Beschreibung

"Der Buchhalter Josef Schmelzer (geboren am 11.02.1903 in Aachen) kritisierte 1941 mehrfach öffentlich die politische Lage. Im Büro seiner Arbeitsstelle, der Firma Kinting, diskutierte er mit Kollegen über die Kräfteverhältnisse der deutschen Wehrmacht und der englischen Armee. Unter anderem mutmaßte er, dass das deutschen Militär gegen England keine Chance hätte, da der Krieg auf dem Meer entschieden würde. Zudem glaubte er den Meldungen des Oberkommandos der Wehrmacht nicht, dass bei Bombardierungen industrieller Komplexe im Reich weder militärisch noch wehrwirtschaftlich Schaden entstanden sei. Darüber hinaus, so Schmelzer, sei ""die Kriegspropaganda des Balkanfeldzuges, die in Rundfunk und Presse von Misshandlungen Deutscher in Jugoslawien berichtete, genauso Produkt Göbbels' reger Phantasie, wie die des polnischen Feldzuges"". Es würden Gründe erfunden, um die Überfälle auf andere Länder zu rechtfertigen. Er glaube auch dem Rechenschaftsbericht des Führers, sowie den darin angegebenen Verlustzahlen nicht. Bei einer Unterhaltung über die Kriegsgründe äußerte Schmelzer die Einschätzung, dass Deutschland mindestens 50 Prozent der Schuld am Krieg trage. Zudem sollten die jungen Mädchen im Büro, mit deren Arbeit er nicht zufrieden war, besser zu Hause bleiben und sich weiter bilden, anstelle die Heimabende zu besuchen. ""Hitler und das Dritte Reich zögen sich da eine nette Jugend gross; wenn er Kinder hätte, würde er sie nicht in die HJ schicken.“" Das Sondergericht konstatierte nach den Verhören: ""Der Angeklagte ist geständiger Natur, er nimmt Meldungen nicht ohne weiteres als richtig hin. Er sei kritisch, aber nicht staatsfeindlich eingestellt"". Das Sondergericht Aachen verurteilte Schmelzer am 4.9.1941 zu fünf Monaten Haft. "

Quellen

LAV NRW R, Gerichte Rep. 113, Nr. 55

Sicherheit: belegt