Maximilian Franz von Österreich

Erzbischof und Kurfürst von Köln (1784-1801)

Martin Bock (Frechen)

Maximilian Franz von Österreich, Gemälde im Kapitelsaal des Kölner Domes, Foto: Reinhard Matz und Axel Schenk. (Dombauarchiv Köln)

Schlagworte

Der Erz­bi­schof und Kur­fürst Ma­xi­mi­li­an Franz von Ös­ter­reich steht für die in den letz­ten Jahr­zehn­ten des Hei­li­gen Rö­mi­schen Rei­ches Deut­scher Na­ti­on sich durch­set­zen­de Do­mi­nanz der ös­ter­rei­chi­schen Habs­bur­ger auch in den Ter­ri­to­ri­en. Die­se war je­doch nur von kur­zer Dau­er, denn mit der Er­obe­rung des lin­ken Rhein­lands durch die Fran­zo­sen im Jahr 1794 hör­te da­s Erz­stift Köln fak­tisch auf zu exis­tie­ren; Ma­xi­mi­li­an Franz en­ga­gier­te sich zwar für den Er­halt des Kur­fürs­ten­tums, das ja auch Tei­le West­fa­len um­fass­te, re­üs­sier­te da­bei je­doch nicht. Die for­mel­le Auf­lö­sung der geist­li­chen Fürs­ten­tü­mer durch den Reichs­de­pu­ta­ti­ons­haupt­schluss im Jah­re 1803 er­leb­te der stark den Ide­en der Auf­klä­rung ver­bun­de­ne und re­form­freu­di­ge Fürst­bi­schof nicht mehr.

Ma­xi­mi­li­an Franz ent­stamm­te ei­ner der schick­sal­s­träch­tigs­ten Fa­mi­li­en Eu­ro­pas im 18. Jahr­hun­dert; als letz­ter Sohn und ins­ge­samt 16. Kind von Kai­se­rin Ma­ria The­re­sia (Re­gie­rungs­zeit 1740-1780) und Franz I. Ste­phan (Re­gie­rungs­zeit 1745-1765) wur­de er am 8.12.1756 in Wien ge­bo­ren. Sei­ne Ge­schwis­ter wa­ren un­ter an­de­rem die Kai­ser Jo­seph II. (Re­gie­rungs­zeit 1765-1790) und Leo­pold II. (Re­gie­rungs­zeit 1790-1792) so­wie Kö­ni­gin Ma­rie-An­toi­net­te von Frank­reich (1755-1793). Ob­wohl Ma­xi­mi­li­an Franz so spät ge­bo­ren wur­de, war er zu­nächst nicht wie in die­sen Fäl­len viel­fach üb­lich für den geist­li­chen Stand be­stimmt, son­dern als Statt­hal­ter von Un­garn vor­ge­se­hen. Er er­hielt ei­ne dem­entspre­chend in­ten­si­ve Aus­bil­dung in Spra­chen, Staats- und Kir­chen­recht so­wie Ver­wal­tungs­wis­sen­schaft und wur­de da­bei, dem Geist der Zeit ent­spre­chend, in die Ge­dan­ken­welt der auf­ge­klär­ten Na­tur- und Staats­phi­lo­so­phie ein­ge­führt.

1774/1775 be­gab er sich auf ei­ne Eu­ro­pa­rei­se und be­such­te un­ter an­de­rem sei­ne Schwes­ter Ma­rie-An­toi­net­te in Ver­sailles. Vom dor­ti­gen ex­al­tier­ten Hof­le­ben war er re­gel­recht ab­ge­sto­ßen, und zeit­le­bens be­hielt er ei­ne star­ke Ab­nei­gung ge­gen Ver­schwen­dung, Prunk- und Ge­nuss­sucht. Ab 1776 ab­sol­vier­te er ei­ne prak­ti­sche Mi­li­tär­aus­bil­dung. Im bay­ri­schen Erb­fol­ge­krieg 1778/1779 soll­te er an der Sei­te sei­nes Bru­ders, Kai­ser Jo­seph II., kämp­fen, er­krank­te aber plötz­lich schwer. Er muss­te meh­re­re Ope­ra­tio­nen über sich er­ge­hen las­sen, die Ge­ne­sung zog sich über ein Jahr hin. An ei­ne sol­da­ti­sche Lauf­bahn war da­nach nicht mehr zu den­ken.

Statt­des­sen woll­te das Haus Habs­burg das Kur­fürs­ten­tum Köln so­wie das Fürst­bis­tum Müns­ter für sei­nen jüngs­ten Spross er­wer­ben. Be­reits mit zwölf Jah­ren war Ma­xi­mi­li­an Franz Ko­ad­ju­tor sei­nes On­kels Karl Alex­an­der von Loth­rin­gen (1712-1780) als Hoch­meis­ter des Deut­schen Or­dens ge­wor­den, ein Amt, das auch sein Vor­gän­ger al­s Köl­ner Erz­bi­schof, Cle­mens Au­gust von Bay­ern, in­ne ge­habt hat­te. Hat­te da­bei zu­nächst die durch die dar­aus re­sul­tie­ren­den Pfrün­den stan­des­ge­mä­ße Ver­sor­gung im Vor­der­grund ge­stan­den, er­leich­ter­te die­se Po­si­ti­on nun­mehr den Wech­sel in die geist­li­che Lauf­bahn, auch wenn Ma­xi­mi­li­an Franz selbst sich an­fangs ve­he­ment da­ge­gen sträub­te. Sei­ner Mut­ter, der al­ten Kai­se­rin Ma­ria The­re­sia, ge­lang es nur ihn zu über­re­den, nach­dem sie ihm ent­ge­gen ih­rer ge­wöhn­li­chen Auf­fas­sung vom geist­li­chen Amt zu­ge­stan­den hat­te, zu­nächst kei­ne Wei­hen emp­fan­gen zu müs­sen und den Bi­schofs­stuhl bei ei­ner sich bie­ten­den Ge­le­gen­heit an ei­nen Nef­fen wie­der ab­ge­ben zu kön­nen.

Als sie den Wi­der­stand ih­res Soh­nes über­wun­den hat­te, muss­te Ma­ria The­re­sia je­doch noch viel di­plo­ma­ti­sches Ge­schick und noch mehr Sub­si­di­en­gel­der ein­set­zen um ihm den Köl­ner Kur­hut zu si­chern, denn seit dem En­de der Wit­tels­ba­cher Herr­schaft war das Erz­stift in der Mit­te des Kon­ti­nents zu ei­nem Spiel­ball der eu­ro­päi­schem Mäch­te ge­wor­den. Preu­ßen hat­te nach dem Sie­ben­jäh­ri­gen Krieg In­ter­es­se dar­an, die Habs­bur­ger au­ßer­halb ih­rer Er­b­lan­de nicht zu stark wer­den zu las­sen; Frank­reich da­ge­gen un­ter­stüt­ze die habs­bur­gi­sche Kan­di­da­tur, han­del­te es sich doch im­mer­hin um den Bru­der der Kö­ni­gin Ma­rie-An­toi­net­te. Es war der Pas­si­vi­tät Ma­xi­mi­li­an Fried­richs von Kö­nigs­egg-Ro­then­fels und ei­nem gro­ßzü­gi­gen Geld­ge­schenk an des­sen Kanz­ler Cas­par An­ton von Bel­der­busch zu ver­dan­ken, dass Ma­xi­mi­li­an Franz schlie­ß­lich kurz vor dem Tod der Mut­ter zum Ko­ad­ju­tor und da­mit Thron­prä­ten­den­ten in Köln ge­wählt wer­den konn­te. In den Jah­ren bis zum To­de Ma­xi­mi­li­an Fried­richs un­ter­zog sich Ma­xi­mi­li­an Franz in Wien mit stei­gen­dem In­ter­es­se ei­ner theo­lo­gi­schen und phi­lo­so­phi­schen Aus­bil­dung. Es ent­sprach sei­ner Auf­fas­sung von Pflicht­er­fül­lung, dass er nun doch zu­nächst die nie­de­ren Wei­hen emp­fing; nach sei­ner In­thro­ni­sie­rung am 5.8.1784 er­hielt er auch sehr bald die Pries­ter- und Bi­schofs­wei­he. Sein kai­ser­li­cher Bru­der war ihm da­bei stets Freund und Stüt­ze und mo­ti­vier­te ihn, „ein aus­ge­zeich­ne­ter Bi­schof zu sein.“ Ob­wohl es ihm zu­nächst schwer fiel, kam Ma­xi­mi­li­an Franz sei­nen Auf­ga­ben ge­wis­sen­haft nach und fei­er­te häu­fig die hei­li­ge Mes­se selbst, nahm an Pro­zes­sio­nen und Kirch­wei­hen teil und spen­de­te das Firm­sa­kra­ment. Bei die­sen Ge­le­gen­hei­ten trat er in der Re­gel in schlich­ter Pries­ter­klei­dung auf und zeig­te sich „wie ein Dorf­vi­ca­ri­us“. Die­se Volks­nä­he mach­te ihn eben­so be­liebt wie sein hei­te­res Ge­müt, ein tro­cke­ner und zu­wei­len spöt­ti­scher Hu­mor, sei­ne Ge­sel­lig­keit und Ehr­lich­keit – Cha­rak­ter­zü­ge, die ne­ben ra­scher Auf­fas­sungs­ga­be, si­che­rem Ur­teil und her­vor­ra­gen­dem Ge­dächt­nis im­mer wie­der von Zeit­zeu­gen her­vor­ge­ho­ben wur­den. Es wird aber auch be­rich­tet, dass sich da­hin­ter ein miss­traui­scher, ge­fühls­ar­mer, ja so­gar kalt­her­zi­ger Cha­rak­ter ver­barg.

Wie sein Bru­der Jo­seph II. ver­stand sich Ma­xi­mi­li­an Franz als ers­ter Die­ner sei­nes Staa­tes. In den knapp zehn Jah­ren sei­ner fak­ti­schen Re­gie­rung brach­te er mehr Re­for­men auf den Weg als sei­ne Vor­gän­ger zu­sam­men. Es ent­stan­den ein straf­fes und gleich­zei­tig ge­rech­tes Jus­tiz­we­sen so­wie ge­ord­ne­te, dem Ge­dan­ken der Spar­sam­keit ver­pflich­te­te Staats­fi­nan­zen; die Schul­pflicht und ein sys­te­ma­ti­scher Bil­dungs­par­cours von der Volks­schu­le bis zu den neu­en Aka­de­mi­en wur­den ein­ge­führt. Er be­schränk­te sich je­doch nicht nur auf Re­form­tä­tig­keit in sei­ner Ei­gen­schaft als Lan­des­herr, son­dern ar­bei­te­te auch die Lei­tungs­funk­ti­on sei­nes erz­bi­schöf­li­chen Am­tes in der Erz­diö­ze­se stär­ker her­aus und er­mög­lich­te da­mit ei­ne ef­fi­zi­en­te kirch­li­che Ver­wal­tung. Ei­ne gründ­li­che Pries­ter­aus­bil­dung war ihm ein ech­tes An­lie­gen, um den Gläu­bi­gen ei­nen ver­ständ­li­chen Got­tes­dienst und ei­ne gu­te Seel­sor­ge an­bie­ten zu kön­nen. Edu­ard He­gel nennt Ma­xi­mi­li­an Franz „ei­ne der edels­ten Ge­stal­ten“ sei­ner Zeit, und es ist durch­aus denk­bar, dass er sich noch weit­aus grö­ße­ren Ruhm hät­te ver­die­nen kön­nen, wenn nicht die Fran­zö­si­sche Re­vo­lu­ti­on und ih­re Aus­wir­kun­gen auf das Reich und ins­be­son­de­re das Rhein­land sei­ne Re­gie­rung jäh un­ter­bro­chen hät­te.

An­fang Ok­to­ber 1794 muss­te Ma­xi­mi­li­an Franz sei­ne Bon­ner Re­si­denz ver­las­sen und vor den vor­rü­cken­den fran­zö­si­schen Trup­pen flie­hen. Sein Weg führ­te von Dors­ten über Mer­gen­t­heim bis nach Leip­zig, spä­ter leb­te er in ver­schie­de­nen Deut­schor­dens­häu­sern in Mit­tel­deutsch­land und ab 1800 wie­der da­heim in Wien. In die Frie­dens­ver­hand­lun­gen von Ras­tatt, die die Ab­tre­tung des lin­ken Rhein­lan­des an Frank­reich be­sie­geln soll­ten, wur­de er nicht ein­be­zo­gen und muss­te sei­nem und dem Schick­sal sei­nes Ter­ri­to­ri­ums ohn­mäch­tig ent­ge­gen se­hen. Er hoff­te we­nigs­tens auf den Ver­bleib der rechts­rhei­ni­schen Ge­bie­te Kur­k­ölns; der Frie­de von Lun­é­vil­le im Jahr 1801 ver­deut­lich­te je­doch noch ein­mal die fran­zö­si­sche Vor­macht­stel­lung am Rhein und mach­te die Sä­ku­la­ri­sie­rung der geist­li­chen Staa­ten un­um­gäng­lich.

Ma­xi­mi­li­an Franz blieb kei­ne Zeit mehr, sich neu zu ori­en­tie­ren. We­ni­ge Mo­na­te nach dem Frie­dens­schluss starb er am 27.7.1801 auf Schloss Het­zen­dorf bei Wien an ei­nem Schlag­an­fall, nach­dem er schon vie­le Jah­re lang an Dia­be­tes und Über­ge­wicht ge­lit­ten hat­te – be­dingt durch eins sei­ner we­ni­gen ech­ten Las­ter, die Ta­fel­freu­den. An­ders als sei­ne Vor­gän­ger konn­te er nicht im Köl­ner Dom bei­ge­setzt wer­den, son­dern er­hielt in der Wie­ner Ka­pu­zi­ner­gruft, der tra­di­tio­nel­len Grab­le­ge der Habs­bur­ger, sei­ne letz­te Ru­he­stät­te.

Literatur (Auswahl)

Baum, Wil­helm, Die Wahl des Erz­her­zogs Ma­xi­mi­li­an Franz zum Ko­ad­ju­tor des Kur­stif­tes Köln und des Fürst­bis­tums Müns­ter (1779/80), in: Mit­tei­lun­gen des In­sti­tuts für Ös­ter­rei­chi­sche Ge­schichts­for­schung 81 (1973), S. 139-147.
Brau­bach, Max, Ma­ria The­re­si­as jüngs­ter Sohn Ma­xi­mi­li­an Franz. Letz­ter Kur­fürs­t von Köln un­d ­Fürst­bi­schof von Müns­ter, Wien 1961.
Gatz, Er­win, Max Franz, Erz­her­zog von Ös­ter­reich (1756-1801), in: Gatz, Er­win (Hg.), Die Bi­schö­fe des Hei­li­gen Rö­mi­schen Rei­ches 1648 bis 1803, Ber­lin 1990, S. 298-300.
He­gel, Edu­ard, Das Erz­bis­tum Köln zwi­schen Ba­rock und Auf­klä­rung. Vom Pfäl­zi­schen Krieg bis zum En­de der fran­zö­si­schen Zeit 1688–1814 (Ge­schich­te des Erz­bis­tums Köln 4), Köln 1979, S. 65-76.
Ol­den­ha­ge, Klaus, Kur­fürs­t Erz­her­zog Ma­xi­mi­li­an Franz, Hoch- und Deutsch­meis­ter, Bonn 1969.

Online

Erz­bi­schof Ma­xi­mi­li­an Franz von Ös­ter­reich (In­for­ma­ti­on auf der Web­site des Köl­ner Doms). [On­line
Christ, Gün­ter, „Ma­xi­mi­li­an Franz, Erz­her­zog von Ös­ter­reich“, in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 7 (1966), S. 403. [On­line]

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Bock, Martin, Maximilian Franz von Österreich, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/maximilian-franz-von-%25C3%2596sterreich/DE-2086/lido/57c949c01a4606.82819595 (abgerufen am 19.03.2024)