Johann Bernhard Constantin von Schönebeck

Arzt, Publizist und Autor (1760-1835)

Christian Schlöder (Halle)

Grabstein Schönebecks in Altenkirchen, 2009.

Jo­hann Bern­hard Con­stan­tin von Schö­ne­beck war ge­gen En­de des 18. Jahr­hun­derts ei­ner der füh­ren­den Ver­tre­ter der Auf­klä­rung im Rhein­land und trat als Her­aus­ge­ber und Au­tor zahl­rei­cher Pu­bli­ka­tio­nen in Er­schei­nung.

Jo­hann Bern­hard Con­stan­tin von Schö­ne­beck wur­de am 4.4.1760 als ers­ter Sohn von Mi­cha­el Jo­sef von Schö­ne­beck (1718-1761) und sei­ner zwei­ten Ehe­frau Ma­ria Ber­nar­di­ne von Graff in Jo­han­nis­berg bei Wind­ha­gen ge­bo­ren. Er wuchs nach dem frü­hen Tod bei­der El­tern im Jahr 1761 bei sei­ner Gro­ß­mut­ter An­na Ca­tha­ri­na von Schö­ne­beck auf dem Rit­ter­gut Düs­ternau im Wes­ter­wald auf. Nach dem Be­such des Mar­ti­nus-Gym­na­si­ums in Linz am Rhein stu­dier­te er bis 1779 in Köln und an­schlie­ßend in Duis­burg Me­di­zin, wo er am 15.4.1783 bei Jo­hann Gott­lob Lei­den­frost (1715-1794) mit ei­ner Ar­beit zur Kör­per­tem­pe­ra­tur pro­mo­viert wur­de. 1784 wur­de der jun­ge Me­di­zi­ner als Pro­fes­sor für Na­tur­ge­schich­te und Bo­ta­nik an die Bon­ner Aka­de­mie be­ru­fen.

Am 11.3.1785 hei­ra­te­te von Schö­ne­beck An­na Bar­ba­ra Eich­hoff (1765-1811), ei­ne Schwes­ter des Pu­bli­zis­ten Jo­hann Pe­ter Eich­hoff und des Bon­ner Bür­ger­meis­ters Jo­hann Jo­sef Eich­hoff. Am 10.5.1786 wur­de die ge­mein­sa­me Toch­ter Vin­cen­tia Au­gus­ta in der Bon­ner Pfarr­kir­che St. Re­mi­gius ge­tauft, am 29.7.1787 der Sohn Fran­cis­cus Au­gus­tus.[1] Das Paar be­kam sechs wei­te­re Kin­der.

In Bonn wand­te sich der jun­ge Me­di­zi­ner ver­stärkt der Pu­bli­zis­tik und der Li­te­ra­tur zu, mit dem Ziel, den Geist der Auf­klä­rung mög­lichst stark im Rhein­land zu ver­brei­ten. 1784 un­ter­nahm von Schö­ne­beck ei­ne aus­ge­dehn­te Rei­se ent­lang des Mit­tel­rheins. Die­se Rei­se bil­de­te die Grund­la­ge für sei­ne Lan­des­be­schrei­bung „Mah­le­ri­sche Rei­se am Nie­der­rhein. Merk­wür­dig­kei­ten der Na­tur und Kunst aus den Ge­gen­den des Nie­der­rhein­s“, die zwi­schen 1784 und 1789 in drei Hef­ten er­schien. In die­sem Werk wird ne­ben der Geo­gra­phie und Wirt­schaft auch der Cha­rak­ter der länd­li­chen Be­völ­ke­rung be­schrie­ben. Der ka­tho­li­sche Bau­er ist da­nach durch die gro­ße Be­deu­tung des Re­li­giö­sen ge­prägt. Wall­fahr­ten, Wun­der­glau­ben und re­li­giö­se Ri­tua­le sieht von Schö­ne­beck da­bei als Kenn­zei­chen für ei­nen fest­ver­wur­zel­ten Aber­glau­ben, der den Men­schen dar­an hin­dert, von sei­ner Ver­nunft Ge­brauch zu ma­chen.

1784/1785 fun­gier­te von Schö­ne­beck als Her­aus­ge­ber der „Bei­trä­ge zur Aus­brei­tung nütz­li­cher Kennt­nis­se“, die ganz der Ver­brei­tung auf­ge­klär­ter Idea­le ge­wid­met wa­ren. Vom 1.7.1785 bis Mai 1787 lei­te­te er wäh­rend der Ab­we­sen­heit sei­nes Schwa­gers und en­gen Freun­des Jo­hann Pe­ter Eich­hoff, der zwi­schen­zeit­lich ei­ne Stel­le in Maas­tricht über­nom­men hat­te, die Re­dak­ti­on des Bön­ni­schen In­tel­li­genz­blat­tes. In die­ser Funk­ti­on ver­such­te er 1787, die „An­na­len“ als de­ren Bei­la­ge zu eta­blie­ren.

1786 gab von Schö­ne­beck in Bonn die „Nie­der­rhei­ni­sche Mo­nats­schrif­t“, die in ins­ge­samt sechs Mo­nats­hef­ten er­schien, und die „Li­te­ra­ri­schen Ephe­me­ri­den“ her­aus. Er fi­nan­zier­te bei­de Zeit­schrif­ten aus sei­nem pri­va­ten Ver­mö­gen und ver­fass­te auch die meis­ten Bei­trä­ge, dar­un­ter ex­zel­len­te Über­set­zun­gen la­tei­ni­scher Dich­ter. Zu­dem ge­wann er nicht nur ein Gros der Bon­ner Ver­tre­ter der Auf­klä­rung als Mit­ar­bei­ter, son­dern auch mit Jo­hann Ma­ria Ni­ko­laus Du­mont (1743-1816) und Franz Fer­di­nand Wall­raf  be­kann­te Köl­ner Per­sön­lich­kei­ten. Der Ab­satz bei­der Zeit­schrif­ten war je­doch so ge­ring, dass sie nach we­ni­gen Aus­ga­ben wie­der ein­ge­stellt wur­den. Ob von Schö­ne­beck auf­grund die­ses Miss­er­folgs Mit­te des Jah­res 1787 wie­der nach Düs­ternau zog, bleibt Spe­ku­la­ti­on.[2] 

 

Un­ge­fähr zeit­gleich mit sei­ner Rück­kehr in den Wes­ter­wald er­schien im Ju­li 1787 an­onym in Bonn „Das Ge­setz­buch der rei­nen Ver­nunf­t“, das Schö­ne­beck zu­ge­schrie­ben wird. Das Werk wur­de wohl des­halb oh­ne An­ga­be des Au­tors und Ver­lags her­aus­ge­ge­ben, weil die dar­in for­mu­lier­te mas­si­ve Kri­tik am kur­k­öl­ni­schen Staats­we­sen si­cher­lich weit­rei­chen­de Kon­se­quen­zen für den Au­tor und den Ver­le­ger ge­habt hät­ten. Von Schö­ne­beck ver­such­te mit die­ser um­fas­sen­den, 71 Sei­ten zäh­len­den Schrift, sei­ne Auf­fas­sung der Auf­klä­rung mit der Re­li­gi­on in Ein­klang zu brin­gen. Ihm war schon wäh­rend sei­ner aus­ge­dehn­ten Rei­sen ent­lang des Rheins auf­ge­fal­len, wel­che Be­deu­tung der re­li­gi­ös ver­klär­te Aber­glau­ben für die ein­fa­chen Men­schen be­saß. Da­her setz­te er sich für ei­ne Stär­kung des in­ne­ren Glau­bens ein, ge­gen äu­ße­ren Zwang und für ei­ne um­fas­sen­de To­le­ranz, von ei­ner Re­de- und Pres­se­frei­heit bis hin zu gleich­mä­ßi­gen Steu­ern. Die in die­ser Schrift dar­ge­leg­ten For­de­run­gen spei­sen sich vor al­lem aus dem Na­tur­recht so­wie den Ide­en Im­ma­nu­el Kants (1724-1804), an des­sen „Kri­tik der rei­nen Ver­nunf­t“ der Ti­tel an­ge­lehnt ist.

In Düs­ternau prak­ti­zier­te er als Arzt und wur­de 1788 vom Gra­fen von Sayn zum Hof­rat er­nannt. Sein Be­stre­ben, Vor­ur­tei­le und Aber­glau­ben ab­zu­bau­en und die Ide­en der Auf­klä­rung zu ver­brei­ten, brach­ten es zwangs­läu­fig mit sich, dass er in sei­nen Ver­öf­fent­li­chun­gen star­ke Kri­tik an der Kir­che üb­te. Dies führ­te im No­vem­ber 1789 auf Ver­an­las­sung ei­nes kur­trie­ri­schen Amts­manns zu sei­ner Ver­haf­tung. Zwei Mo­na­te wur­de er in Mainz ge­fan­gen ge­hal­ten. Si­cher­lich auf­grund die­ser Er­fah­rung be­schränk­te er sich in den nach­fol­gen­den Jah­ren auf sei­ne Tä­tig­keit als Arzt und stell­te sei­ne pu­bli­zis­ti­schen Tä­tig­kei­ten ein.

Nach der fran­zö­si­schen An­nek­ti­on des Rhein­lands konn­te von Schö­ne­beck im März 1798 dank al­ter Kon­tak­te als ver­ei­dig­ter Über­set­zer beim Zi­vil­ge­richt in Köln tä­tig wer­den. Im Jahr 1800 wur­de er zu­nächst Hilfs­bi­blio­the­kar in der neu ge­grün­de­ten Zen­tral­bi­blio­thek, be­vor er am 11.4.1801 mit der Bil­dung ei­ner De­par­te­ment­bi­blio­thek be­auf­tragt wur­de. 1805 wur­de er zum Pro­fes­sor der Ge­schich­te und der al­ten Spra­chen an der neu­en Zen­tral­schu­le in Köln er­nannt. Er über­warf sich je­doch mit der fran­zö­si­schen Re­gie­rung, weil er sich wei­ger­te, sel­te­ne Ak­ten und Bü­cher als Beu­te­gut nach Pa­ris zu schi­cken. Da­her kehr­te er noch im sel­ben Jahr nach Düs­ternau zu­rück, wo er wie­der­um als Arzt prak­ti­zier­te.

Sei­ne wäh­rend sei­ner zahl­rei­chen Ab­we­sen­hei­ten un­treue Gat­tin ver­starb am 6.3.1811. Die Kin­der setz­ten ge­gen den Wil­len des Va­ters den Ver­kauf des müt­ter­li­chen Er­bes, des ade­li­gen Gu­tes Düs­ternau, durch. Nach sei­nem un­frei­wil­li­gen Um­zug nach Ei­torf 1817 hei­ra­te­te von Schö­ne­beck Jo­se­fi­ne Schmidt aus Ha­chen­burg. Das Paar be­kam fünf Kin­der. Sei­nen Le­bens­un­ter­halt be­stritt von Schö­ne­beck wie­der­um not­ge­drun­gen als prak­ti­zie­ren­der Arzt.

1824 wur­de von Schö­ne­beck von der preu­ßi­schen Re­gie­rung zum kö­nig­li­chen Phy­si­kus des Krei­ses Al­ten­kir­chen er­nannt. Da­bei mag ihm ge­hol­fen ha­ben, dass er in ei­nem Schrei­ben an den preu­ßi­schen Ober­prä­si­den­ten in Ko­blenz sei­ne Wei­ge­rung, Bü­cher nach Pa­ris zu sen­den, als Akt des Wi­der­stan­des ge­gen die fran­zö­si­sche Be­sat­zungs­macht be­zeich­ne­te. Das Amt des Krei­s­phy­si­kus üb­te er bis zu sei­nem Tod durch Herz­in­farkt am 13.9.1835 aus. Aus sei­nem Grab­spruch (sein Grab­stein steht in Nä­he des Kreis­ge­sund­heits­am­tes in Al­ten­kir­chen): „Ru­he ver­sag­te man mir im Le­ben, Mir gab sie die Mut­ter Er­de, Mich ber­gend im Schooß. Wan­de­rer, stö­re sie nicht. Dr. C.v.Sch.“ wur­de ge­schlos­sen, er sei ein „kaum glück­li­cher“ Mensch ge­we­sen.[3] Je­den­falls führ­te er ein be­weg­tes Le­ben in ei­ner Zeit gro­ßer Um­brü­che.

Werke (Auswahl)

Dis­ser­ta­tio in­au­gu­ra­lis de ca­lo­re ani­ma­li, Duis­burg 1783.
Mah­le­ri­sche Rei­se am Nie­der­rhein. Merk­wür­dig­kei­ten der Na­tur und Kunst aus den Ge­gen­den des Nie­der-Rheins, 3 Bän­de, Nürn­berg 1784-1789.

Herausgeberschaft

Li­te­ra­ri­sche Ephe­me­ri­den, Bonn 1786.
Nie­der­rhei­ni­sche Mo­nats­schrift, Bonn 1786-1.1787.

Quellen

Han­sen, Jo­seph, Quel­len zur Ge­schich­te des Rhein­lan­des im Zeit­al­ter der fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on 1780-1801, 4 Bän­de, Bonn 1931-1938, Nach­druck Düs­sel­dorf 2003-2004, be­son­ders Band 1, S. 79-80, 179-201, Band 4, S. 1200.

Literatur

Schug, Pe­ter, Dr. Med. Con­stan­tin von Schö­ne­beck (1760-1835), in: Hei­mat-Jahr­bü­cher des Land­krei­ses Neu­wied 1962, S. 65-66.
We­ber, Bar­ba­ra, Jo­hann Bern­hard Con­stan­tin von Scho­en­e­beck, 1760-1835. Der Arzt und Phi­lo­soph, in: Alms-Ham­mer­stein, Chris­tia­ne/Dol­len, In­grid von der (Hg.), Mar­ti­nus-Gym­na­si­um Linz, Rhein. Men­schen in ih­rer Zeit, Bad Hon­nef 2006, S. 11-18.
Zeim, Eli­sa­beth, Die rhei­ni­sche Li­te­ra­tur der Auf­klä­rung, Je­na 1932.

Online

Bei­trä­ge zur Aus­brei­tung nütz­li­cher Kennt­nis­se, Bonn 1784/85. [on­line]
An­na­len. Bei­la­ge zu Gnä­digst pri­vi­le­gir­ten Bön­ni­schen In­tel­li­genz-Blatt, Bonn 1787. [on­line]

Rückseite des Grabsteins, 2009.

 
Zitationshinweis

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Schlöder, Christian, Johann Bernhard Constantin von Schönebeck, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-bernhard-constantin-von-schoenebeck/DE-2086/lido/57c949333c4c63.97292842 (abgerufen am 28.03.2024)