Robert Daum

Oberbürgermeister von Wuppertal (1889-1962)

Volkmar Wittmütz (Köln)

Porträt Robert Daum, undatiert. (Stadtarchiv Wuppertal)

Ro­bert Daum war vom 30.10.1946 bis zum 2.11.1948 und er­neut vom 2.11.1949 bis zum 7.11.1951 Ober­bür­ger­meis­ter der Stadt Wup­per­tal. Mit gro­ßer ­Tat­kraft be­müh­te er sich in den un­mit­tel­ba­ren Nach­kriegs­jah­ren um die Ent­trüm­me­rung der Stadt und den ra­schen Wie­der­auf­bau vor al­lem von Wohn­häu­sern. Die Pla­nung ei­ner vier­spu­ri­gen Stra­ße durch das en­ge Tal der Wup­per geht eben­falls auf ihn zu­rück.

Ro­bert Daum, der Sohn des Fuhr­un­ter­neh­mers Carl Ro­bert Daum und sei­ner Ehe­frau Met­te, ge­bo­re­ne Bredt­mann, wur­de am 8.1.1889 in Hah­ner­berg auf den Süd­hän­gen El­ber­felds (heu­te Stadt Wup­per­tal) ge­bo­ren. Nach dem Be­such der Volks­schu­le ar­bei­te­te der auf­ge­weck­te Jun­ge als Haus­die­ner und da­nach als Trans­port­ar­bei­ter in ei­nem Fuhr­un­ter­neh­men. Schon als 16jäh­ri­ger fand er den Weg in die Ar­bei­ter­be­we­gung, er wur­de Mit­glied der SPD und der Ge­werk­schaft der „Staats- und Ge­mein­de­ar­bei­ter“. 1914 hei­ra­te­te er die zwei Jah­re äl­te­re Dienst­magd An­na Ka­tha­ri­na Eli­sa­beth Ei­sen­trä­ger. Dem Paar wur­den zwei Kin­der ge­bo­ren, Eli­sa­beth (ge­bo­ren 1915) und An­na (ge­bo­ren 1918). Im sel­ben Jahr be­gann Daum ei­ne haupt­be­ruf­li­che Tä­tig­keit  in der Ver­wal­tung der  Ge­werk­schaft, 1932 wur­de er Be­zirks­lei­ter von West­fa­len. Bei Aus­bruch des Ers­ten Welt­krie­ges wur­de Daum als Sol­dat ein­ge­zo­gen und ver­brach­te den Krieg an der Front auf ver­schie­de­nen Kriegs­schau­plät­zen.

Schon bald nach Kriegs­en­de zeich­ne­te sich ab, dass Daum mit Hil­fe der Ar­bei­ter­be­we­gung, die ei­nen gro­ßen Teil der po­li­ti­schen Ver­ant­wor­tung in der neu­en Re­pu­blik trug und fä­hi­ge Leu­te drin­gend brauch­te, ei­ne po­li­ti­sche Kar­rie­re an­streb­te. Zu wei­te­rer theo­re­ti­scher Aus­bil­dung ab­sol­vier­te er 1922/1923 ei­nen Lehr­gang an der „Aka­de­mie der Ar­beit“ in Frank­furt am Main, ei­ner erst 1921 von Eu­gen Ro­sen­stock-Hu­es­sy (1888-1973) und sei­nen Freun­den ge­grün­de­te „Hoch­schu­le für das Volk der Ar­beit“, die eng mit der jun­gen Frank­fur­ter Uni­ver­si­tät ko­ope­rier­te. 1924 wur­de Ro­bert Daum als Ab­ge­ord­ne­ter der SPD in die El­ber­fel­der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung ge­wählt. Die­sem Gre­mi­um ge­hör­te er bis 1929 an. Als in je­nem Jahr die neue Stadt Wup­per­tal aus El­ber­feld, Bar­men, Rons­dorf, Voh­win­kel, Cro­nen­berg und Bey­en­burg ge­bil­det und des­halb ein neu­er Stadt­rat ge­wählt wur­de, er­hielt er er­neut ein Man­dat. Ne­ben sei­ner Tä­tig­keit für die Ge­werk­schaft be­weg­te er sich auch an an­de­rer Stel­le im Um­feld der Ar­bei­ter­be­we­gung, wo sein in­zwi­schen er­wor­be­nes theo­re­ti­sches Wis­sen, aber auch sein ver­mit­teln­des Auf­tre­ten ge­fragt war, zum Bei­spiel in den Auf­sichts­rä­ten von ge­werk­schafts­na­hen Un­ter­neh­men in der Re­gi­on. 1931 über­nahm er den Vor­sitz der Wup­per­ta­ler Grup­pe des „Reichs­ban­ners Schwarz-Rot-Gol­d“, ei­ner Or­ga­ni­sa­ti­on von Kriegs­ve­te­ra­nen, die un­ter Mit­hil­fe der SPD, des Zen­trums und der Deut­schen De­mo­kra­ti­schen Par­tei ge­grün­det wor­den war, um die Wei­ma­rer Re­pu­blik vor ih­ren ex­tre­mis­ti­schen Fein­den auf dem rech­ten wie dem lin­ken po­li­ti­schen Spek­trum zu ver­tei­di­gen.

 

Von April bis Ju­li 1932 ent­sand­te die SPD Daum als „Nach­rü­ck­er“ in den Reichs­tag. Bei den Wah­len im Ju­li 1932 ver­zeich­ne­te die Par­tei leich­te Ver­lus­te, Daum konn­te sein Man­dat in Ber­lin nicht be­hal­ten. Er blieb Wup­per­ta­ler Stadt­ver­ord­ne­ter und über­nahm den Vor­sitz der SPD-Frak­ti­on im Stadt­rat.

Nach der Macht­er­grei­fung  der NS­DAP im Ja­nu­ar 1933 und den Reichs­tags­wah­len im März wur­den auch die kom­mu­na­len Macht­ver­hält­nis­se in Deutsch­land re­vi­diert. Die Neu­wahl des Wup­per­ta­ler Stadt­ra­tes am 13.3.1933 be­stä­tig­te Daums Man­dat, doch die SPD in die­sem Gre­mi­um war von 18 Sit­zen auf elf Sit­ze ge­schrumpft. Die NS­DAP da­ge­gen war auf 37 Sit­ze an­ge­wach­sen – vor­her hat­te sie nur zwei ge­habt. In der ers­ten Zu­sam­men­kunft des neu­en Stadt­ra­tes wur­de – ganz im Sin­ne der an­ti­par­la­men­ta­ri­schen Ideo­lo­gie der NS­DAP - ein 12-köp­fi­ger „Be­schluss­aus­schus­s“ ver­ein­bart, der jetzt die kom­mu­nal­po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen zu fäl­len hat­te. In die­ses Gre­mi­um ent­sand­te die SPD den in­zwi­schen zum Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den ge­wähl­ten Daum.

Doch ar­bei­ten konn­te Daum hier nicht mehr. Schon En­de April 1933 wur­de er we­gen an­geb­li­cher Be­lei­di­gung des Reichs­kanz­lers Adolf Hit­ler (1889-1945) „in Schutz­haf­t“ ge­nom­men und in das Po­li­zei­ge­fäng­nis nach Hamm ge­bracht. Zu ei­nem ge­richt­li­chen Pro­zess kam es nicht. Im Mai 1933 kam er er­neut Schutz­haft, die­ses Mal in Es­sen, wie­der oh­ne Ge­richts­ver­fah­ren. Er ver­lor sei­ne be­ruf­li­che Exis­tenz und fris­te­te ein kar­ge­s ­Le­ben als Ver­si­che­rungs­ver­tre­ter und seit 1936 als Grund­stücks­mak­ler, fort­dau­ernd an­ge­wie­sen auf die Un­ter­stüt­zung durch sei­ne Töch­ter. Im Zwei­ten Welt­krieg wur­de er zur Ar­beit in der Rüs­tungs­in­dus­trie ver­pflich­tet. Nach dem At­ten­tat vom 20. Ju­li 1944 wur­de er kurz­zei­tig er­neut fest­ge­nom­men. In die At­ten­tats­plä­ne war er je­doch nicht ver­wi­ckelt. 

Aufräumarbeiten in Wuppertal, hier nach einem Erdrutsch beim Landgericht, 1948, Foto: Carl Andreas Abel. (Stadtarchiv Wuppertal)

 

Nach dem Zu­sam­men­bruch des „Drit­ten Rei­ches“ nahm Daum sei­ne po­li­ti­sche Ar­beit so­gleich wie­der auf. Bei der öf­fent­li­chen Kund­ge­bung an­läss­lich der Grün­dung der Ein­heits­ge­werk­schaf­ten in Wup­per­tal im Sep­tem­ber 1945 war er ei­ner der bei­den Red­ner. Ihm wur­de die Ge­schäfts­füh­rung des Orts­aus­schus­ses des FDGB - so hieß der DGB da­mals noch - über­tra­gen. Und im De­zem­ber 1945 er­nann­te ihn die bri­ti­sche Mi­li­tär­re­gie­rung zu ei­nem der 56 „vor­läu­fi­gen“ Wup­per­ta­ler Stadt­ver­ord­ne­ten, de­ren Auf­ga­be un­ter an­de­rem dar­in be­stand, die ers­te de­mo­kra­ti­sche Wahl des Stadt­par­la­ments vor­zu­be­rei­ten, die am 13.10.1946 nach bri­ti­schem Mehr­heits­wahl­recht statt­fand. Von den 48 Sit­zen er­rang die SPD 34, ei­ne über­wäl­ti­gen­de Mehr­heit. Kein Wun­der al­so, dass der Vor­sit­zen­de Ro­bert Daum am 30.10.1946 zum Ober­bür­ger­meis­ter ge­wählt wur­de. Das ers­te frei ge­wähl­te Stadt­ober­haupt er­hielt da­bei die Stim­men al­ler Stadt­ver­ord­ne­ten. 

Daum prä­si­dier­te über ei­ne trost­lo­se Trüm­mer­land­schaft mit hun­gern­den und frie­ren­den Men­schen. An­ge­sichts des na­hen­den Win­ters drang er dar­auf, vor al­lem die Er­näh­rung der Be­völ­ke­rung zu ver­bes­sern. So ver­an­lass­te er den Stadt­rat, zu­sätz­li­che Nah­rungs­mit­tel aus den Re­ser­ve­be­stän­den und über die zu­ge­teil­ten Kon­tin­gen­te hin­aus zur Ver­fü­gung zu stel­len. Den Be­fehl der Bri­ten, die­se Maß­nah­me un­ver­züg­lich zu be­en­den, igno­rier­te Daum. Dar­auf er­schien der bri­ti­sche Mi­li­tär­gou­ver­neur Wil­liam As­bu­ry per­sön­lich in Wup­per­tal. We­gen sei­ner Ei­gen­mäch­tig­keit rech­ne­te Daum schon mit sei­ner Ab­set­zung und Fest­nah­me. Die Be­sat­zungs­macht kri­ti­sier­te ihn scharf, war aber of­fen­sicht­lich von der Cou­ra­ge des Ober­bür­ger­meis­ters be­ein­druckt und ver­sprach wei­te­re Lie­fe­run­gen. Als die­se aus­blie­ben, rie­fen die Ge­werk­schaf­ten zu ei­nem Ge­ne­ral­streik auf. Am 25.3.1947 folg­ten über 80.000 Wup­per­ta­ler Ar­beit­neh­mer dem Auf­ruf und vor dem „Neu­en Rat­haus“, dem Wup­per­ta­ler Po­li­zei­prä­si­di­um, wo die Stadt­ver­wal­tung be­helfs­mä­ßig un­ter­ge­kom­men war, ver­sam­mel­ten sich fast 40.000 De­mons­tran­ten, an der Spit­ze der Ober­bür­ger­meis­ter selbst. Im Lau­fe des Jah­res ver­bes­ser­te sich dann die Er­näh­rungs­si­tua­ti­on in der Stadt. 

Oberbürgermeister Daum (rechts) bei der Räumung von Trümmern in der Aue, 1948, Foto: Schoth. (Stadtarchiv Wuppertal)

 

Schon vor dem Zwei­ten Welt­krieg hat­te die Stadt Wup­per­tal be­gon­nen, in der Tal­soh­le Grund­stü­cke zu er­wer­ben und die Pla­nun­gen für ei­ne au­to­ge­rech­te Tal­stra­ße vor­an­zu­trei­ben. Daum ver­an­lass­te, dass die­se Pla­nun­gen wei­ter­ge­führt wur­den und der Stadt­rat schon 1947, in­mit­ten des Trüm­me­r­elends, ein­stim­mig den Bau ei­ner vier­spu­ri­gen Stra­ße in dem en­gen Tal der Wup­per be­schloss – an­ge­sichts der Nö­te der Be­völ­ke­rung ei­ne über­ra­schen­de, vie­len kaum ver­ständ­li­che Ent­schei­dung, die der Ober­bür­ger­meis­ter zur Exis­tenz­fra­ge sei­ner Stadt er­klärt hat­te. 

Ne­ben dem Hun­ger war die Woh­nungs­not ein gro­ßes Pro­blem. Wie in an­de­ren Städ­ten auch wa­ren et­wa zwei Drit­tel der bei Kriegs­be­ginn vor­han­de­nen Woh­nun­gen zer­stört wor­den. Das Pro­blem wur­de in Wup­per­tal da­durch ver­schärft, dass die Stadt ei­ne na­he­zu un­ge­brems­te Rück­wan­de­rung von Eva­ku­ier­ten er­leb­te und schon im Mai 1947 mit 337.000 Ein­woh­nern et­wa 82 Pro­zent der Ein­woh­ner­zahl von 1939 er­reich­te, wäh­rend et­wa die Städ­te des Ruhr­ge­biets da­mals nur zwi­schen 60 und 70 Pro­zent ih­rer Vor­kriegs­be­völ­ke­rung auf­wie­sen. Daum drang auf die ra­sche Be­sei­ti­gung der Trüm­mer, und nach der Wäh­rungs­re­form  1948 be­gann der Wie­der­auf­bau Wup­per­tals auf brei­ter Front und ähn­lich ge­sichts­los wie in an­de­ren west­deut­schen Städ­ten.

Bei den Kom­mu­nal­wah­len im Ok­to­ber 1948 wur­de die SPD zwar er­neut die stärks­te Par­tei, Daum je­doch ver­lor sein Amt, weil CDU und FDP sich auf den ge­mein­sa­men Kan­di­da­ten Ot­to Schmidt (1902-1984) ei­nig­ten, der aber die kom­mu­nal­po­li­ti­sche Li­nie sei­nes Vor­gän­gers, der in­zwi­schen auch zum Vor­sit­zen­den der SPD in Wup­per­tal ge­wählt wor­den war, fort­setz­te. 

Porträt Robert Daum, undatiert. (Stadtarchiv Wuppertal)

 

Daum war 1946 auch in den Land­tag des neu­en Lan­des Nord­rhein-West­fa­len ge­wählt wor­den, schied aber be­reits im fol­gen­den Jahr wie­der aus. Dem Wirt­schafts­rat für die west­li­chen Be­sat­zungs­zo­nen ge­hör­te er von Fe­bru­ar 1948 bis zur Grün­dung der Bun­des­re­pu­blik 1949 an. Im No­vem­ber des­sel­ben Jah­res wur­de er noch ein­mal zum Ober­bür­ger­meis­ter ge­wählt, be­klei­de­te das Amt aber nur zwei Jah­re. 1953 er­rang er ein Bun­des­tags­man­dat, 1957 aber lehn­te er ei­ne si­che­re Wie­der­wahl mit der Be­grün­dung ab, er wol­le nur in sei­ner Hei­mat po­li­tisch wir­ken. 

Ro­bert Daum starb am 6.5.1962 im Al­ter von 73 Jah­ren an den Fol­gen ei­nes Herz­in­farkts wäh­rend ei­nes Kur­auf­ent­halts in Bad Gas­tein in Ös­ter­reich. Er wur­de un­ter gro­ßer An­teil­nah­me der Be­völ­ke­rung in sei­ner Hei­mat­stadt be­gra­ben.

Quellen

Ver­wal­tungs­be­richt der Stadt Wup­per­tal für die Jah­re 1938-1946. Be­ar­bei­tet von Ste­phan Schön. Wup­per­tal 1947.
Ver­wal­tungs­be­richt der Stadt Wup­per­tal für das Jahr 1947. Be­ar­bei­tet von Ste­phan Schön. Wup­per­tal 1948.
Ver­wal­tungs­be­richt der Stadt Wup­per­tal für die Jah­re 1948-1953. Zu­sam­men­ge­stellt durch das Stadt­ar­chiv Wup­per­tal. Wup­per­tal 1954.

Literatur

Uwe Eckardt: „Der Bon­zen­t­raum ist aus­ge­träumt, im Rat­haus wird nun auf­ge­räumt.“ Zur Ver­wal­tungs­ge­schich­te 1933-1937. In Klaus Goe­bel (Hg.): Wup­per­tal in der Zeit des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus. Wup­per­tal 1984.
In­ge Marßo­lek: Ar­bei­ter­be­we­gung nach dem Krieg (1945-1948). Am Bei­spiel Rem­scheid, So­lin­gen, Wup­per­tal. Frank­furt/New York 1983.
Kurt Schnö­ring: Ro­bert Daum. Vom Trans­port­ar­bei­ter zum Ober­bür­ger­meis­ter. In: Hans-Joa­chim de Bruyn-Ou­bo­ter (Hg.): Wup­per­ta­ler Bio­gra­phi­en, 17. Fol­ge. Wup­per­tal 1993, S. 30-37.

Bau der Bundesallee (B7) am Döppersberg, Teil der vierspurigen Straße durch das Tal der Wupper, 1950, Foto: Stadtarchiv Wuppertal.

 
Zitationshinweis

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Wittmütz, Volkmar, Robert Daum, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/robert-daum-/DE-2086/lido/5811b5e6068934.71458710 (abgerufen am 19.03.2024)