Wilhelm Neuß

Kirchenhistoriker (1880-1965)

Markus Köhler (Köln)

Wilhelm Neuß, Porträtfoto, undatiert. (Scan aus Eduard Hegel (Hrsg.): Festgabe für Wilhelm Neuß zur Vollendung seines 65. Lebensjahres (= Colonia Sacra Bd. 1), Köln 1947)

Wil­helm Neuß ge­hör­te zu den zen­tra­len Ge­stal­ten des rhei­ni­schen in­tel­lek­tu­el­len Ka­tho­li­zis­mus in der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts. Wis­sen­schaft­lich galt sein In­ter­es­se nicht nur der Kir­chen­ge­schich­te sei­ner Hei­mat, son­dern ins­be­son­de­re auch der spa­ni­schen Buch­ma­le­rei. Auf die­sem Feld ge­noss er als Spe­zia­list für die Bea­tus-Apo­ka­lyp­sen in­ter­na­tio­na­les An­se­hen. In der Zeit des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus trat er als Kri­ti­ker der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ideo­lo­gie her­vor und wirk­te nach dem Zwei­ten Welt­krieg für die christ­lich-jü­di­sche Aus­söh­nun­g .

Wil­helm Ma­ria Jo­sef Neuß wur­de am 24.7.1880 in Mon­ta­baur als Sohn von Jo­hann Jo­seph Neuß (1847–1913) und sei­ner Ehe­frau Ma­ria ge­bo­re­ne Glan­dorff (gest. 1938) ge­bo­ren. Der Va­ter lei­te­te 1883-1913 das Re­al­gym­na­si­um in Aa­chen. Ein Gro­ßon­kel müt­ter­li­cher­seits war der Phi­lo­soph und Dich­ter Chris­toph Bern­hard Schlü­ter (1801–1884).

Neuß wuchs in Aa­chen auf, wo er das Re­al­gym­na­si­um und das Kai­ser-Karls-Gym­na­si­um be­such­te. Nach dem Er­werb des Ab­iturs am 1.3.1899 stu­dier­te er 1899-1900 Ka­tho­li­sche Theo­lo­gie in Müns­ter, 1900–1901 in Mün­chen, 1901–1902 in Bonn, wo ihn be­son­der­s Hein­rich Schro­ers be­ein­druck­te. Da­ne­ben be­fass­te er sich mit Ge­schich­te und Kunst­ge­schich­te. Im Som­mer­se­mes­ter 1902 trat Wil­helm Neuß als Gast­hö­rer in Kon­takt zu dem Christ­li­chen Ar­chäo­lo­gen Karl Künst­le (1859-1932) in Frei­burg im Breis­gau, der ihn zur Be­schäf­ti­gung mit dem Fres­ken­zy­klus in der Dop­pel­kir­che in Schwarz­rhein­dorf (heu­te Stadt Bonn) an­reg­te. Wäh­rend sei­nes Stu­di­ums und da­nach war Neuß der Unitas Ger­ma­nia Bonn als Grün­dungs­mit­glied ver­bun­den.

Zum Win­ter­se­mes­ter 1902 trat er in das Köl­ner Pries­ter­se­mi­nar ein. Nach der Pries­ter­wei­he am 24.8.1903 er­hielt er am 25.9.1903 sei­ne ers­te Seel­sor­ge­stel­le und wirk­te zwei Jah­re als Ka­plan an St. Al­ban in Köln. Die­se Stel­le galt in Köln als „Stu­di­enstel­le“, um sich auf den Er­werb des Dok­tor­gra­des vor­be­rei­ten zu kön­nen. Neuß hin­ge­gen wid­me­te sich ihr mit vol­lem Ein­satz un­ter vor­läu­fi­gem Ver­zicht auf wis­sen­schaft­li­che Ar­beit. Freun­de wa­ren ihm seit die­ser Zeit der spä­te­re Weih­bi­schof Jo­seph Stof­fels (1879-1923) und Jo­seph Könn (1876-1960), 1925-1960 Pfar­rer an St. Apos­teln in Köln. Nach der Ver­set­zung in den Schul­dienst war Neuß 1905–1912 an der hö­he­ren Mäd­chen­schu­le der Ur­su­li­nen und an­schlie­ßend bis Herbst 1917 an der Städ­ti­schen hu­ma­nis­ti­schen Stu­di­en­an­stalt tä­tig. Zu sei­nen Schü­le­rin­nen ge­hör­te un­ter an­de­rem Li­sa­ma­ria Mei­row­sky (1904-1942), der er spä­ter das Sa­kra­ment der Tau­fe spen­de­te und die ge­mein­sam mit Edith Stein nach Ausch­witz de­por­tiert wur­de.

Hein­rich Schro­ers hat­te ihm zur aka­de­mi­schen Lauf­bahn ge­ra­ten. Am 23.11.1911 wur­de Neuß in Bonn mit der iko­no­gra­phi­schen und theo­lo­gie­ge­schicht­li­chen Dis­ser­ta­ti­on „Das Buch Eze­chiel in Theo­lo­gie und Kunst bis zum En­de des XII. Jahr­hun­derts. Mit be­son­de­rer Be­rück­sich­ti­gung der Ge­mäl­de in der Kir­che zu Schwarz­rhein­dor­f“ mit der Ge­samt­no­te „Sum­ma cum lau­de“ zum Dok­tor der Theo­lo­gie pro­mo­viert. In die­ser Ar­beit be­han­del­te er das iko­no­gra­phi­sche und theo­lo­gie­ge­schicht­li­che Pro­blem der Fres­ken der Schwarz­rhein­dor­fer Dop­pel­kir­che, aus­ge­hend von der Fra­ge, wel­che Be­deu­tung das Buch Eze­chiel im 12. Jahr­hun­dert für je­ne hat­te, die die Fres­ken in der Schwarz­rhein­dor­fer Un­ter­kir­che an­brin­gen lie­ßen. 

Wäh­rend sei­ner For­schun­gen war Neuß auf zwei Bi­bel­hand­schrif­ten ge­sto­ßen, die ihn zur alt­spa­ni­schen Buch­ma­le­rei und ih­rer kunst – und kul­tur­ge­schicht­li­chen Be­deu­tung führ­ten. Am 29.10.1913 wur­de er, eben­falls be­treut von Hein­rich Schro­ers, mit ei­ner Ar­beit über „Die ka­ta­la­ni­schen Bi­be­lil­lus­tra­tio­nen um die Wen­de des ers­ten Jahr­tau­sends und die alt­spa­ni­sche Buch­ma­le­rei“ für Kir­chen­ge­schich­te ha­bi­li­tiert. In der 1920 pu­bli­zier­ten Stu­die wies Neuß die Ab­hän­gig­keit der früh­spa­ni­schen Iko­no­gra­phie und der künst­le­ri­schen Form­ge­bung von der äl­te­ren sy­risch-ägyp­ti­schen wie der jün­ge­ren kop­ti­schen Kunst nach und be­trach­te­te die künst­le­ri­schen Be­zie­hun­gen Spa­ni­ens zum la­tei­ni­schen Nord­afri­ka, Ägyp­ten, Per­si­en und By­zanz auch mit Blick auf die künst­le­ri­schen Ent­wick­lun­gen des 11. und 12. Jahr­hun­derts.

Neuß er­hielt die Ve­nia le­gen­di für Kir­chen­ge­schich­te, Christ­li­che Ar­chäo­lo­gie und Kunst­ge­schich­te und lehr­te als Pri­vat­do­zent an der Uni­ver­si­tät Bonn. Am Ers­ten Welt­krieg nahm Neuß als Re­ser­vist hin­ge­gen nicht teil. Seit der Zeit des Welt­krie­ges zähl­te Neuß zum Um­feld der lit­ur­gi­schen Be­we­gung und ge­hör­te als frü­hes Mit­glied dem ka­tho­li­schen Aka­de­mi­ker­ver­band an. Zu sei­nen Freun­den aus die­sem Um­feld ge­hör­ten ne­ben Il­de­fons Her­we­gen Franz Xa­ver Münch un­d Her­mann Platz.

Die Er­nen­nung zum au­ßer­or­dent­li­chen Pro­fes­sor für Kirch­li­che Kunst und Ar­chäo­lo­gie so­wie Köl­ni­sche und All­ge­mei­ne Kir­chen­ge­schich­te an der Bon­ner Uni­ver­si­tät er­folg­te am 16.9.1917, die zum per­sön­li­chen Or­di­na­ri­us für Kir­chen­ge­schich­te, Christ­li­che Ar­chäo­lo­gie und Kunst­ge­schich­te am 26.7.1920. Neuß wur­de 1918 Lei­ter des Se­mi­nars für Christ­li­che Ar­chäo­lo­gie und Kirch­li­che Kunst in Bonn. Seit den 1920er Jah­ren war er stell­ver­tre­ten­der Sek­ti­ons­vor­sit­zen­der der Sek­ti­on für Kunst­ge­schich­te der Gör­res-Ge­sell­schaft. Auf das Engs­te ver­bun­den war er auch mit der Grün­dung der Spa­ni­schen For­schungs­stel­le der Gör­res-Ge­sell­schaft. Von 1923 bis zu sei­nem Tod führ­te Wil­helm Neuß den Vor­sitz des Ver­eins für Christ­li­che Kunst im Erz­bis­tum Köln und Bis­tum Aa­chen, gab ab 1927 des­sen all­jähr­li­che Kunst­ga­be her­aus und schrieb 1954 die Ge­schich­te des Ver­eins. Als 1927 Al­bert Ehr­hard (1862-1940) eme­ri­tiert wur­de, wur­de die Kir­chen­ge­schich­te in Bonn auf zwei Lehr­stüh­le auf­ge­teilt. Wil­helm Neuß er­hielt das Or­di­na­ri­at für Mitt­le­re und Neue­re Kir­chen­ge­schich­te und Ge­schich­te der christ­li­chen Kunst. 1935-1954 führ­te er den Vor­sitz der Ge­sell­schaft zur Her­aus­ga­be des Cor­pus Ca­tho­li­co­rum. 

1931 er­schien mit „Die Apo­ka­lyp­se des Hl. Jo­han­nes in der alt­spa­ni­schen und alt­christ­li­chen Bi­bel-Il­lus­tra­ti­on: das Pro­blem der Bea­tus-Apo­ka­lyp­sen“ sein wis­sen­schaft­lich wohl wich­tigs­tes Werk. Dar­in ver­such­te Neuß, der sich be­reits in sei­ner Ha­bi­li­ta­ti­ons­schrift mit ei­ni­gen Ex­em­pla­ren der Apo­ka­lyp­sen be­fasst hat­te, die ver­schie­de­nen Hand­schrif­ten iko­no­gra­phisch und sti­lis­tisch zu er­fas­sen und zu sys­te­ma­ti­sie­ren. Da­mit steht er am An­fang der For­schung zu den Bea­tus-Apo­ka­lyp­sen. Durch die Be­su­che in Spa­ni­en und den Kon­takt mit spa­ni­schen Ge­lehr­ten wur­de Neuß zu ei­ner zen­tra­len Fi­gur des deutsch-spa­ni­schen Kul­tur­aus­tau­sches. Für spa­ni­sche Gast­for­scher und Stu­den­ten, Wis­sen­schaft­ler und Geist­li­che galt er ge­ra­de vor dem Hin­ter­grund des spa­ni­schen Bür­ger­kriegs als ver­läss­li­cher An­sprech­part­ner. 1935 wur­de Neuß Mit­glied der spa­ni­schen „Re­al Aca­de­mia de la his­to­ri­a“.

Wäh­rend des „Drit­ten Rei­ches“ nahm er ge­gen den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus Stel­lung. 1933 wies ihn ein Stu­dent der Kunst­ge­schich­te auf Al­fred Ro­sen­bergs „Der My­thus des 20. Jahr­hun­derts“ hin, das welt­an­schau­li­chen Pflicht­schu­lungs­kur­sen zu Grun­de lie­gen soll­te. Neuß in­for­mier­te die Lei­tung des Köl­ner Erz­bis­tums über die dar­in ent­hal­te­nen An­grif­fe. Dort rich­te­te man in Re­ak­ti­on auf die zu­neh­men­de an­ti­kirch­li­che Pro­pa­gan­da die so­ge­nann­te „Ab­wehr­stel­le“ un­ter Dom­vi­kar Jo­seph Teusch ein. Neuß selbst reg­te die Er­stel­lung der „Stu­di­en zum My­thus des 20. Jahr­hun­derts“ an, in de­nen Fach­leu­te der je­wei­li­gen theo­lo­gi­schen und soll­ten deutsch­land­weit die bi­schöf­li­chen Or­di­na­ria­te die Bro­schü­re über­neh­men. Kurz vor dem Druck ent­zog Erz­bi­schof Karl Jo­seph Schul­te der Schrift sei­ne Zu­stim­mung. Neuß wand­te sich ge­mein­sam mit dem Ver­le­ger Franz Carl Ba­chem (1898-1976) an den Bi­schof von Müns­ter, Cle­mens Au­gust Graf von Ga­len (Epis­ko­pat 1933-1946), von dem er am 16.10.1934 die Ein­wil­li­gung und ein Vor­wort er­hielt. Die Stu­di­en ent­fal­te­ten ei­ne sol­che Wir­kung, dass Ro­sen­berg meh­re­re Er­wi­de­run­gen aus na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Per­spek­ti­ve an­reg­te und selbst das Buch „An die Dun­kel­män­ner un­se­rer Zeit" ver­fass­te, wel­ches wie­der­um an­onym be­ant­wor­tet wur­de. Neuß selbst schil­der­te die Er­eig­nis­se in ei­ner 1947 er­schie­ne­nen Bro­schü­re.

Zu­gleich ent­fal­te­te Neuß als Mit­ar­bei­ter der Ab­wehr­stel­le re­ge Ak­ti­vi­tä­ten als Vor­tra­gen­der. Neuß wur­de in der Fol­ge te­le­fo­nisch über­wacht, Kor­re­spon­denz und Vor­trä­ge wur­den be­ob­ach­tet. Um ihn zu schüt­zen wur­de er 1936 zum nicht­re­si­die­ren­den Dom­ka­pi­tu­lar in Köln er­nannt. Wil­helm Neuß wur­de in sei­ner aka­de­mi­schen Tä­tig­keit be­hin­dert, in­dem er et­wa ab den spä­ten 1930er Jah­ren Rei­se­ver­bo­te zu Vor­trags­rei­sen nach Spa­ni­en er­hielt. 1939 kam es in Zu­sam­men­hang mit der Auf­lö­sung des ka­tho­li­schen Aka­de­mi­ker­ver­ban­des zu ei­ner Haus­durch­su­chung. Seit 1936 trat Neuß we­ni­ger öf­fent­lich ge­gen den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus auf, doch blieb er sei­ner Hal­tung treu.

Be­son­ders griff Neuß den ras­sis­ti­schen An­ti­se­mi­tis­mus und das „Ras­sen­prin­zip“ der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten an. In ei­nem Zei­tungs­ar­ti­kel vom 1.6.1933 kri­ti­sier­te er vom staats­bür­ger­li­chen Stand­punkt aus, dass es vie­le ehr­li­che und pa­trio­tisch ge­sinn­te Ju­den gä­be, de­nen man so Un­recht tue. Vom Stand­punkt des ka­tho­li­schen Theo­lo­gen sah Neuß das Sa­kra­ment der Tau­fe in Fra­ge ge­stellt, da die­ses sinn­los sei, wür­de man ge­tauf­te und un­ge­tauf­te Ju­den vom Ras­sen­stand­punkt aus be­trach­ten. Er for­der­te, dass sich die ka­tho­li­schen Chris­ten ge­gen das „Ras­sen­prin­zip“ en­ga­gie­ren soll­ten und wand­te sich da­mit nicht nur die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Ideo­lo­gie, son­dern auch ge­gen die Idee ei­ner „jü­di­schen Erb­schul­d“ in­ner­halb der Kir­che.

Als Kon­se­quenz sei­ner Über­zeu­gun­gen war er An­sprech­part­ner ras­sisch Ver­folg­ter. So gab er et­wa dem Bon­ner Me­diä­vis­ten Wil­helm Le­vi­son bei sei­ner Aus­rei­se im April 1939 nach Ir­land „Ge­leit­schut­z“ nach Köln und bot dem Pries­ter und Kon­ver­ti­ten John Ma­ria Oe­s­ter­rei­cher (1904-1993) Un­ter­schlupf, als die­ser nach dem An­schluss 1938 aus Ös­ter­reich floh. Ei­nen Be­such der Ab­schieds­vor­le­sung des Bon­ner Kunst­his­to­ri­kers Hein­rich Lüt­zeler (1902-1988) im Jah­re 1940, der aus dem Do­zen­ten­kol­le­gi­um ent­las­sen wor­den war, leg­te man ihm als po­li­ti­sche De­mons­tra­ti­on aus. Im Sep­tem­ber 1944 sand­te Neuß ei­nen Ge­heim­be­richt an den Bi­schof von Müns­ter, der die­sen über die De­por­ta­ti­on und Be­hand­lung „ge­misch­ter Nich­ta­rier“ in­for­mier­te. Auf­grund sei­ner per­sön­li­chen Be­kannt­schaf­ten wa­ren ihm die Schick­sa­le nur all­zu be­wusst.

Be­son­de­re Ver­diens­te er­warb sich Neuß wäh­rend des Krie­ges um die Be­stän­de des Köl­ner Diö­ze­san­mu­se­ums, in­dem er durch per­sön­li­chen Ein­satz half, die­se ei­ner­seits vor den al­li­ier­ten Bom­ben­an­grif­fen in Si­cher­heit zu brin­gen und an­de­rer­seits noch 1944 dem Zu­griff Her­mann Gö­rings (1893-1946) zu ent­zie­hen. Nach dem Krieg spiel­te Neuß ei­ne ma­ß­geb­li­che Rol­le bei der Wie­der­er­öff­nung der Bon­ner Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät, war 1945/1946 ihr ers­ter De­kan und saß im Se­nat der Uni­ver­si­tät.  

1947 reis­te Wil­helm Neuß un­ter dem Ein­druck des Mas­sen­mords der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten, der auch sein per­sön­li­ches Um­feld er­reicht hat­te, als ein­zi­ger ka­tho­li­scher Pries­ter aus Deutsch­land in die Schweiz zur An­ti­se­mi­tis­mus-Kon­fe­renz nach See­lis­berg. Auch in der Fol­ge ar­bei­te­te er im Dienst der christ­lich-jü­di­schen Aus­söh­nung. Nach der Neu­grün­dung von Pax Chris­ti 1948 war er der ers­te Vor­sit­zen­de der Bon­ner Orts­grup­pe. Eben­falls 1948 wur­de Neuß Mit­glied des spa­ni­schen „Con­se­jo Su­pe­ri­or de In­ves­ti­ga­cio­nes ci­en­ti­fi­ca“.

Nach sei­ner Eme­ri­tie­rung am 1.4.1949 folg­te ih­m Hu­bert Je­din auf dem Bon­ner Lehr­stuhl nach. 1951 wur­de Neuß Mit­glied der „Re­al Aca­de­mia de las Bel­las Ar­tes“ in Bar­ce­lo­na, 1953 wur­de er mit dem gro­ßen Bun­des­ver­dienst­kreuz aus­ge­zeich­net und zum Prä­la­ten er­nannt.

Am 5.11.1963 hielt Wil­helm Neuß an der Uni­ver­si­tät Bonn ei­ne Lec­tio au­rea über „Die Früh­ge­schich­te des Chris­ten­tums in der Diö­ze­se Köln im Licht der neu­en ar­chäo­lo­gi­schen Fest­stel­lun­g“. Zu die­sem An­lass ver­an­stal­te­ten zahl­rei­che Ak­ti­ve und al­te Her­ren der Unitas Rhen­a­nia ei­nen Fa­ckel­zug vom Haus der Ver­bin­dung bis zum Wohn­haus von Neuß. Zu­letzt er­ar­bei­te­te er mit dem sei­ner­zei­ti­gen Di­rek­tor des Staats­ar­chivs Düs­sel­dorf, Fried­rich Wil­helm Oedi­ger (1907-1993), ei­ne Ge­schich­te des Erz­bis­tums Köln, de­ren ers­ter Band 1964 er­schien. Am 31.12.1965 starb Wil­helm Neuß in­fol­ge ei­nes Un­falls kurz nach Weih­nach­ten. Be­gra­ben wur­de er auf dem Bon­ner Süd­fried­hof.  Wil­helm Neuß hat et­wa 250 wis­sen­schaft­li­che Wer­ke und Bei­trä­ge ver­öf­fent­licht und 25 Dis­ser­ta­tio­nen be­treut. Die Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek Bo­chum er­warb sei­ne 5.800 Bän­de um­fas­sen­de Bi­blio­thek. Der grö­ß­te Teil des Nach­las­ses be­fin­det sich in der Uni­ver­si­täts- und Lan­des­bi­blio­thek Bonn, ein klei­ne­rer Teil im His­to­ri­schen Ar­chiv des Erz­bis­tums Köln. 

Festschriften

Co­lo­nia Sa­cra. Fest­ga­be für Wil­helm Neuß zur Voll­endung sei­nes 65. Le­bens­jah­res dar­ge­bo­ten von Edu­ard He­gel, Köln 1947.
 
Haaß, Ro­bert/Hors­ter, Jo­seph (Hg.), Zur Ge­schich­te und Kunst im Erz­bis­tum Köln. Fest­schrift für Wil­helm Neuß, Düs­sel­dorf 1960.

Werke (Auswahl)

Das Buch Eze­chiel in Theo­lo­gie und Kunst bis zum En­de des 12. Jahr­hun­derts. Mit be­son­de­rer Be­rück­sich­ti­gung der Ge­mäl­de in der Kir­che zu Schwarz­rhein­dorf. Ein Bei­trag zur Ent­wick­lungs­ge­schich­te der Ty­po­lo­gie der christ­li­chen Kunst, Müns­ter 1912.
 
Die ka­ta­la­ni­sche Bi­be­lil­lus­tra­ti­on um die Wen­de des ers­ten Jahr­tau­sends und die alt­spa­ni­sche Buch­ma­le­rei. Ei­ne neue Quel­le zur Ge­schich­te des Aus­le­bens der alt­christ­li­chen Kunst in Spa­ni­en und zur früh­mit­tel­al­ter­li­chen Stil­ge­schich­te, Bonn/Leip­zig 1922.

Die Kunst der al­ten Chris­ten, Augs­burg 1926.

Die Apo­ka­lyp­se des Hl. Jo­han­nes in der alt­spa­ni­schen und alt­christ­li­chen Bi­bel-Il­lus­tra­ti­on, Müns­ter 1931.
 
Ein Pries­ter un­se­rer Zeit. Jo­sef Stof­fels, Weih­bi­schof von Köln 1879–1923. Le­ben und Wir­ken aus Re­den und Schrif­ten, Ein­sie­deln/Walds­hut 1934, 2. Auf­la­ge 1935.
 
Das Pro­blem des Mit­tel­al­ters, Kol­mar 1943, 1958.
 
Die Kir­che des Mit­tel­al­ters, Bonn 1946, durch­ge­se­he­ne und er­gänz­te Neu­aus­ga­be 1950.
 
Kampf ge­gen den My­thus des 20. Jahr­hun­derts. Ein Ge­denk­blatt an Cle­mens Au­gust Kar­di­nal Graf Ga­len, Köln 1947.
 
Die Kir­che der Neu­zeit, Bonn 1954, durch­ge­se­he­ne und er­gänz­te Neu­aus­ga­be 1959.
 
[zu­sam­men mit Fried­rich Wil­helm Oedi­ger], Das Bis­tum Köln von den An­fän­gen bis zum En­de des 12. Jahr­hun­derts, Köln 1964.

Literatur

Ad­riányi, Ga­bri­el, Pro­fes­sor Dr. Wil­helm Neuß (1880-1965). Sein Le­ben und sein Werk. Fest­vor­trag, in: Unitas. Mo­nats­schrift der wis­sen­schaft­li­chen ka­tho­li­schen Stu­den­ten­ver­ei­ne Unitas 121 (1981), S. 6–15.

Baum­gärt­ner, Rai­mund, Welt­an­schau­ungs­kampf im Drit­ten Reich, Mainz 1977.

Bo­ren­gäs­ser, Nor­bert M., Der An­teil von Wil­helm Neuß an der Wie­der­er­öff­nung der Uni­ver­si­tät Bonn, in: Stu­di­en­jahr 2014/15 an der Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Bonn, Bonn 2015, S. 38–46.

Bo­ren­gäs­ser, Nor­bert M., Die Ver­tre­tung der Kir­chen­ge­schich­te in der Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Bonn 1929 bis 1962 bzw. 1965, in: An­na­len des his­to­ri­schen Ver­eins für den Nie­der­rhein 203 (2000), S. 155–181.

Fors­bach, Ralf, Re­pres­si­on und Ideo­lo­gi­sie­rung (1933–1945), in: Ge­ppert, Do­mi­nik (Hg.), Ge­schich­te der Uni­ver­si­tät Bonn, Band 2: For­schung und Leh­re im Wes­ten, Göt­tin­gen 2018, S. 197–292, be­son­ders S. 178–180.

Gatz, Er­win, Die Bon­ner Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­sche Fa­kul­tät im „Drit­ten Reich“ und in der Nach­kriegs­zeit, in: Be­cker, Tho­mas (Hg), Zwi­schen Dik­ta­tur und Neu­be­ginn. Die Uni­ver­si­tät Bonn im Drit­ten Reich und in der Nach­kriegs­zeit, Göt­tin­gen 2008, S. 59–77.

Gatz, Er­win, Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­sche Fa­kul­tät Bonn, in: Burk­hard, Do­mi­nik/Weiß, Wolf­gang (Hg.), Ka­tho­li­sche Theo­lo­gie im Na­tio­nal­so­zia­lis­mus, Band 1: In­sti­tu­tio­nen und Struk­tu­ren, Würz­burg 2007, S. 133–146.

He­gel, Edu­ard, Nach­ruf Wil­helm Neuß, in: His­to­ri­sches Jahr­buch 87 (1967), S. 247–251.

Heid, Ste­fan, Wil­helm Neuß, in: Per­so­nen­le­xi­kon zur christ­li­chen Ar­chäo­lo­gie, Re­gens­burg 2012, S. 960-961.

Höpf­ner, Hans-Paul: Die Uni­ver­si­tät Bonn im Drit­ten Reich, Bonn 1999, be­son­ders S. 188–190.

Müns­ter, Key­wan Klaus, „Kö­nig oder Pri­vat­man­n“. Das kirch­li­che Lehr­amt und die Ein­rich­tung der „Ab­wehr­stel­le ge­gen die an­ti­christ­li­che Pro­pa­gan­da“ in Köln, in: Ge­schich­te in Köln 64 (2017), S. 214–240.

Mu­schi­ol, Gi­se­la/Wen­ner, Jen­ni­fer/Il­le­mann, Re­gi­na, Die Ka­tho­lisch-Theo­lo­gi­sche Fa­kul­tät, in: Be­cker, Tho­mas/Ro­sin, Phi­lip (Hg.), Ge­schich­te der Uni­ver­si­tät Bonn, Band 3: Die Buch­wis­sen­schaf­ten, Göt­tin­gen 2018, S. 15–104, be­son­ders S. 73–87.

Scheid­gen, Her­mann-Jo­sef, Wil­helm Neuß in der Aus­ein­an­der­set­zung mit Ro­sen­bergs „My­thus des 20. Jahr­hun­derts“, in: Gie­se­king, Erik/Gü­ckel, Ire­ne/Scheid­gen, Her­mann-Jo­sef/Tig­ge­mann, An­selm (Hg.), Zum Ideo­lo­gie­pro­blem in der Ge­schich­te. Her­bert Hö­mig zum 65. Ge­burts­tag, Lauf an der Peg­nitz 2006, S. 367-386.

Vincke, Jo­han­nes, Wil­helm Neuß und die An­fän­ge der „Spa­ni­schen For­schun­gen“, in: Spa­ni­sche For­schun­gen der Gör­res­ge­sell­schaft, Ers­te Rei­he: Ge­sam­mel­te Auf­sät­ze zur Kul­tur­ge­schich­te Spa­ni­ens, Band 18, Müns­ter 1961, S. 325–345.

Vincke, Jo­han­nes, Wil­helm Neuß zum Ge­dächt­nis, in: Spa­ni­sche For­schun­gen der Gör­res­ge­sell­schaft, Ers­te Rei­he: Ge­sam­mel­te Auf­sät­ze zur Kul­tur­ge­schich­te Spa­ni­ens, Band 23, Müns­ter 1967, S. 381-382. 

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Köhler, Markus, Wilhelm Neuß, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/wilhelm-neuss/DE-2086/lido/5df20a4f7a1ee7.86885232 (abgerufen am 16.04.2024)