Reichsherrschaft Dyck

Schloss Dyck in Jüchen, Ansicht über den Schlossteich, 2012. (Klaus Littmann / CC BY-SA 3.0)

En­de des 11. Jahr­hun­derts wer­den die Her­ren von Dyck zum ers­ten Mal ge­nannt. Sie be­geg­nen uns zu­meist als Ge­folgs­leu­te der Köl­ner Erz­bi­schö­fe, und sind Be­sit­zer der gleich­na­mi­gen Burg und Herr­schaft, die wohl Be­stand­teil ei­nes grö­ße­ren Ter­ri­to­ri­ums ge­we­sen ist, zu dem ur­sprüng­lich auch Lied­berg (Stadt Kor­schen­broich) ge­hört hat­te.

1364 war Kon­rad von Dyck im Be­sitz von Burg, Land und Herr­schaft Dyck mit der ho­hen und nie­de­ren Ge­richts­bar­keit als gel­dri­schem Le­hen und dem gräf­li­chen Ge­richt als köl­ni­schem Le­hen. Nach dem Tod sei­nes Soh­nes Ger­hard fiel die Herr­schaft 1394 an Jo­hann von Reif­fer­scheidt, der mit ei­ner Toch­ter Kon­rads ver­hei­ra­tet war. 1401 grün­de­te er das in der Nä­he sei­ner Burg ge­le­ge­ne Män­ner­klos­ter St. Ni­ko­laus für An­ge­hö­ri­ge des drit­ten fran­zis­ka­ni­schen Or­dens. Die Klos­ter­kir­che dien­te ab En­de des 15. Jahr­hun­derts als Grab­le­ge der Fa­mi­lie. Jo­hanns äl­tes­ter Sohn Jo­hann II. (ge­stor­ben 1475) er­lang­te 1445 durch Hei­rat die na­he Bonn ge­le­ge­ne kur­k­öl­ni­sche Un­ter­herr­schaft Alf­ter (Rhein-Sieg-Kreis) und das da­mit ver­bun­de­ne Erb­mar­schall­s­amt des Erz­stifts Köln. Zehn Jah­re spä­ter wur­de ihm auf­grund ei­nes Ur­teils des Her­zogs von Bur­gund die Graf­schaft Alt- oder Nie­der­salm in den Ar­den­nen (heu­te in der bel­gi­schen Pro­vinz Lu­xem­burg) über­tra­gen. Von nun an führ­te sei­ne Fa­mi­lie den Graf­en­ti­tel. Ab 1628 hie­ßen sie Alt­gra­fen.

 Zur ca. 9 Qua­drat­ki­lo­me­ter gro­ßen Herr­schaft zähl­ten das im 13. Jahr­hun­dert er­wor­be­ne Pfarr­dorf Bed­bur­dyck, Damm, Al­den­ho­ven und Schlich (heu­te al­le Ge­mein­de Jü­chen), das Pfarr­dorf Hem­mer­den (Stadt Gre­ven­broich) und seit 1400 ein Teil von Schel­sen (Stadt Mön­chen­glad­bach). 1578 ge­lang­te die kur­k­öl­ni­sche Un­ter­herr­schaft Ha­cken­broich (Stadt Dor­ma­gen) zu­sätz­lich in den Be­sitz der Gra­fen von Salm-Reif­fer­scheid zu Dyck.

Un­ter Jo­hann V. (1513-1559) fass­te die Re­for­ma­ti­on in der Herr­schaft Dyck Fuß. Um 1543 wies er die Pfar­rer von Bed­bur­dyck und Hem­mer­den an, sich nach der lu­the­ri­schen Leh­re zu rich­ten. Jo­hanns Wit­we, die aus Thü­rin­gen stam­men­de Eli­sa­beth von Hen­ne­berg-Schleu­sin­gen (1517-1577), über­nahm 1559 die Re­gent­schaft für ih­ren Sohn Wer­ner (1545-1629) und wand­te sich schlie­ß­lich dem Cal­vi­nis­mus zu. Ihr Hof­pre­di­ger Tho­mas Mer­kel­bach (um 1536/1537-1587), wel­cher der Re­for­ma­ti­on Ein­gang in die Herr­schaft ver­schaff­te, über­nahm zeit­wei­se die Pfarr­stel­len in Bed­bur­dyck und Hem­mer­den, Um 1574 mach­te er Haus Neu­en­ho­ven, das an die Herr­schaft grenz­te und ein gel­dri­sches Le­hen war, zum Mit­tel­punkt der Re­for­mier­ten. Neu­en­ho­ven be­saß die ad­li­ge Fa­mi­lie Hundt. Sie ver­füg­te über ein Ka­pel­le, de­ren Geist­li­che sie un­ein­ge­schränkt be­ru­fen konn­te. Wer­ner von Salm-Reif­fer­scheidt-Dyck war ka­tho­lisch er­zo­gen wor­den und schloss sich dem re­for­mier­ten Be­kennt­nis nicht an. Als Par­tei­gän­ger und Söld­ner­füh­rer des Köl­ner Kur­fürs­ten Ernst von Bay­ern wur­de sei­ne Herr­schaft wäh­rend des Köl­ni­schen Kriegs (1583-1590) stark in Mit­lei­den­schaft ge­zo­gen. Wer­ner ließ Mer­kel­bach ge­wäh­ren, da er für ihn ei­ne Art „Statt­halt­er­funk­ti­on" aus­üb­te (E. Krum­me). Wer­ners En­kel Graf Ernst Sa­len­tin (1621-1684) for­der­te auf­grund des West­fä­li­schen Frie­dens sei­ne Un­ter­ta­nen 1650 auf, wie­der ka­tho­lisch zu wer­den oder Dyck zu ver­las­sen. Un­ter ihm wur­de in den Jah­ren von 1656 bis 1667 die Dy­cker Burg­an­la­ge zu ei­nem Ba­rock­schloss um­ge­baut. Die Herr­schaft Dyck war „ein Wild­wuchs auf dem Bo­den" des Deut­schen Reichs (J. Bre­mer). Sei­ne Be­sit­zer leis­te­ten we­der ei­nen Le­hen­seid ge­gen­über dem Kai­ser, noch zahl­ten sie Reichs­steu­ern. An­ders als bei der ihr ge­hö­ren­den Graf­schaft Reif­fer­scheid, für die der Köl­ner Kur­fürst die Reichs­steu­ern ent­rich­te­te, lehn­ten sie es ab, dies auch für Dyck zu tun. Im 17. Jahr­hun­dert stell­te Ernst Sa­len­tin von Salm-Reif­fer­scheidt ei­nen An­trag, in den Nie­der­rhei­nisch-West­fä­li­schen Reichs­kreis auf­ge­nom­men zu wer­den. Doch schei­ter­te dies Un­ter­fan­gen an der Un­ei­nig­keit der Fa­mi­lie. 1732 wur­de die Herr­schaft in die Reichs­ma­tri­kel ein­ge­schrie­ben. Doch zahl­te sie auch wei­ter­hin kei­ne Steu­ern und Bei­trä­ge. 1794 ließ Graf Jo­seph von Salm-Reif­fer­scheidt-Dyck (1773-1861) er­klä­ren, kei­nem Reichs­kreis an­zu­ge­hö­ren. Doch wa­ren die Gra­fen ab dem 16. Jahr­hun­dert am Wie­ner Hof ver­tre­ten. Durch den Frie­dens­ver­trag von Lun­é­vil­le 1801 fiel Dyck an Frank­reich. Als Ent­schä­di­gung er­hielt Jo­seph ei­ne „im­mer­wäh­ren­de Ren­te" von 28.000 Gul­den auf die Stadt Frank­furt a.M. 1816 wur­de er durch Kö­nig Fried­rich Wil­helm III. von Preu­ßen in den Fürs­ten­stand er­ho­ben.

Literatur

All­mang, Ge­org, Ge­schich­te des ehe­ma­li­gen Re­gul­ar­te­ria­rier­klos­ters St. Ni­ko­laus, Es­sen 1911.
Bre­mer, Ja­kob, Die reichs­un­mit­tel­ba­re Herr­schaft Dyck der Gra­fen, jet­zi­gen Fürs­ten von Salm-Reif­fer­scheid, Gre­ven­broich 1959.
Fa­bri­ci­us, Wil­helm, Er­läu­te­run­gen zum Ge­schicht­li­chen At­las der Rhein­pro­vinz, Band 2: Die Kar­te von 1789, Bonn 1898, Nach­druck 1965, S. 496-498.
Kirch­hoff, Hans Ge­org, Hei­matchro­nik des Krei­ses Gre­ven­broich, Köln 1971.
Krum­me, Ek­ke­hard, Tho­mas Mer­kel­bach als Re­for­ma­tor der Reichs­herr­schaft Dyck, in: Mo­nats­hef­te für evan­ge­li­sche Kir­chen­ge­schich­te des Rhein­lan­des 44 (1995), S. 95-116.

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Reichsherrschaft Dyck (gelb umrandet), Ausschnitt aus der Karte 'Territorien im Rheinland 1789', Bonn 2010. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 
Zitationshinweis

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Löhr, Wolfgang, Reichsherrschaft Dyck, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/reichsherrschaft-dyck/DE-2086/lido/57d117b11b2ce7.62645709 (abgerufen am 19.03.2024)