Toni Merkens

Radsportler (1912-1944)

Udo Schmidt-Arndt (Bad Münstereifel)

Autogrammkarte Toni Merkens. (Internationales Radsportarchiv Bad Münstereifel)

An­ton Mer­kens, so sein rich­ti­ger Na­me, ge­hör­te zur Welt­eli­te der Bahn­rad­sport­ler der 1930er Jah­re. Wie Al­bert Rich­ter, Ma­thi­as En­gel (1905-1994), Paul Osz­mel­la (1903-1967) und Pe­ter Stef­fes (1907-1988) ent­stamm­te er der da­ma­li­gen Hoch­burg des Bahn­rad­sports Köln. 1944 er­lag Mer­kens den Fol­gen ei­ner an der Ost­front er­lit­te­nen Ver­wun­dung.

To­ni Mer­kens wur­de am 12.6.1912 in Köln ge­bo­ren. Mit sei­nen drei Brü­dern Jo­sef (1903-1981), Hein­rich und Pe­ter (ge­stor­ben 1943) so­wie sei­ner Schwes­ter Ot­ti­lie wuchs er „Im Staven­hof" 20, ei­ner klei­nen und en­gen Stra­ße im Ei­gel­stein­vier­tel auf.

Sei­ne Frau Ger­trud (1912-1948) schenk­te ihm die heiß und in­nig ge­lieb­te Toch­ter Bar­ba­ra (1940-1994). Von sei­nen Brü­dern kam nur Jo­sef zum Rad­sport. Er wur­de vor al­lem als er­folg­rei­cher Schritt­ma­cher in den so ge­nann­ten Ste­her­ren­nen be­kannt und er­rang hier zahl­rei­che Sie­ge.

 

Bei den über die Gren­zen des Rhein­lands hin­aus be­kann­ten Fahr­rad­me­cha­ni­kern Fritz Köth­ke und Wil­helm Hen­ne­ri­ci ging Mer­kens in die Leh­re. Sie er­kann­ten bald das au­ßer­ge­wöhn­li­che hand­werk­li­che, aber auch fah­re­ri­sche Ta­lent ih­res „Tünn" und über­lie­ßen ihm ein von der Fir­ma Gold­rad ge­spon­ser­tes und von ihm selbst kon­stru­ier­tes Bahn­rad. Mer­kens nahm an Ren­nen in der da­ma­li­gen Rhein­land­hal­le in Köln-Eh­ren­feld teil, zu­nächst je­doch oh­ne Er­folg. Nach­dem er 1928 bei ei­nem bö­sen Sturz schwe­re Ver­let­zun­gen er­lit­ten hat­te, zog er sich zu­nächst vom ak­ti­ven Sport zu­rück und wag­te erst 1931 ei­nen Neu­an­fang. Mit Hans Kre­wer (1912-1933) als Part­ner er­rang er in der Rhein­land­hal­le im Zwei­er-Mann­schafts­fah­ren sei­nen ers­ten Sieg. Da­mit war das Eis ge­bro­chen.

Als „Flie­ger" (Bahn­sprin­ter) trat er erst­mals 1932 an und schlug nach dem Ge­winn des „Gro­ßen Neu­jahrs­prei­ses" zwei Mo­na­te spä­ter vor hei­mi­scher Ku­lis­se in Köln nicht nur den am­tie­ren­den dä­ni­schen Welt­meis­ter Hel­ge Har­der (1908-1962), son­dern auch den in­ter­na­tio­nal be­reits eta­blier­ten Pu­bli­kums­lieb­ling Al­bert Rich­ter, der 1932 den Welt­meis­ter­ti­tel er­rin­gen soll­te. Die­ser Er­folg be­deu­te­te für Mer­kens den end­gül­ti­gen sport­li­chen Durch­bruch und brach­te ihm auch erst­mals die Be­ru­fung in den Ka­der der Na­tio­nal­mann­schaft ein. Jetzt be­gann ei­ne un­glaub­li­che na­tio­na­le und in­ter­na­tio­na­le Kar­rie­re: 1933, 1934 und 1935 wur­de Mer­kens Deut­scher Meis­ter der Ama­teu­re im Sprint. Dar­über hin­aus er­rang er im Tan­dem­fah­ren mit Karl Her­mann Un­get­hüm (1910-1995) den na­tio­na­len Meis­ter­ti­tel. Auch auf in­ter­na­tio­na­lem Par­kett sorg­te er für Auf­se­hen, ge­wann 1934 die in­ter­na­tio­na­le Meis­ter­schaft von Eng­land und den pres­ti­ge­träch­ti­gen Grand Prix von Pa­ris. We­ni­ge Wo­chen spä­ter folg­te die Welt­meis­ter­schaft in Leip­zig, wo er aber über­ra­schend von dem Nie­der­län­der Arie van Vliet (1916-2001) ge­schla­gen wur­de, der in den kom­men­den Jah­ren sein Dau­er­ri­va­le wer­den und spä­ter auch den Welt­meis­ter­ti­tel bei den Pro­fis er­rin­gen soll­te. Die nächs­te Welt­meis­ter­schaft fand 1935 in Brüs­sel statt. In ei­ner Neu­auf­la­ge des Fi­na­les vom Vor­jahr ge­lang es Mer­kens, sich end­lich ge­gen van Vliet durch­zu­set­zen und Welt­meis­ter zu wer­den. Auch bei den Olym­pi­schen Spie­len von 1936 in Ber­lin er­reich­te er den End­lauf. Wie­der war es Arie van Vliet, den er schla­gen muss­te. Er konn­te den Nie­der­län­der aber­mals be­zwin­gen und so wur­de Mer­kens auch Olym­pia­sie­ger im Sprint. Mer­kens hat­te wäh­rend des Ren­nens mit ei­nem Schlen­ker kurz­zei­tig die vor­ge­schrie­be­ne Fahr­li­nie ver­las­sen, wor­auf­hin van Vliet Wi­der­spruch ge­gen die Wer­tung ein­leg­te. Den Pro­test lehn­te man ab, weil Mer­kens durch sein Ma­nö­ver kei­nen Vor­teil er­zielt hat­te. Da­für muss­te er aber 100 Schwei­zer Fran­ken, Stra­fe be­zah­len, was un­ge­fähr 123 Reichs­mark ent­sprach.

Im glei­chen Jahr 1936 fuhr er noch ei­nen Welt­re­kord über 1.000 Me­ter mit ste­hen­dem Start in 1 Mi­nu­te 9 3/5 Se­kun­den.

Auf der Hö­he sei­ner Lauf­bahn wech­sel­te To­ni Mer­kens 1936 ins Pro­fi­la­ger. Hier war er aber nicht so er­folg­reich wie als Ama­teur. Das lag na­tür­lich auch an der über­star­ken in­ter­na­tio­na­len Kon­kur­renz durch den mehr­fa­chen Sprint­welt­meis­ter Jeff Sche­rens (1909-1986) aus Bel­gi­en, die Fran­zo­sen Lu­ci­en Mi­chard (1903-1985) und Louis Ge­ra­din (1912-1982) so­wie den Dä­nen Wil­ly Falck-Han­sen (1906-1978). Im Kampf um die Deut­sche Pro­fi­meis­ter­schaft be­leg­te Mer­kens 1937 und 1939 hin­ter Al­bert Rich­ter den zwei­ten Platz.

1936 und 1937 ver­such­te sich Mer­kens auch als Sechs­ta­ge­fah­rer, un­ter an­de­rem ge­mein­sam mit dem Köl­ner Gott­fried Hürt­gen (1905-1974). Als die Sechs­ta­ge­ren­nen durch die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ver­bo­ten wur­den, ver­such­te sich Mer­kens als Ste­her. Hin­ter sei­nem Bru­der Jo­sef als Schritt­ma­cher brach­te er es zu vie­len Er­fol­gen, wur­de 1940 Deut­scher Meis­ter und 1941 Vi­ze­meis­ter. Im glei­chen Jahr ge­wann er in Köln den „Deutsch­land-Preis 1941". 1942 wur­de er erst­mals Deut­schen Meis­ter der Pro­fis im Bahn­sprint und be­leg­te in ei­nem sei­ner letz­ten Ren­nen, ei­nem 50 Run­den Mann­schafts­fah­ren für Pro­fis in Ber­lin an der Sei­te des, vor al­lem in der Nach­kriegs­zeit er­folg­rei­chen, Köl­ner Fah­rers Jean Schorn (1915-1994) den zwei­ten Platz hin­ter dem Team Cor Bak­ker (1918-1988) – Arie van Vliet. Drit­te wur­den die Ita­lie­ner Se­ve­ri­no Ri­go­ni (1914-1992) und Ar­man­do La­ti­ni (ge­bo­ren 1913).

To­ni Mer­kens, der als „rhei­ni­sche Froh­na­tur" galt und als Sport­ler und Mensch glei­cher­ma­ßen ge­schätzt wur­de, ist wie vie­le sei­ner Kol­le­gen dem Zwei­ten Welt­krieg zum Op­fer ge­fal­len. Ob­wohl er schon 1940 zur Wehr­macht ein­ge­zo­gen wor­den war, hat­te er zur Teil­nah­me an Sport­ver­an­stal­tun­gen Son­der­ur­laub er­hal­ten. Im April 1943 wur­de Mer­kens mit sei­ner Ein­heit an die Ost­front ver­legt, wo er am 19.8.1943 süd­lich von Char­kow ver­wun­det wur­de. Er kam in ein La­za­rett in Mäh­risch-Ostrau und wur­de am 5.2.1944 in das Re­ser­ve­la­za­rett Bad Wild­bad im Schwarz­wald ver­legt. Dort ver­starb To­ni Mer­kens am 20.6.1944 an ei­ner Hirn­haut­ent­zün­dung und wur­de am 29.6.1944 auf dem Hel­den­fried­hof in Köln-Süd bei­ge­setzt.

Zu Eh­ren von To­ni Mer­kens wur­de 1936 vor der Mün­gers­dor­fer Rad­renn­bahn in Köln am Pe­ter-Gün­ther-Weg ei­ne Ei­che ge­pflanzt, die heu­te als gro­ßer Baum an der Ein­gangs­sei­te des Rad­sta­di­ons „Al­bert Rich­ter" steht. Der Text auf der Eh­ren­ta­fel lau­tet: „Wach­se zur Eh­re des Sie­gers – Ru­fe zu wei­te­rer Tat! Olym­pia­ei­che zur Er­in­ne­rung an To­ni Mer­kens Olym­pia­sie­ger 1936 im 1 KM Mal­fah­ren". In Mün­chen be­nann­te man ei­nen Weg, der vom Olym­pia-Sta­di­on zur heu­ti­gen Event-Are­na führt, nach ihm.

Radfahrer und 'Flieger-Weltmeister' Toni Merkens aus Köln, Bild aus der Cigaretten-Bilderdienst-Serie, Sammelwerk Nr. 13 'Olympiade 1936'. (Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland)

 
Zitationshinweis

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Schmidt-Arndt, Udo, Toni Merkens, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/toni-merkens/DE-2086/lido/57c94d834bb1d2.27927869 (abgerufen am 16.04.2024)