour­na­lis­ti­sches Ta­lent war auch der Ver­le­ger­sohn Axel Sprin­ger (1912-1985) auf­merk­sam ge­wor­den. Er be­auf­trag­te den po­li­tisch un­be­las­te­ten Rhein im Som­mer 1946, ei­ne Rund­funk­pro­gramm­zeit­schrift zu ent­wi­ckeln. Am 11.12.1946 er­schien die ers­te Aus­ga­be der „Hör zu!“. Die Zeit­schrift brach­te nicht nur den Ab­druck der Pro­gram­me, son­dern auch Be­rich­te über den Sen­der NW­DR, Neu­ig­kei­ten aus der Rund­funk- und Fern­seh­tech­nik, Por­träts von Ra­dio­mo­de­ra­to­ren und den Tech­ni­schen Fra­ge­kas­ten, der bei der Re­pa­ra­tur der Rund­funk­ge­rä­te half.

Nach der Wäh­rungs­re­form 1948 und der Frei­ga­be des Pro­gramm­ab­drucks öff­ne­te sich die „Hör zu!“ durch Le­bens­be­ra­tung und Pro­mi­nen­ten­be­richt­er­stat­tung zu ei­ner Pu­bli­kums- und vor al­lem Fa­mi­li­en­zeit­schrift, wel­che bald mit ih­rer Mil­lio­nen­auf­la­ge die füh­ren­de Markt­po­si­ti­on in Eu­ro­pa ein­nahm. 

Edu­ard Rhein führ­te die von den aus Mün­chen stam­men­den Brü­dern Diehl er­fun­de­ne Trick­film-Igel­pup­pe als Co­mic­fi­gur „Me­cki“ in die „Hör zu!“ ein und stei­ger­te so bei­der Po­pu­la­ri­tät. Sie avan­cier­te zum Mas­kott­chen der Zeit­schrift und er­hielt bald ei­nen Kult­sta­tus. Es er­schie­nen Bü­cher mit ih­ren Aben­teu­ern, der Ver­kauf von Me­cki­pup­pen in al­len Grö­ßen flo­rier­te und in der Mo­de­bran­che hieß ein be­stimm­ter Haar­schnitt „Me­cki­fri­sur“. Der be­lieb­te Igel rief so­gar als Star in Wer­be­spots zur Be­tei­li­gung an der Bun­des­tags­wahl auf.

Rhein selbst ent­wi­ckel­te und schrieb die Me­cki-Bü­cher so­wie 16 in der „Hör zu!“ ab­ge­druck­te Fort­set­zungs­ro­ma­ne. Die un­ter Pseud­ony­men wie Hans Ul­rich Hors­ter, Adri­an Hül­sen und Klaus Hell­mer er­schie­nen Bü­cher mit den Ti­teln „Ein Herz spielt fal­sch“, „Such­kind 312“ und „Der ro­te Rau­sch“ wa­ren Best­sel­ler und wur­den rasch mit be­kann­ten deut­schen Schau­spie­lern ver­filmt. 

An­fang der 1960er Jah­re al­ler­dings bra­chen das An­zei­gen­auf­kom­men und die Auf­la­ge der „Hör zu!“ ein. Rhein, des­sen Ver­hält­nis zu Sprin­ger sich ge­trübt hat­te, ver­lor – für ihn selbst un­ver­ständ­lich – als ver­ant­wort­li­cher Chef­re­dak­teur im No­vem­ber 1964 sei­nen Pos­ten. Als Pen­si­on ließ sich Rhein für je­des Jahr bis zu sei­nem Le­bens­en­de 50 Pro­zent des Ge­gen­wer­tes von acht An­zei­gen­sei­ten ga­ran­tie­ren.

Der nun­meh­ri­ge Rent­ner be­wohn­te in bes­ter La­ge an der Au­ßen­als­ter ei­nen mo­dern aus­ge­stat­te­ten Neu­bau, doch bald zog es ihn an die Cô­te d´Azur. Hier er­warb er am Cap Fer­rat in der Nä­he von An­ti­bes ein gro­ßzü­gi­ges An­we­sen, von wo aus er – fi­nan­zi­ell bes­tens ab­ge­si­chert – sei­nen vie­len In­ter­es­sen nach­ging.

Edu­ard Rhein rief zwei Stif­tun­gen ins Le­ben. 1976 grün­de­te er in Ham­burg die Edu­ard-Rhein-Stif­tung, die wis­sen­schaft­li­che For­schung, Bil­dungs­for­schung, Er­zie­hung, Kunst und Kul­tur im In- und Aus­land för­dert. Sie ver­leiht Prei­se in den Ka­te­go­ri­en Grund­la­gen, Tech­no­lo­gie, Kul­tur und Ju­gend, letz­te­res im Rah­men des Ju­gend-forscht-Wett­be­werbs. Lei­ter der Stif­tung ist sein Nef­fe Rolf Gartz (ge­bo­ren 1940). Die 1987 ent­stan­de­ne Pro­fes­sor-Rhein-Stif­tung hat ih­ren Sitz in Kö­nigs­win­ter. Die Stadt­ver­wal­tung ver­wal­tet sie als Treu­hän­der. Die Stif­tung för­dert Kunst, Kul­tur und Bil­dung in der Stadt durch die Ver­ga­be von Sti­pen­di­en an Stu­den­ten der Na­tur- und In­ge­nieur­wis­sen­schaft aus Kö­nigs­win­ter, durch die Un­ter­stüt­zung des Sie­ben­ge­birgs­mu­se­ums und der Ar­beit der Hei­mat­ver­ei­ne.

Edu­ard Rhein ver­starb am 15.4.1993 in Can­nes, wo er in ei­ner Ei­gen­tums­woh­nung am Bou­le­vard de La Croi­set­te mit sei­nem Le­bens­ge­fähr­ten leb­te. Bei­ge­setzt ist er auf dem Fried­hof am Pa­last­wei­her in sei­ner Hei­mat­stadt Kö­nigs­win­ter. 

Ihm sind zahl­rei­che Or­den ver­lie­hen und Eh­run­gen zu­teil ge­wor­den. Das Bun­des­ver­dienst­kreuz er­hielt er 1958 und mit Stern 1985, die Han­se­stadt Ham­burg ver­lieh ihm 1990 die Me­dail­le für Kunst und Wis­sen­schaft. 1990 wur­de er Eh­ren­bür­ger sei­ner Ge­burts­stadt Kö­nigs­win­ter. Sie be­nann­te eben­so wie Ham­burg 2004 ei­ne Stra­ße nach ihm. An sei­nem Ge­burts­haus am Dra­chen­fels ist ei­ne Ge­denk­pla­ket­te an­ge­bracht wor­den.

Werke

 Nor­mung im Rund­funk, 1927.
 Das me­cha­ni­sche Hirn, 1928.
 Die Jagd nach der Stim­me, 1938.
 Du und die Elek­tri­zi­tät, 1940.
 Ver­se und Li­bret­to der Ope­ret­te „Traum­lan­d“, 1942.
 Ein Herz spielt falsch, 1950 (ver­filmt 1953).
 Die To­ten­in­sel, 1951.
 Der Ro­te Rausch, 1952.
 Wie ein Sturm­wind, 1954.
 Ver­lo­re­ne Träu­me, 1956.
 Herz oh­ne Gna­de, 1956.
 Ein Au­gen­blick der Ewig­keit, 1958.
 Ein Stu­dent geht vor­bei, 1959.
 Ei­ne Frau für tot er­klärt, 1960.
 Ver­schat­te­te Heim­kehr, 1960.
 E­he-In­sti­tut Au­ro­ra, 1961.
 Ka­rus­sell der Lie­be, 1964.
 Ein Sohn nach sei­nem Eben­bild, 1981.
 Haus der Hoff­nung, 1985.
 Brie­fe aus dem Jen­seits, 1986.
 100 Jah­re Schall­plat­te, 1987.
 Der Jahr­hun­dert­mann, 1990 (Au­to­bio­gra­phie).

Literatur

 Mitt, Daia­na, Edu­ard Rhein, in: Kö­nigs­win­ter in Zeit und Bild, 18. Teil­lie­fe­rung, Kö­nigs­win­ter 2009.
 Scheu­ren, El­mar, Aus dem Le­ben ei­nes Tau­sen­sas­sas – Der Kö­nigs­win­te­rer Eh­ren­bür­ger Edu­ard Rhein, in: Jahr­buch des Rhein-Sieg-Krei­ses 2008, S. 14-27.

Online

Lind­ner, Erik, "Rhein, Edu­ard" in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 21 (2003), S. 486-487. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Klein, Ansgar S., Eduard Rhein, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/eduard-rhein-/DE-2086/lido/6033b2b35f6f86.53301790 (abgerufen am 29.03.2024)