Nordrhein-Westfalen-Stiftung (Hg.), Schloss Drachenburg. Historistische Burgenromantik am Rhein, Berlin/München 2010

288 S., ISBN 978-3-422-02241-6, 28,90 Euro

Jennifer Striewski (Bonn)

Hoch über dem Rhein un­ter­halb der Rui­ne der Burg Dra­chen­fels (Stadt Kö­nigs­win­ter) ge­le­gen, ist Schloss Dra­chen­burg ein her­aus­ra­gen­des Bei­spiel his­to­ris­ti­scher Bur­gen­ro­man­tik. Ste­phan von Sar­ter, ein Bon­ner Gast­wirts­sohn, der durch­ Bör­sen­spe­ku­la­tio­nen beim Bau des Su­ez­ka­nals zu Reich­tum ge­kom­men war, ließ das Schloss am an­geb­li­chen Aus­tra­gungs­ort von Sieg­frieds Kampf mit dem Dra­chen ab 1882 von den Düs­sel­dor­fer Ar­chi­tek­ten Ber­nard Tüs­haus und Leo von Ab­be­ma er­rich­ten. 1885 war das Schloss weit­ge­hend fer­tig ge­stellt, sein Er­bau­er hat es je­doch wohl nie be­wohnt. Die Dra­chen­burg stand früh im In­ter­es­se der Öf­fent­lich­keit und wur­de be­reits kurz nach Sar­ters Tod (1902) tou­ris­tisch er­schlos­sen. Noch heu­te ge­hört sie zu den be­lieb­tes­ten Aus­flugs­zie­len im Rhein­tal.

Wech­seln­de Be­sit­zer und Nut­zun­gen so­wie die Aus­wir­kun­gen des Krie­ges hat­ten da­zu ge­führt, dass Schloss Dra­chen­burg En­de der 1980er Jah­re vom Ver­fall be­droht war. 1989 er­warb die NRW-Stif­tung das seit 1986 un­ter Denk­mal­schutz ste­hen­de Schloss samt Ne­ben­ge­bäu­den und um­lie­gen­dem Park. In­ner­halb von rund 20 Jah­ren wur­den die his­to­ri­sche Ar­chi­tek­tur, die In­nen­aus­stat­tung und der Park fach­ge­recht re­stau­riert be­zie­hungs­wei­se re­kon­stru­iert. Das zum Mu­se­um um­ge­bau­te „Mär­chen­schlos­s“ wur­de im Ju­li 2010 der Öf­fent­lich­keit über­ge­ben.

Im vor­lie­gen­den Band wer­den erst­mals die Er­geb­nis­se der über 20 Jah­re dau­ern­den Er­for­schung und Re­stau­rie­rung der Schloss­an­la­ge und des Parks prä­sen­tiert. Zahl­rei­che dar­an be­tei­lig­te Wis­sen­schaft­ler ge­ben, un­ter­stützt durch his­to­ri­sches Bild­ma­te­ri­al und her­vor­ra­gen­de Farb­ab­bil­dun­gen, aus dem Blick­win­kel ih­rer je­wei­li­gen Fach­rich­tung Aus­kunft über ih­re Ar­beit. In 22 Ein­zel­bei­trä­gen wer­den Schloss Dra­chen­burg als Ge­samt­kunst­werk, die Ge­schich­te des Schlos­ses so­wie die Re­stau­rie­rungs­maß­nah­men vor­ge­stellt.

El­mar Scheu­ren be­schäf­tigt sich ein­lei­tend mit der Ent­ste­hung des „My­thos Dra­chen­fel­s“, des­sen Re­zep­ti­on in Kunst und Li­te­ra­tur so­wie sei­ner po­li­ti­schen und kom­mer­zi­el­le Nut­zung, wäh­rend Ste­fan Weiss dem bis­her we­nig be­kann­ten Le­ben des Er­bau­ers des Schlos­ses, Ste­phan von Sar­ter, nach­geht.

Fünf Bei­trä­ge sind der Dra­chen­burg als Ge­samt­kunst­werk ge­wid­met: Gerd Berm­bach und Ul­rich Schä­fer un­ter­su­chen die Ge­stal­tung des Land­schafts­parks wie der ein­zel­nen Ge­bäu­de und bie­ten In­for­ma­tio­nen zu den bau­li­chen De­tails, den Kunst­wer­ken wie den Gar­ten­an­la­gen. An­ge­li­ka Schy­ma be­schäf­tigt sich mit den zahl­rei­chen Skulp­tu­ren am Au­ßen­bau des Schlos­ses. Ei­nen aus­führ­li­chen Ein­blick in das Ge­mäl­de­pro­gramm, die In­nen­aus­stat­tung um die Jahr­hun­dert­wen­de und nach der Re­stau­rie­rung so­wie ei­ne kur­ze Vor­stel­lung der ver­schie­de­nen Ar­chi­tek­ten bie­tet Tan­ja Wag­ner in zwei Bei­trä­gen.

Die wech­seln­de Nut­zung des Schlos­ses wird in vier Ar­ti­keln dar­ge­stellt: Wal­bur­ga Schul­te Wien un­ter­sucht die tou­ris­ti­sche Nut­zung der Dra­chen­burg durch die Sar­ter nach­fol­gen­den Be­sit­zer Ja­cob Hu­bert Biesen­bach und Eg­bert von Si­mon so­wie die Zeit als Ge­ne­sungs­heim, Mar­tin Rüt­her die Nut­zung als In­ter­nat 1930-1945 und Thors­ten Schulz die Un­ter­brin­gung der Reichs- be­zie­hungs­wei­se Bun­des­bahn­schu­le in den his­to­ris­ti­schen Ge­bäu­den von 1947-1960.

Ne­ben ei­ner all­ge­mei­nen Er­läu­te­rung des His­to­ris­mus als Bau- und Kunst­stil und ei­ner Be­schrei­bung der ers­ten Re­stau­rie­rungs­tä­tig­kei­ten in den 1970er Jah­ren durch Paul Spi­nat, bie­ten ins­be­son­de­re vier Auf­sät­ze zu Be­stands­auf­nah­me, Pla­nung und Pra­xis der Re­stau­rie­rungs­tä­tig­kei­ten mit zahl­rei­chen Farb­ab­bil­dun­gen der Bau­tä­tig­kei­ten und Plä­nen der Be­schä­di­gun­gen ei­ne in­for­ma­ti­ve Über­sicht über den Zu­stand des Schlos­ses vor, wäh­rend und nach der Re­kon­struk­ti­on. Die denk­mal­pfle­ge­ri­schen Ziel­vor­stel­lun­gen zur Wie­der­her­rich­tung von Schloss, Vor­burg und Park er­läu­tert Udo Main­zer, wäh­rend Hel­ga Sto­ve­rock auf den Er­werb, die Fi­nan­zie­rung und die ge­plan­te Nut­zung der Dra­chen­burg ein­geht. Tan­ja Wag­ner be­fasst sich mit den Rück­käu­fen ehe­ma­li­ger Tei­le der Aus­stat­tung.

Der Band schlie­ßt mit zwei Bei­trä­gen zur NRW-Stif­tung. Zahl­rei­che Skiz­zen, Nut­zungs- und Bau­plä­ne ver­voll­stän­di­gen das In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot des nicht zu­letzt durch Qua­li­tät und Um­fang sei­ner Ab­bil­dun­gen für Fach­leu­te wie in­ter­es­sier­te Le­ser und Schloss­be­su­cher at­trak­ti­ven Ban­des über das pro­mi­nen­te Grün­der­zeit­schlos­ses im Sie­ben­ge­bir­ge.

Zitationshinweis

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Striewski, Jennifer, Nordrhein-Westfalen-Stiftung (Hg.), Schloss Drachenburg. Historistische Burgenromantik am Rhein, Berlin/München 2010, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Verzeichnisse/Literaturschau/nordrhein-westfalen-stiftung-hg.-schloss-drachenburg.-historistische-burgenromantik-am-rhein-berlinmuenchen-2010/DE-2086/lido/57d26570766ff0.29228909 (abgerufen am 28.03.2024)