Johann Gebhard von Mansfeld

Erzbischof und Kurfürst von Köln (1558-1562)

Martin Bock (Frechen)
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Jo­hann Geb­hard von Mans­feld ge­hört zu den skan­dal­träch­ti­ge­ren Köl­ner Erz­bi­schö­fen. Ob­wohl er per­sön­lich fest im ka­tho­li­schen Glau­ben ver­an­kert war, litt sein Ruf an sei­nem nicht im­mer tu­gend­haf­ten und un­geist­li­chen Le­bens­wan­del so­wie sei­ner no­to­ri­schen Fi­nanz­knapp­heit. Bei­na­he er­leich­tert schie­nen da­her das Dom­ka­pi­tel und die rö­mi­sche Ku­rie, als er nach nur vier­jäh­ri­gem Epis­ko­pat starb.

Wel­che Grün­de das Dom­ka­pi­tel zur Wahl Jo­hann Geb­hards be­wo­gen ha­ben mö­gen, ist un­klar und für den über­wie­gen­den Teil der For­schung auch un­ver­ständ­lich. Er wur­de zwi­schen 1522 und 1525 als Sohn des Gra­fen Ernst II. von Mans­feld (1479-1531) und sei­ner zwei­ten Ehe­frau Do­ro­thea von Solms (1493-1578) ge­bo­ren. Ins­ge­samt hat­te er 21 Ge­schwis­ter, ei­ne auch für den früh­neu­zeit­li­chen Adel un­ge­wöhn­lich ho­he Zahl von Kin­dern, die al­le ver­sorgt sein woll­ten. Durch zahl­rei­che Erb­tei­lun­gen war das Mans­fel­der Land be­reits er­heb­lich ge­schwächt – al­lei­ne sechs von Jo­hann Geb­hards Brü­dern be­grün­de­ten neue Sei­ten­li­ni­en. Schon seit dem 15. Jahr­hun­dert nicht mehr reichs­un­mit­tel­bar, galt die Fa­mi­lie ge­mein­hin als ver­armt und mit­tel­los. Ei­ni­ge Li­ni­en hat­ten sich schon früh der Re­for­ma­ti­on an­ge­schlos­sen, an­de­re, vor al­lem die in kai­ser­li­chem Mi­li­tär­dienst ste­hen­den, blie­ben ka­tho­lisch. In­so­fern hat­te es Jo­hann Geb­hard noch gut ge­trof­fen, wenn er 1538 ein recht ein­kömm­li­ches Ka­no­ni­kat am Köl­ner Dom er­wer­ben konn­te und da­ne­ben noch die Propstei­en des Köl­ner Ge­org­stifts so­wie des Maas­trich­ter Ser­va­ti­us­stift. 1541 kam er in das Köl­ner Dom­ka­pi­tel. Er pro­fi­tier­te von den per­so­nel­len Um­wäl­zun­gen in­fol­ge der Ab­lö­sung Erz­bi­schof Her­manns V. von Wied und er­lang­te im Jahr 1547 die Chor­bi­schofs­stel­le und ein Jahr spä­ter das Sub­de­ka­nat des Köl­ner Dom­ka­pi­tels.

Trotz die­ser Pfrün­den blieb sei­ne fi­nan­zi­el­le La­ge an­ge­spannt, zu­mal er viel Geld beim Glücks­spiel ver­lor und ger­ne üp­pi­ge Trink­ge­la­ge ver­an­stal­te­te. Au­ßer­dem un­ter­hielt er ei­ne in der Köl­ner Öf­fent­lich­keit be­kann­te Lie­bes­be­zie­hung zur bür­ger­li­chen Trin­gin Jas­bach, die er auch nach sei­ner Wahl zum Erz­bi­schof am 26.7.1558 nicht be­en­de­te. Ob die Mehr­heits­ver­hält­nis­se im Dom­ka­pi­tel zu sei­nen Guns­ten tat­säch­lich sehr knapp wa­ren, wie der für man­che Über­trei­bung be­kann­te kai­ser­li­che Ab­ge­sand­te Jo­hann Ul­rich Zasi­us (1521-1570) be­haup­te­te, oder doch deut­li­cher aus­fie­len, wie Jo­hann Geb­hard selbst an Kai­ser Fer­di­nand I. (Re­gie­rungs­zeit 1531-1564) schrieb, ist un­klar. Al­ler­dings brach der ehe­ma­li­ge Dom­herr, lang­jäh­ri­ge erz­bi­schöf­li­che Be­ra­ter und de­si­gnier­te Kar­di­nal Jo­han­nes Grop­per bald nach der Wahl nach Rom auf. Of­fi­zi­ell um sei­nen Kar­di­nals­hut in Emp­fang zu neh­men, wo­ge­gen er sich lan­ge ge­sträubt hat­te, nutz­te Grop­per in Wahr­heit die Ge­le­gen­heit, um, er­bost über die un­wür­di­ge Ent­schei­dung des Dom­ka­pi­tels, Jo­hann Geb­hards apos­to­li­sche Be­stä­ti­gung zu ver­ei­teln. Die­se er­folg­te tat­säch­lich erst am 31.1.1560, nach­dem so­wohl Grop­per als auch Papst Paul IV. (Pon­ti­fi­kat 1555-1559) ver­stor­ben wa­ren und mit Pi­us IV. (Pon­ti­fi­kat 1559-1565) ein we­ni­ger ri­go­ro­ser Pon­ti­fex den Papst­thron be­stie­gen hat­te. Erst da­nach konn­te Jo­hann Geb­hard end­lich auch die welt­li­chen Re­ga­li­en sei­ner Kur­wür­de er­hal­ten, auf die er mehr als zwei Jah­re hat­te war­ten müs­sen.

Die sich dar­aus er­ge­ben­den Ein­künf­te brauch­te er drin­gend. Ob­wohl er nach sei­ner Wahl dem in der Fra­ge sei­ner fi­nan­zi­el­len Spiel­räu­me doch skep­ti­schen Dom­ka­pi­tel in ei­ner be­son­de­ren Ver­ein­ba­rung zu­si­chern muss­te, die Schul­den sei­ner Vor­gän­ger zu be­glei­chen, hat­te er nur noch mehr Kre­di­te und die­se bei teil­wei­se we­nig gut be­leu­mun­de­ten Gläu­bi­gern auf­ge­nom­men. Mit den Land­stän­den ver­han­del­te er des­halb aus­nahms­los über Steu­ern und Ab­ga­ben. An ei­ne nur mit­tel­fris­tig ge­ord­ne­te Fi­nanz­pla­nung war nicht zu den­ken, die erz­bi­schöf­li­che Ver­wal­tung be­schränk­te sich auf das Stop­fen aku­ter Haus­halts­lö­cher von Fall zu Fall. Be­zeich­nend da­für, wie sehr die­se pe­ku­niä­ren Eng­päs­se sei­nem An­se­hen scha­de­ten, ist die Ab­leh­nung des Dom­ka­pi­tels ei­nes So­fort­kre­di­tes in Hö­he von 8.000 Gul­den. Die­se Sum­me hat­ten Jo­hann Geb­hards Rä­te beim Frank­fur­ter Kur­fürs­ten­tag 1562 schlicht­weg aus der Reichs­kas­se ent­wen­det, um da­mit ei­ne kurz­fris­tig fäl­lig wer­den­de Zah­lung vor­neh­men zu kön­nen. Dem Ar­gu­ment, die Re­pu­ta­ti­on des ei­ge­nen Erz­bi­schofs und Lan­des­herrn mit ei­nem Dar­le­hen ret­ten zu kön­nen, ent­geg­ne­te das Dom­ka­pi­tel, dass die­sel­be doch wohl zu sehr be­schä­digt sei, um sie mit 8.000 Gul­den wie­der­her­stel­len zu kön­nen.

Hin­ter die­ser pau­scha­len Ver­ur­tei­lung ver­blasst al­ler­dings ei­ne durch­aus vor­han­de­ne Ziel­stre­big­keit und Stand­haf­tig­keit in Jo­hann Geb­hards Han­deln und Über­zeu­gun­gen. Im­mer­hin konn­te er zwar das Schul­den­pro­blem sei­nes Erz­stif­tes nicht in den Griff be­kom­men, weil ihm die Mit­tel fehl­ten, die ho­hen Las­ten rühr­ten je­doch vor al­lem aus den Zei­ten sei­ner Vor­gän­ger. Und so ver­such­te er we­nigs­tens im Ord­nungs­po­li­ti­schen et­was zu be­we­gen, oh­ne sich von ei­ner ein­deu­tig ka­tho­li­schen Po­si­ti­on zu ent­fer­nen. Da­für spre­chen so­wohl sein star­kes En­ga­ge­ment für die wei­te­re Zu­ge­hö­rig­keit des Bis­tums Ut­recht zur Köl­ner Kir­chen­pro­vinz, das al­ler­dings im Zu­ge der Neu­ord­nung der Bis­tums­or­ga­ni­sa­ti­on in den Spa­ni­schen Nie­der­lan­den den­noch 1559 dort her­aus­ge­löst und zum Erz­bis­tum er­ho­ben wur­de, als auch sein dif­fe­ren­zier­tes Ab­wä­gen bei der Wahl Ma­xi­mi­li­ans II. (Re­gie­rungs­zeit 1562-1576) zum rö­mi­schen Kö­nig, des­sen Ka­tho­li­zi­tät vie­len Reichs­fürs­ten frag­wür­dig er­schien. Jo­hann Geb­hard ent­schied sich für ei­ne re­al­po­li­ti­sche Hal­tung, wohl wis­send, dass ei­ne Ab­leh­nung des habs­bur­gi­schen Kan­di­da­ten ein­zig den pro­tes­tan­ti­schen Kräf­ten im Reich ge­nutzt hät­te.

Be­reits vor sei­ner Wahl zum Erz­bi­schof hat­te er sich für ein mas­si­ves Vor­ge­hen ge­gen die Pro­tes­tan­ten in der Stadt Köln aus­ge­spro­chen. Ei­ne sei­ner ers­ten Amts­hand­lun­gen war der Er­lass ei­ner neu­en Ho­f­ord­nung im Jahr 1558, die un­ter an­de­rem dem ge­sam­ten Hof­staat die täg­li­che Teil­nah­me an Mes­sen und Pre­dig­ten vor­schrieb. Zu­sam­men mit der aus dem Jahr 1559 stam­men­den Berg­ord­nung und ei­ner Be­stands­auf­nah­me des Ge­richts­we­sens bil­det Jo­hann Geb­hards Ho­f­ord­nung ei­nen tie­fe­ren Vor­stoß in Rich­tung mo­der­ner Staat­lich­keit, als die meis­ten sei­ner Nach­fol­ger zu wa­gen be­reit wa­ren.

Früch­te tru­gen die­se po­li­ti­schen Im­pul­se al­ler­dings nicht. Ge­ra­de das Dom­ka­pi­tel, das oh­ne­hin we­nig von ihm hielt, sah sich in der Ho­f­ord­nung mit ei­ner Be­schnei­dung sei­ner Mit­spra­che­rech­te bei wich­ti­gen Per­so­nal­ent­schei­dun­gen wie dem Of­fi­zialat oder dem Ge­ne­ral­vi­ka­ri­at kon­fron­tiert und kämpf­te des­we­gen ve­he­ment da­ge­gen. Ob­wohl er Erz­bi­schof Adolfs III. Vor­bild auf­griff und zu ei­ni­gen Zu­sam­men­künf­ten des Diö­ze­san­k­le­rus ein­lud, stell­ten sei­ne Geld­for­de­run­gen auch dort je­des in­halt­li­che Be­mü­hen in den Schat­ten. In der Stadt Köln agi­tier­ten vor al­lem Je­sui­ten­pa­tres ge­gen die Be­zie­hung zu sei­ner Kon­ku­bi­ne, und mit dem Ar­gu­ment, die Da­me dro­he durch ih­re lu­xu­riö­sen Klei­der und ihr Vor­fah­ren im ei­ge­nen Wa­gen die Gat­tin­nen der Rats­her­ren zu über­trump­fen, zo­gen sie auch die Stadt­vä­ter auf ih­re Sei­te.

Am En­de war Jo­hann Geb­hard nach al­len Rich­tun­gen iso­liert. Ein­zig der Kai­ser­hof zeig­te noch mä­ßi­ges In­ter­es­se, als die Kö­nigs­wahl Ma­xi­mi­li­ans II. im Herbst 1562 an­stand, wäh­rend sich der Ge­sund­heits­zu­stand des Köl­ner Erz­bi­schofs er­heb­lich ver­schlech­ter­te. Ein kai­ser­li­cher Arzt wur­de nach Brühl ge­schickt, konn­te je­doch nicht mehr hel­fen, wor­auf­hin die in Frank­furt ver­sam­mel­ten Kur­fürs­ten ih­re Wahl ver­scho­ben, bis mit Fried­rich IV. von Wied ein neu­er Erz­bi­schof ge­wählt war. Jo­hann Geb­hard starb am 2.11.1562. Die Ärz­te, die sich um das Le­ben des Kran­ken be­müht hat­ten, konn­ten eben­so we­nig be­zahlt wer­den wie die Un­ter­kunft für sei­ne ans Ster­be­la­ger ge­reis­te Mut­ter. Er wur­de oh­ne je­den Auf­wand und oh­ne ein Grab­mal zu er­hal­ten im Köl­ner Dom zwi­schen sei­nen bei­den Vor­gän­gern bei­ge­setzt und ge­riet bald in Ver­ges­sen­heit.

Literatur (Auswahl)

Bos­bach, Franz, Mans­feld, Jo­hann Geb­hard Graf von (+ 1562), in: Gatz, Er­win (Hg.), Die Bi­schö­fe des Hei­li­gen Rö­mi­schen Rei­ches 1448 bis 1648, Ber­lin 1996, S. 456-457.
Jan­kow­ski, Gün­ter, Mans­feld: Ge­biet, Ge­schlecht, Ge­schich­te. Zur Fa­mi­li­en­ge­schich­te der Gra­fen von Mans­feld, Trier 2005.
Krum­haar, Karl, Die Gra­fen von Mans­feld und ih­re Be­sit­zun­gen, Eis­le­ben 1872.
Mo­li­tor, Hans­ge­org, Das Erz­bis­tum Köln im Zeit­al­ter der Glau­bens­kämp­fe 1515-1688 (Ge­schich­te des Erz­bis­tums Köln 3), Köln 2008, S. 177-186.
Wolf, Gus­tav, Aus Kur­k­öln im 16. Jahr­hun­dert, Ber­lin 1905.

 
Zitationshinweis

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Bock, Martin, Johann Gebhard von Mansfeld, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-gebhard-von-mansfeld/DE-2086/lido/57c92e28020d95.15751217 (abgerufen am 19.03.2024)