Fritz Eickhoff

NS-Bürgermeister von Siegburg (1902-1966)

Johann Paul (Kirchen/Sieg)

Fritz Eickhoff, Porträtfoto. (Historisches Archiv der Kreisstadt Siegburg)

Fritz Eick­hoff war von 1936 bis März 1945 Bür­ger­meis­ter von Sieg­burg. Er galt in den ka­tho­li­schen Krei­sen der Stadt als ge­mä­ßig­ter Na­tio­nal­so­zia­list und war in sei­ner Amts­zeit um ei­nen Aus­gleich mit der Kir­che be­müht. Kurz vor Kriegs­en­de ließ Eick­hoff ei­nen plün­dern­den rus­si­schen Zwangs­ar­bei­ter er­schie­ßen. Weil er Po­li­zis­ten, die bei der Ver­tei­di­gung Sieg­burgs ein­ge­setzt wer­den soll­ten, zur Flucht ver­half, wur­de er ab­ge­setzt.

Fritz Eick­hoff wur­de am 22.9.1902 als Sohn des Kreis­arz­tes Dr. Diet­rich Eick­hoff und des­sen Ehe­frau An­na ge­bo­re­ne Si­mon in Gum­mers­bach ge­bo­ren. Ein Jahr spä­ter zog die Fa­mi­lie nach Sieg­burg um. Hier er­warb Eick­hoff 1922 am hu­ma­nis­ti­schen Gym­na­si­um das Ab­itur. An­schlie­ßend stu­dier­te er in Bonn und Köln Rechts­wis­sen­schaft. Nach der ers­ten Staats­prü­fung nahm er von 1927 bis 1930 am ju­ris­ti­schen Vor­be­rei­tungs­dienst teil, leg­te aber nicht das zwei­te Staats­ex­amen ab, son­dern pro­mo­vier­te 1931 an der Uni­ver­si­tät Er­lan­gen mit ei­ner Dis­ser­ta­ti­on  über den Zwei­kampf. Schon als Gym­na­si­ast trat Eick­hoff der „Bru­der­schaft des Jung­deut­schen Or­den­s“ in Sieg­burg bei. Die­ser von dem ehe­ma­li­gen Reichs­wehr­haupt­mann Ar­thur Mahraun (1890-1950) ge­grün­de­te Kampf­bund war Eick­hoff zu­fol­ge sei­ner­zeit die ein­zi­ge na­tio­na­le Or­ga­ni­sa­ti­on, die in mei­ner Hei­mat­stadt be­stand und von der Be­sat­zung we­nigs­tens im An­fang ge­dul­det wur­de. Wäh­rend des Stu­di­ums schloss er sich 1924 der Ju­gend­or­ga­ni­sa­ti­on des noch wei­ter rechts ste­hen­den „Stahl­helm­s“ an. Im No­vem­ber 1926 trat er un­ter der Mit­glieds­num­mer 35.173 in die Köl­ner NS­DAP-Orts­grup­pe ein, doch en­ga­gier­te er sich in sei­ner Re­fe­ren­dar­zeit nicht bei den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten, weil sei­ne Vor­ge­setz­ten dies als höchst un­er­wünscht be­trach­tet hät­ten. Nach Ab­lauf sei­nes Vor­be­rei­tungs­diens­tes trat Eick­hoff im Sep­tem­ber 1931 er­neut in die NS­DAP ein und wur­de Mit­glied der im Vor­jahr ge­grün­de­ten NS­DAP-Orts­grup­pe Sieg­burg. Bis An­fang 1933 war er ju­ris­ti­scher Kreis­fach­be­ra­ter der NS­DAP und stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der des par­tei­in­ter­nen Kreis­un­ter­su­chungs- und Schlich­tungs­aus­schus­ses. Seit Mit­te 1932 war er auch Kreis­pres­se­spre­cher der NS­DAP und wur­de nach der Macht­über­nah­me 1933 Haupt­schrift­lei­ter der Sieg­kreis-Aus­ga­be des „West­deut­schen Be­ob­ach­ter“. Die­sen Pos­ten gab er nach sei­ner Er­nen­nung zum Bür­ger­meis­ter auf. 1939 über­nahm er die Lei­tung des Kreis­rechts­amts der NS­DAP.

Im April 1933 er­nann­te der Sieg­bur­ger Orts­grup­pen­lei­ter und neue Bür­ger­meis­ter Wil­helm Ley Eick­hoff als alt­be­währ­ten und bes­tens ge­schul­ten Par­tei­ge­nos­sen zum kom­mis­sa­ri­schen Bei­ge­ord­ne­ten; er soll­te sich vor al­lem um die Durch­set­zung des „Ge­set­zes zur Wie­der­her­stel­lung des Be­rufs­be­am­ten­tums“ in der Stadt­ver­wal­tung küm­mern. Ein Op­fer der po­li­ti­schen Säu­be­rung wur­de der bis­he­ri­ge Bür­ger­meis­ter Ro­bert Be­cker (1888-1956), dem Eick­hoff spä­ter vor­warf, als ein­ge­fleisch­ter Zen­trums­mann ha­be er sich in der Zeit der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Macht­über­nah­me nicht be­müht, im Ein­ver­neh­men mit der NS­DAP zu ar­bei­ten. Eick­hoff wur­de im No­vem­ber 1933 zum un­be­sol­de­ten Bei­ge­ord­ne­ten der Stadt Sieg­burg er­nannt. In die­ser Funk­ti­on über­leb­te er den Sturz zwei­er Bür­ger­meis­ter. Zu­nächst muss­te Wil­helm Ley im Ju­ni 1934 auf Druck der NS­DAP-Kreis­lei­tung und der Auf­sichts­be­hör­den we­gen meh­re­rer De­lik­te, für die ihn das Land­ge­richt Bonn zu Ge­fäng­nis­stra­fe ver­ur­teil­te, zu­rück­tre­ten. Sein Nach­fol­ger Hein­rich Pritz­sche, ein Stadt­rechts­rat aus Je­na, ge­riet nach kur­zer Zeit mit dem selbst­herr­li­chen NS­DAP-Kreis­lei­ter Fritz Mar­ren­bach (1896-1967) an­ein­an­der und wur­de we­gen un­über­brück­ba­rer Ge­gen­sät­ze im Ok­to­ber 1935 ent­las­sen. Auf die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le be­war­ben sich ne­ben Eick­hoff 130 In­ter­es­sen­ten. Eick­hoff mach­te das Ren­nen und wur­de im März 1936 zum Bür­ger­meis­ter er­nannt, weil er die Gunst des NS­DAP-Kreis­lei­ters ge­won­nen hat­te und nach Ein­schät­zung Mar­ren­bachs wie auch lo­ka­ler ka­tho­li­scher Mei­nungs­trä­ger in der Sieg­bur­ger Be­völ­ke­rung als ver­läss­li­cher An­sprech­part­ner galt. Eick­hoff war evan­ge­lisch; er hei­ra­te­te 1935 die aus dem Sieg­kreis stam­men­de Ka­tho­li­kin Ger­trud Hoff­zim­mer. Die Ehe blieb kin­der­los. Wäh­rend Eick­hoff 1940 aus der Kir­che aus­trat, blieb sei­ne Frau ei­ne treue Ka­tho­li­kin, de­ren kirch­li­che Bin­dung er re­spek­tier­te, wie ihm ka­tho­li­sche Geist­li­che bei sei­ner Ent­na­zi­fi­zie­rung  be­schei­nig­ten. Als Bür­ger­meis­ter sorg­te er nach über­ein­stim­men­den Zeug­nis­sen von ka­tho­li­scher Sei­te für ein rei­bungs­lo­ses Ver­hält­nis zwi­schen Kir­che und Stadt­ver­wal­tung und half den Kon­fes­sio­nen bei ih­rem Ab­wehr­kampf ge­gen den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus.

Nach dem deut­schen Über­fall auf die So­wjet­uni­on  wur­de Eick­hoff die Welt in Sieg­burg zu klein. Er mel­de­te sich groß­spu­rig zum Ein­satz in die be­setz­ten Ost­ge­bie­te, um, wie er an das Reich­sin­nen­mi­nis­te­ri­um schrieb, sei­nen Teil am Auf­bau des im Os­ten ge­won­ne­nen Le­bens­rau­mes bei­zu­tra­gen. Of­fen­bar dach­te er an ei­ne Tä­tig­keit in der Kom­mu­nal­ver­wal­tung des Ge­ne­ral­gou­ver­ne­ments. We­nig spä­ter zog er sein Ge­such auf­grund ei­ner von sei­nem Haus­arzt at­tes­tier­ten chro­ni­schen Er­kran­kung wie­der zu­rück. In der letz­ten Kriegs­pha­se fällt der bis­her un­auf­fäl­lig agie­ren­de Eick­hoff durch zwei schwer wie­gen­de Hand­lun­gen auf. In der Sil­ves­ter­nacht 1944/1945 ord­ne­te er die Er­schie­ßung ei­nes rus­si­schen Zwangs­ar­bei­ters an, der beim Plün­dern er­wischt wor­den war. En­de März 1945 ver­half er den rund 20 Po­li­zis­ten in der Stadt, die bei der Ver­tei­di­gung Sieg­burgs ge­gen ei­nen ame­ri­ka­ni­schen Kampf­ver­band ein­ge­setzt wer­den soll­ten, zur Flucht. Dar­auf­hin wur­de er von NS­DAP-Kreis­lei­ter Her­mann Thiel (1912-1992) und Hans Weis­heit (1901-1954), dem Land­rat des Sieg­krei­ses, ab­ge­setzt und in sei­nem Luft­schutz­kel­ler ein­ge­sperrt. Gau­lei­ter Jo­sef Grohé lei­te­te ein Ver­fah­ren vor dem Son­der­ge­richt ein. Eick­hoff konn­te je­doch nach Süd­deutsch­land flüch­ten.

Im April 1950 reih­te der Ent­na­zi­fi­zie­rungs­haupt­aus­schuss für den Re­gie­rungs­be­zirk Köln Eick­hoff in die Ka­te­go­rie IV (Mit­läu­fer) mit den Be­schrän­kun­gen ein, dass er kein pas­si­ves Wahl­recht hat­te und al­le Rech­te aus sei­nem frü­he­ren Be­am­ten­ver­hält­nis ver­lor. Im Be­ru­fungs­ver­fah­ren vor dem Ent­na­zi­fi­zie­rungs­aus­schuss des Re­gie­rungs­be­zirks Düs­sel­dorf leg­te Eick­hoff ei­ne Rei­he ent­las­ten­der Zeug­nis­se wich­ti­ger Sieg­bur­ger Bür­ger, un­ter an­de­rem des De­chan­ten Kas­par Hep­pe­kau­sen und des Bür­ger­meis­ters Hu­bert Hein­richs (1896-1975), vor. Selbst der Öf­fent­li­che An­klä­ger hielt es nun für er­wie­sen, dass Eick­hoff ein to­le­ran­ter Na­tio­nal­so­zia­list ge­we­sen sei. Gleich­wohl ging Eick­hoff aus dem Be­ru­fungs­ver­fah­ren nicht als ent­las­tet her­vor. Zwar ha­be er sich als Bür­ger­meis­ter, wie es im Ur­teil vom 7.8.1951 hieß, po­li­tisch sehr pas­siv ver­hal­ten, doch hät­te er, weil for­mal nicht un­er­heb­lich be­las­tet, ein stär­ke­res Maß von Ab­kehr, ja ak­ti­vem Wi­der­stand be­wei­sen müs­sen. Er blieb Mit­läu­fer, aber die Be­schrän­kun­gen wur­den auf­ge­ho­ben. Da­durch er­hielt er sei­nen Pen­si­ons­an­spruch ge­gen die Stadt Sieg­burg zu­rück. Die­se zahl­te ihm das Ru­he­ge­halt, wie der Haupt­aus­schuss un­ter­strich, nur schwe­ren Her­zens un­ter dem Druck der ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen, war man sich doch be­wusst, dass Eick­hoff un­ter nor­ma­len Um­stän­den nie Bür­ger­meis­ter von Sieg­burg ge­wor­den wä­re. We­gen des Be­fehls zur Er­schie­ßung des rus­si­schen Zwangs­ar­bei­ters wur­de Eick­hoff zwar we­gen Mor­des an­ge­klagt, doch sprach das Schwur­ge­richt Bonn ihn wie auch den Po­li­zis­ten, der die Tat aus­führ­te, am 10.3.1953 frei. Das Ge­richt un­ter­stell­te, dass die An­ge­klag­ten in ei­nem Ver­bots­irr­tum han­del­ten, der un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ge­samt­um­stän­de als ent­schuld­bar zu be­wer­ten sei. Eick­hoff ar­bei­te­te in der Nach­kriegs­zeit zu­nächst als Sach­be­ar­bei­ter, spä­ter als Pro­ku­rist bei ei­nem Sieg­bur­ger Wirt­schafts­prü­fer und Steu­er­be­ra­ter. Er starb am 2.12.1966 in Sankt Au­gus­tin.

Quellen

Per­so­nal­ak­ten über Fritz Eick­hoff im Stadt­ar­chiv Sieg­burg und Ar­chiv des Rhein-Sieg-Krei­ses, Ent­na­zi­fi­zie­rungs­ak­ten im Lan­des­ar­chiv Nord­rhein-West­fa­len. 
Die­sen Ak­ten sind die ver­wen­de­ten Zi­ta­te ent­nom­men.

Literatur

Paul, Jo­hann, Fritz Eick­hoff. Na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Bür­ger­meis­ter von Sieg­burg 1936-1945, in: Hei­mat­blät­ter des Rhein-Sieg-Krei­ses 81 (2013), S. 70-91.

 
Zitationshinweis

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Paul, Johann, Fritz Eickhoff, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/fritz-eickhoff-/DE-2086/lido/57c69fb79b9605.57551978 (abgerufen am 23.04.2024)