Jaspar von Gennep

Buchdrucker und Verleger (um 1500-1564)

Wolfgang Schmitz (Köln)

Druckermarke des Jaspar von Gennep, Holzschnitt von Anton Woensam, 1. Hälfte 16. Jahrhundert. (Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)

Jas­par (von) Gen­nep war im 16. Jahr­hun­dert Buch­dru­cker und Ver­le­ger in Köln und hier ei­ner der ent­schie­dens­ten Ver­tre­ter der ge­gen­re­for­ma­to­ri­schen ­Rich­tung, für die er sich auch als Au­tor be­zie­hungs­wei­se Über­set­zer und Be­ar­bei­ter be­tä­tig­te.

 

Er nennt sich ver­mut­lich nach sei­nem Her­kunfts­ort Gen­nep. Sei­ne Le­bens­da­ten kön­nen nur er­schlos­sen wer­den: ge­bo­ren um 1500, ge­stor­ben zwi­schen dem 26.8. und dem 4.9.1564. Er ver­wen­de­te meh­re­re Dru­cker­si­gne­te, die ne­ben dem Haus­zei­chen ei­ne Fe­der­sche­re zei­gen, die auf ein in der Fa­mi­lie über­kom­me­nes Ge­wer­be des Tuch­sche­rers ge­deu­tet wer­den. Sein ers­tes Quar­tier war das Haus zum Wil­den Mann am Al­ter­markt, in dem einst Her­mann Bun­gart bis 1525, spä­tes­tens 1527 ge­druckt hat­te, von ei­ner Fort­set­zung des Ge­schäfts wird man nach cir­ca 4 Jah­ren Pau­se nur be­dingt spre­chen dür­fen. 1539 zog er als Burg­graf zur Wey­er­pfor­te um und nutz­te sei­ne Dienst­räu­me auch für sei­ne Dru­cke­rei. Spä­ter ließ er sich im Haus zum Hirsch an der Kir­che St. Paul, al­so im al­ten Köl­ner Buch­händ­ler­vier­tel, nie­der. Er war ver­hei­ra­tet mit An­na von Durs­ten (Dors­ten) und hat­te mit ihr Kin­der.

Druckermarke des Jaspar von Gennep, Holzschnitt von Anton Woensam, 1. Hälfte 16. Jahrhundert. (Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)

 

Das Be­son­de­re an Jas­pars Tä­tig­keit war sein gleich­zei­ti­ges En­ga­ge­ment als Schrift­stel­ler bzw. Über­set­zer. So hat er 1539 erst­mals den so­ge­nann­ten "Ho­mu­lus" (VD 16 D 1474 (1540), VD 16 D 1475 (1548) und VD 16 D 1472 1554) auf Grund des bei ihm er­schie­ne­nen la­tei­ni­schen Ori­gi­nals des Is­chy­ri­us be­ar­bei­tet, das sei­ner­seits auf die nie­der­län­di­sche Vor­la­ge des Pe­trus Dies­the­mi­us zu­rück­ging. Da­ne­ben be­ar­bei­te­te er den Su­san­nen­stoff (VD 16 ZV 9213), ver­mut­lich auf Grund der Ar­beit von Six­tus Birck, die 1538 bei Gym­nich ge­druckt wor­den war. Zu die­ser schrift­stel­le­ri­schen Tä­tig­keit be­fä­hig­te ihn ei­ne gu­te Bil­dung, die sich be­son­ders auf die Hei­li­ge Schrift er­streck­te, wie­wohl er ein "Ley" war. Er ver­füg­te über gu­te La­tein­kennt­nis­se, war des Grie­chi­schen aber nach ei­ge­nem Be­kennt­nis nicht mäch­tig. Sei­ne Über­set­zungs- und Schrift­stel­ler­tä­tig­keit steht ganz im re­li­giö­sen Rah­men und dem Dienst der ka­tho­li­schen Kir­che, für de­ren Be­lan­ge er un­ab­läs­sig und mit schar­fer Fe­der ge­foch­ten hat. Es sind kei­ne ge­lehr­ten Ab­hand­lun­gen von gro­ßer Ori­gi­na­li­tät, son­dern meist Kom­pi­la­tio­nen, die die re­li­giö­sen Sach­ver­hal­te und Stel­lung­nah­men in wei­te­ren Be­völ­ke­rungs­krei­sen po­pu­lär ma­chen soll­ten.

Druckermarke des Jaspar von Gennep, Holzschnitt von Anton Woensam, 1. Hälfte 16. Jahrhundert. (Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)

 

Dar­un­ter fällt 1543 sei­ne Über­set­zung des "Iu­di­ci­um Cle­ri et Uni­ver­si­ta­tis Co­lo­ni­en­sis de doc­tri­na et vo­ca­tio­ne Bu­ce­ri", mit der er in die be­gin­nen­den Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die Re­for­ma­ti­on Her­manns von Wied ein­griff (VD 16 K 1835). Scharf und po­le­misch agier­te er in dem an­ony­men Dia­lo­g "Re­de und Ant­wort jet­zi­ger Zwie­spalt in Glau­bens­sa­chen" (VD 16 G 1249, 50, 51, 52), der aus den "Lo­ci com­mu­nes" von Jo­han­nes Eck (1486-1543) und den Fragstü­cken von Jo­han­nes Die­ten­ber­ger (um 1475-1537) zu­sam­men­ge­stellt war. 1547 folg­ten ein deut­scher Ka­te­chis­mus und ein deut­sches Ge­bet­buch, die Jo­han­nes Grop­per ein Jahr zu­vor in la­tei­ni­scher Spra­che ver­fasst hat­te (VD 16 G 3398). Eben­falls schar­fe po­le­mi­sche ­Tö­ne rich­te­te Gen­nep in sei­ner "Epi­to­me" (VD 16 G 1244, 1245, 1251) über die vor­nehms­ten Hän­del zwi­schen 1500 und 1559 ge­gen den just ver­stor­be­nen Pro­tes­tan­ten Jo­han­nes Slei­da­nus (1506-1556); dar­an schlos­sen sich dann wei­te­re po­le­mi­sche Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit pro­tes­tan­ti­schen Au­to­ren an.

Druckermarke des Jaspar von Gennep, Holzschnitt von Anton Woensam, 1. Hälfte 16. Jahrhundert. (Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)

 

Be­son­ders un­ver­fro­ren war die Her­aus­ga­be des ex­po­niert pro­tes­tan­ti­schen Ka­te­chis­mus des Jo­han­nes Span­gen­berg (1484-1550), der sich auch in ka­tho­li­schen Krei­sen ei­ner ge­wis­sen Be­liebt­heit er­freu­te, in ka­tho­li­scher Form (VD 16 G 1246,  1247). Über den Grad der Ab­hän­gig­keit von der evan­ge­li­schen Vor­la­ge gibt es un­ter­schied­li­che Mei­nun­gen. Für die­se Ad­ap­ta­ti­on „re­van­chier­te“ sich Cy­ria­cus Span­gen­berg (1528-1604) mit sei­nem "Karn­öf­fel­spiel" (VD 16 S 7727), in dem Gen­nep be­son­ders brei­te Be­ach­tung fin­det, die­ser sei­ner­seits ant­wor­te­te noch ein­mal in der Auf­la­ge von 1563 sei­ner "Re­de und Ant­wort" (VD 16 G 1252).

1562 pu­bli­zier­te er, um evan­ge­li­schen Aus­ga­ben ent­ge­gen­zu­wir­ken, den Psal­ter Da­vids (VD 16 B 2271). Zwei Jah­re spä­ter ver­öf­fent­lich­te er als ers­ter ei­ne deut­sche Über­set­zung der Be­schlüs­se des Tri­en­ter Kon­zils (VD 16 K 2064). Sei­ne deut­sche Über­set­zung der Pre­dig­ten des säch­si­schen Fran­zis­ka­ners Fran­zis­kus Po­ly­gra­nus ist 1564 die letz­te Aus­ga­be sei­nes Ver­la­ges (VD 16 P 4118).

(Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)

 

Sein An­lie­gen, die vor­han­de­nen ka­tho­li­schen Stim­men ge­treu zu ver­dol­met­schen und je­der­mann ver­ständ­lich zu ma­chen, hat­te ei­ne be­son­de­re För­de­rung des deutsch­spra­chi­gen Bu­ches zur Fol­ge und schlug sich zah­len­mä­ßig in­so­fern nie­der, als von den 167 bei Gat­ter­mann ge­nann­ten Druck­wer­ken ein gu­tes Drit­tel in deut­scher Spra­che ab­ge­fasst ist. Die Be­deu­tung des Bu­ches, das die evan­ge­li­sche Sei­te so vor­züg­lich für die ei­ge­ne Sa­che ein­zu­set­zen ver­stand, war ihm - wie viel­leicht nur noch Jo­han­nes Co­ch­lä­us (1479-1552) - au­ßer­or­dent­lich be­wusst:

"La­tei­ni­sche Bü­cher sind Gott­lob ge­nug vor­han­den; ob aber dem Lai­en, der jetzt im­mer le­sen will, da­mit ge­hol­fen, ist mir un­be­wu­ßt. Ich weiß aber wohl und se­he täg­lich, wie die Kir­chen­fein­de so gar kei­ne Ar­beit und Kos­ten spa­ren und viel­leicht deut­sche Bü­cher mit schö­nen Ti­teln ge­schmückt ei­nes über des an­de­re aus­ge­hen las­sen. Gott er­we­cke sei­nen Ei­fer in al­len Her­zen, daß je­der­män­nig­lich nach sei­nem Ver­mö­gen Wi­der­stand tue und des Wi­der­sa­chers un­christ­li­che Stü­cke und Fal­len hel­fe ent­de­cken vor den Au­gen der Ein­fäl­ti­gen und der Schrift Un­er­fah­re­nen." (Vor­re­de zum Psal­ter Da­vids; 1562 = VD 16 B 3271). 

Niederländische Bibel von 1548, Altes Testament, Titeleinfassung von Anton Woensam. (Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)

 

In die­sen Be­stre­bun­gen ging er kon­form mit der Köl­ner Kar­tau­se, auf de­ren Kos­ten er zahl­rei­che Or­dens­schrif­ten druck­te. Mit vie­len füh­ren­den ka­tho­li­schen Geis­tern Kölns war er gut be­freun­det, so mit den Kar­täu­sern Diet­rich Lo­her von Stra­ten (um 1495-1554) und Jo­hann Jus­tus Lands­berg (um 1490-1536), mit den Kar­me­li­tern Eber­hard Billick und Ni­ko­laus Blanck­art (Can­di­dus, ge­stor­ben 1555), aber auch mit Jo­han­nes Grop­per. Sein Ver­lags­pro­gramm ins­ge­samt war al­so we­sent­lich theo­lo­gisch be­stimmt mit Kir­chen­vä­tern, Ho­mi­li­en, Ka­te­chis­men, Ge­bet­bü­chern so­wie Streit­schrif­ten und Edik­ten und das ist bei sei­nen deut­schen Schrif­ten nicht an­ders. Weit we­ni­ger be­deu­tend wa­ren Dru­cke mit nicht­re­li­giö­sen The­men, zum Bei­spiel von Schau­spie­len, Me­di­zin und von Amts­druck­schrif­ten. Hat­te er an­fangs wohl noch kei­nen ei­ge­nen Ver­lag, son­dern ar­bei­te­te eher als Lohn­dru­cker für God­dert Hit­torp un­d Quen­tel, so wur­de sei­ne selb­stän­di­ge Tä­tig­keit (ab Mit­te der 1530er Jah­re) von ­ver­schie­de­ner ­Sei­te ge­för­dert. Rek­tor und Uni­ver­si­tät schätz­ten sei­ne Ar­beit und emp­fah­len ihn als "Ca­tho­li­cus at­que iura­tus bi­blio­po­la" der theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät  und auch Kai­ser Karl V. (Re­gie­rungs­zeit 1519-1556) stat­tet ihn mit kai­ser­li­chen Pri­vi­le­gi­en aus un­ter der Be­din­gung, nur ka­tho­li­sche Bü­cher zu dru­cken. Die­ser Auf­stieg war we­sent­lich be­güns­tigt wor­den durch sei­ne be­din­gungs­lo­se Par­tei­nah­me für die ka­tho­li­sche Sa­che in der Aus­ein­an­der­set­zung um die Re­for­ma­ti­on Her­manns von Wied. Mehr als die Hälf­te sei­ner deutsch­spra­chi­gen Dru­cke ist im Zu­sam­men­hang mit die­sem re­for­ma­to­ri­schen Ver­such er­schie­nen. Er war in den 1540er Jah­ren zum Dru­cker des Dom­ka­pi­tels und sei­ner füh­ren­den Per­sön­lich­kei­ten ge­wor­den. Wil­li Scheel hat­te dar­auf hin­ge­wie­sen, dass bei sei­nen deut­schen Dru­cken die bis da­her in Köln üb­li­che ri­pua­ri­sche Dru­cker­spra­che schnel­ler und stär­ker als bei an­de­ren Dru­ckern den hoch­deut­schen For­men ge­wi­chen ist. Man hat seit­dem in Jas­par von Gen­nep den we­sent­li­chen Vor­rei­ter der hoch­deut­schen Spra­che in Köln se­hen wol­len. Die neue­re For­schung hat je­den­falls teil­wei­se die­se Po­si­ti­on re­la­ti­viert, in­dem nun die Ar­beit der Lu­pus­pres­se noch vor Gen­nep als wich­ti­ger Fak­tor in die­sem Pro­zess her­vor­ge­ho­ben wird (Hart­mut Be­ckers). Die­ser gan­ze Kom­plex steht noch voll in der Dis­kus­si­on.

Über­aus viel­fäl­tig ist die Ty­po­gra­phie Gen­neps, wie sie sich in den deutsch­spra­chi­gen Dru­cken dar­bie­tet (Über­sicht bei Schmitz, Über­lie­fe­rung, S. 391-393). Ins­ge­samt fas­sen wir bei Jas­par von Gen­nep ein Schrift­sys­tem im Um­bruch von der Schwa­ba­cher zur Frak­tur, wo­bei bei ihm die letz­ten Kon­se­quen­zen noch nicht ge­zo­gen wur­den. 

Literatur

Be­ckers, Hart­mut, Bau­ern­prak­tik und Bau­ern­kla­ge. Fak­si­mi­le­aus­ga­be des Volks­büch­leins von 1515/18 ge­druckt zu Köln bei Sankt Lu­pus durch Arnt von Aich mit Ein­lei­tung, Über­set­zung und An­mer­kun­gen so­wie ei­nem neu­en Ge­samt­ver­zeich­nis der Luus­pres­sen­dru­cke, Köln 1985.
Ben­ger, Ani­ta, Dru­cke des Köl­ner Buch­dru­ckers Jas­par von Gen­nep in der Uni­ver­si­täts- und Lan­des­bi­blio­thek Düs­sel­dorf, Düs­sel­dorf 1994 (Di­gi­ta­li­sat).
Gat­ter­mann, Gün­ter, Der Köl­ner Buch­dru­cker Jas­par von Gen­nep. Bi­blio­gra­phie sei­ner Dru­cke als Bei­trag zur bi­blio­gra­phi­schen Be­schrei­bung von Druck­wer­ken des 16. Jhs. Ma­schi­nen­schrift­li­che Ar­beit des Bi­blio­the­kar­leh­r­in­sti­tuts Köln, Köln 1957 (vor­han­den in der USB Köln).
Pau­lus, Ni­ko­laus, Cas­par von Gen­nep. Ein Köl­ner Dru­cker und Schrift­stel­ler, in: Der Ka­tho­lik 75.1 (1895), S. 409-423.
Scheel, Wil­ly, Jas­par von Gen­nep und die Ent­wi­cke­lung der neu­hoch­deut­schen Schrift­spra­che in Köln, in: West­deut­sche Zeit­schrift für Ge­schich­te und Kunst Er­gän­zungs­heft 8 (1895) (Di­gi­ta­li­sat).
Schmitz, Wolf­gang, Die Über­lie­fe­rung volks­sprach­li­cher Tex­te im Köl­ner Buch­druck des 15. und 16. Jahr­hun­derts, Ha­bi­li­ta­ti­ons­schrift Köln 1999 (Di­gi­ta­li­sat).
Si­gne­te: Al­te Köl­ner Drucker­zei­chen 8, N.F.1, 81, 118, 192.

Online

Gat­ter­mann, Gün­ter, Gen­nep, Jas­par von, in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 6 (1964), S. 189-190. [On­line]

Dekrete des Provinzialkonzils zu Köln, Titelblatt, 1549. (Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)

Der Psalter Davids Latyn unnd Teutsch, Titelblatt, 1562. (Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)

 
Zitationshinweis

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Schmitz, Wolfgang, Jaspar von Gennep, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/jaspar-von-gennep/DE-2086/lido/57c6c73be68433.62556255 (abgerufen am 19.04.2024)