Höfisches Leben am Mittelrhein unter Clemens Wenzeslaus von Sachsen (1739-1812), Kurfürst und Erzbischof von Trier (1768-1803)

Achim Krümmel (Mayen)

Clemens Wenzeslaus von Sachsen, Gemälde von Heinrich Foelix (1757-1821), um 1776, Original in der Domschatzkammer Essen.

1. Einleitung

Mit der Per­son von Cle­mens Wen­zes­laus s­ind der letz­te Glanz des Ab­so­lu­tis­mus und ba­ro­cke Pracht­ent­fal­tung, aber auch das En­de de­s Kur­staa­tes un­d Erz­bis­tums Trier ­ver­bun­den, des­sen Un­ter­gang 1794 durch die In­va­si­on fran­zö­si­scher Be­sat­zungs­trup­pen und die Um­set­zung der Zie­le der fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on be­sie­gelt wer­den soll­te.

Ob­wohl ei­gent­lich die Stadt Trier Haupt­sitz des Kur­staa­tes war, fand Cle­mens Wen­zes­laus wäh­rend sei­ner ge­sam­ten Re­gie­rungs­tä­tig­keit nur drei­mal den Weg dort­hin. Statt­des­sen fa­vo­ri­sier­te er seit sei­nem Re­gie­rungs­an­tritt 1768 in un­gleich grö­ße­rer und ge­ra­de­zu ver­schwen­de­ri­scher Wei­se die Stadt Ko­blenz als sei­nen Re­si­denz­ort. Hier und in der un­mit­tel­ba­ren Um­ge­bung hielt er sich am liebs­ten auf: zu­nächst in der Phil­ipps­bur­g ­un­ter­halb von Eh­ren­breit­stein (heu­te Stadt Ko­blenz), spä­ter in dem von ihm neu er­bau­ten Schloss in Ko­blenz, au­ßer­dem zu Land­par­ti­en und für Ver­gnü­gun­gen in den na­he ge­le­ge­nen Schlös­sern Schön­borns­lust und Kär­lich (heu­te Mül­heim-Kär­lich). Sei­ne Wert­schät­zung ge­gen­über Ko­blenz drückt sich auch in sei­nen In­itia­ti­ven zu um­fang­rei­chen bau­li­chen Maß­nah­men aus. Ne­ben dem Pracht­bau des neu­en Schlos­ses sei un­ter an­de­rem be­son­ders auf die Neu­an­la­ge von Stra­ßen und Ge­bäu­den im Zu­ge der Pla­nun­gen der Cle­mens-Vor­stadt (Neu­stadt), den Cle­mens-Brun­nen und auf das neue Thea­ter hin­ge­wie­sen. Da­ne­ben hat Cle­mens Wen­zes­laus ent­schei­den­de und rich­tungs­wei­sen­de Maß­nah­men auf dem kul­tu­rel­len Sek­tor er­grif­fen.

Gleich­zei­tig wei­sen sei­ne Per­sön­lich­keit und sein Le­bens­weg aber auch Brü­che auf, wie et­wa die Ab­kehr von ei­ner mi­li­tä­ri­schen Lauf­bahn und die Hin­wen­dung zur geist­li­chen Tä­tig­keit und Kar­rie­re, die Un­ter­stüt­zung auf­klä­re­ri­scher Ten­den­zen und die Rück­nah­me der­sel­ben so­wie ei­ne wan­kel­mü­ti­ge Hal­tung in kir­chen­po­li­tisch be­deut­sa­men Fra­gen. Als die fran­zö­si­schen Trup­pen sich 1794 sei­ner Re­si­denz­stadt Ko­blenz nä­her­ten, ver­ließ Cle­mens Wen­zes­laus flucht­ar­tig und für im­mer die Stadt und den Kur­staat in Rich­tung Augs­burg.

Le­ben und All­tag des Kur­fürs­ten im Um­feld sei­ner hö­fi­schen Ge­sell­schaft zeig­ten sich in vie­len Fa­cet­ten. Hier­zu zäh­len et­wa die Hof­ta­fel mit Spei­sen­zu­be­rei­tung und Wein­ver­sor­gung, mit Emp­fän­gen und aus­ge­präg­tem Hof­ze­re­mo­ni­ell, die ärzt­li­che Ver­sor­gung des Kur­fürs­ten, die Or­ga­ni­sa­ti­on und Durch­füh­rung sei­ner Rei­sen, die Aus­stat­tung des um­fäng­li­chen Fuhr­parks zu Land und zu Was­ser, kurz­wei­li­ge Ver­gnü­gun­gen in den aus­wär­ti­gen Re­si­den­zen oder die Durch­füh­rung von Jagd­ver­an­stal­tun­gen, Schei­ben­schie­ßen und Feu­er­werk.

 

2. Hofstaat

Der welt­li­che Hof­staat um­fass­te un­ter Cle­mens Wen­zes­laus ei­ne Viel­zahl von Per­so­nen für in Spit­zen­zei­ten über 520 Stel­len. Hier­zu ge­hör­ten die im Hof­rat und der en­ge­ren kur­fürst­li­chen Ver­wal­tung des so ge­nann­ten Di­kas­te­ri­ums tä­ti­gen Be­am­ten, die nicht sel­ten meh­re­re Funk­tio­nen aus­üb­ten. Den Res­sorts stan­den die Ver­tre­ter der klas­si­schen Er­bäm­ter vor: Erb­mar­schall (Graf von Eltz-Kem­pe­nich), Erb­käm­me­rer (Frei­herr von Kes­sel­statt), Erb­truch­sess (Graf von der Ley­en) und Erb­schenk (Frei­herr von Schmidtburg). Nach­ge­ord­net wa­ren das Ober- und Hof­mar­schall­amt, das Obrist­käm­me­rer­amt, das Obrist­stall­meis­ter­amt, das Ober­jä­ger­meis­ter­amt so­wie die Hof­kam­mer.

Zum Käm­me­rer­amt ge­hör­ten ne­ben den Käm­me­rern un­ter an­de­rem auch Lei­bärz­te, Leib­chir­ur­gen, Hof­pre­di­ger, Kam­mer­die­ner, die Lein­wands­wä­sche­rin und der Hof- und Ka­bi­netts­uhr­ma­cher.

Zum Mar­schall­amt ge­hör­ten un­ter an­de­rem der für die Or­ga­ni­sa­ti­on von Rei­sen zu­stän­di­ge Rei­se­mar­schall, die Hof­öko­no­mie, die Hof­kü­che (mit bis zu vier Mund­kö­chen, zwei Back­meis­tern, ei­nem Hof­koch, zwei Bra­ten­meis­tern, ei­nem Ka­pau­nen­st­op­fer, ei­nem Metz­ger so­wie zwei Hof­kon­di­to­ren), die Hof­sil­ber­kam­mer (für das Ta­fel­sil­ber), Hof­ta­pe­zie­rer, Mö­bel­ver­wal­ter, Schloss­ver­wal­ter, Hof­schrei­ner, Hof­ma­ler, für die Wein­ver­sor­gung der Hof­kel­ler (mit Kel­ler­meis­ter), Leib­die­ner und Hof­mu­sik.

Zum Stall­meis­ter­amt ge­hör­ten un­ter an­de­rem die Auf­sicht über die Aus­bil­dung der Edel­kna­ben (Pa­ge­rie), die Reit­schu­le und der Hof­stall mit dem Fuhr­park so­wie die be­rit­te­ne Leib­gar­de. Dar­über hin­aus war am kur­fürst­li­chen Hof ei­ne va­ri­an­ten­rei­che Zahl von Die­nern tä­tig: Hof­ka­pel­len­die­ner, Kam­mer­die­ner (Kam­mer­la­kai­en), Hof­sil­ber­die­ner, Kel­ler­die­ner, kur­fürst­li­che Leib­die­ner (Lei­bla­kai­en), Edel­kna­ben­die­ner.

3. Medizinische Versorgung

Für die me­di­zi­ni­sche Ver­sor­gung des Kur­fürs­ten und des Ho­fes stand ein klei­ne­res Ärz­te­team zur Ver­fü­gung. Grö­ß­tes Ver­trau­en ge­noss da­bei seit der säch­si­schen Ju­gend­zeit von Cle­mens Wen­zes­laus sein (ers­ter) Leib­me­di­cus und Ge­heim­rat Dr. Jo­hann Gott­lob Haupt (ge­stor­ben 1794), der den Kur­fürs­ten bis 1794 be­treut hat. Haupts Nach­fol­ger wur­de der vor­ma­li­ge Hof­chir­urg Dr. Fe­lix Rei­sin­ger. Dem „ers­ten“ Leib­arzt wa­ren drei wei­te­re „zwei­te“ Lei­bärz­te bei­ge­ord­net. Die Auf­ga­be der Lei­bärz­te war es, den Kur­fürs­ten zu je­der Ta­ges- und Nacht­zeit am hei­mat­li­chen Hof so­wie auf Rei­sen ge­sund­heit­lich zu be­treu­en. Den Lei­bärz­ten stan­den vier Hof­chir­ur­gen zur Sei­te. War der Be­hand­lungs­kreis zu­nächst auf An­ge­hö­ri­ge der Hof­li­vree be­schränkt, wei­te­te sich der Kreis der Pa­ti­en­ten schlie­ß­lich aus auf al­le, die sich in ir­gend­ei­ner Wei­se zum Hof rech­ne­ten, wo­durch die dem Erz­stift da­durch ent­ste­hen­den Arz­nei­kos­ten in die Hö­he ge­trie­ben wur­den.

Entwurf für eine Livrée am kurfürstlichen Hof zu Koblenz, 1785. (Landeshauptarchiv Koblenz Best. 1C Nr. 305, S. 433)

 

Ein wich­ti­ges An­lie­gen von Cle­mens Wen­zes­laus war der Aus­bau des Ba­des in Ber­trich, das be­reits seit 1657 über ein kur­fürst­li­ches Ba­de­haus mit der ein­zi­gen, be­reits 1391/1392 er­wähn­ten Glau­ber­salz­ther­me in Deutsch­land ver­füg­te. Cle­mens Wen­zes­laus ver­such­te, dem Bad zu neu­em wirt­schaft­li­chen Auf­schwung zu ver­hel­fen und ließ 1779 für 100.000 Gul­den 14 Bä­der und ei­nen Gast­hof für 60 Gäs­te er­rich­ten. Das Ba­de­was­ser, das auch für Trink­ku­ren ge­eig­net war, lin­der­te Be­schwer­den bei Gicht, Rheu­ma, Stö­rung der Ver­dau­ungs­or­ga­ne, Haut­aus­schlag und Frau­en­lei­den. Cle­mens Wen­zes­laus, der zeit­le­bens an Gicht litt, be­such­te das Bad zwei­mal (1785 und 1787).

4. Tafel, Besuch und Zeremoniell

Ta­fel

Der Kur­fürst speis­te stan­des­ge­mäß. Da­zu war viel straff ge­führ­tes Per­so­nal nö­tig. Für die Hof­kü­che stan­den ein Kü­chen­meis­ter, zwei Kü­chen­schrei­ber, ein Kü­chen­in­spek­tor, zwei bis vier Mund­kö­che mit ein bis zwei Ge­hil­fen, ein bis zwei Back­meis­ter, ein bis vier Hof­kö­che, ein bis zwei Bra­ten­meis­ter, (nur kurz­fris­tig) ein Ka­pau­nen­st­op­fer, ein Metz­ger und ein Hof­kon­di­tor mit ei­nem Ge­hil­fen zur Ver­fü­gung. Dar­über hin­aus gab es ei­nen Mund­schenk, der gleich­zei­tig als Hof­sil­ber­die­ner fun­gier­te, ei­nen kur­fürst­li­chen Ta­fel­de­cker, ei­nen Hof­ta­fel­de­cker, ei­ne Hof­be­schlie­ße­rin be­zie­hungs­wei­se Wei­ßzeug­wär­te­rin und ei­nen bis zwei Hof­ta­pe­zie­rer. Für die Edel­kna­ben wur­de dar­über hin­aus ei­ne ei­ge­ne Kü­che un­ter­hal­ten. 

4.1 Küche

Die Auf­ga­ben der Mund- und Hof­kö­che wur­de von Cle­mens Wen­zes­laus in meh­re­ren In­struk­tio­nen bis ins Kleins­te ge­re­gelt. So soll­ten sie durch­aus spar­sam mit den Le­bens­mit­teln um­ge­hen, die na­tür­lich auch nicht nach Hau­se mit­ge­nom­men wer­den durf­ten. Die täg­li­che Ar­beits­zeit wur­de von 8 bis 18 Uhr fest­ge­setzt. Selbst zur „zwei­ten“ Klei­dung des Bra­ten­wen­der­jun­gen gab es die An­wei­sung, dass die­ser kei­ne förm­li­che Li­vree, son­dern nur in grau­em „Ca­mi­sol“ ar­bei­ten dür­fe. Un­mit­tel­ba­rer Vor­ge­setz­ter der Kö­che war der Hof­kü­chen­meis­ter. Für die Ab­wick­lung der Lie­fe­run­gen, die Vor­rats­hal­tung und die Wirt­schafts­füh­rung war der Kü­chen­schrei­ber zu­stän­dig. Das Auf­de­cken der kur­fürst­li­chen Ta­fel und die Auf­sicht über das Be­die­nungs­per­so­nal ob­la­gen dem Haus­hof­meis­ter. 

Die Kü­che konn­te zur Spei­sen­zu­be­rei­tung aus ei­ner brei­ten Pa­let­te ver­schie­dens­ter Fleisch-, Wurst-, Wild-, Kä­se-, Obst- und Ge­mü­se­sor­ten schöp­fen. So wur­den zum Bei­spiel für das Jahr 1786 an Lie­fe­run­gen für die Hof­kü­che auf­ge­führt: 16 Hir­sche, zehn Spie­ßer, 26 Wild­schwei­ne, 15 Frisch­lin­ge, 31 Reh­bö­cke, 50 Alt­gei­ßen, sie­ben Reh­kit­ze, 557 Ha­sen, 18 Ha­sel­hüh­ner, ei­ne Wild­gans, 135 Schnep­fen, sechs Was­ser­hüh­ner, zehn Be­kas­si­nen, zwei Wild­enten, 973 Feld­hüh­ner, 113 Wach­teln, 371 gan­ze und 495 hal­be Hän­gel Kram­mets­vö­gel, sechs Wild­tau­ben und zwei Au­er­häh­ne. Die stän­di­gen Lie­fe­run­gen von Fi­schen an die Hof­kü­che mach­ten die An­la­ge von Fischwei­hern not­wen­dig, die ins­be­son­de­re in den Äm­tern Daun, Man­der­scheid, Mon­ta­baur, Saar­burg und Witt­lich an­ge­legt wur­den. Al­lein in den Jah­ren 1771 bis 1773 wur­den von die­sen Fischwei­hern an die Hof­kü­che 6.466 Pfund Karp­fen, 787 Pfund Hech­te, 214 Pfund Schlei­en, 44 Pfund Bar­sche und 23 Pfund Aa­le ge­lie­fert.

An­de­re wich­ti­ge Zu­ta­ten für die Kü­che ka­men wie­der­um aus den Gärt­ne­rei­en, die al­so nicht nur zur Ver­schö­ne­rung der Gar­ten­an­la­gen ih­ren Bei­trag leis­ten muss­ten. Am neu­en Schloss in Ko­blenz wur­de des­halb ganz be­wusst ein Ge­mü­se­gar­ten an­ge­legt.

Badeanlage in Bertrich, 1792. (Landeshauptarchiv Koblenz Best. 702 Nr. 12318)

 

4.2 Boutelei

Der Wein­kon­sum war hoch. Es muss­te da­her stets für ei­nen ge­re­gel­ten Nach­schub ge­sorgt wer­den. Da­bei wur­de nicht nur ein­hei­mi­scher Wein ver­kos­tet, son­dern auch be­acht­lich vie­les im­por­tiert. 1791 gab die Bou­tel­ei für Ta­fel­wein (To­ka­jer, Kap­wein, Stroh­wein und Ma­la­ga) und Bier 1.309 Gul­den so­wie für Ka­me­ral­wein, Es­sig und Schrö­ter­lohn 4.062 Gul­den, ins­ge­samt 5.372 Gul­den aus. Wenn­gleich Bier hier zwar er­wähnt wur­de, scheint der Ver­brauch da­von am Hof eher ge­ring ge­we­sen zu sein. Die Auf­sicht über die Wei­ne führ­te der Hof­bou­te­lier. Die­ser hat­te un­ter an­de­rem mit ei­nem Kü­ferknecht die ein­ge­la­ger­ten Wein­fäs­ser auf Sprün­ge und Wurm­lö­cher zu prü­fen, er hat­te auf ei­ne mög­lichst gleich­mä­ßi­ge Tem­pe­ra­tur des Weins zu ach­ten und die vom Es­sen üb­rig ge­blie­be­nen Wein­res­te zu sam­meln und als Es­sig­an­satz auf­zu­be­wah­ren. 

4.3 Konditorei

Auch die Kon­di­to­rei ver­füg­te über vor­züg­li­che Zu­ta­ten zur Zu­be­rei­tung von sü­ßem Köst­lich­kei­ten, die als Nach­tisch, zum Kaf­fee oder bei Sou­pés ser­viert wur­den. Bei­spiels­wei­se wa­ren dort am 11.5.1773 vor­han­den: Kir­schen, Jo­han­nis­bee­ren, grü­ne Pflau­men, Po­me­r­an­zen­scha­len, ro­te und wei­ße Quit­ten, Apri­ko­sen (Mar­me­la­de), Mi­ra­bel­len, Him­beer­ge­lee und Him­beer­si­rup, Maul­beer­si­rup, Vio­len­si­rup, Pfef­fer­nüs­se, Bit­ter­m­a­kro­nen, Bis­kuit, sü­ße Ma­kro­nen, Anis­brot, Ca­na­ris­zu­cker, Bit­ter­man­deln, sü­ße Man­deln, Zi­tro­nen. 

4.4 Silberkammer

Die Sil­ber­kam­mer des Kur­fürs­ten war reich­hal­tig aus­ge­stat­tet. So ließ Cle­mens Wen­zes­laus 1777 in Augs­burg bei dem Sil­ber­schmied Baur ein Ta­fel­ser­vice für 100 Per­so­nen an­fer­ti­gen, wo­zu äl­te­res Ta­fel­sil­ber ein­ge­schmol­zen wur­de. In Ge­brauch wa­ren un­ter an­de­rem Säch­si­sches und Fran­ken­tha­ler Por­zel­lan, fer­ner wei­ße Säch­si­sche und Fran­ken­tha­ler Por­zel­lan­fi­gu­ren, die of­fen­kun­dig für die im Bau be­find­li­che neue Re­si­denz an­ge­schafft wur­den. Als säch­si­scher Prinz war Cle­mens Wen­zes­laus auch Meiß­ner Por­zel­lan be­son­ders wich­tig. 

Plan des Fischteichs an der alten Residenz in Ehrenbreitstein, 1787. (Landeshauptarchiv Koblenz Best. 1C Nr. 3262)

 

4.5 Besuche und Empfänge

Be­deu­ten­de An­läs­se für prunk­vol­le Emp­fän­ge gab es ei­gent­lich nur sel­ten. Hier­zu zähl­te aber zwei­fels­oh­ne die Ein­wei­hung des neu­en Schlos­ses in Ko­blenz am 23.11.1786. In ei­nem lan­gen Zug von acht Kut­schen mit ho­hen Be­am­ten, 60 Hof­die­nern, den Edel­kna­ben (mit Hof­meis­ter, Prä­zep­tor, Stall­meis­ter, Be­rei­ter und Ex­er­zi­ti­en­meis­ter), den kur­fürst­li­chen Kam­mer­die­nern, dem Kam­mer­por­tier, den Kam­mer­la­kai­en und schlie­ß­lich der Leib­gar­de fuhr der Kur­fürst mit sei­ner Schwes­ter Ma­ria Ku­ni­gun­de im gro­ßen ro­ten Staats­wa­gen von der neu­en Re­si­denz zur Lieb­frau­en­kir­che, wo das fei­er­li­che Hoch­amt ge­hal­ten wur­de. Auf dem Rück­weg stan­den Bür­ger und Stu­den­ten Spa­lier. In der Stadt hiel­ten sich mehr als 12.000 Frem­de auf, um sich das Spek­ta­kel an­zu­se­hen – mehr als je zu­vor in der Stadt wa­ren. An dem abends aus­ge­rich­te­ten Ball nah­men 600 Per­so­nen teil. An Spei­sen und Ge­trän­ken floss al­les im Über­fluss. Zur Fei­er des Ta­ges am­nes­tier­te der Kur­fürst 32 Ge­fan­ge­ne und ver­teil­te 1.200 Gul­den an Be­dürf­ti­ge der Stadt Ko­blenz so­wie 800 Gul­den an Be­dürf­ti­ge in Eh­ren­breit­stein. 

Ei­nen wei­te­ren fest­li­chen Glanz­punkt bil­de­te der Be­such des ehe­ma­li­gen Kriegs­geg­ners, Kö­nig Fried­rich Wil­helms II. von Preu­ßen (Re­gie­rungs­zeit 1786-1797), un­mit­tel­bar nach der Kai­ser­krö­nung Franz‘ II. (Kai­ser bis 1806) am 14.7.1792 in Frank­furt und dem Fürs­ten­tag in Mainz (19.-21.7.1792). Der Preu­ßen­kö­nig woll­te im An­schluss an sei­nen Be­such in Ko­blenz den Cham­pa­gne­feld­zug er­öff­nen (ers­ter Ko­ali­ti­ons­krieg), nach­dem im April 1792 Frank­reich Ös­ter­reich und Preu­ßen den Krieg er­klärt hat­te. Cle­mens Wen­zes­laus hol­te den Preu­ßen­kö­nig mit sei­ner gro­ßen Leib­jacht in Bop­pard ab, im Ge­fol­ge die zwei­te kur­fürst­li­che Jacht so­wie das Kü­chen­schiff samt Kü­chen­per­so­nal. Auf der Rück­fahrt wur­de die Ge­sell­schaft mit ei­ner Ka­no­na­de von 200 Ka­no­nen­schüs­sen, die auf der Fes­tung Eh­ren­breit­stein ab­ge­feu­ert wur­de, emp­fan­gen. Die bei­den fol­gen­den Ta­ge und Aben­de wur­den mit fest­li­chen Sou­pés (mit teil­wei­se über 160 Ge­de­cken), an de­nen die ge­sam­te No­bles­se des Hof­staa­tes teil­nahm, ge­fei­ert. Das Re­si­denz­schloss in Ko­blenz wur­de mit 36.000 Lam­pen präch­tig il­lu­mi­niert. Im Gar­de­saal herrsch­te da­bei ei­ne der­ar­ti­ge Hit­ze, dass die Mu­si­ker der Hof­ka­pel­le auf der Ba­lus­tra­de nicht spie­len konn­ten.

Tat­säch­lich emp­fing Cle­mens Wen­zes­laus, von die­sen bei­den her­aus­ra­gen­den Gro­ße­reig­nis­sen ab­ge­se­hen, nur über­aus sel­ten hö­he­ren Be­such. Hier­bei han­del­te es sich um ei­ni­ge Be­su­che der Kur­fürs­ten von Köln und Mainz so­wie von ganz we­ni­gen, hoch­ge­stell­ten Per­sön­lich­kei­ten, die sich auf der Durch­rei­se be­fan­den: Erz­her­zog Ma­xi­mi­li­an (1780, 1786/1787), Erz­her­zog Fer­di­nand (1786/1787, 1792), Her­zog Karl von Würt­tem­berg (1774), Groß­fürst Paul von Russ­land (1782), Kö­nig Chris­ti­an VII. von Dä­ne­mark (1771), Kai­ser Franz II. (1794).

Un­be­scha­det des­sen nahm das ge­sell­schaft­li­che Le­ben am Ho­fe mit der An­kunft der in­fol­ge der Fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on emi­grie­ren­den Fran­zo­sen ei­nen ge­ra­de­zu un­glaub­li­chen Auf­schwung – ins­be­son­de­re seit im Ju­ni 1791 auch der Nef­fe des Kur­fürs­ten, der Graf von Ar­tois und Bru­der des fran­zö­si­schen Kö­nigs, Charles Phil­ip­pe de Bour­bon (1757-1836, als Karl X. 1824-1830 Kö­nig von Frank­reich) nach Ko­blenz kam. Bald hiel­ten sich mehr als 4.000 Fran­zo­sen dort auf.

4.6 Zeremoniell

Für ei­nen ab­so­lu­tis­ti­schen Herr­scher wa­ren Fra­gen der Eti­ket­te und des Ze­re­mo­ni­ells na­tur­ge­mäß von ho­her Be­deu­tung. Die Auf­sicht über die Ein­hal­tung des Hof­ze­re­mo­ni­ells ob­lag dem Ober­mar­schall (1768-1775 Jo­hann Wil­helm Graf von Sayn-Witt­gen­stein, 1777-1794 Lud­wig Jo­seph Wil­helm Graf Boos von Wal­deck). Die Ho­f­ord­nung leg­te da­bei un­ter an­de­rem et­wa fest, wel­chen Be­su­chern bei Au­di­en­zen ein oder bei­de Flü­gel der Au­di­enz­zim­mer­tür zu öff­nen wa­ren, wer im ers­ten oder zwei­ten „An­ti­ch­am­bre“ er­schei­nen durf­te, ob man mit Stock und in wel­cher Klei­dung auf­tre­ten durf­te, ob Of­fi­zie­re das An­le­gen von Ga­ma­schen er­laubt war, wie sich die Kam­mer­die­ner zu ver­hal­ten hat­ten, wer mit „Ex­zel­len­z“ an­zu­re­den war, wann die Mi­nis­ter mor­gens und abends bei Hof zu er­schei­nen hat­ten. Auf die Ein­hal­tung der Eti­ket­te ge­mäß der Rang­ord­nung und Stel­lung – sei es im Hof­rat (Di­kas­te­ri­um), bei Mi­li­tär oder im Ge­fü­ge der ad­li­gen Fa­mi­li­en – wur­de gro­ßer Wert ge­legt und je­de Ab­wei­chung mit Ehr­krän­kung oder Ehr­ver­let­zung quit­tiert. 

5. Reisen und Statthalterschaft

Grö­ße­re Rei­sen hat Cle­mens Wenz­slaus nicht ge­macht. So hat er auch kei­ne Bil­dungs­rei­se (zum Bei­spiel nach Ita­li­en) un­ter­nom­men. Zu­nächst wa­ren es rei­ne Ver­wand­ten­be­su­che, dann in sei­ner Amts­zeit als Kur­fürst nach heu­ti­gem Sprach­ge­brauch Dienst­rei­sen, die aber im­mer mit Be­su­chen von Ver­wand­ten ver­bun­den wur­den. Die mit­un­ter sehr auf­wän­di­gen or­ga­ni­sa­to­ri­schen Vor­be­rei­tun­gen der Rei­sen und die Über­wa­chung der Durch­füh­rung ob­la­gen ne­ben dem Kam­mer­fou­rier (als dem Quar­tier­meis­ter) dem Obrist­stall­meis­ter und dem Rei­se­mar­schall (ab 1772 Wen­zes­laus Graf von Lei­nin­gen, ab 1782 Jo­seph Hein­rich Frei­herr von Thü­ne­feld).

Teile der kurfürstlichen Schiffsflotte vor Schloss Engers, 1806. (Landeshauptarchiv Koblenz Best. 700,30 Nr. 420/107 Ausschnitt)

 

Er­staun­li­cher­wei­se sind nur ins­ge­samt drei Auf­ent­hal­te des Erz­bi­schofs und Kur­fürs­ten in Trier, der al­ten Bi­schofs­stadt mit dem Dom, nach­weis­bar. Der Kur­fürst be­such­te die Stadt nach sei­ner In­thro­ni­sa­ti­on erst­mals 1771 für ei­ne kur­ze Stipp­vi­si­te. Sei­nen zwei­ten Be­such im Spät­som­mer 1775 nutz­te er zur Grund­stein­le­gung des Pries­ter­se­mi­nars, des nach ihm be­nann­ten Se­mi­na­ri­um Cle­men­ti­num. Sein drit­ter und letz­ter Be­such 1779 dien­te der Kon­se­kra­ti­on des Augs­bur­ger Dom­props­tes Jo­hann Ne­po­muk Au­gust Frei­herr von Un­gel­ter zu De­is­sen­hau­sen (1731-1804) zum Ti­tu­lar­bi­schof von Pel­la und Weih­bi­schof von Augs­burg am 29.8.1779 im Trie­rer Dom.

Sei­tens der Trie­rer Bür­ger­schaft wur­de ihm die­se Ver­nach­läs­si­gung übel ge­nom­men und nach­ge­tra­gen, erst recht, als er nach Fer­tig­stel­lung des neu­en Ko­blen­zer Schlos­ses 1786 Ko­blenz end­gül­tig zu sei­nem Re­si­denz­ort er­klär­te. In Trier war Cle­mens Wen­zes­laus nur durch sei­ne Statt­hal­ter (Franz Karl Lud­wig Frei­herr/Graf Boos von Wal­deck, Phil­ipp Franz Wil­de­rich von Wal­der­dorff, An­selm Frei­herr von Ker­pen) ver­tre­ten. Stän­dig hat­te er Que­re­len mit den Trie­rer Zünf­ten und dem Ma­gis­trat, un­ter an­de­rem we­gen der ge­plan­ten Auf­he­bung der Zünf­te (1769), we­gen der Ein­füh­rung der Brand­ver­si­che­rung (1783) und ins­be­son­de­re we­gen des Be­har­rens der Zünf­te auf ih­rem Pro­duk­ti­ons­mo­no­pol in­ner­halb der Bann­mei­le der Stadt – ei­ne Aus­ein­an­der­set­zung, die 1789 zu so­zia­len Un­ru­hen in Trier führ­te. In ei­nem Pam­phlet wur­de Cle­mens Wen­zes­laus da­mals als „Fürst Cle­mens, Ur­sach un­se­res Elends, Ver­der­ber un­se­rer Stadt“ be­ti­telt. In ei­nem in der Stadt pla­ka­tier­ten Auf­ruf hieß es in Form ei­nes la­tei­ni­schen Dis­ti­chons: „Ewig le­be Trier, hoch­be­rühmt durch Wis­sen­schaf­ten. Und zu­grun­de ge­he Ko­blenz sel­ber an sei­nem Ge­schick“. Er­neut auf­flam­men­de Tu­mul­te 1791 droh­te der Kur­fürst gar durch den Ein­satz von Mi­li­tär nie­der­schla­gen zu las­sen.

Ganz ein­deu­tig wich­ti­ger wa­ren für Cle­mens Wen­zes­laus die ver­schie­de­nen zum Teil mehr­mo­na­ti­gen Auf­ent­hal­te im Fürst­bis­tum Augs­burg, wo er sei­ner Re­si­denz­pflicht nach­kom­men woll­te.

Wäh­rend sei­ner Ab­we­sen­heit nah­men hö­fi­sches Le­ben und Re­gie­rungs­ge­schäf­te ih­ren Fort­gang. Ne­ben den in Trier ein­ge­setz­ten Statt­hal­tern, war in Ko­blenz/Eh­ren­breit­stein Franz Lud­wig Graf von Kes­sel­statt mit ent­spre­chen­den Auf­ga­ben ver­se­hen.

6. Fuhrpark

Zum Stall­meis­ter­amt ge­hör­ten un­ter an­de­rem die Auf­sicht über die Aus­bil­dung der Edel­kna­ben be­zie­hungs­wei­se Pa­gen, die Reit­schu­le und nicht zu­letzt der Hof­stall mit dem Fuhr­park. 1784 ge­hör­te hier­zu ei­ne klei­ne Schiffs­flot­te mit der präch­tig aus­ge­stat­te­ten, ei­gens für Cle­mens Wen­zes­laus ent­wor­fe­nen und 1781 fer­tig ge­stell­ten gro­ßen Leib­jacht, der klei­nen Leib­jacht, ei­ner Scha­lup­pe, ei­nem Kü­chen­schiff, ei­nem „Schieß­na­ch­en“ (mit zwölf Ka­no­nen), ei­nem „Leib­na­ch­en“ und ei­nem „Ka­va­liers­na­ch­en“ so­wie zu je­dem der Schif­fe ein „An­ker­na­ch­en“ (Bei­boot). Fer­ner zähl­ten zum Fuhr­park 52 Kut­schen und sechs Pfer­de­schlit­ten so­wie ei­ne „Fahr­be­reit­schaf­t“, zur der der Leib­kut­scher des Kur­fürs­ten zähl­te, aber auch bis zu 20 wei­te­re Hof­kut­scher, 24 Reit­knech­te, sie­ben Maul­tier­knech­te, zwölf Post­knech­te und acht Fuhr­knech­te. Hier­zu zähl­ten aber auch im wei­te­ren Sin­ne bis zu sechs so ge­nann­te Läu­fer (mit ih­rem cha­rak­te­ris­ti­schem Spring­s­tock), die für Bo­ten­diens­te un­ter an­de­rem die Kut­sche des Kur­fürs­ten zu be­glei­ten hat­ten und die­ser zu­meist vor­aus­lie­fen, wie eben­so die so ge­nann­ten Hei­du­cken, die die Kut­sche von Cle­mens Wen­zes­laus als des­sen per­sön­li­che Si­cher­heits­kräf­te zu es­kor­tie­ren hat­ten. Der Pfer­de­be­stand am Hof be­trug laut ei­ner un­da­tier­ten Zu­sam­men­stel­lung (ver­mut­lich ge­gen En­de der 1770er Jah­re) 200 Tie­re, von de­nen 130 für Kut­schen und 70 zum Rei­ten be­nö­tigt wur­den. 1783 wur­de die Zahl der Pfer­de, Maul­tie­re und Esel dann auf 146 Tie­re re­du­ziert. Hier­un­ter be­fan­den sich Hengs­te, Wal­la­che, Fül­len, Rap­pen, Klep­per so­wie 17 Maul­tie­re und sechs Esel. Da­bei wur­den die Rap­pen vor­nehm­lich für die da­mals ins­ge­samt sie­ben Post­kut­schen („post­zu­g“) mit je­weils vier bis sie­ben Tie­ren ein­ge­setzt (hier­un­ter un­ter an­de­rem der „neue Ell­wan­ger post­zu­g“). Au­ßer von dem Land­ge­stüt in Mon­ta­baur wur­den die Pfer­de von Ge­stü­ten im Amt Hersch­bach (Wes­ter­wald) und in der Ei­fel (Äm­ter Prüm, Daun, Ul­men, Hil­le­s­heim) be­sorgt.

Entwurf für eine neue zweisitzige Kalesche des Kurfürsten, ca. 1785. (Landeshauptarchiv Koblenz Best. 1C Nr. 321)

 

Wel­cher Auf­wand an Kut­schen und Pfer­den für Cle­mens Wen­zes­laus per­sön­lich bei ei­ner Fern­rei­se nö­tig war, kann am Bei­spiel der Rück­rei­se des Kur­fürs­ten mit Ge­fol­ge von Ell­wan­gen nach Ko­blenz vom 27.-31.10.1789 ver­deut­licht wer­den. Ins­ge­samt wa­ren da­mals 14 Kut­schen und 72 Pfer­de so­wie vier Maul­tie­re und meh­re­re Esel im Ein­satz.

Es gab al­ler­dings auch Rei­sen, für de­ren Be­wäl­ti­gung Cle­mens Wen­zes­laus den ge­sam­ten Fuhr­park ein­schlie­ß­lich der Schiffs­flot­te in An­spruch nahm, wie für sei­ne drit­te und letz­te Rei­se nach Trier im Au­gust 1779.

Da Cle­mens Wen­zes­laus den Som­mer über die meis­te Zeit auf sei­nen Schlös­sern in Kär­lich und Schön­borns­lust ver­brach­te, war ein fes­ter Fahr­dienst zum Ein­satz der ver­schie­de­nen Kut­schen für Ku­rier- und Trans­port­diens­te not­wen­dig. Um die Hof­ge­sell­schaft im Som­mer 1790 nach Schön­borns­lust zu trans­por­tie­ren, wur­den zehn Reit­pfer­de so­wie 24 Zug­pfer­de an neun Kut­schen – hier­un­ter auch ein Wa­gen ge­nannt „die lan­ge wurs­t“ – ein­ge­setzt.

7. Kulturelle Unterhaltung am Hofe

7.1 Kapellen-, Kammer- und Hofmusik

Cle­mens Wen­zes­laus war seit sei­ner Ju­gend ein be­geis­ter­ter An­hän­ger der Mu­sik, da­bei ge­prägt si­cher­lich von der am hei­mat­li­chen Hof zu Dres­den in ho­hem Ma­ße ge­pfleg­ten Or­ches­ter­mu­sik. Mit ent­spre­chen­der Ver­an­la­gung aus­ge­stat­tet und mu­si­ka­lisch ge­för­dert, war er glei­cher­ma­ßen gut im Ge­sang wie auch Kla­vier-, Brat­schen- und Flö­ten­spiel, dar­über hin­aus aber auch in der La­ge, Par­ti­tu­ren zu stu­die­ren und Or­ches­ter zu di­ri­gie­ren. Es ver­wun­dert da­her kaum, dass er sich an sei­nem Hof in Ko­blenz in­ten­siv al­len Be­lan­gen der Mu­sik­pfle­ge wid­men soll­te. Ins­be­son­de­re die För­de­rung des am Ho­fe ein­ge­setz­ten Or­ches­ters, ge­mein­hin als „Hof­ka­pel­le“ be­zeich­net, stand da­bei im Vor­der­grund sei­nes In­ter­es­ses. Die Hof­ka­pel­le mit den ein­zel­nen Mu­si­kern stell­te ge­wis­ser­ma­ßen das per­so­nel­le Fun­da­ment, mit dem gro­ßor­ches­tra­le sin­fo­ni­sche Wer­ke bis hin zur Kam­mer­mu­sik, welt­li­che Lie­der und geist­li­che Mu­sik rea­li­siert wer­den konn­ten. Bei Staats­be­su­chen wa­ren die Auf­trit­te der Hof­ka­pel­le ei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit, sei es dass or­ches­tral zur Ta­fel und abends zur Hof­ge­sell­schaft auf­ge­spielt wur­de oder aber zum Kaf­fee in klei­ne­ren Be­set­zun­gen nach­mit­tags. Eben­so wur­de das Or­ches­ter oder ein­zel­ne sei­ner Mit­glie­der zur mu­si­ka­li­schen Aus­ge­stal­tung von kirch­li­chen Fest­got­tes­diens­ten ein­ge­setzt oder für Opern­auf­füh­run­gen an das neu er­rich­te­te Ko­blen­zer „Co­mo­edi­en­haus“ aus­ge­lie­hen. Dar­über hin­aus wur­den aber auch auf Be­trei­ben des Kur­fürs­ten öf­fent­li­che Be­ne­fiz­kon­zer­te zu­guns­ten von Ar­men und Ka­ta­stro­phen­op­fern (zum Bei­spiel 1778/1779 an­läss­lich der Feu­ers­brunst in En­gers) ge­ge­ben.  

Plan für die große Leibjacht, von Johannes Seiz, 1772. (Landeshauptarchiv Koblenz Best. 702 Nr. 15184)

 

Als Cle­mens Wen­zes­laus 1768 nach Ko­blenz kam, fand er von sei­nem Vor­gän­ger, Erz­bi­schof Jo­hann Phil­ipp, ein Or­ches­ter vor, das 29 Mu­si­ker um­fass­te und von zwei Ka­pell­meis­tern ge­lei­tet wur­de. Die Be­set­zung, durch­weg gut aus­ge­bil­de­te Mu­si­ker, be­stand aus drei Sän­ge­rin­nen, vier Sän­gern, ei­nem Or­ga­nis­ten, sie­ben Gei­gern, zwei Cel­lis­ten, drei Brat­schern, zwei Bas­sis­ten, zwei Flö­tis­ten, je ei­nem Obo­is­ten und Kla­ri­net­tis­ten so­wie je zwei Wald­hor­nis­ten und Fa­got­tis­ten. Cle­mens Wen­zes­laus über­nahm die­se Mu­si­ker und bau­te das kei­nes­wegs klei­ne Or­ches­ter aus zu ei­nem der grö­ß­ten En­sem­bles Eu­ro­pas – zur glei­chen Zeit über­trof­fen le­dig­lich von der mu­si­ka­lisch Rich­tung wei­sen­den und füh­ren­den Hof­ka­pel­le von Pfalz­graf Karl Theo­dor zu Mann­heim. Die dort tä­ti­ge so ge­nann­te Mann­hei­mer Schu­le, die mu­si­ka­lisch den Über­gang vom Ba­rock zur Klas­sik vor­be­rei­te­te und zu die­sem Zweck die In­stru­men­tie­rung des Or­ches­ters – et­wa durch Hin­zu­nah­me von Kla­ri­net­ten und Wald­hör­nern er­wei­ter­te – dürf­te Cle­mens Wen­zes­laus nach­hal­tig be­ein­druckt ha­ben. Nicht nur ver­grö­ßer­te er in die­sem Sinn den Holz­blä­ser­satz sei­ner Hof­ka­pel­le, son­dern ließ auch Kom­po­si­tio­nen von Mu­si­kern der Mann­hei­mer Schu­le (zum Bei­spiel Carl Stamitz, 1745-1801) in das Re­per­toire sei­nes Or­ches­ters auf­neh­men und stell­te Mu­si­ker der Mann­hei­mer Hof­ka­pel­le in sei­nem Mu­si­k­en­sem­ble ein.

Be­reits 1771 ver­sa­hen 51 Mu­si­ker am Ho­fe des Trie­rer Kur­fürs­ten ih­ren Or­ches­ter­dienst, 1779 so­gar 62 und am En­de Kur­triers 1794 im­mer­hin noch 54 Mu­si­ker. Da­bei hat­te das Or­ches­ter 1781 durch die fes­te An­stel­lung von zwei Trom­pe­tern und ei­nem Pau­ker ei­ne Be­set­zungs­stär­ke er­reicht, die den An­for­de­run­gen zur Auf­füh­rung von Wer­ken der Klas­sik ent­sprach. Nicht we­ni­ge der Mu­si­ker spiel­ten lan­ge Jah­re und Jahr­zehn­te in der Hof­ka­pel­le in Ko­blenz. Am En­de der Re­gie­rungs­tä­tig­keit von Cle­mens Wen­zes­laus in Kur­trier ver­füg­te die Hof­ka­pel­le 1794 über vier Sän­ge­rin­nen (drei So­pra­nis­tin­nen und ei­ne Al­tis­tin), sechs Sän­ger (vier Te­n­oris­ten und zwei Bas­sis­ten), ei­nen Or­ga­nis­ten/Pia­nis­ten, 13 Gei­ger, zwei Brat­schis­ten, zwei Cel­lis­ten, drei Kon­tra­bas­sis­ten, vier Wald­hor­nis­ten, zwei Trom­pe­ter, zwei Flö­tis­ten, drei Obo­is­ten, zwei Kla­ri­net­tis­ten, drei Fa­got­tis­ten und ei­nen Pau­ker.

Die mu­si­ka­li­sche Lei­tung der Hof­ka­pel­le über­nah­men zu­nächst zwei Ka­pell­meis­ter, Ge­org Fried­rich Cron (1738-1768) und Kon­rad Starck (1715-1787), wäh­rend Ver­wal­tung und Or­ga­ni­sa­ti­on in der Hand ei­nes In­ten­dan­ten la­gen (zu­nächst An­selm Carl Frei­herr von Wars­berg und War­tel­stein (1735-1797), seit 1782 Jo­seph Hein­rich Frei­herr von Thü­ne­feld). Als Cle­mens Wen­zes­laus sich dann 1769 in Augs­burg auf­hielt, brach­te er von dort den Lei­ter der fürst­bi­schöf­li­chen Ka­pel­le, den Ita­lie­ner Pie­tro Pom­peio Sa­les (1729-1797), so­wie den Kon­zert­meis­ter Jo­hann Ge­org Lang (1724-1798) mit nach Ko­blenz. Bei­de, Sa­les als neu­er Ka­pell­meis­ter und Lang als neu­er Kon­zert­meis­ter, soll­ten bis zum En­de Kur­triers künst­le­risch die pro­fes­sio­nell hoch­ste­hen­de Aus­rich­tung der Hof­ka­pel­le be­stim­men. Sa­les lei­te­te zu­nächst al­ler­dings noch für ei­ni­ge Jah­re zu­sam­men mit Starck bis zu des­sen Tod 1787 das Or­ches­ter. An­schlie­ßend wur­de er al­lei­ni­ger Ka­pell­meis­ter der Hof­ka­pel­le und war für die Aus­wahl der Mu­si­ker zu­stän­dig, die er zum Teil aus Mann­heim an­warb. In Ko­blenz konn­te er als durch­aus nicht un­be­kann­ter Kom­po­nist zahl­rei­che sei­ner ei­ge­nen Wer­ke (ins­be­son­de­re Ora­to­ri­en, Kan­ta­ten und geist­li­che Mu­sik) mit der kur­trie­ri­schen Hof­ka­pel­le auf­füh­ren. Sa­les gilt als ei­ner der letz­ten und qua­li­täts­volls­ten Re­prä­sen­tan­ten des ita­lie­ni­schen Stils an deut­schen Hö­fen, in des­sen Schaf­fen die Vo­kal­mu­sik ei­ne ex­po­nier­te Stel­lung ein­nahm. In­des ist der Gro­ß­teil sei­ner Wer­ke heu­te ver­lo­ren oder ver­schol­len, da Cle­mens Wen­zes­laus ihm wohl ver­spro­chen hat­te, die Wer­ke nicht im Druck zu ver­öf­fent­li­chen.

7.2 Theater und Oper – das „Comoedienhaus“ in Koblenz

An­ders als bei der Hof­mu­sik, die der Kur­fürst von An­be­ginn sei­ner Amts­zeit fest in sei­nem welt­li­chen Hof­staat in­sti­tu­tio­na­li­siert hat­te, ge­schah dies für das Schau­spiel nicht in glei­cher Wei­se. Hof­ka­pell­meis­ter Sa­les war wohl für die Aus­wahl und Auf­füh­rung von Opern, Ope­ret­ten und Ora­to­ri­en zu­stän­dig, doch wur­den – mit Aus­nah­me der Ora­to­ri­en – bis zur Mit­te der 1780er Jah­re man­gels ent­spre­chen­der Auf­füh­rungs­stät­te stets nur Werk­aus­zü­ge, das hei­ßt Ari­en und Lie­der in den Pro­gram­men der Mu­sik­aka­de­mi­en prä­sen­tiert. Mög­lich­kei­ten für Thea­ter­auf­füh­run­gen gab es wohl ein­ge­schränkt im Schloss Kär­lich und in dem pri­vat ge­führ­ten Ver­gnü­gungs­lo­kal „Drei Reichs­kro­nen“ in der Stadt Ko­blenz. 

Erst der Bau ei­nes Thea­ters („co­mo­edia hau­ß“) 1786/1787 soll­te die ent­schei­den­de Wen­de brin­gen. Grö­ße­re Opern­in­sze­nie­run­gen und Schau­spiel­auf­füh­run­gen wa­ren nun mög­lich – al­ler­dings soll­ten we­der das Thea­ter noch die Schau­spiel­trup­pe, we­der der Schau­spiel­di­rek­tor noch der „en­tre­pren­neur“, das hei­ßt der Un­ter­neh­mer des Thea­ters, Auf­nah­me im Hof­staat von Cle­mens Wen­zes­laus fin­den. Viel­mehr hielt sich der Kur­fürst auf­fal­lend be­deckt ge­gen­über dem Schau­spiel. Ihn trieb wohl ei­ne ge­wis­se Sor­ge um, dass Schau­spiel­auf­füh­run­gen und Schau­spie­ler, so­fern die­se un­ge­hin­dert agie­ren konn­ten, – vor al­lem vor dem Hin­ter­grund der Fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on – ei­nen un­güns­ti­gen Ein­fluss auf das Pu­bli­kum ha­ben könn­ten. So nahm Cle­mens Wen­zes­laus mit­tels ei­ner ei­gens ein­ge­setz­ten Zen­sur­kom­mis­si­on in­di­rekt Ein­fluss auf die Pro­gramm­ge­stal­tung.

Der Bau des Thea­ters war ein rein pri­vat von dem kur­trie­ri­schen Hof­rat und Ka­bi­netts­se­kre­tär Franz Jo­seph Schmitz (1752-1809) fi­nan­zier­tes Un­ter­neh­men, das ihn die nicht un­er­heb­li­che Sum­me von 44.000 Reichs­ta­lern kos­ten soll­te. Da Schmitz für sei­nen lau­fen­den Thea­ter­be­trieb in kei­ner Wei­se von Cle­mens Wen­zes­laus fi­nan­zi­ell un­ter­stützt wur­de, war er stän­dig um den Aus­gleich sei­ner enor­men Schul­den be­müht. Ei­ne ge­wis­se Hil­fe war ihm da­bei, dass Cle­mens Wen­zes­laus ihm we­nigs­tens durch Aus­stel­lung ei­nes ent­spre­chen­den Pri­vi­legs die Mo­no­pol­stel­lung als Ver­an­stal­ter im öf­fent­li­chen Thea­ter- und Kon­zert­be­trieb in Ko­blenz ge­währ­te. Mo­zarts Oper „Die Ent­füh­rung aus dem Se­rail“ mar­kiert in glanz­vol­ler In­sze­nie­rung im No­vem­ber 1787 den An­fang des Ko­blen­zer Schau­spiel­hau­ses, steht aber eben­so auch für sein En­de. Denn das Stück war auch im April 1794 die letz­te Auf­füh­rung im Ko­blen­zer Thea­ter vor der end­gül­ti­gen Flucht des Kur­fürs­ten. Als ers­tes dra­ma­ti­sches Schau­spiel wur­de En­de 1787 „Die Räu­ber“ von Fried­rich Schil­ler ge­bo­ten, in der Spiel­zeit 1789 ge­folgt von des­sen „Ka­ba­le und Lie­be“ so­wie „Ham­le­t“ von Shake­speare.

8. Sonstige Unterhaltung und Vergnügungen

8.1 Sommerresidenz Kärlich und Schloss Schönbornslust

Wich­ti­ge Or­te, um an­ge­reis­tem Be­such be­son­de­re An­nehm­lich­kei­ten zu be­rei­ten, wa­ren die bei­den Jagd- be­zie­hungs­wei­se so ge­nann­ten Lust­schlös­ser Kär­lich und Schön­borns­lust. Auf­fal­len­der­wei­se wur­den oft bei­de Schlös­ser wäh­rend ei­nes Auf­ent­hal­tes auf­ge­sucht.

Die Som­mer­mo­na­te ver­brach­te Cle­mens Wen­zes­laus stets mit gro­ßem Ge­fol­ge auf Schloss Kär­lich, das 1654 un­ter Kur­fürs­t Karl Kas­par von Trier neu ge­bau­t wor­den war. Für 1776 sind ins­ge­samt 173 Per­so­nen na­ment­lich er­fasst, die den Kur­fürs­ten dort­hin zu be­glei­ten hat­ten. Die hier­durch ver­ur­sach­ten Kos­ten wa­ren enorm und führ­ten mit der Zeit zu mo­dera­ten Spar­plä­nen. Al­ler­dings er­folg­te in den 1780er Jah­ren ei­ne Um­ge­stal­tung des Gar­tens mit der An­la­ge ei­nes eng­li­schen Gar­tens und der Er­rich­tung ei­nes Pan­the­ons. Die dort vor­han­de­ne Oran­ge­rie war Lie­fe­ran­tin für Hof­kü­che und Hof­kon­di­to­rei. Mit dem Ein­zug der Fran­zo­sen wur­de die ge­sam­te Schloss­an­la­ge 1794 zer­stört.

Oboist am kurtrierischen Hof, 1768. (Landeshauptarchiv Koblenz Best. 1C Nr. 9956 Bl. 12r)

 

Schloss Schön­borns­lust war erst we­ni­ge Jah­re vor dem Re­gie­rungs­an­tritt von Cle­mens Wen­zes­laus 1757 von Kur­fürst Franz Ge­org von Trier in Ko­blenz-Kes­sel­heim er­rich­tet wor­den. Ins­be­son­de­re 1786 hat­te Cle­mens Wen­zes­laus das Schloss be­zo­gen, um dort die Fer­tig­stel­lung sei­nes neu­en Schlos­ses in Ko­blenz ab­zu­war­ten. Im Park der Schloss­an­la­gen be­fan­den sich vier Pa­vil­lons und ein Fisch­teich. Den fran­zö­si­schen Emi­gran­ten wur­de das Schloss von Cle­mens Wen­zes­laus gro­ßzü­gig für ih­ren Auf­ent­halt ab 1791 über­las­sen. Im Mai 1793 wur­de das Schloss zum kai­ser­lich-kö­nig­li­chen Hos­pi­tal um­ge­wid­met und 1794 von den fran­zö­si­schen Trup­pen schlie­ß­lich zer­stört.

8.2 Jagd

Cle­mens Wen­zes­laus war nicht so jagd­be­geis­tert wie sein Vor­gän­ger. Den­noch hat er of­fen­kun­dig auch ganz gern ge­jagt. Dem Ta­ge­buch sei­nes Augs­burg­auf­ent­hal­tes 1773/1774 kann ent­nom­men wer­den, dass er sich in die­sem Zeit­raum ins­ge­samt 27 mal auf die Jagd be­ge­ben hat (En­ten-, Fuchs-, Gams- und Hirsch­jagd). Für den Mit­tel­rhein sind da­ge­gen Jag­den, die er ver­an­stal­tet oder an de­nen er teil­ge­nom­men hat, kaum be­legt. Über­lie­fert ist, dass er auf der Rück­rei­se von Trier im Jahr 1779 im Kan­del­wald ge­jagt hat. Be­kannt ist wei­ter­hin, dass für den aus Pa­ris „aus­ge­wan­der­ten“ Gra­fen von Ar­tois am 15.6.1791 in Schön­borns­lust ei­ne Hof­jagd ver­an­stal­tet wur­de. Die Jagd wur­de von ei­nem Ober­jä­ger­meis­ter ge­lei­tet. Die­sem un­ter­stan­den der Ober­jä­ger, der Wild­meis­ter, der Büch­sen­span­ner, der Hof­jä­ger, die zwei Jagd­la­kai­en und na­tür­lich die Forst­jä­ger in den ein­zel­nen Re­vie­ren.

8.3 Scheibenschießen

Ein be­lieb­tes Ver­gnü­gen war das Schei­ben­schie­ßen, an dem der Kur­fürst in Eh­ren­breit­stein, Kär­lich und Schön­borns­lust teil­nahm. Häu­fig be­glei­te­te ihn da­bei sei­ne Schwes­ter Ma­ria Ku­ni­gun­de, die sich stets als gu­te Schüt­zin er­wies. Cle­mens Wen­zes­laus selbst schoss gleich nach sei­nem Amts­an­tritt im Jahr 1768 in Eh­ren­breit­stein bei der St. Se­bas­tia­nus­bru­der­schaft den Vo­gel ab. Ab 1790 wur­den of­fen­kun­dig sol­che Schie­ß­übun­gen in Schön­borns­lust in klei­nem Kreis für wich­ti­ge Per­sön­lich­kei­ten des Hof­staa­tes ver­an­stal­tet. Da vie­le Ku­gel­büch­sen und sons­ti­ges Zu­be­hör be­nö­tigt wur­den, soll­te der Büch­sen­span­ner zur bes­se­ren Durch­füh­rung ein Zim­mer in Schön­borns­lust be­zie­hen. Für 1790 ist ein Vo­gel­schie­ßen in Kär­lich mit dem Kur­fürs­ten von Köln über­lie­fert. Dort stand für die Schie­ß­übun­gen ein grün ge­stri­che­nes Schie­ßhäus­chen zur Ver­fü­gung.

8.4 Feuerwerk

Am 28.8.1769 wur­de von Cle­mens Wen­zes­laus zu Eh­ren des bis zum 4. Sep­tem­ber zu Be­such wei­len­den Kur­fürs­ten Em­me­rich Jo­seph von Mainz (Kur­fürst von Mainz 1763-1774) an un­be­kann­tem Ort ein Feu­er­werk ver­an­stal­tet. Be­reits 1756 ist am Deut­schen Eck in Ko­blenz von drei Schif­fen und vom U­fer aus ein Feu­er­werk ver­an­stal­tet wor­den, das gleich­sam als der ers­te Be­leg für das heu­ti­ge Spek­ta­kel „Rhein in Flam­men“ an­ge­se­hen wer­den kann. Viel­fach be­legt sind Sa­lut­schüs­se für ho­hen Be­such.

Ansicht von Schloss und Gartenanlage in Kärlich, 1768. (Landeshauptarchiv Koblenz Best. 702 Nr. 221)

 

9. Residenzschloss in Koblenz

Das neue Re­si­denz­schloss in Ko­blenz war für Cle­mens Wen­zes­laus das Pres­ti­ge­ob­jekt, mit dem er sei­ner welt­li­chen Herr­schaft auf re­prä­sen­ta­ti­ve Wei­se Aus­druck ver­lei­hen woll­te. Zu­gleich schuf Cle­mens Wen­zes­laus da­mit ei­nen mar­kan­ten Kon­tra­punkt zu dem kur­fürst­li­chen Schloss am Sitz des Ober­erz­stif­tes in Trier, dem kur­fürst­li­ches Pa­lais, das sein Vor­gän­ger, Erz­bi­schof Jo­hann Phil­ipp, erst we­ni­ge Jah­re zu­vor durch ei­nen Ro­ko­ko­bau hat­te auf­wer­ten las­sen. Da­mit mar­kiert das neue Re­si­denz­schloss in Ko­blenz auch de­mons­tra­tiv und ein­deu­tig die ab­so­lu­te Vor­rang­stel­lung der Stadt als Haupt­sitz des ge­sam­ten Kur­staa­tes. Nicht zu­letzt war die neue Re­si­denz aber auch die In­iti­al­zün­dung zur städ­te­bau­li­chen Neu­struk­tu­rie­rung von Ko­blenz.

In der Pla­nung und Um­set­zung des Bau­vor­ha­bens leuch­tet ein ge­wis­ser Hang zu ba­ro­ckem Prunk und Glanz durch, der an­sons­ten beim Kur­fürs­ten kaum fest­stell­bar ist. Cle­mens Wen­zes­laus und sein Hof­staat woll­ten sich den Nach­bar­ter­ri­to­ri­en, dem Reich und dem Aus­land ge­gen­über ad­äquat und stil­voll en vogue re­prä­sen­tie­ren. Mit Si­cher­heit spiel­te da­bei der hei­mat­li­che Hof des Kur­fürs­ten in Dres­den, der „Zwin­ger“, aber auch der­je­ni­ge sei­ner kö­nig­li­chen Ver­wandt­schaft in Frank­reich, Ver­sailles, ei­ne nicht un­wich­ti­ge Rol­le. So dürf­te die Wahl fran­zö­si­scher Ar­chi­tek­ten, de­nen letzt­lich die ma­ß­geb­li­che Kon­zep­ti­on des Bau­pro­jek­tes über­tra­gen wur­de, kein Zu­fall ge­we­sen sein. Da­ge­gen hat­ten die be­tei­lig­ten deut­schen Ar­chi­tek­ten le­dig­lich die Um­set­zung der Plä­ne ih­rer fran­zö­si­schen Kol­le­gen in der Bau­aus­füh­rung zu über­wa­chen.

Seit sei­nem Re­gie­rungs­an­tritt 1768 re­si­dier­te Cle­mens Wen­zes­laus auf Schloss Phil­ipps­burg, ei­nem früh­ba­ro­cken, un­ter­halb der Fes­tung Eh­ren­breit­stein ge­le­ge­nen Bau. Das Schloss lag durch den Rhein ge­trennt ge­gen­über der Stadt Ko­blenz, die man­gels ei­ner fes­ten Brü­cke nur über so ge­nann­te flie­gen­de Brü­cken, das hei­ßt Schiffs­pon­tons, um­ständ­lich er­reich­bar war. Re­prä­sen­ta­ti­ve Auf­ga­ben lie­ßen sich dort nur sehr ein­ge­schränkt wahr­neh­men, auch wur­den die Räum­lich­kei­ten bald als zu eng und un­kom­for­ta­bel an­ge­se­hen. Die Phil­ipps­burg ent­sprach ein­fach nicht mehr zeit­ge­mäß den An­sprü­chen ei­nes un­ter Cle­mens Wen­zes­laus per­so­nell auf­ge­stock­ten Hof­staa­tes. Nach Be­wil­li­gung der Bau­fi­nan­zie­rung durch den kur­trie­ri­schen Land­tag 1777 soll­te bald mit den Bau­ar­bei­ten be­gon­nen wer­den, an de­nen Cle­mens Wen­zes­laus per­sön­lich ste­ten An­teil nahm. Oft ließ er sich – nicht sel­ten in Be­glei­tung von bei ihm wei­len­den hoch­ran­gi­gen Be­su­chern, die er ge­ra­de­zu da­zu nö­tig­te – auf der Bau­stel­le bli­cken und war sicht­lich stol­zer Er­war­tung auf die Fer­tig­stel­lung des neu­en Schlos­ses. Nach an­fäng­li­chen Schwie­rig­kei­ten mit den Ar­chi­tek­ten lag die Bau­aus­füh­rung schlie­ß­lich in der Hand des re­nom­mier­ten Fran­zo­sen An­toi­ne-François Pey­re (1739-1823), der kurz zu­vor be­reits er­folg­reich am kur­main­zi­schen Schloss ge­ar­bei­tet hat­te. In der ver­hält­nis­mä­ßig kur­zen Zeit von nur neun Jah­ren konn­te der Bau voll­endet wer­den und stieß in der Öf­fent­lich­keit – trotz im­men­ser und nicht un­um­strit­te­ner Bau­kos­ten von rund ei­ner Mil­li­on Gul­den – auf un­ver­hoh­le­ne Be­wun­de­rung. Die kur­fürst­li­chen Prunk- und Wohn­räu­me er­streck­ten sich über das ge­sam­te ers­te Ober­ge­schoss. Hier­zu zähl­ten auch die groß di­men­sio­nier­ten Ge­sell­schafts­räu­me, wie zum Bei­spiel ein Bil­lard­zim­mer mit 20 Spiel­ti­schen oder das Kaf­fee­zim­mer mit ei­ner wert­vol­len Samm­lung von 33 Ge­mäl­den des säch­si­schen Hof­ma­lers Chris­ti­an Wil­helm Ernst Diet­rich (1712-1774) aus Dres­den. Das neue Schloss ver­füg­te über ins­ge­samt 176 Zim­mer. Mo­dern war die An­brin­gung von Blitz­ab­lei­tern und die An­la­ge ei­ner ei­ge­nen Ab­was­ser­ka­na­li­sa­ti­on.

Feuerwerk am Deutschen Eck in Koblenz, 1756. (Landeshauptarchiv Koblenz Best. 702 Nr. 1529)

 

Cle­mens Wen­zes­laus be­ging den Ein­zug in sei­ne neue Re­si­denz am 23.11.1786, sei­nem Na­mens­tag, mit ei­nem prunk­vol­len und be­rau­schen­den Fest, das dem Glanz und der Aus­strah­lung des neu­en Ge­bäu­des ent­sprach. Hier­in zeig­te sich der gan­ze Stolz des Kur­fürs­ten auf sei­ne neue Re­si­denz.

10. Pagerie

Die Er­zie­hung der Edel­kna­ben lag Cle­mens Wen­zes­laus sehr am Her­zen. Sie soll­te im Sin­ne ei­ner gu­ten All­ge­mein­bil­dung der jun­gen Frei­her­ren und Gra­fen ad­li­ger Fa­mi­li­en so­li­de und, um die­ses Ziel zu er­rei­chen, auch ge­wiss streng sein. Nach­dem der Kur­fürst im Früh­jahr 1768 sei­ne Amts­ge­schäf­te in Ko­blenz auf­ge­nom­men hat­te, wid­me­te er sich da­her auch per­sön­lich um Fra­gen der Aus­bil­dung, Er­zie­hung und Un­ter­brin­gung der Pa­gen – so wie er sich we­nig spä­ter auch in­ten­siv um ei­ne Ver­bes­se­rung des all­ge­mei­nen schu­li­schen Un­ter­richts und der Aus­bil­dung der Leh­rer küm­mern soll­te.

In­ner­halb des welt­li­chen Hof­staa­tes von Cle­mens Wen­zes­laus wa­ren die Edel­kna­ben dem Obrist­stall­meis­ter­amt – von 1768–1775 zu­nächst un­ter der Lei­tung von Lud­wig Jo­seph Wil­helm Frei­herr Boos von Wal­deck (ge­stor­ben 1813), seit 1778–1794 dann un­ter der­je­ni­gen von Fer­di­nand Frei­herr von Du­mi­ni­que (1742-1803) – zu­ge­wie­sen. Für ih­re un­mit­tel­ba­re Aus­bil­dung wa­ren der Hof­meis­ter, der Prä­zep­tor be­zie­hungs­wei­se In­for­ma­tor, der Ex­er­zi­ti­en­meis­ter, ein bis zwei Sprach­leh­rer (Fran­zö­sisch, La­tein) so­wie ein Fecht- und Tanz­leh­rer zu­stän­dig und am Ho­fe an­ge­stellt. Hin­zu­ka­men bis zu vier ei­gens den Edel­kna­ben zu­ge­wie­se­ne Die­ner, ein ei­ge­ner Edel­kna­ben­koch so­wie ein ei­ge­ner Ta­fel­de­cker. Un­ter­ge­bracht wa­ren die Edel­kna­ben in ei­nem ei­ge­nen Ge­bäu­de, der Pa­ge­rie (zu­nächst ne­ben der Phil­ipps­burg, spä­ter im neu­en Re­si­denz­schloss). Wäh­rend der Som­mer­auf­ent­hal­te des Kur­fürs­ten auf Schloss Schön­borns­lust be­glei­te­ten ihn die Edel­kna­ben dort­hin und wa­ren zu­sam­men mit dem Hof­meis­ter und dem In­for­ma­tor so­wie ih­ren Die­nern in ei­nem ei­ge­nen Ge­bäu­de mit Schlaf- und „pa­gen-stu­dier­zim­mer“ un­ter­ge­bracht. Zu­nächst wa­ren bis zu 16 Edel­kna­ben gleich­zei­tig in der Pa­ge­rie un­ter­ge­bracht. Als die Kos­ten für Un­ter­brin­gung, Aus­bil­dung, Ver­pfle­gung und Aus­stat­tung zu hoch stie­gen, wur­den seit 1772 nicht mehr als acht Edel­kna­ben auf­ge­nom­men.

Quellen

Lan­des­haupt­ar­chiv Ko­blenz, Best. 1C (Erz­stif­t und Kur­fürs­ten­tum Trier, Ak­ten der staat­li­chen und geist­li­chen Ver­wal­tung).
Kur­fürst­lich trie­ri­sche Hof-, Staats- und Stands-Ca­len­der 1768-1794.

Literatur (Auswahl)

Be­reths, Gus­tav, Die Mu­sik­pfle­ge am kur­trie­ri­schen Ho­fe zu Ko­blenz-Eh­ren­breit­stein, Mainz 1964.
Bo­cki­us, Fritz, 1787-1987. 200 Jah­re Thea­ter Ko­blenz, Ko­blenz 1987.
Brom­mer, Pe­ter/Krüm­mel, Achim, Hö­fi­sches Le­ben am Mit­tel­rhein un­ter Kur­fürs­t Cle­mens Wen­zes­laus von Trier (1739-1812), Ko­blenz 2012.
Do­mi­ni­cus, Al., Co­blenz un­ter dem letz­ten Kur­fürs­ten von Trier Cle­mens Wen­zes­laus 1768 bis 1794, Ko­blenz 1869.
François, Eti­en­ne, Ko­blenz im 18. Jahr­hun­dert. Zur So­zi­al- und Be­völ­ke­rungs­struk­tur ei­ner deut­schen Re­si­denz­stadt, Göt­tin­gen 1982
Kramp, Ma­rio (Hg.), Ein letz­ter Glanz. Die Ko­blen­zer Re­si­denz des Kur­fürs­ten. Zum 200. To­des­jahr des Hof­ma­lers Hein­rich Foelix (1732-1803), Ko­blenz 2003.
Lan­des­ar­chiv­ver­wal­tung Rhein­land-Pfalz (Hg.), 200 Jah­re Re­si­denz Ko­blenz. Ka­ta­log zur Aus­stel­lung im Schloß zu Ko­blenz, 6. Au­gust bis 2. No­vem­ber 1986, Ko­blenz 1986.
Stram­berg, Chr. von, Denk­wür­di­ger und nütz­li­cher Rhei­ni­scher An­ti­qua­ri­us, wel­cher die wich­tigs­ten und an­ge­nehms­ten geo­gra­phi­schen, his­to­ri­schen und po­li­ti­schen Merk­wür­dig­kei­ten des gan­zen Rhein­stroms von sei­nem Aus­flus­se in das Meer bis zu sei­nem Ur­sprun­ge dar­stellt, Band 1,1, Ko­blenz 1851, S. 569-812; Band 1,2, Ko­blenz 1853, S. 1-66.

Kurfürstliche Residenz zu Koblenz von der Stadtseite aus, kolorierter Kupferstich von Georg Balthasar Probst (1732-1801), Augsburg, um 1787, Original im Mittelrhein Museum Koblenz.

 
Zitationshinweis

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Krümmel, Achim, Höfisches Leben am Mittelrhein unter Clemens Wenzeslaus von Sachsen (1739-1812), Kurfürst und Erzbischof von Trier (1768-1803), in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/hoefisches-leben-am-mittelrhein-unter-clemens-wenzeslaus-von-sachsen-1739-1812-kurfuerst-und-erzbischof-von-trier-1768-1803/DE-2086/lido/57d1243b52bf64.18852120 (abgerufen am 25.04.2024)