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Marie-Louise Fischer, die auch unter den Pseudonymen A. G. Miller, Dr. Christoph Vollmer, Kirsten Lindstroem und Katja Holm schrieb, war eine Erfolgsautorin der Unterhaltungs- und Jugendliteratur und gehört zu den meistgelesenen Schriftstellerinnen in Deutschland nach 1945. Mit ihren Jugendbüchern, Kriminal-, Liebes- oder Fortsetzungsromanen in großen Illustrierten genoss sie vor allem bei ihrer weiblichen Leserschaft eine große, generationsübergreifende Popularität. Seit Anfang der 1950er Jahre bis zu ihrem 80. Lebensjahr – als sie sich entschloss, mit dem Schreiben aufzuhören – verfasste sie insgesamt mehr als 100 Romane, Krimis sowie 75 Kinder- und Jugendbücher. Eine Ausnahme in ihrem Werk bildet der historische Roman „Das Dragonerhaus", in dem sie den Alltag des bayerischen Landadels im 18. Jahrhundert beschreibt. Ihre Bücher, die in 23 Sprachen übersetzt wurden, erreichten eine Gesamtauflage von über 70 Millionen. Viele ihrer Werke sind auch verfilmt worden.
Marie-Louise Fischer wurde am 28.10.1922 in Düsseldorf geboren. Sie war die Tochter des Fabrikanten Friedrich Georg Fischer und dessen Frau Marie, geborene Notemann. Gegen den Willen der Eltern studierte sie Germanistik, Kunstgeschichte, Theaterwissenschaft und Psychologie in Köln, München und Prag. Sie arbeitete unmittelbar nach dem Studium als Dramaturgin in Prag, wo sie 1945 beim Einmarsch der Russen interniert wurde und anderthalb Jahre Zwangsarbeit in der Landwirtschaft leisten musste.
Die Vorwürfe, dass ihre Bücher Trivialliteratur seien, die Handlungen immer nach einem bestimmten Strickmuster abliefen und sie kein Klischee auslasse, hat sie stets damit entkräftet, dass sie sich selbst nicht als Literatin, sondern höchstens als „Unterhaltungsschriftstellerin" sah: „Wahrscheinlich bin ich nicht zur Literatin, sondern zur Verfasserin von Unterhaltungsromanen geboren. Ich schäme mich dessen keineswegs, denn ich weiß, wie schwer es ist, einer großen Zahl Menschen wirklich gute Unterhaltung zu bieten." Über die Motive ihrer Arbeit sagte sie: „Ich will unterhalten und den Frauen ermöglichen, aus der tristen Welt ihres Alltags zu entfliehen. Ich will ihnen Geschichten erzählen, die von Liebe und Konflikten handeln, die aber stets dank der Stärke meiner Heldinnen harmonisch und mit einem Happy End ausklingen."
So harmonisch verlief ihr eigenes Leben nicht. Sie war 20 Jahre mit dem Schriftsteller Hans Gustl Kernmayr (1900-1977) verheiratet, der, wie sie selber äußerte, „das große Glück ihres Lebens" gewesen sei. Er galt als eine schillernde und egozentrische Persönlichkeit und war zuvor bereits viermal verheiratet gewesen. Er hatte mehrere außereheliche Kinder und unterhielt auch während seiner fünften Ehe zahlreiche Liebschaften. Trotz vieler Demütigungen tat Marie-Louise Fischer dennoch alles, um diese Ehe aufrecht zu erhalten und ließ Kernmayr sogar gewähren, als er beschloss, ihre Romane unter seinem Namen herauszugeben, wovon ihn nur der Verleger abhalten konnte. Sie gestattete ihm auch die völlige Kontrolle über ihre Finanzen und war dankbar, dass er ihr hier und da kleinere Summen zur Bezahlung von Rechnungen überließ.
Nach dem Tode ihres Mannes zog sie sich mit ihren Hunden und ihrer Sekretärin in ihr Haus in der Nähe von Rosenheim zurück, wo sie sich nach getaner Arbeit – sie pflegte ihren Tag klar zu strukturieren und war äußerst fleißig – regelmäßig ein Glas Wein und genauso regelmäßig härtere Sachen gönnte. Die gebürtige Rheinländerin bezeichnete sich selbst als „harte Alkoholikerin". Auch in ihren Romanen wird getrunken und geraucht, was das Zeug hält.
Marie-Louise Fischers große Zeit waren die „wilden" 1970er Jahre. Ihre Protagonistinnen wirkten allerdings immer so, als seien sie von der Emanzipation überrumpelt worden. Marie-Louise Fischer war immer weit davon entfernt, unter ihren Leserinnen Unruhe hinsichtlich der Emanzipation stiften zu wollen. So sind die meisten ihrer Romanheldinnen von grenzenloser Nachsicht gegenüber den machistischen Macken ihrer Männer. Ihre wahren Bestimmungen finden sie darin, perfekte Gastgeberinnen, begnadete Mütter, zuvorkommende Töchter und hingebungsvolle Geliebte zu sein. Sie stammen meistens aus den besseren Kreisen, sind immer attraktiv geschminkt und gekleidet und selten älter als 40 Jahre alt. In ihren Mädchenbüchern legte Marie-Louise Fischer bereits den Grundstein für dieses Frauenbild. Schon hier wird das freiheitsliebende, ungebärdige und ungestüme junge Mädchen am Ende einsichtig und fügt sich.
Marie-Louise Fischer starb am 2.4.2005 in Prien am Chiemsee. Sie liegt auf dem Friedhof in Steinkirchen am Samerberg begraben.
Werke (Auswahl)
Das Dragonerhaus, 1977.
Frauenstation, 1976.
Klaudia, 1997.
Michaela kommt ins Großstadtinternat, 1973.
Zerfetzte Segel, 1953.
Literatur
Denk, Liselotte, Marie Louise Fischer – Die Autorin und ihr Werk. Information, Zeugnis und Kritik, München 1982.
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Steinhausen, Erika, Marie-Louise Fischer, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/marie-louise-fischer/DE-2086/lido/57c6ad9aa85bc4.87042724 (abgerufen am 23.04.2024)