Sigibert von Köln

Frankenkönig (circa 460-508)

Jennifer Striewski (Bonn)

Sigibert von Köln, Skulptur am Kölner Rathausturm, Bildhauer: Ernst Robert Wyrobeck, 1991. (Stadtkonservator Köln)

Si­gi­bert war ein in Köln re­si­die­ren­der frän­ki­scher Klein­kö­nig. Im Kampf mit den Ale­man­nen bei Zül­pich 496/ 497 ver­wun­det und seit­dem hin­kend, er­hielt er ­den Bei­na­men „der Lah­me". Nach der sa­gen­haf­ten Über­lie­fe­rung bei Gre­gor von Tours (538-594) stif­te­te der sal­frän­ki­sche Kö­nig Chlod­wig (466-511) Si­gi­berts Sohn zum Va­ter­mord an und ließ die­sen an­schlie­ßend eben­falls um­brin­gen, um sich selbst zum Kö­nig der Rhein­fran­ken zu er­he­ben. 

Mit dem Zu­ge des Hun­nen­herr­schers At­ti­la (ge­stor­ben 453) und dem Tod des rö­mi­schen Heer­meis­ters Ae­ti­us (390-454) so­wie Kai­ser Va­len­ti­ni­ans III. (Re­gie­rungs­zeit 425-455) ging die Rö­mer­herr­schaft in Gal­li­en und am Rhein zu En­de. 

Die Wir­ren um die rö­mi­sche Thron­fol­ge nut­zen die Rhein­fran­ken, die bis­her als Fö­de­ra­ten Roms rechts des Rheins ge­sie­delt hat­ten, um in der Ge­gend des Mit­tel­rheins auf links­rhei­ni­sches Ge­biet über­zu­wech­seln. Nach­dem frän­ki­sche Grup­pen be­reits 274 und 355 die rö­mi­sche Ci­vi­tas Köln ge­plün­dert und ge­brand­schatzt hat­ten, ge­lang es ih­nen um 455 end­gül­tig, die Stadt und ihr Um­land ein­zu­neh­men. Zu­dem fie­len ih­nen Mainz und klei­ne­re nörd­li­che Städ­te in die Hän­de; ver­ein­zelt un­ter­nah­men sie so­gar Vor­stö­ße bis nach Trier. 

Si­gi­bert von Köln war der ers­te na­ment­lich be­kann­te Kö­nig der ri­pua­ri­schen Fran­ken, an de­ren Spit­ze er ver­mut­lich seit 480 stand. Sein Re­gie­rungs­sitz be­fand sich in Köln, wo er den ehe­ma­li­gen rö­mi­schen Statt­hal­ter­pa­last (Prä­to­ri­um) als Re­si­denz nutz­te. Über sei­ne Her­kunft ist nur we­nig be­kannt, nach den Be­rich­ten Gre­gor von Tours war er je­doch ein Vet­ter Chlod­wigs und ge­hör­te da­her eben­so wie die­ser zum Ge­schlecht der Me­ro­win­ger

Sein Herr­schafts­ge­biet um­fass­te wahr­schein­lich die eins­ti­gen rö­mi­schen Stütz­punk­te im Rhein­del­ta, Nim­we­gen, Xan­ten, Köln, Mainz, das Maas­ge­biet von Nas­so­gne bis Maas­tricht, so­wie das Mo­sel­tal von Toul bis Ko­blenz. Zu­dem grenz­te Si­gi­berts Herr­schaft am obe­ren Mit­tel­rhein di­rekt an das Ge­biet der Ale­man­nen. Da­mit reich­te sie im Sü­den über die al­ten Gren­zen der Köl­ner Ci­vi­tas hin­aus. 

Der Sal­fran­ke Chlod­wig hat­te be­reits kurz nach sei­nem Re­gie­rungs­an­tritt im Jahr 482 da­mit be­gon­nen, sei­ne me­ro­win­gi­sche Fa­mi­lie sys­te­ma­tisch zu eli­mi­nie­ren, um auch de­ren Herr­schaf­ten zu über­neh­men. Durch den Sieg über den aus ei­ner rö­mi­schen Fa­mi­lie stam­men­den Syag­ri­us (ge­stor­ben 486) im Jah­re 486 und die Ein­ver­lei­bung der letz­ten gal­lo-rö­mi­schen En­kla­ve in Gal­li­en in sein ei­ge­nes Herr­schafts­ge­biet, konn­te er die von sei­nem Va­ter Chil­de­rich (ge­stor­ben 482) über­nom­me­ne Macht­stel­lung in Nord­gal­li­en er­heb­lich aus­bau­en. Mit dem Un­ter­gang des Syag­ri­us­rei­ches hat­te sich auch das Mäch­te­gleich­ge­wicht zwi­schen den zahl­rei­chen frän­ki­schen Klein­kö­ni­gen, zu de­nen ne­ben Si­gi­bert von Köln auch Rag­nachar von Cam­brai und Cha­ra­rich zähl­ten, emp­find­lich zu Chlod­wigs Guns­ten ver­scho­ben. Auf die­ser Grund­la­ge be­gann Chlod­wig sei­ne me­ro­win­gi­schen Ver­wand­ten aus­zu­schal­ten und zu be­sei­ti­gen. Si­gi­bert von Köln kämpf­te zu­sam­men mit sei­nem mäch­ti­gen Vet­ter Chlod­wig in der be­rühm­ten Schlacht ge­gen die Ale­man­nen, die wahr­schein­lich um das Jahr 496 bei Zül­pich statt­fand, da sein Reich di­rekt an das Land der Ale­man­nen grenz­te und mehr­fach von die­sen be­droht wor­den war. Die Nä­he zum Ge­biet der Ale­man­nen hat­te mehr­fach zu Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen Si­gi­bert und den Ale­man­nen ge­führt, mög­li­cher­wei­se kann der Köl­ner Fran­ken­kö­nig da­her so­gar als de­ren Haupt­kon­tra­hent an­ge­se­hen wer­den. Ver­mut­lich war er es auch, der Chlod­wig ge­gen die von der Ei­fel her­an­zie­hen­den Ale­man­nen zu Hil­fe rief. Durch die Schlacht von Zül­pich wur­den die Ex­pan­si­ons­be­stre­bun­gen der Ale­man­nen ent­schei­dend ge­schwächt, je­doch stärk­te der Sieg Chlod­wigs Po­si­ti­on bei den Rhein­fran­ken er­heb­lich. Wäh­rend der Schlacht wur­de Si­gi­bert am Knie ver­letzt und trug seit­her den Bei­na­men „der Lah­me" oder „der Hin­ken­de".

Im Jahr 507 stand Si­gi­berts Sohn Chlo­de­rich (ge­stor­ben 508) an der Sei­te Chlod­wigs. Die Schlacht von Vouil­lié bei Poi­tiers fand im Spät­som­mer 507 zwi­schen den Fran­ken un­ter Chlod­wig und den West­go­ten un­ter Ala­rich II. (ge­stor­ben 507) statt. Den Fran­ken ge­lang es, die West­go­ten ent­schei­dend zu schla­gen und end­gül­tig aus Gal­li­en ab­zu­drän­gen. 

Spä­tes­tens nach den Sie­gen über die Ale­man­nen und West­go­ten war Chlod­wig der mäch­tigs­te frän­ki­sche Teil­kö­nig. Wie Gre­gor von Tours be­rich­tet, be­schloss Chlod­wig nach der Schlacht von Vouil­lié auch das Teil­kö­nig­tum des Si­gi­bert von Köln zu be­sei­ti­gen. Da­her ent­sand­te er von Pa­ris aus heim­lich Bo­ten zu Si­gi­berts Sohn Chlo­de­rich und er­mu­tig­te die­sen, sei­nen Va­ter zu tö­ten und so die Herr­schafts­nach­fol­ge zu be­schleu­ni­gen. 

Si­gi­berts Sohn ließ sich vom sal­frän­ki­schen Herr­scher tat­säch­lich an­sta­cheln und plan­te die Er­mor­dung sei­nes Va­ters. Als Si­gi­bert auf die Jagd ging und sich zur Mit­tags­zeit in ei­nem Zelt zur Ru­he be­ge­ben hat­te, wur­de er durch Män­ner be­sei­tigt, die sein Sohn an­ge­heu­ert hat­te. So­fort schick­te Chlo­de­rich ei­nen Ku­rier zu Chlod­wig, der die voll­brach­te Tat ver­kün­den soll­te. Au­ßer­dem bot ihm Chlo­de­rich ei­nen Teil der ri­pua­ri­schen Schät­ze für die Un­ter­stüt­zung bei der Er­mor­dung sei­nes Va­ters. 

Chlod­wig, der die Herr­schaft in Köln an sich rei­ßen woll­te, sand­te 508 er­neut Bo­ten zu Chlo­de­rich, die den neu­en ri­pua­ri­schen Kö­nig mit ei­ner Axt er­schlu­gen, als sich die­ser ge­ra­de über ei­ne der Schatz­tru­hen beug­te, um mit sei­nem Reich­tum zu prah­len. Als Chlod­wig ei­ni­ge Ta­ge spä­ter per­sön­lich nach Köln kam, wies er jeg­li­che Be­tei­li­gung an den bei­den Mor­den zu­rück, bot den Rhein­fran­ken je­doch sei­ne Un­ter­stüt­zung und sei­nen Schutz an. Dar­auf­hin er­ho­ben die ri­pua­ri­schen Fran­ken Chlod­wig durch Schil­der­he­bung zu ih­rem neu­en Kö­nig, wo­mit das En­de des Köl­ner Klein­kö­nig­reichs be­sie­gelt war. Die Stadt ver­lor ih­re Funk­ti­on als stän­di­ger Kö­nigs­sitz. Sie be­saß zwar wei­ter­hin den Sta­tus ei­ner Re­si­denz, be­fand sich im ge­samt­frän­ki­schen Reich je­doch fort­an in ei­ner geo­gra­phi­schen Rand- und Grenz­la­ge. 

Si­gi­bert von Köln hat­te es ver­stan­den, in den Wir­ren des 5. Jahr­hun­derts ei­ne ver­gleichs­wei­se sta­bi­le Herr­schaft zu er­rich­ten. Spä­tes­tens seit der Schlacht von Zül­pich zeig­te sich je­doch auch sei­ne mi­li­tä­ri­sche Ab­hän­gig­keit von Chlod­wig, der sei­nen Ein­fluss auf die ri­pua­ri­schen Fran­ken kon­ti­nu­ier­lich aus­bau­en konn­te. Über ei­nen Zeit­raum von fast 30 Jah­ren re­gie­rend, fiel Si­gi­bert schlie­ß­lich den blu­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen in­ner­halb der me­ro­win­gi­schen Kö­nigs­sip­pe zum Op­fer. Ins­be­son­de­re die Um­stän­de sei­nes To­des, ei­nes Meu­chel­mor­des wäh­rend ei­nes Jagd­aus­flu­ges, las­sen ver­mu­ten, dass Tei­le sei­ner Bio­gra­phie in die Sa­ge des Dra­chen­tö­ter­s Sieg­fried von Xan­ten ein­ge­flos­sen sind. 

Quellen

Gre­gor von Tours, De­cem li­bri his­to­riar­um (MGH, Scrip­to­res rer­um Mero­vin­gi­car­um 1,2), hg. von Wil­helm Arndt und Bru­no Krusch, Han­no­ver 1885.

Literatur

Ewig, Eu­gen, Die Me­ro­win­ger und das Fran­ken­reich, Stutt­gart 2006.
Mar­tin, Jo­chen, Spät­an­ti­ke und Völ­ker­wan­de­rung, Mün­chen 2001.
Pohl, Wal­ter, Die Völ­ker­wan­de­rung, Stutt­gart/ Ber­lin/ Köln 2005.
Ro­sen, Klaus, Die Völ­ker­wan­de­rung, Mün­chen 2002.
Steu­er, Hei­ko, Die Fran­ken in Köln, Köln 1980.

 
Zitationshinweis

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Striewski, Jennifer, Sigibert von Köln, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/sigibert-von-koeln/DE-2086/lido/57c950780fcdd4.07810535 (abgerufen am 19.04.2024)