Derick Baegert

Maler (um 1440-nach 1502)

Ulrike Wolff-Thomsen (Kiel)

DE-2086, LVR_ILR_0000147606.

De­rick Ba­e­gert war als Vor­stand ei­ner um­fang­rei­chen Werk­statt ei­ner der be­deu­tends­ten Ma­ler des nie­der­rhei­nisch-west­fä­li­schen Raums im letz­ten Drit­tel des 15. Jahr­hun­derts.

De­rick Ba­e­gert wur­de um 1440 in We­sel ge­bo­ren. Sei­ne El­tern wa­ren be­reits als Ma­ler tä­tig: Sein Va­ter Jo­hann Ba­e­gert (ge­stor­ben um 1477) wur­de in ei­ner Rech­nung der Stadt We­sel er­wähnt, sei­ne Mut­ter Nees­ken von Birt ar­bei­te­te zwi­schen 1464 und 1477 mehr­fach als Fass­ma­le­rin für die We­seler Haupt­kir­che St. Wil­li­bror­di. De­rick Ba­e­gert wie­der­um und sein Sohn, der Ma­ler Jan Ba­e­gert, sind in den Stadt­rech­nun­gen von We­sel, den Kir­chen­rech­nun­gen der Kalka­rer Pfar­re St. Ni­ko­lai und in den Rech­nun­gen der Kalka­rer An­nen­bru­der­schaft zwi­schen 1476 und 1502 nach­weis­bar. Auf­grund ei­ner Fehl­in­ter­pre­ta­ti­on ist ein gro­ßer Werk­an­teil Ba­e­gerts in der äl­te­ren For­schung noch mit den Na­men „Vic­tor und Hein­rich Du­en­we­ge" in Ver­bin­dung ge­bracht wor­den.

Zu Ba­e­gerts Haupt­werk zählt das zwi­schen 1470 und 1476 ge­schaf­fe­ne Al­tar­re­ta­bel in der ehe­ma­li­gen Dort­mun­der Do­mi­ni­ka­ner­klos­ter­kir­che, der heu­ti­gen Propstei­kir­che. Des­sen sti­lis­ti­sche Nä­he zur nord­nie­der­län­di­schen Buch- und Ta­fel­ma­le­rei lässt ver­mu­ten, dass Ba­e­gert zeit­wei­se in ei­ner oder meh­re­ren Ut­rech­ter Werk­stät­ten tä­tig war. An­re­gun­gen er­hielt er von dort be­züg­lich ei­nes ho­hen Mo­tiv­reich­tums und For­men­schat­zes. Ver­mut­lich auf­grund der ver­än­der­ten po­li­ti­schen La­ge in Ut­recht um 1470 könn­te er sich zur Über­sied­lung nach We­sel ent­schlos­sen ha­ben. We­sel be­saß als wich­ti­ger Han­dels- und Um­schlag­platz für das Rhein­land, West­fa­len und den ge­sam­ten Han­se­raum ei­ne gro­ße Be­deu­tung, die die Grün­dung ei­ner neu­en Werk­statt für Ba­e­gert sinn­voll ge­macht ha­ben könn­te.

DE-2086, LVR_ILR_0000147888.

 

Trotz ei­nes sich über die Mit­tel­ta­fel und die Sei­ten­flü­gel er­stre­cken­den ein­heit­li­chen Land­schafts­grun­des mit sehr ho­her Ho­ri­zont­li­nie neh­men im Dort­mun­der Al­tar­re­ta­bel die Sze­nen kei­nen di­rek­ten in­halt­li­chen oder for­ma­len Be­zug zu­ein­an­der. Be­stim­mend ist ein Fi­gu­ren­reich­tum, mit dem auf dem lin­ken In­nen­flü­gel die „Hei­li­ge Sip­pe", auf der Mit­tel­ta­fel ei­ne viel­sze­ni­ge „Kreu­zi­gung Chris­ti" und auf dem rech­ten In­nen­flü­gel die „An­be­tung der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge" vi­sua­li­siert wer­den

Ba­e­gerts Ide­en­fin­dung steht un­ter dem Ein­fluss der be­deu­ten­den alt­nie­der­län­di­schen Ma­le­rei. Die Bild­fi­gu­ren, die re­la­tiv sta­tua­risch agie­ren, sind noch nicht über­zeu­gend in den Land­schafts­raum in­te­griert. Das kräf­ti­ge Ko­lo­rit bleibt sehr ein­heit­lich auf die Haupt­far­ben Rot und Grün kon­zen­triert. Über die un­ter­schied­lichs­ten Phy­sio­gno­mi­en be­son­ders der Män­ner ge­lingt es Ba­e­gert, ei­ne ho­he Le­ben­dig­keit zu er­zie­len. In­te­griert ist auch ein Por­trait des Stif­ters und Pri­ors des Dort­mun­der Kon­vents, Jo­hann von As­se­len, der ver­mut­lich eben­so für das Pro­gramm der Au­ßen­sei­te mit den vier Or­dens­hei­li­gen zu­sam­men mit Chris­tus Sal­va­tor und drei Al­tar­pa­tro­nen ver­ant­wort­lich zeich­net. Die neue­re For­schung sucht zu be­wei­sen, dass Her­zog Jo­hann I. von Kle­ve mit dem Al­tar­re­ta­bel ei­ne Bild-Me­mo­ria für die kle­visch-mär­ki­sche Dy­nas­tie ge­stif­tet ha­be. Ver­mut­lich hat Ba­e­gert ein Selbst­bild­nis in die Er­zähl­hand­lung ein­ge­fügt – es dürf­te sich da­bei um das frü­hes­te Künst­ler­por­trait in der nord­west­deut­schen Ta­fel­ma­le­rei han­deln. Auch in spä­te­ren Ta­fel­bil­dern scheint er sein Bild­nis gleich ei­ner Si­gna­tur ein­ge­setzt zu ha­ben.

1477 wird der Ma­ler mit ei­nem nicht mehr er­hal­te­nen Al­tar­re­ta­bel für die We­seler Ma­then­a­kir­che be­auf­tragt. Um 1484/1492 schuf er für die Kalka­rer An­nen­bru­der­schaft das St. An­nen-Al­tar­re­ta­bel „Die Hei­li­ge Sip­pe" (ehe­mals St. Ni­co­lai, Kal­kar, heu­te im Ko­nin­k­li­jk Mu­se­um voor Scho­ne Kuns­ten Ant­wer­pen). Im glei­chen Zeit­raum wird zu­dem die ein­zig von ihm si­gnier­te Ta­fel „Lu­kas malt die Ma­don­na" ge­schaf­fen wor­den sein, die ur­sprüng­lich den Mit­tel­teil ei­nes Tri­pty­chons bil­de­te. Der­sel­ben Werk­pha­se sind die Al­tar­bil­der „Ge­burt Chris­ti" und „Kreu­zi­gung Chris­ti" so­wie die dop­pel­sei­tig be­mal­ten Ta­feln „Ge­bet am Öl­berg"/Kreuz­tra­gung und Gei­ße­lung"/"Be­wei­nung" (al­le LWL-Lan­des­mu­se­um für Kunst und Kul­tur­ge­schich­te, Müns­ter) zu­ge­hö­rig. Auf 1493 da­tiert sein Auf­trag, die We­seler Ge­richt­s­ta­fel „Ei­des­lei­tung" (Städ­ti­sches Mu­se­um We­sel - Ga­le­rie im Cen­trum) zu ma­len.

Als sei­ne letz­te Ar­beit wird das Hoch­al­tar­re­ta­bel für die Kölner St. Lau­renz­kir­che in An­spruch ge­nom­men, des­sen Ta­feln heu­te in Mün­chen (Al­te Pi­na­ko­thek), Brüs­sel (Mu­sées royaux des Beaux-Arts de Bel­gi­que), Brüg­ge und Nürn­berg auf­be­wahrt wer­den.

Ge­ra­de die Ein­fü­gung zeit­ge­nös­si­scher Por­traits in das chris­to­lo­gi­sche Bild­pro­gramm so­wie die to­po­gra­phisch ge­naue Wie­der­ga­be von rea­len Ge­bäu­den er­hö­hen das Se­h­er­leb­nis und den Nach­voll­zug des Heils­ge­sche­hens für den Be­trach­ter. Ba­e­gerts Stil, der in der wei­te­ren Nach­fol­ge der alt­nie­der­län­di­schen Ma­ler Ro­bert Cam­pin (1375-1444), Ro­ger van der Wey­den (1399/1400-1464) und De­rick Bouts (1410/1420-1475) steht, wird durch ein zu­nächst sehr kom­pak­tes, li­ne­ar flä­chi­ges Fi­gu­ren­ge­fü­ge vor weit­räu­mi­ger Land­schaft be­stimmt. Freu­de am rei­chen, schmü­cken­den De­tail und ei­ne aus­ge­zeich­ne­te Wie­der­ga­be von un­ter­schied­lichs­ten Ma­te­ria­li­en sind wei­te­re Cha­rak­te­ris­ti­ka.

Literatur

Bax­hen­rich-Hart­mann, Eli­sa­beth-Ma­ria, Der Hoch­al­tar des De­rick Ba­e­gert in der Propstei­kir­che zu Dort­mund, Dort­mund 1984.
Jás­zai, Ge­za, Ba­e­gert, De­rick, in: All­ge­mei­nes Künst­ler­le­xi­kon, Band 6, 1992, S. 232-233.
Rin­ke, Wolf­gang, Me­mo­ria im Bild. Das Al­tar-Re­ta­bel des De­rick Ba­e­gert aus We­sel in der Propstei­kir­che zu Dort­mund, Bie­le­feld 2004.
Zum­kley, Bea­te, Das We­seler Ge­richts­bild „Die Ei­des­leis­tung" von De­rick Ba­e­gert. Quel­len­ge­schicht­li­che und tech­no­lo­gi­sche Stu­die zu ei­nem Ge­mäl­de des 15. Jahr­hun­derts, Köln 1988.

Online

Fritz, Rolf, Ar­ti­kel „Ba­e­gert, De­rick", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 1 (1953), S. 517-518. [On­line]

DE-2086, LVR_ILR_0000147606.

 
Zitationshinweis

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Wolff-Thomsen, Ulrike, Derick Baegert, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/derick-baegert/DE-2086/lido/57c5720a1cfc46.06203433 (abgerufen am 19.03.2024)