Karl von Trier

16. Hochmeister des Deutschen Ordens (1311-1324)

Udo Arnold (Bonn)
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Karl von Trier, Hoch­meis­ter des Deut­schen Or­dens von 1311 bis 1324, stand am Wen­de­punkt der Or­dens­po­li­tik in Preu­ßen, die von ei­ner re­gio­na­len Aus­rich­tung zur Zen­tra­li­sie­rung des ge­sam­ten Or­dens auf ein au­to­no­mes Ter­ri­to­ri­um füh­ren soll­te. Er ver­such­te es mit di­plo­ma­ti­schen Mit­teln, nicht mit Zwang, auch wenn ihm da­mit nur teil­wei­se Er­folg be­schie­den war.

Karl ist nach sei­nem Her­kunfts­ort Trier be­nannt. Über Kind­heit und Ju­gend ist fast nichts be­kannt: Wahr­schein­lich stamm­te er aus der Trie­rer Fa­mi­lie von Oe­ren und wur­de ver­mut­lich um 1265 ge­bo­ren. 1291 ist er erst­mals nach­weis­bar als Kom­tur von Be­au­voir in der Graf­schaft Cham­pa­gne. 1296 lei­te­te er be­reits die Bal­lei­en Frank­reich und Loth­rin­gen, die er bis 1311 ver­wal­te­te. Ob er mit dem nur für 1304 in Ve­ne­dig ge­nann­ten Gro­ß­kom­tur, al­so Stell­ver­tre­ter des Hoch­meis­ters, iden­tisch ist, bleibt of­fen. Er nahm be­reits 1303 am Ge­ne­ral­ka­pi­tel des Or­dens in Elbing teil, das Hoch­meis­ter Gott­fried von Ho­hen­lo­he (Amts­zeit 1297-1303) ab­setz­te und Sieg­fried von Feucht­wan­gen (Amts­zeit 1303-1311) zu des­sen Nach­fol­ger wähl­te. Sieg­fried ver­leg­te 1309 den Hoch­meis­ter­sitz von Ve­ne­dig auf die Ma­ri­en­burg. Karl von Trier war ab 1311 sein un­mit­tel­ba­rer Nach­fol­ger.

Als Hoch­meis­ter erb­te er et­li­che Hy­po­the­ken sei­nes Vor­gän­gers. Das war zum ei­nen der Krieg ge­gen die heid­ni­schen Li­tau­er, der sich - letzt­lich oh­ne we­sent­li­chen Er­folg - bis zum En­de des 14. Jahr­hun­derts hin­zog. Karl hat sich in­ten­siv ein­ge­bracht, auch wenn ihm mi­li­tä­ri­sche Er­fah­rung fehl­te. Das war zum zwei­ten die Geg­ner­schaft zum Erz­bi­schof von Ri­ga, der vom Sitz der Ku­rie in Avi­gnon ge­gen den Or­den ar­bei­te­te. Schlie­ß­lich die Feind­schaft Po­lens, die durch die sei­tens des Or­dens er­folg­te Er­obe­rung des auch von Her­zog Wla­dys­law Lo­kie­tek (1260-1333) be­an­spruch­ten Pom­me­rel­len - des Ge­bie­tes west­lich der Weich­sel mit Dan­zig als Haupt­ort - ent­stan­den war. Karl war be­müht, sich auf die­sen Fel­dern po­li­tisch, in der Rol­le ei­nes Ver­mitt­lers, durch­zu­set­zen. Al­ler­dings wur­de der Kampf ge­gen die Li­tau­er im Sin­ne der Stif­tungs­auf­ga­be des Rit­ter­or­dens mit mi­li­tä­ri­schen Mit­teln ge­führt bis hin zum Bur­gen­bau an der Me­mel. Den Streit mit Ri­ga ver­moch­te er erst spä­ter durch ei­nen Auf­ent­halt an der Ku­rie in Avi­gnon zu ent­schär­fen. Mit Po­len ver­such­te er we­gen Pom­me­rel­lens ei­ne ver­trag­li­che Lö­sung, wie sie auch mit Glo­gau, Bran­den­burg und Rü­gen hin­sicht­lich de­ren An­sprü­chen un­ter Zu­stim­mung des Deut­schen Rei­ches von Sei­ten Kai­ser Hein­richs VII. (Re­gie­rungs­zeit 1312-1313) zu­stan­de kam. Die auf Aus­gleich und Kom­pro­miss be­grün­de­te Ein­stel­lung Karls zur Pom­me­rel­len­fra­ge hat­te in­ner­halb des Lan­des teil­wei­se Er­folg. Er kam zu ei­nem Aus­gleich mit den Zis­ter­zi­en­sern in Pel­plin, we­ni­ger er­folg­reich hin­ge­gen war er in Oli­va.

Welt­li­che Herr­schafts­kom­ple­xe, vor al­lem des mäch­ti­gen Adels­ge­schlechts der Swen­zo­nen, konn­ten dem Or­den un­ter­stellt wer­den. Der Aus­gleichs­ver­such mit Po­len stieß je­doch im preu­ßi­schen Or­dens­zweig auf Ab­leh­nung. Et­li­che Ge­bie­ti­ger woll­ten das Pro­blem of­fen­bar mit Waf­fen­ge­walt lö­sen, ganz im Sin­ne der Er­obe­rungs­pha­se 1308/1309.

Be­reits zu An­fang von Karls Re­gie­rungs­zeit kam es zu hef­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die höchs­ten Äm­ter im Or­den, des Gro­ß­kom­turs, des Mar­schalls und des Spitt­lers, die sich nicht dau­er­haft bei­le­gen lie­ßen. Die sach­li­chen Dif­fe­ren­zen we­gen Karls Pom­me­rel­len­po­li­tik wie auch die Per­so­nal­que­re­len führ­ten 1317 schlie­ß­lich zur Ab­set­zung des Hoch­meis­ters. Das er­reg­te al­ler­dings er­heb­li­ches Auf­se­hen im Reich wie auch an der Ku­rie. In­ner­halb des deut­schen Or­dens­zwei­ges hat­te Karl von Trier wei­ter­hin ent­schei­den­den Rück­halt. Ein Ge­ne­ral­ka­pi­tel in Er­furt in An­we­sen­heit et­li­cher preu­ßi­scher Ge­bie­ti­ger setz­te ihn er­neut als Hoch­meis­ter ein.

Nach Preu­ßen ist Karl je­doch nicht mehr ge­zo­gen. Dort re­si­dier­te als wie­der ein­ge­setz­ter Gro­ß­kom­tur sein Ver­trau­ter und Nach­fol­ger Wer­ner von Or­seln (Amts­zeit 1324-1330), wäh­rend er sel­ber wohl noch 1318 an die Ku­rie in Avi­gnon zog. Dort wirk­te er vor al­lem in der ri­gi­schen Fra­ge zu­guns­ten des Or­dens. Der Or­dens­chro­nist Pe­ter von Dus­burg preist ihn ein Jahr­zehnt spä­ter: "Er blieb mit vie­len Brü­dern ein Jahr lang an der rö­mi­schen Ku­rie und rich­te­te vie­le schwie­ri­ge Ge­schäf­te des Or­dens aus. Die fran­zö­si­sche Spra­che be­herrsch­te er wie sei­ne ei­ge­ne; oh­ne Dol­met­scher sprach er vor Papst und Kar­di­nä­len. Er war so lie­bens­wür­dig und re­de­ge­wandt, dass selbst sei­ne Fein­de ihn ger­ne hör­ten."

Auch wenn hier si­cher pa­ne­gy­ri­sche Zü­ge vor­han­den sind, so war doch sein Auf­ent­halt an der Ku­rie durch­aus er­folg­reich. Ein wich­ti­ges Mo­ment des Ver­trau­ens sei­tens des Paps­tes Jo­han­nes XXIII. (Pon­ti­fi­kat 1316-1334) zeigt sich in der Er­nen­nung von Or­dens­kon­ser­va­to­ren, Erz­bi­schö­fen und Bi­schö­fen für fast al­le nicht­preu­ßi­schen Or­dens­nie­der­las­sun­gen; da­von mach­te der Or­den in der Fol­ge­zeit im­mer wie­der in lo­ka­len Aus­ein­an­der­set­zun­gen Ge­brauch.

Karl kam krank aus Avi­gnon zu­rück und blieb in sei­ner Hei­mat­stadt Trier. Dort starb er am 10. oder 12.2.1324 und wur­de in der Or­den­s­ka­pel­le bei­ge­setzt.

"Als ers­ter Hoch­meis­ter nach der Ver­le­gung des Haupt­hau­ses ins Or­dens­land stand er an der Wen­de zu ei­ner neu­en Ent­wick­lung. Sein Auf­stieg hat­te sich noch au­ßer­halb Preu­ßens voll­zo­gen, und sei­nen Rück­halt be­saß er mehr beim Ge­samt­or­den als im preu­ßi­schen Or­dens­zweig. Die Quel­len be­rich­ten von sei­ner Lie­bens­wür­dig­keit, von sei­ner geis­ti­gen und sprach­li­chen Be­ga­bung. Deut­lich sind sein di­plo­ma­ti­sches Ge­schick und die Fä­hig­keit zu ver­mit­teln. Ah­nen lässt sich sein Wil­le, den Or­den zu füh­ren. Spür­bar sind die Au­to­ri­tät, die er bei ei­ner Mehr­heit der Or­dens­brü­der, und das An­se­hen, das er au­ßer­halb des Or­dens ge­noss. Ge­schei­tert ist er in den Tur­bu­len­zen im Or­dens­land, die er als Frem­der nicht zu durch­steu­ern ver­moch­te." (Klaus Con­rad).

Literatur

Con­rad, Klaus, Karl von Trier, in: Ar­nold, Udo (Hg.), Die Hoch­meis­ter des Deut­schen Or­dens 1190-1994, Mar­burg 1998, S. 56-60.
Nieß, Ul­rich, Hoch­meis­ter Karl von Trier (1311-1324). Sta­tio­nen ei­ner Kar­rie­re im Deut­schen Or­den, Mar­burg 1992.
Oels­nitz, A[lex­an­der] B[ern­hard] E[rnst] von der, Her­kunft und Wap­pen der Hoch­meis­ter des Deut­schen Or­dens 1190-1525, Kö­nigs­berg 1926, S. 61-62.
Schmidt, Rü­di­ger, Die Deut­schor­dens­kom­men­den Trier und Be­ckin­gen 1242-1794, Mar­burg 1979, S. 281-288.

Online

Forstreu­ter, Kurt, "Karl von Trier", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 11 (1977), S. 245-246. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Arnold, Udo, Karl von Trier, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/karl-von-trier/DE-2086/lido/57c932c82b5560.25377776 (abgerufen am 19.04.2024)