1338 - Der englische König in Koblenz. Eduard III. und das Reich zu Beginn des Hundertjährigen Krieges

Elsbeth Andre (Koblenz)

Kaiser Ludwig IV. ernennt auf dem Reichstag in Koblenz 1338 Eduard III. von England zum Reichsvikar, Illustration aus dem ersten Band der Chroniken des Jean Froissart (um 1337 - um 1405/1410), Paris, vor 1410, Original in der Königlichen Bibliothek der Niederlande in Den Haag.

1. Das Ereignis

Vor mehr als 650 Jah­ren, vom 30.8. bis zum 7.9.1338, hielt sich der eng­li­sche Kö­nigs­hof in Ko­blenz auf. Edu­ard III., 26 Jah­re alt, be­fand sich seit Ju­li 1338 auf wich­ti­ger di­plo­ma­ti­scher und mi­li­tä­ri­scher Mis­si­on auf dem Kon­ti­nent. Sein Ziel war die Er­lan­gung der fran­zö­si­schen Kö­nigs­kro­ne, auf die er An­spruch als En­kel des fran­zö­si­schen Kö­nigs er­hob. Das Tref­fen am Rhein war für ihn äu­ßerst wich­tig. Am 19. Au­gust war der Kö­nig von Ant­wer­pen, wo er sich seit gut ei­nem Mo­nat auf­ge­hal­ten hat­te, auf­ge­bro­chen. Be­glei­tet von sei­nem re­prä­sen­ta­ti­ven Hof­staat, hat­te er den Weg über Jü­lich, KölnBonn, Sin­zig und An­der­nach ge­nom­men, um dann auf der rhein­ab­wärts na­he Ko­blenz ge­le­ge­nen In­sel Nie­der­werth Quar­tier zu­ ­be­zie­hen. Er war dort zu Gast im An­we­sen des Trie­rer Erz­bi­schof­s Bal­du­in.

Die Reichs­ver­samm­lung, die am 5. Sep­tem­ber auf dem Ko­blen­zer Flor­ins­markt statt­fand, war fest­lich und präch­tig – zeit­ge­nös­si­sche Quel­len spre­chen von 17.000 Zu­schau­ern. Die Zahl wird man an­zwei­feln dür­fen, doch ob über­trie­ben oder nicht, das Tref­fen war be­deu­tend und ei­nem heu­ti­gen Gip­fel­tref­fen von Re­gie­rungs­chefs ver­gleich­bar.

Wer kam in Ko­blenz zu­sam­men? Ne­ben sechs Bi­schö­fen und 37 Gra­fen, Ba­ro­nen und Rit­tern wa­ren dies der rö­misch-deut­sche Kai­ser Lud­wig IV. der Bay­er (Re­gie­rungs­zeit 1314-1347), Erz­bi­schof Bal­du­in von Trier, Erz­bi­schof Hein­rich III. von Mainz (Epis­ko­pat 1326/1337-1346/1553), Her­zog Lud­wig von Bay­ern (1315-1361), Sohn des Kai­sers und Mark­graf von Bran­den­burg, so­wie der Mark­graf von Mei­ßen. Nicht er­schie­nen war Wal­ram von Jü­lich, der Köl­ner Erz­bi­schof – er hat­te ei­ni­ge Ta­ge zu­vor den eng­li­schen Kö­nig in sei­ner Bon­ner Re­si­denz mit al­len Eh­ren emp­fan­gen. Sei­ne Ab­we­sen­heit in Ko­blenz war ein klu­ger Schach­zug. Wal­ram ver­hielt sich dop­pelt neu­tral: Edu­ard III. ver­such­te, sich Ver­bün­de­te in sei­nem Be­mü­hen um den fran­zö­si­schen Kö­nigs­thron zu ver­schaf­fen. Kai­ser Lud­wig der Bay­er, dem sich der Eng­län­der an­ge­nä­hert hat­te, be­fand sich im Kir­chen­bann und hat­te nichts zu ver­lie­ren, konn­te viel­mehr hof­fen, durch den Pakt mit dem Eng­län­der gro­ße Ein­nah­men zu er­zie­len. Durch sein Feh­len in Ko­blenz konn­te Papst Be­ne­dikt XII. (Pon­ti­fi­kat 1334-1342) dem Erz­bi­schof nicht den Kon­takt mit dem Kai­ser vor­hal­ten, der eng­li­sche Kö­nig an­de­rer­seits war nach dem vor­her­ge­hen­den Tref­fen in Bonn nicht dü­piert. Letz­te­res war wie­der­um wich­tig, weil die Köl­ner Bür­ger viel­fäl­ti­ge Wirt­schafts­be­zie­hun­gen nach Eng­land un­ter­hiel­ten, die nicht ge­stört wer­den durf­ten.

2. Der politische Hintergrund

Dem ers­ten Auf­ent­halt des eng­li­schen Kö­nig auf dem Kon­ti­nent vom Ju­li 1338 bis zum Fe­bru­ar 1340 folg­ten zahl­rei­che wei­te­re Rei­sen. Die Jah­re ab 1337 wer­den als An­fangs­pha­se des spä­ter so ge­nann­ten Hun­dert­jäh­ri­gen Krie­ges ge­se­hen. Die we­ni­gen An­mer­kun­gen zum Teil­neh­mer­kreis des Reichs­ta­ges ver­deut­li­chen das kom­ple­xe Be­zie­hungs­ge­flecht, in dem das po­li­ti­sche Ge­sche­hen sich be­weg­te. Dies muss zu­min­dest kurz in zwei wei­te­ren As­pek­ten ver­tieft wer­den. Seit dem Herbst 1336 hat­te ein re­ger Bo­ten­aus­tausch zwi­schen Edu­ard III. und den kon­ti­nen­ta­len Fürs­ten statt­ge­fun­den. Durch um­fang­rei­che Zah­lungs­ver­spre­chen konn­te sich der Eng­län­der bis zum En­de des Jah­res 1337 fast al­le Gro­ßen ver­pflich­ten, aus­ge­nom­men den Gra­fen von Lu­xem­burg (Kö­nig von Böh­men), den Bi­schof von Lüt­tich und den Gra­fen von Flan­dern. Was be­wog - ne­ben der Aus­sicht auf fi­nan­zi­el­le Ent­schä­di­gung - die Fürs­ten, Kö­nig Edu­ard zu un­ter­stüt­zen? Die Ab­hän­gig­keit be­son­ders Bra­bants und Flan­derns von den eng­li­schen Woll­lie­fe­run­gen war sehr groß. So ließ der Her­zog von Bra­bant aus wirt­schaft­li­chen Mo­ti­ven den eng­li­schen Hof mit mehr als 1.000 Per­so­nen sein Dau­er­quar­tier in Ant­wer­pen neh­men, tak­tier­te ins­ge­samt aber so vor­sich­tig, dass der fran­zö­si­sche Kö­nig kei­nen Bruch dar­aus ab­le­sen konn­te.

Zu er­wäh­nen ist auch der ver­wandt­schaft­li­che Hin­ter­grund, vor dem der eng­li­sche Kö­nig agie­ren konn­te. Sei­ne Gat­tin Phil­ip­pa (1311-1369) war die Toch­ter des Gra­fen von Hen­ne­gau, Hol­land und See­land. Der Schwie­ger­va­ter und nach des­sen Tod der Schwa­ger wa­ren in die­ser Zeit treue Par­tei­gän­ger Edu­ards. Phil­ip­pas Schwes­ter Mar­ga­re­the (1310-1356) wie­der­um war mit Kai­ser Lud­wig dem Bay­ern ver­hei­ra­tet, Schwes­ter Jo­han­na (1315-1374) mit dem Mark­gra­fen Wil­helm von Jü­lich (Re­gie­rungs­zeit 1328-1361, ab 1356 als Her­zog). Graf Rai­nald II. von Gel­dern (Re­gie­rungs­zeit ab 1318/1326-1343, ab 1339 als Her­zog) war durch die Hei­rat mit Edu­ards Schwes­ter Eleo­no­re (1318-1355) eben­falls ein Schwa­ger des Eng­län­ders.

In we­ni­gen Stich­wor­ten sol­len die po­li­ti­schen und mi­li­tä­ri­schen Er­eig­nis­se vom Ju­li 1338 bis zum Fe­bru­ar 1340 ge­schil­dert wer­den. Die Hö­he­punk­te wa­ren die Reichs­ver­samm­lung in Ko­blenz, auf der Edu­ard zum Reichs­vi­kar er­nannt wur­de, so­wie die of­fi­zi­el­le An­nah­me des fran­zö­si­schen Kö­nigs­ti­tels im Ja­nu­ar 1340. Die­se er­folg­te in Gent. Mi­li­tä­risch ge­se­hen pas­sier­te nicht viel, le­dig­lich ein we­nig spek­ta­ku­lä­rer Feld­zug im Herbst 1339 und die er­folg­lo­se Be­la­ge­rung der Stadt Cam­brai sind fest­zu­hal­ten. An­sons­ten war Edu­ard III. über­wie­gend mit der Fes­ti­gung sei­ner Kon­tak­te und der fi­nan­zi­el­len Ab­si­che­rung sei­nes Vor­ha­bens be­schäf­tigt.

3. Die Quellenlage

Die sehr gu­te Quel­len­la­ge be­son­ders in Eng­land er­mög­licht es, vie­le De­tails vom All­tag am rei­sen­den Kö­nigs­hof zu er­fah­ren. Die reich­hal­ti­gen Ar­chi­va­li­en, die im Na­tio­nal­ar­chiv in Lon­don auf­be­wahrt wer­den, sind Nie­der­schlag ei­ner be­reits im 14. Jahr­hun­dert dif­fe­ren­zier­ten Ver­wal­tung, de­ren Un­ter­la­gen seit dem Mit­tel­al­ter zen­tral in Lon­don auf­be­wahrt wer­den und die nie­mals durch Kriegs­ver­lus­te oder Na­tur­ka­ta­stro­phen de­zi­miert wor­den sind.

Zahl­rei­che Quel­len, ins­be­son­de­re aus dem Schatz­amt und der Kanz­lei, er­mög­li­chen ei­ne Re­kon­struk­ti­on der Er­eig­nis­se. Die Haupt­quel­le ist ein Rech­nungs­buch, be­ste­hend aus 181 eng be­schrie­be­nen Per­ga­ment-Blät­tern. Der Kus­tos der kö­nig­li­chen Gar­de­ro­be - so die Be­zeich­nung für das rech­nungs­füh­ren­de Se­kre­ta­ri­at des Hof­haus­halts - stell­te nach Ab­lauf der Rei­se aus tau­sen­den von Ein­zel­quit­tun­gen, Be­le­gen und Ab­rech­nun­gen der ver­schie­de­nen Ab­tei­lun­gen des Haus­hal­tes die Ein­nah­men und Aus­ga­ben zu­sam­men. Das dau­er­te un­ge­fähr ein Jahr, die Ab­rech­nung wur­de dann im Schatz­amt zur Prü­fung ein­ge­reicht. Sie spie­gelt die Dop­pel­funk­ti­on der Gar­de­ro­be wi­der, die so­wohl als kö­nig­li­che Haus­halts­kas­se (nicht aber als kö­nig­li­che Pri­vat­kas­se) als auch als staat­li­che Kriegs­kas­se fun­gier­te. Das Rech­nungs­buch gilt als ei­nes der um­fang­reichs­ten des ge­sam­ten Mit­tel­al­ters und liegt ediert vor.

Fas­zi­nie­rend ist, dass nicht nur das Re­chungs­buch er­hal­ten ist, son­dern auch die ihm zu Grun­de lie­gen­den Un­ter­la­gen über­lie­fert sind, so dass ein­zel­ne Pos­ten so­gar mehr­fach nach­zu­wei­sen sind. Ein Bei­spiel mö­ge das zei­gen: Ist in der Ge­samt­ab­rech­nung die Be­zah­lung von Me­di­zin für die Rei­se des Kö­nigs be­legt, dann liegt ei­ne noch de­tail­lier­te­re No­tiz dar­über in den Aus­ga­ben­lis­ten des Schatz­am­tes vor (die­ses hat der Gar­de­ro­be den Be­trag an­ge­wie­sen, er taucht in ih­ren Lis­ten als Aus­ga­be und bei der Gar­de­ro­be als Ein­nah­me auf). Mit der Quel­len­dich­te in Deutsch­land nicht ein­mal an­satz­wei­se zu ver­glei­chen ist, dass so­gar die Ori­gi­nal-Quit­tung des Lon­do­ner Apo­the­kers er­hal­ten ist, mit der die­ser die Be­zah­lung der Rech­nung be­stä­tigt. Na­tür­lich ha­ben auch die­se für das Spät­mit­tel­al­ter ge­ra­de­zu traum­haf­ten Über­lie­fe­rungs­ver­hält­nis­se ih­re Gren­zen, wie noch zu zei­gen sein wird.

Die Quel­len­la­ge auf dem Kon­ti­nent stellt sich für die ers­te Hälf­te des 14. Jahr­hun­derts, al­so auch für die frag­li­chen Jah­re 1338 bis 1340, als sehr dürf­tig dar. Krie­ge und Stadt­brän­de ha­ben hier zu Ver­lus­ten ge­führt. Ge­ra­de im Hin­blick auf die Rei­se nach Ko­blenz fin­den sich in den Ar­chi­ven der vom kö­nig­li­chen Tross be­such­ten rhei­ni­schen Städ­te mit Aus­nah­me von Ko­blenz kei­ner­lei Zeug­nis­se über den je­wei­li­gen Auf­ent­halt. Auch die lan­des­herr­li­che Über­lie­fe­rung er­laubt nicht mehr als die Re­kon­struk­ti­on von Da­ten. In den gro­ßen flä­mi­schen Städ­ten ist die Quel­len­ba­sis et­was bes­ser, was auch an der Lo­gier­dau­er des Ho­fes an die­sen Or­ten lie­gen mag.

4. Der englische Hof unterwegs

Das Zu­sam­men­tref­fen der ver­schwä­ger­ten Mon­ar­chen Edu­ard III. und Lud­wig der Bay­er war seit lan­gem ge­plant und von eng­li­scher Sei­te mit be­son­de­rer Sorg­falt vor­be­rei­tet wor­den. Die Be­ra­ter und höchs­ten Be­am­ten des Kai­sers hat­ten im Vor­feld be­reits Geld­be­trä­ge, aber auch wert­vol­le Gür­tel und Ta­schen ge­schenkt be­kom­men. Im Mai 1338 – Edu­ard be­fand sich noch auf der In­sel – hat­te Lud­wig ein Tref­fen in Sin­zig – ei­ner Reichs­stadt – vor­ge­schla­gen. Man be­fand sich im stän­di­gen Aus­tausch von Bot­schaf­tern und An­fang Au­gust 1338 be­such­te ei­ne kai­ser­li­che De­le­ga­ti­on den Eng­län­der in Bra­bant, wo die Gra­fen von Neuf­fen und Nas­sau Edu­ard of­fi­zi­ell zum Reichs­tag ein­lu­den und im Ge­gen­zug kost­ba­re Ge­schen­ke (Scha­len und Krü­ge) er­hiel­ten, wäh­rend der kai­ser­li­che Trom­pe­ter, der sei­ne Auf­war­tung ge­macht hat­te, ein Geld­ge­schenk be­kam. Wann man das Tref­fen von Sin­zig nach Ko­blenz ver­leg­te, ist den Quel­len nicht zu ent­neh­men, noch im Au­gust ging man von Sin­zig als Ort des Zu­sam­men­tref­fens aus.

Den Tross, der schlie­ß­lich von Ant­wer­pen Rich­tung Ko­blenz auf­brach, war groß und be­ein­dru­ckend. Zwar wis­sen wir, dass der Kö­nig et­was mehr als die Hälf­te der Pfer­de sei­nes Haus­hal­tes im Haupt­quar­tier in Ant­wer­pen zu­rück­ließ, aber er reis­te im­mer noch mit mehr als 200 Tie­ren rhein­auf­wärts. Die Kü­che und al­le wich­ti­gen Ver­sor­gungs­ab­tei­lun­gen des Haus­hal­tes be­ga­ben sich mit auf die Rei­se – zur Ver­sor­gung des Herr­schers und zur Re­prä­sen­ta­ti­on.

Ein­hei­mi­sche Füh­rer be­glei­te­ten den Hof durch un­be­kann­tes Ge­län­de, für die ver­schie­de­nen Rei­se­e­tap­pen auf dem Rhein mie­te­te man Schif­fe und Lot­sen. Die Kos­ten für die­se ein­zel­nen Dienst­leis­tun­gen fin­den sich in den eng­li­schen Ab­rech­nun­gen wie­der. So wur­den für das Über­set­zen auf dem Rhein von An­der­nach zum Quar­tier nach Nie­der­werth ein Ein­woh­ner An­der­nachs und sie­ben Ge­nos­sen be­zahlt. Im Rech­nungs­buch hei­ßt es, dass man über ein Ge­wäs­ser vo­ca­tam la Ry­ne ge­setzt wor­den sei - vom un­mit­tel­bar in Ko­blenz be­gin­nen­den Welt­er­be Mit­tel­rhein­tal wuss­te man im 14. Jahr­hun­dert noch nichts!

Die Si­cher­heits­maß­nah­men wur­den wäh­rend der An­rei­se ver­stärkt. 66 eng­li­sche Bo­gen­schüt­zen ge­lei­te­ten Edu­ard III., die Stadt Köln stell­te ei­ne Schutz­mann­schaft für die Nacht­stun­den und ei­ne Eh­ren­wa­che von sechs deut­schen Rit­tern ge­lei­te­te den Kö­nig vom 25. Au­gust bis zum 10. Sep­tem­ber. Quar­tier nahm die­ser zu­meist in Pri­vat­haus­hal­ten, das hei­ßt in den Häu­sern rei­cher Bür­ger, ver­hält­nis­mä­ßig sel­ten in geist­li­chen Ein­rich­tun­gen. Es gibt viel­leicht ei­ne per­sön­li­che Vor­lie­be wie­der oder er­gab sich zu­fäl­lig, dass der Kö­nig wie­der­holt im Frei­en - am Ufer oder im Gar­ten - Mahl­zei­ten zu sich nahm.

Auch in Dü­ren und Bonn wur­den of­fi­zi­el­le Ein­la­dun­gen an­ge­nom­men. Edu­ard war Gast sei­nes Schwa­gers Wil­helm von Jü­lich be­zie­hungs­wei­se des Köl­ner Erz­bi­schofs. Aber auch das eng­li­sche Per­so­nal trug zum Ge­lin­gen der Fest­lich­kei­ten bei. Es ist be­kannt, dass die Waf­fel­bä­cker Auf­ga­ben von wich­ti­ger ge­sell­schaft­li­cher Funk­ti­on hat­ten; in ei­ner Ord­nung des eng­li­schen Haus­halts von 1318 wird aus­führ­lich ihr Ar­beits­ge­biet be­schrie­ben, oh­ne dass wir je­doch ge­nau sa­gen kön­nen, wann und wie die Waf­feln je­weils bei Ban­ket­ten ser­viert wur­den; die For­schung ver­mu­tet, dass ihr Auf­tritt am En­de von of­fi­zi­el­len Tref­fen stand.

Der Kö­nig gab sich wäh­rend der An­rei­se nach Ko­blenz auch dem Glück­spiel hin -gleich zwei Be­le­ge fin­den sich in den Quel­len. So wur­den die in Bonn und Diest ent­stan­de­nen Spiel­schul­den im Nach­hin­ein von sei­ner Ver­wal­tung be­gli­chen. Zu­min­dest ein­mal scheint Edu­ard ge­won­nen zu ha­ben. Das Rech­nungs­buch ver­merkt die Über­nah­me ei­nes sil­ber­nen Trink­ge­fä­ßes für Wein, für das nichts be­zahlt, weil es im Spiel ge­won­nen wor­den war.

Ne­ben Fest­lich­kei­ten und Zer­streu­un­gen war die Ver­eh­rung von Re­li­qui­en fes­ter Pro­gramm­teil in je­der be­such­ten Stadt. Die gro­ßzü­gi­ge Schen­kung Edu­ards für den Köl­ner Dom­bau so­wie zahl­rei­che Al­mo­sen an die Be­woh­ner geist­li­cher Kon­ven­te zeu­gen von sei­ner Mild­tä­tig­keit, die je­doch eher als ty­pisch für das spä­te Mit­tel­al­ter und we­ni­ger als Aus­druck per­sön­li­cher Fröm­mig­keit (über die es so gut wie kei­ne Zeug­nis­se gibt) zu se­hen ist. Es herrscht Kon­sens in der Li­te­ra­tur, dass Edu­ard ge­ra­de in den ers­ten Kriegs­jah­ren Schen­kun­gen zu Guns­ten lo­ka­ler Hei­li­ger auf dem Kon­ti­nent durch­aus auch mit po­li­ti­schem Hin­ter­grund tä­tig­te. Es gibt ei­ni­ge Hin­wei­se, wenn man schon nach Hin­wei­sen für per­sön­li­che Fröm­mig­keit sucht, dass der Kö­nig sich be­son­ders der Ma­ri­en­ver­eh­rung hin­gab und die Bet­tel­or­den wert­schätz­te: Do­mi­ni­ka­ner und Au­gus­ti­ner wur­den mehr­fach zu po­li­ti­schen Mis­sio­nen her­an­ge­zo­gen.

Der seit 1248 im Bau be­find­li­che go­ti­sche Köl­ner Dom, des­sen Chor 1322 ge­weiht wor­den war, muss Edu­ard III. be­son­ders be­ein­druckt ha­ben. Er be­such­te den Drei­kö­nigs­schrein und spen­de­te mehr als 60 Pfund für den Dom­bau. Das war viel Geld, un­ge­fähr das Drei­fa­che von üp­pi­gen Jah­res­gra­ti­fi­ka­tio­nen für engs­te Be­ra­ter oder das Fünf­zig­fa­che des jähr­li­chen Klei­der­gel­des für ein­fa­che Haus­halts­an­ge­hö­rig, zum Bei­spiel der Wä­sche­rin­nen.

Ein be­son­de­res Vor­komm­nis aus Köln soll Er­wäh­nung fin­den. Ei­ne eng­li­sche Chro­nik be­rich­tet für das Jahr 1359, dass Edu­ard III. in West­mins­ter förm­lich von sei­nem frü­her ge­äu­ßer­ten Wunsch, in Köln bei­ge­setzt zu wer­den, Ab­stand ge­nom­men ha­be. Even­tu­ell war ei­ne ent­spre­chen­de Ab­sicht öf­fent­lich ver­kün­det wor­den. Al­ler­dings ist kei­ne ein­zi­ge kon­ti­nen­ta­le Quel­le er­hal­ten, die von ei­ner sol­chen be­deu­ten­den An­kün­di­gung be­rich­tet.

Nach heu­ti­gen Maß­stä­ben hät­te die Re­gen­bo­gen­pres­se in vie­ler­lei Hin­sicht Ho­nig aus dem Be­such des eng­li­schen Ho­fes sau­gen kön­nen: Die eng­li­sche Kö­ni­gin brach­te wäh­rend der Aus­lands­rei­se zwei Kin­der zur Welt - im No­vem­ber 1338 wur­de Lio­nel 'von Ant­wer­pen' ge­bo­ren, so­wie im März 1340 Jo­hann, der nach sei­nem Ge­burts­ort den Bei­na­men 'von Gent' er­hielt. Die Ho­no­ra­tio­ren der Städ­te tru­gen dem im üb­li­chen Rah­men Rech­nung und ver­ehr­ten Phil­ip­pa an­läss­lich der ers­ten Kirch­gän­ge nach der Ge­burt kost­ba­re Ge­schen­ke.

Aber – und da­mit sind wir wie­der bei der Rhein­rei­se – auch we­ni­ger po­si­ti­ve Schlag­zei­len wur­den si­cher ver­mel­det; auch wenn es noch kein Zei­tungs­we­sen gab, so wur­den doch be­son­de­re Vor­komm­nis­se münd­lich be­rich­tet und tra­diert: Ein Zwi­schen­fall in Köln sorg­te für Un­ru­he. Ein Mann, der vor­gab, der Va­ter Edu­ards III. zu sein, wur­de auf Kos­ten der Eng­län­der in Ar­rest ge­nom­men und un­ter Be­wa­chung nach Ko­blenz über­führt. Hin­ter­grund ist, dass Kö­nig Edu­ard II. im Sep­tem­ber 1327 von den An­hän­gern der Kö­ni­gin Isa­bel­la und ih­res Ge­lieb­ten Mor­ti­mer um­ge­bracht wor­den war. Der in Köln auf­tre­ten­de Hoch­stap­ler war kein Un­be­kann­ter, er war mit sei­ner mys­te­riö­sen Ge­schich­te seit dem Vor­jahr un­ter­wegs und zog bis 1343 durch halb Eu­ro­pa.

Hof- und Trup­pen­an­ge­hö­ri­ge fie­len in der Frem­de nicht nur po­si­tiv auf. Man muss sich im­mer wie­der klar­ma­chen, dass der Kö­nigs­hof mit cir­ca 1.000 Per­so­nen auf dem Kon­ti­nent war – das war selbst für ei­ne gro­ße Stadt wie Ant­wer­pen mit rund 15.000 Ein­woh­nern ein Fremd­kör­per. So sind Dieb­stäh­le von Le­bens­mit­teln und Wein be­legt, die von der eng­li­schen Ver­wal­tung be­gli­chen und ge­ahn­det wur­den. Wäh­rend der An­rei­se nach Ko­blenz war es in Bonn zu nächt­li­chen blu­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen ge­kom­men, wo­für ei­ne un­ge­wöhn­lich ho­he Ent­schä­di­gungs­sum­me ge­zahlt wur­de. Ins­ge­samt ge­se­hen sind die Fäl­le von Kör­per­ver­let­zun­gen oder so­gar Tot­schlags­de­lik­ten je­doch sel­ten, auch wenn Edu­ards Ge­fol­ge in der Li­te­ra­tur ge­le­gent­lich als "no­to­risch rauf­lus­tig" be­zeich­net wird. Die Ab­rech­nun­gen las­sen sol­che Fäl­le nur als sin­gu­lär er­schei­nen.

Auch auf Nie­der­werth gab es im Lau­fe des Auf­ent­hal­tes Schä­den zu be­glei­chen: Hofan­ge­hö­ri­ge hat­ten Wein­gär­ten so­wie erz­bi­schöf­li­che Be­sit­zun­gen ver­wüs­tet. Na­tür­lich er­setz­te der eng­li­sche Hof die ent­stan­de­nen Kos­ten.

5. Der Aufenthalt in Koblenz

Am 30. Au­gust traf der eng­li­sche Hof auf der In­sel Nie­der­werth ein und wur­de of­fi­zi­ell durch Ver­tre­ter des Kai­sers, des Trie­rer Erz­bi­schofs so­wie „ver­schie­de­ne an­de­re Ma­gna­ten" be­grü­ßt. Es hei­ßt, dass die me­nes­tral­li ih­ren Dienst ver­rich­te­ten. Nun ver­bin­det sich mit dem Be­griff des me­nes­tral­lus ei­ne be­son­de­re Pro­ble­ma­tik, denn er ist eben­so mehr­deu­tig wie die auch in den her­an­ge­zo­ge­nen Quel­len be­nutz­te For­mu­lie­rung fa­ce­re me­ne­s­tra­ciam. Ein me­nes­tral­lus war nicht zwangs­läu­fig ein Mu­si­kant oder ein Spiel­mann, auch He­rol­de wer­den so be­zeich­net. Ur­sprüng­lich wa­ren un­ter die­sem Be­griff nie­de­re Haus­halts­an­ge­hö­ri­ge zu ver­ste­hen.

Wenn 1856 Chris­ti­an von Stram­berg das Auf­tre­ten die­ser me­nes­tral­li als mu­si­ka­li­schen Wett­streit be­schreibt (noch 1927 von Hans Bel­ling­hau­sen auf­ge­grif­fen), dann dürf­te das ein ty­pi­sches ge­dank­li­ches Pro­dukt des 19. Jahr­hun­derts sein. Rit­ter­my­thos und Mit­tel­al­ter­be­geis­te­rung lie­ßen ei­ne Art "Sän­ger­krieg auf Nie­der­werth" ver­mu­ten. Der "Sän­ger­kieg auf der Wart­burg", ein Ge­dicht des 13. Jahr­hun­derts, war von Ri­chard Wag­ner im Jahr 1845 im „Tann­häu­ser" auf­ge­grif­fen wor­den und da­her hoch­mo­dern.

Fak­tisch han­del­te es sich bei den me­nes­tral­li wohl eher um Ab­ge­sand­te ih­rer Dienst­her­ren - eben des Kai­sers, des Erz­bi­schofs und an­de­rer Ad­li­ger -, die im di­plo­ma­ti­schen Ein­satz of­fi­zi­ell auf­war­te­ten, da­bei viel­leicht auch – aber kei­nes­wegs aus­schlie­ß­lich - mu­si­zier­ten. Das Rech­nungs­buch no­tiert die dar­aus re­sul­tie­ren­den Aus­ga­ben un­ter dem Stich­wort 'He­rol­de', was eher auf ei­ne po­li­ti­sche Be­wer­tung denn als Ein­schät­zung ei­nes Un­ter­hal­tungs­pos­tens hin­deu­tet.

Es gab selbst­ver­ständ­lich auch an­ge­stell­te Mu­si­kan­ten am eng­li­schen Kö­nigs­hof. Nach dem En­de des Kind­betts der Kö­ni­gin spiel­ten zu ih­ren Eh­ren kai­ser­li­che Mu­si­kan­ten so­wie Spiel­leu­te der Her­zö­ge von Bra­bant und Gel­dern auf.

Be­reits wäh­rend der An­rei­se nach Ko­blenz hat­te der eng­li­sche Kö­nig mehr als 860 Li­ter Wein ge­schenkt be­kom­men – ei­ne durch­aus üb­li­che Art der Gast­freund­schaft und Eh­rer­wei­sung. Die ho­hen Qua­li­täts­an­sprü­che, die am eng­li­schen Hof grund­sätz­lich an Wein ge­stellt wur­den, las­sen sich durch ei­nen Hin­weis ver­an­schau­li­chen, der vom Fe­bru­ar 1338 – al­so we­ni­ge Mo­nat vor der Kon­ti­nen­t­rei­se – stammt. Man hat­te ei­ni­ge Fäs­ser Wein aus ei­nem La­ger nach Lon­don brin­gen las­sen, in der Rech­nung be­grün­det wird dies mit dem Hin­weis, dass in Lon­don nur al­ter und schlech­ter Wein vor­rä­tig ge­we­sen sei, den der Kö­nig und sein Ge­fol­ge nicht trin­ken woll­ten.

Auch Le­bens­mit­tel­ge­schen­ke wa­ren durch­aus üb­lich im spä­ten Mit­tel­al­ter. Die Ver­bün­de­ten lie­ßen nach Nie­der­werth eben­so Fi­sche brin­gen; Für die üb­ri­ge Zeit auf dem Kon­ti­nent sind aber ne­ben di­ver­sen Fisch­ar­ten auch Wild­schwei­ne, Hir­sche und (le­ben­de) Och­sen (die Gen­ter Knech­te, die die­sel­ben trie­ben, er­hiel­ten ei­ne Be­loh­nung) er­wähnt.

Die be­son­de­ren An­for­de­run­gen an ge­ho­be­ne Re­prä­sen­ta­ti­on las­sen sich für den Ko­blen­zer Reichs­tag – wie auch für die Rei­se ins­ge­samt – nach­wei­sen. Neue ro­bae aus Sei­de, fei­nen Woll­tu­chen und Lei­nen wa­ren zu ho­hen kirch­li­chen Fei­er­ta­gen und in Vor­be­rei­tung des Ko­blen­zer Tref­fens ge­schnei­dert wor­den. Oft­mals wa­ren sie be­stickt und erst­mals wur­den am eng­li­schen Kö­nigs­hof wäh­rend des Kon­ti­nen­tauf­ent­hal­tes wert­vol­le Knöp­fe ver­wen­det. Man stell­te Reich­tum und Macht zur Schau, auch wenn es um die Fi­nan­zen de fac­to eher schlecht be­stellt war und man von der Hand in den Mund leb­te. Es gab na­tür­lich auch Trends und Mo­den im spä­ten Mit­tel­al­ter. Aus ei­ner Ein­zelab­rech­nung geht her­vor, dass ein Über­wurf ad mo­dum Ale­man­niae an­ge­fer­tigt wer­den soll­te. Pracht­vol­le zwei­tei­li­ge Ro­ben wur­den im Som­mer 1338, al­so ver­mut­lich ei­gens für den Ko­blen­zer Tag für den eng­li­schen Kö­nig, den rö­misch-deut­schen Kai­ser, den Her­zog von Bra­bant so­wie für zwölf nur sum­ma­risch ge­nann­te eng­li­sche und deut­sche Ad­li­ge her­ge­stellt.

6. Das Treffen der Monarchen

Vor der ei­gent­li­chen Reichs­ver­samm­lung am 5. Sep­tem­ber gab es meh­re­re Vor­tref­fen: der Kö­nig, der Kai­ser, die Erz­bi­schö­fe von Trier und Mainz tra­fen am 31. Au­gust zu ei­ner Vor­be­spre­chung auf Nie­der­werth zu­sam­men. Erz­bi­schof Bal­du­in rich­te­te vier Ta­ge vor dem Reichs­tag ein gro­ßes Es­sen im Ko­blen­zer Flor­ins­stift aus. Heu­ti­ge Staats­be­su­che fin­den in an­de­ren Räum­lich­kei­ten statt, ha­ben aber ähn­li­che Ab­läu­fe.

Der gro­ße Tag war dann der 5. Sep­tem­ber: Der Ab­lauf der Er­eig­nis­se lässt sich durch ver­schie­de­ne, ein­an­der er­gän­zen­de Quel­len er­schlie­ßen. Zu­nächst wa­ren vier kai­ser­li­che me­nes­tral­li Edu­ard III. in ei­ner Bar­ke nach Nie­der­werth ent­ge­gen­ge­fah­ren und hat­ten ihn nach Ko­blenz ge­lei­tet. Un­ter frei­em Him­mel fand dann auf dem Flor­ins­markt, dem tra­di­tio­nel­len Ver­samm­lungs- und Fest­platz der Stadt, die Reichs­ver­samm­lung statt. Der Platz be­saß im 14. Jahr­hun­dert noch nicht sei­ne heu­ti­ge Aus­deh­nung, die Be­bau­ung war im Wes­ten nä­her, das Kauf- und Danz­haus noch nicht er­baut. Für den Kai­ser war ein Thron er­rich­tet wor­den. Die­ser er­schien im vol­len Or­nat, mit Kro­ne, Reichs­ap­fel in der lin­ken und Szep­ter in der rech­ten Hand. Ne­ben ihm, auf ei­nem et­was nied­ri­ge­ren Stuhl saß der eng­li­sche Kö­nig. Kai­ser Lud­wig IV. ver­kün­de­te meh­re­re be­deu­ten­de Reichs­ge­set­ze (zur Kö­nigs­wahl, zur Heer­fol­ge, zum Land­frie­den usw.) und be­voll­mäch­tig­te die drei Erz­bi­schö­fe und den eng­li­schen Kö­nig, sei­ne Aus­söh­nung mit der rö­mi­schen Ku­rie zu be­trei­ben.

Das aus eng­li­scher Sicht zen­tra­le Er­eig­nis war die Er­nen­nung Edu­ards III. zum Reichs­vi­kar durch den Kai­ser. Dar­über hin­aus ging man ge­gen­sei­ti­ge Ver­pflich­tun­gen im Hin­blick auf ein mi­li­tä­ri­sches En­ga­ge­ment ge­gen Frank­reich ein: ei­ne eng­li­sche Zah­lung von ins­ge­samt 400.000 Gul­den an den Kai­ser, Ver­pflich­tung zum Auf­ge­bot von 2.000 Hel­men/Krie­gern sei­tens des Kai­sers zum kom­men­den Mai. Die­se Ver­ein­ba­run­gen wur­den am fol­gen­den Tag be­ur­kun­det. Auch die Erz­bi­schö­fe von Trier und Mainz tra­ten ge­gen ho­he Sold­ver­pflich­tun­gen in ver­gleich­ba­re Diens­te. Die Ur­kun­den über die letzt­ge­nann­ten Ab­spra­chen wur­den erst am 15. Sep­tem­ber aus­ge­stellt.

Das Wis­sen um die vie­len De­tails be­ruht in ers­ter Li­nie auf in­su­la­ren Quel­len. We­ni­ge Aus­nah­men be­stä­ti­gen die Re­gel. Ge­ra­de für den Ko­blen­zer Reichs­tag er­fah­ren eng­li­schen Quel­len ei­ne Er­gän­zung durch das äl­tes­te über­lie­fer­te Stadt­buch von Ko­blenz. Es ent­hält Ein­trä­ge aus den Jah­ren 1327 bis 1369 so­wie ei­ni­ge Nach­trä­ge vom En­de des 14. und Be­ginn des 15. Jahr­hun­derts zu­meist zu Ver­wal­tungs- und ins­be­son­de­re zu fi­nan­zi­el­len Din­gen (Auf­nah­me von Neu­bür­gern, Ver­pach­tung der städ­ti­schen Ak­zi­se). Aber auch ei­ni­ge chro­nika­li­sche Nach­rich­ten wur­den no­tiert. Ein schwe­rer Sturm im Jahr 1335 fin­det eben­so Er­wäh­nung wie die Zu­sam­men­kunft von Kai­ser und eng­li­schem Kö­nig im Rah­men der Reichs­ver­samm­lung, als de­ren Ziel ein Kriegs­zug ge­gen Frank­reich ge­nannt wird.

Edu­ard III. nahm in Ko­blenz die Diens­te der Kanz­lei des Main­zer Erz­bi­schofs so­wie die des Kai­sers in An­spruch und ent­lohn­te No­ta­re, Schrei­ber und an­de­re Be­am­te aus­ge­spro­chen gro­ßzü­gig. Das Rech­nungs­buch hält meh­re­re sol­cher Zah­lun­gen fest. Grund für die Be­schäf­ti­gung der frem­den Be­am­ten mag ei­ner­seits die Ar­beits­be­las­tung des eng­li­schen Per­so­nals ge­we­sen sein, aber es mag auch das ge­gol­ten ha­ben, wo­mit kur­ze Zeit spä­ter ei­ne in Gent no­tier­te Zah­lung zu Guns­ten ei­ni­ger dor­ti­ger städ­ti­scher Be­am­ter be­grün­det wird, weil näm­lich die Be­am­ten des Kö­nigs nicht der vor Ort üb­li­chen For­mu­la­re mäch­tig wa­ren.

7. Die politische Bedeutung des Monarchentreffens

Das dem Eng­län­der über­tra­ge­ne Reichs­vi­ka­ri­at ist in der Ge­schich­te nur sehr sel­ten ver­ge­ben wor­den. Es wur­de zu­meist räum­lich be­grenzt, was wohl mit Rück­sicht auf den be­son­de­ren Sta­tus ei­nes Kö­nigs im Jahr 1338 nicht ge­schah. Die Be­deu­tung des für ganz Deutsch­land – nicht aber in Ita­li­en – gül­ti­gen Ti­tels (per totam Ale­man­niam et Ger­ma­niam) lag für Edu­ard III. in den da­mit ver­bun­de­nen Rech­ten ge­gen­über den Reichs­va­sal­len – er hat­te die Pflicht, die Reichs­rech­te wahr­zu­neh­men und die Be­fug­nis, im Na­men des Reichs­ober­haup­tes Be­feh­le zu er­tei­len und Ge­hor­sam zu ver­lan­gen.

Für Edu­ard III. ver­stärk­te das Reichs­vi­ka­ri­at sei­ne Rechts­stel­lung ge­gen­über dem fran­zö­si­schen Kö­nig, den Ver­bün­de­ten (oder auch po­ten­zi­el­len Ver­bün­de­ten) er­mög­lich­te es, ih­re Treu­pflicht ge­gen das Reich mit dem Ge­hor­sam ge­gen­über dem Kö­nig von Eng­land zu iden­ti­fi­zie­ren. Fi­nan­zi­ell brach­te der Ti­tel kei­ner­lei Ent­las­tung. Was er wert war, zeig­ten die kom­men­den Mo­na­te, die wie die Zeit zu­vor der schlich­ten Ei­gen­ge­setz­lich­keit von fi­nan­zi­el­len Nö­ten des Eng­län­ders und der Kamp­fe­s­un­wil­lig­keit der Ver­bün­de­ten folg­ten. Die ver­ein­bar­ten Leis­tun­gen wur­den mehr­fach ge­gen­sei­tig aus­ge­setzt, bei gleich­zei­ti­ger Be­to­nung der Bünd­nis­treue.

Dass der Eng­län­der stän­dig in fi­nan­zi­el­len Nö­ten steck­te, zeigt nur zu deut­lich, dass er dem Trie­rer Erz­bi­schof Bal­du­in im Fe­bru­ar des Fol­ge­jah­res die eng­li­sche Erb­kro­ne als Si­cher­heit für noch aus­ste­hen­de Zah­lun­gen über­ge­ben muss­te. Über meh­re­re Gläu­bi­ger­sta­tio­nen fand sie erst nach mehr als fünf Jah­ren wie­der in die Ver­fü­gung Edu­ards zu­rück.

In den Wo­chen nach dem Reichs­tag lud Edu­ard kraft des neu­en Am­tes zu ei­ni­gen Tref­fen (zum Bei­spiel in Me­cheln) ein. Ins­ge­samt zeu­gen aber nur we­ni­ge er­hal­te­ne Do­ku­men­te von den Hand­lun­gen, die er in die­sem Rah­men vor­nahm; so nahm er bei­spiels­wei­se ei­ni­ge kon­ti­nen­ta­le Gro­ße in sei­nen Rat auf.

Im April 1341 nahm Lud­wig der Bay­er, der sich be­reits seit län­ge­rer Zeit dem fran­zö­si­schen Kö­nig an­ge­nä­hert hat­te, mit ei­ner Ur­kun­de das dem Eng­län­der ver­lie­he­ne Vi­ka­ri­at zu­rück. Die mit der Über­tra­gung ver­bun­de­nen fi­nan­zi­el­len Er­war­tun­gen hat­ten sich nicht er­füllt, es be­stand für den Kai­ser kei­ne Mo­ti­va­ti­on mehr dar­an fest­zu­hal­ten. Die Rück­nah­me des Ti­tels wur­de erst nach zwei Mo­na­ten dem Eng­län­der mit­ge­teilt. Als of­fi­zi­el­ler Grund wur­de an­ge­ge­ben, dass Edu­ard III. oh­ne kai­ser­li­ches Wis­sen ei­nen Waf­fen­still­stand mit Phil­ipp von Va­lois (Re­gie­rungs­zeit 1326-1350) ge­schlos­sen ha­be. Lud­wigs ver­mut­li­ches Haupt­mo­tiv, die Hoff­nung auf ei­ne Wie­der­an­nä­he­rung an die rö­mi­sche Ku­rie, er­füll­te sich je­doch nicht. So hat­te Papst Be­ne­dikt XII. die Über­tra­gung des Reichs­vi­ka­ria­tes auf das Schärf­te kri­ti­siert.

Be­reits in den Mo­na­ten zu­vor war das Ver­hält­nis zwi­schen Kai­ser Lud­wig IV. und Kö­nig Edu­ard III. merk­lich ab­ge­kühlt. Jo­han­na, die klei­ne, fünf Jah­re al­te eng­li­sche Prin­zes­sin, die im Som­mer 1338 von Ant­wer­pen aus zu ih­rer Tan­te, der Kai­se­rin Mar­ga­re­the ge­bracht wor­den war, wur­de im Früh­ling 1340 auf Be­fehl ih­res Va­ters wie­der an den eng­li­schen Hof in die Nie­der­lan­de zu­rück ge­holt. Das vor­ge­se­he­ne Hei­rats­pro­jekt mit dem Sohn des Her­zogs von Ös­ter­reich hat­te sich nicht so ent­wi­ckelt, wie man er­hofft hat­te.

8. Resümee

Am Bei­spiel ei­nes be­son­de­ren Er­eig­nis­ses, dem Ko­blen­zer Reichs­tag des Jah­res 1338, wur­de ver­sucht, ein Schlag­licht auf De­tails der An­fangs­zeit des Hun­dert­jäh­ri­gen Krie­ges zu wer­fen. Dies ist mög­lich auf der her­vor­ra­gen­den Grund­la­ge, die die eng­li­sche Quel­len­über­lie­fe­rung bie­tet.

Zahl­rei­che Un­ter­la­gen bie­ten Ein­sich­ten in das Hof­ge­fü­ge und das Le­ben ei­nes kom­ple­xen, vie­le hun­dert Köp­fe um­fas­sen­den Ge­bil­des. Die Re­kon­struk­ti­on vie­ler Ein­zel­hei­ten ist mög­lich. Da­bei gibt es al­ler­dings Gren­zen: Die Rou­ti­ne, mit der Aus­ga­ben no­tiert wur­den, führ­te zu weit­ge­hen­den Ver­kür­zun­gen der All­täg­lich­kei­ten. So reich­hal­tig und weit­ge­hend ge­schlos­sen ins­be­son­de­re aus kon­ti­nen­ta­ler Sicht die in­su­la­re Über­lie­fe­rung wirkt, die "mehr an­deu­ten­de als aus­füh­ren­de Karg­heit ih­rer Aus­sa­gen und die aus­schlie­ß­li­che Be­schrän­kung auf die hand­fest pe­ku­niä­ren As­pek­te des Da­seins" (Jans­sen 1970, S. 223) kenn­zeich­net den be­son­de­ren, aber im­mer­hin ein­zig­ar­ti­gen, Cha­rak­ter von (Ab-)Rech­nun­gen. Ge­ra­de weil die we­ni­gen er­hal­te­nen Un­ter­la­gen im heu­ti­gen Bel­gi­en und in Deutsch­land noch nicht ein­mal an­satz­wei­se ei­ne lü­cken­lo­se Re­kon­struk­ti­on der Er­eig­nis­se und Ver­hält­nis­se er­mög­li­chen, ge­winnt der Blick auf ei­ne lan­ge Zeit nicht be­ach­te­te Quel­len­gat­tung an Be­deu­tung.

Quellen

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Stadt­ar­chiv Ko­blenz: Be­stand 623, Nr. 4148 (äl­tes­tes Ko­blen­zer Stadt­buch).

Literatur

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Zitationshinweis

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Andre, Elsbeth, 1338 - Der englische König in Koblenz. Eduard III. und das Reich zu Beginn des Hundertjährigen Krieges, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/1338---der-englische-koenig-in-koblenz.-eduard-iii.-und-das-reich-zu-beginn-des-hundertjaehrigen-krieges/DE-2086/lido/57d1203ed576a4.61129631 (abgerufen am 19.03.2024)