Laura von Oelbermann

Mäzenin und Stifterin (1846-1929)

Klaus Schmidt (Köln)

Laura Oelbermann, undatiert. (Maria Al-Mana / Evangelischer Kirchenverband Köln und Region)

Lau­ra von Oel­ber­mann ge­hör­te zu den pro­mi­nen­tes­ten und reichs­ten Köl­ner Frau­en ih­rer Zeit. Kenn­zei­chen ih­rer be­mer­kens­wer­ten Per­sön­lich­keit war ihr viel­fäl­ti­ges, gro­ßzü­gi­ges so­zia­les En­ga­ge­ment und Mä­ze­na­ten­tum.

Die am 18.5.1846 in Köln am Al­ter­markt ge­bo­re­ne Toch­ter des Bürs­ten­wa­ren­händ­ler­paa­res Rein­hold (1810-1852) und Emi­lie Ni­ckel ge­bo­re­ne Mo­li­n­eus (oder Mo­li­nus) (1807-1875) be­such­te das Ly­ze­um der evan­ge­li­schen Ge­mein­de. 1866 hei­ra­te­te sie den rei­chen Köl­ner Kauf­mann Emil Oel­ber­mann (1833-1897), Be­sit­zer ei­nes Tuch­ge­schäfts und Teil­ha­ber ei­ner Tuch­fa­brik in Len­nep (heu­te Stadt Rem­scheid). Auf­grund er­folg­rei­cher Ge­schäf­te mit ame­ri­ka­ni­schen Fir­men war er in den 1850er Jah­ren in die USA aus­ge­wan­dert und Mit­grün­der der Deutsch-ame­ri­ka­ni­schen Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft ge­wor­den. In­wie­weit er am Pelz- oder Skla­ven­han­del be­tei­ligt war, ist bis­her un­ge­klärt.

 

Lau­ra Oel­ber­mann folg­te ih­rem Ehe­mann nach New York. Nach der Ge­burt von drei Söh­nen nahm das Ehe­paar die ame­ri­ka­ni­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit an, kehr­te aber 1878 nach Köln zu­rück. 1891 be­zog die Fa­mi­lie ein von dem Ar­chi­tek­ten Her­mann Ot­to Pflau­me (1830-1901) er­rich­te­tes re­prä­sen­ta­ti­ves Stadt­pa­lais am Ho­hen­stau­fen­ring 57 (heu­te Nr. 55). 1897 starb Emil Oel­ber­mann. Nach­ru­fe in deut­schen wie ame­ri­ka­ni­schen Zei­tun­gen be­zeich­ne­ten ihn als wich­ti­gen Ex­po­nen­ten deutsch-ame­ri­ka­ni­scher Han­dels­be­zie­hun­gen.

„Da stau­ten sich zu frü­he­ren Zei­ten so um die Mit­tags­stun­de vor ih­rem gro­ßen Hau­se am Ho­hen­stau­fen­ring die Men­schen, und wenn man ei­nen Schutz­mann er­wi­schen konn­te und ihn oder auf der Elek­tri­schen den Schaff­ner frag­te, was denn ei­gent­lich los wä­re, ob es ei­nen Kra­wall gä­be oder ei­nen Zu­sam­men­stoß, so wur­de ei­nem ziem­lich von oben her­ab ge­ant­wor­tet, als ob man das wis­sen mü­ß­te: ‚de rei­che Frau Oel­ber­mann jeht aus’. Das war da­mals ein Er­eig­nis.“[1] 

Die Mul­ti­mil­lio­närs­wit­we ge­hör­te mit Die­ner, Haus­an­ge­stell­ten, Dienst­mäd­chen und Kö­chin zu den reichs­ten Frau­en Kölns – und zu­gleich zu den ka­ri­ta­tiv tä­tigs­ten. Nach dem Tod auch ih­rer drei Söh­ne (1897, 1901, 1904) wid­me­te sie viel Zeit und Geld der evan­ge­li­schen Ge­mein­de, städ­ti­schen In­sti­tu­tio­nen wie auch Wohl­tä­tig­keits­ver­ei­ni­gun­gen. So war sie auch an der Grün­dung des Evan­ge­li­schen Kran­ken­hau­ses Köln-Wey­er­tal 1898 ma­ß­geb­lich be­tei­ligt. Als Pro­tek­to­rin ge­wann sie die kirch­lich ak­ti­ve Kai­se­rin Au­gus­te Vic­to­ria (1858-1921), un­ter de­ren Schirm­herr­schaft 1888 der „Evan­ge­lisch-Kirch­li­che Hilfs­ver­ein zur Be­kämp­fung des re­li­gi­ös-sitt­li­chen Not­stand­s“ ge­grün­det wor­den war und die auch durch ihr ka­ri­ta­tiv-so­zia­les En­ga­ge­ment in Kon­takt zur christ­lich-so­zia­len Be­we­gung des evan­ge­li­schen Theo­lo­gen und Po­li­ti­kers Adolf Stoecker (1835-1909) stand.

Im Jah­re 1900 reg­te Lau­ra Oel­ber­mann die Grün­dung der „Frau­en­hil­fe des Evan­ge­lisch-kirch­li­chen Hilfs­ver­eins Köln“ an, des­sen Vor­sitz sie 1908-1918 in­ne hat­te. Nur Frau­en konn­ten dar­in or­dent­li­che Mit­glie­der wer­den, ei­ni­ge we­ni­ge Män­ner sa­ßen mit im Vor­stand. 1909 hat­te der Frau­en­hilfs­ver­ein be­reits 1.000 Mit­glie­der. Er be­treu­te mit Dia­ko­nis­sen und eh­ren­amt­lich wir­ken­den Frau­en über 200 kran­ke Fa­mi­li­en jähr­lich, or­ga­ni­sier­te Er­ho­lungs­auf­ent­hal­te, ver­mit­tel­te Heim­ar­beit und speis­te Kin­der. Da­mit die Fa­mi­li­en sich selbst er­näh­ren konn­ten, be­sorg­ten die Da­men des Hilfs­ver­eins Pro­duk­ti­ons­ge­rä­te wie Näh­ma­schi­nen oder Werk­zeug, rich­te­ten Näh­schu­len ein, lie­ßen Nä­h­un­ter­richt er­tei­len und such­ten Ab­neh­mer für Heim­ar­beits­pro­duk­te. 1906 be­treu­te der Ver­ein über 200 Fa­mi­li­en, sie­ben Jah­re spä­ter rund 250. Ne­ben den Ho­no­ra­tio­ren­gat­tin­nen wirk­ten an die­sem Pro­jekt pro­fes­sio­nel­le evan­ge­li­sche Kran­ken­schwes­tern und Dia­ko­nis­sen mit.

Lau­ra Oel­ber­mann spen­de­te für al­le die­se Zwe­cke al­lein im Jahr 1906 20.000 Mark, au­ßer­dem 25.000 Mark für ein neu­es Schwes­tern­heim. Sie küm­mer­te sich um Bet­ten, Haus­wä­sche und Kin­der­schu­he. Mit ei­ner von ihr in Hö­he von 1 Mil­li­on Mark fi­nan­zier­ten Stif­tung wur­den ein Kin­der­hort, ei­ne Kin­der­krip­pe und ein Ta­ges­heim für Kin­der Not lei­den­der oder kran­ker El­tern ein­ge­rich­tet. 

Das Palais Oelbermann am Hohenstaufenring 57, um 1895. (Gemeinfrei / Rheinisches Bildarchiv)

 

1906 nahm die Wit­we wie­der die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit an. Ein Jahr spä­ter spen­de­te sie aus dem Ver­mö­gen ih­res zu­letzt ver­stor­be­nen Soh­nes 1 Mil­li­on Mark für die auf In­itia­ti­ve der Kai­se­rin 1898 an­läss­lich der Rei­se des Kai­ser­paa­res in das Hei­li­ge Land ent­stan­de­ne Kai­se­rin Au­gus­te Vic­to­ria-Stif­tung in Je­ru­sal­e­um („Öl­berg­stif­tun­g“), die ei­ne Haus­halts­schu­le und ein Hos­piz ins Le­ben rief. Die Stif­tungs­ur­kun­de wur­de von Wil­helm II. (Re­gent­schaft 1888-1918), der Kai­se­rin Au­gus­te Vik­to­ria, sämt­li­chen Prin­zen und der Kai­ser­toch­ter Prin­zes­sin Vic­to­ria Lui­se (1892-1980) un­ter­schrie­ben. Nicht zu­letzt die Mit­wir­kung an die­sem Pro­jekt trug da­zu bei, dass Lau­ra Oel­ber­mann von der Kai­se­rin ein Or­den und noch am 15.8.1918 von Kai­ser Wil­helm II. der Adels­ti­tel ver­lie­hen wur­de. Bei Aus­bruch des Ers­ten Welt­krie­ges un­ter­stütz­te die pa­trio­ti­sche Da­me die „Hei­mat­fron­t“, in­dem sie mit dem ihr ei­ge­nen Or­ga­ni­sa­ti­ons­ta­lent Gel­der für die Kriegs­hil­fe ein­warb.

Ne­ben der No­bi­li­tie­rung wur­den Lau­ra Oel­ber­mann viel­fa­che Eh­run­gen durch die Ver­lei­hung von Or­den und Me­dail­len zu­teil; so wur­de sie un­ter an­de­rem mit dem Wil­helm Or­den, dem Öl­berg-Kreuz, dem Lui­sen­or­den Ers­ter Klas­se, dem Ver­dienst­kreuz für Frau­en und Jung­frau­en in Gold, der Rot-Kreuz-Me­dail­le, der Schwe­di­schen Me­dail­le in Gold für Kunst und Wis­sen­schaft am blau­en Ban­de, dem Ver­dienst­kreuz für Kriegs­hil­fe, dem Sach­sen-Mei­nings­chen Ver­dienst­or­den für Frau­en und Jung­frau­en in der Kriegs­für­sor­ge, dem Eh­ren­zei­chen für Kriegs­für­sor­ge, dem Lip­pi­schen Kriegs­ver­dienst­kreuz und der Schaum­burg-Lip­pi­schen Kriegs-Eh­ren­me­dail­le ge­ehrt. 

Lau­ra Oel­ber­mann starb am 3.6.1929. „Über al­les gin­gen ihr die Kin­der“, so der Nach­ruf im Köl­ner Stadt­an­zei­ger. „Daß sie an ei­nem Ta­ge 12 oder 14 Be­su­che mach­te, war kei­ne Sel­ten­heit. So gut wie nie kam sie mit lee­ren Hän­den, sei es auch nur, dass sie den Be­stand an Kü­chen­vor­rä­ten auf­frisch­te. Ge­ra­de­zu rüh­rend ist ein Fall, wie sie sich bei der Frau ei­nes Ge­fäng­nis­be­straf­ten da­für ein­setz­te, dass der aus der Haft Heim­keh­ren­de nicht vor ver­schlos­se­ne Tür kam, son­dern ein mit lie­be­vol­ler und ver­zei­hen­der Hand ge­pfleg­tes Heim vor­fand. Da­bei hat sie selbst mit­ge­wirkt, trotz des vier­ten Stock­werks Fleisch und Le­bens­mit­tel her­bei­zu­tra­gen, den Haus­halt zum Teil neu ein­zu­rich­ten, die Kin­der neu zu klei­den usw.“

Nach ei­ner gro­ßen Trau­er­fei­er in ih­rem Haus wur­de das ge­sam­te In­ven­tar ein­schlie­ß­lich be­deu­ten­der Kunst­wer­ke - dar­un­ter Ge­mäl­de von Ar­nold Böck­lin (1827-1901), Ca­mil­le Co­rot (1796-1875), Franz von Len­bach (1836-1904), Max Lie­ber­mann (1847-1935), Hen­ri Rous­seau (1844-1910) und an­de­ren re­nom­mier­ten Künst­lern - ih­rem Wunsch ge­mäß am 11.12.1929 ver­stei­gert. In ih­rem Tes­ta­ment aus dem Jah­re 1928 hat­te sie nicht nur so­zia­le Ein­rich­tun­gen, Be­dürf­ti­ge und ih­re Be­diens­te­ten reich­lich be­dacht, son­dern auch ver­fügt, dass ih­re Vil­la als Wohn- und Auf­ent­halts­ort für er­werbs­tä­ti­ge Mäd­chen und Ver­samm­lungs­raum für evan­ge­li­sche Jung­frau­en­ver­ei­ne um­ge­baut wer­den sol­le.  Bis En­de der 1960er Jah­re wohn­ten hier be­rufs­tä­ti­ge Frau­en. Das Haus wur­de An­fang der 1980er Jah­re ab­ge­ris­sen. Die am 1.1.1930 an­er­kann­te Lau­ra und Emil Oel­ber­mann-Stif­tung mit dem Zweck der Kin­der-, Ju­gend- und Wai­sen­hil­fe be­steht bis heu­te. 

Das Auguste-Victoria-Hospiz in Jerusalem, um 1910. (United States Library of Congress's Prints and Photographs division / ID matpc.04866.)

 

Die Grab­stät­te für Emil und Lau­ra Oel­ber­mann auf dem Köl­ner Me­la­ten-Fried­hof hat der Düs­sel­dor­fer Künst­ler Karl Jans­sen (1855-1927) 1897 im neu­ba­ro­cken Stil ge­stal­tet. Nach Be­schä­di­gun­gen, Ver­wit­te­rung und Ver­nach­läs­si­gung wur­de sie 2007/2009 re­stau­riert. Im Köl­ner Rhein­au­ha­fen er­in­nert die Lau­ra-von-Oel­ber­mann-Pro­me­na­de an die gro­ßzü­gi­ge Mä­ze­nin und Stif­te­rin.

Quellen

Ga­le­rie Frau Lau­ra von Ol­ber­mann, Köln: Be­sich­ti­gung: 6.-10. De­zem­ber 1929; Ver­stei­ge­rung: 11. De­zem­ber 1929, Band 293 von Math. Lem­pertz'sche Kunst­ver­stei­ge­rung, Kunst­haus Lem­pertz (Köln). [on­line

Literatur

Fran­ken, Ire­ne, Von der Bürs­ten­ver­käu­fe­rin zur Mil­lio­nä­rin, in: Fran­ken, Ire­ne, Frau­en in Köln, Köln 2008, S. 143-144.
Sass, An­ne, Wohl­fahrt und Wohl­stand. Lau­ra Oel­ber­mann zwi­schen pro­tes­tan­ti­scher Hilfs­ar­beit und Lu­xus­le­ben, in: Köl­ner Frau­en­geschichts­ver­ein (Hg.), „10 Uhr pünkt­lich Gür­ze­nich.“ Hun­dert Jah­re be­weg­te Frau­en in Köln, Müns­ter 1995, S. 109-114.
Schmidt, Klaus, Lau­ra Oel­ber­manns so­zia­le Tat­kraft, in: Schmidt, Klaus, Kölns klei­ne Leu­te. Ge­schich­ten und Por­träts, Köln 2011, S. 133-135.

Grabmal von Emil und Laura Oelbermann auf dem Friedhof Melaten, 2016. (CC BY-SA 4.0 / Geolina163)

 
Zitationshinweis

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Schmidt, Klaus, Laura von Oelbermann, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/laura-von-oelbermann/DE-2086/lido/5dc018ad4661e2.56554166 (abgerufen am 16.04.2024)