Beschreibung

Der Lagerarbeiter Christian Kämmerling aus Boppard (geboren am 15.5.1906) war bis 1932 Mitglied der KPD, trat jedoch kurz vor der Machtergreifung aus. Er war wegen der für KPD-Aktivisten üblichen Vergehen vorbestraft (Waffenbesitz, Hausfriedensbruch, Körperverletzung). Am Samstag, den 21.1.1942, begab sich Kämmerling in das Deutsche Haus in Boppard, wo er mit Kameraden zuviel Wein trank. Anschließend kehrte er bei einem Kameraden zur Johannisbeerweinverkostung ein und ging dann angetrunken in die Gaststätte "Zur Stadt Köln" wo er weiter Wein zu sich nahm. In dieser Gaststätte saßen auch SA-Leute, u.a. der SA-Obersturmführer und Blutordensträger Emil Faetsch aus Boppard und der SA-Rottenführer Schäfer, der ebenfalls bis 1932 der KPD angehörte und nach der Machtergreifung 1933 dann zur SA übergetreten war. Schäfer war ehemals ein politischer Freund Kämmerlings, so dass Kämmerling mit einem Zechbruder an den SA-Tisch trat. Kämmerlings Zechbruder sagte zu Faetsch, dass sein Sohn auch Sturmführer sei, was ihn mit Stolz erfülle. Daraufhin meinte Kämmerling, dass er seinem Sohn den Hals abschneiden würde, wenn dieser mit SA-Uniform kommen würde. Faetsch stellte Kämmerling daraufhin zur Rede, ob er wirklich einem SA-Sturmführer den Hals abschneiden wolle, und Kämmerling antwortete mit einem lauten "Ja". Daraufhin gab Faetsch dem Kämmerling mehrere Ohrfeigen und SA-Rottenführer Schäfer führte ihn aus der Gaststätte. Kaum war Schäfer wieder im Raum, eilte Kämmerling auf Faetsch zu und versuchte ihn an den Schulterriemen auf den Boden zu werfen, was ihm jedoch nicht gelang. Kämmerling wurde von der Polizei abgeführt. Dabei sagte er einem Zeugen, dass Schäfer früher sein Freund gewesen sei, dies jetzt jedoch nicht mehr der Fall sei, denn Schäfer hätte bei der Machtübernahme die rote Fahne verbrannt. Beim Verfahren vor dem Sondergericht Koblenz gestand Kämmerling sein Vergehen. Er wurde unter Berücksichtigung seines angetrunkenen Zustandes und vor dem Hintergrund seiner Reue am 12.3.1943 zu sieben Monaten Haft verurteilt - unter Anrechnung der Untersuchungshaftzeit. Außerdem durfte Faetsch im Nationalblatt auf Kosten von Kämmerling eine Anzeige schalten mit dem Inhalt: "Der Lagerarbeiter Christian Kämmerling aus Boppard ist durch Urteil des Sondergerichts Koblenz-Trier am 12.3.1943 wegen Verächtlichmachung der SA und Beleidigung des Obersturmführers Faetsch aus Boppard kostenfällig zu einer Gefängnisstrafe von sieben Monaten verurteilt worden."

Quellen

LHAK 584,1 Nr. 511

Sicherheit: belegt