Die Vertretung rheinischer Städte im Preußischen Herrenhaus 1854-1918

Joachim Lilla (Krefeld)

Mitglieder des Herrenhaus, 1862 – nach Photographien gezeichnet von S. Weiß, Scan aus: Illustrierten Zeitung Nr. 978, 29. März 1862, S. 209. (Zentral- und Landesbibliothek Berlin / Berlin-Studien)

„Ich ha­be den ver­stor­be­nen Bun­des­kanz­ler, der zwi­schen Her­ren­haus und dem Bon­ner Bun­des­tag so man­che be­ra­ten­de Ver­samm­lung er­leb­te, ein­mal ge­fragt, wel­ches Par­la­ment sei­ner Mei­nung nach das höchs­te Ni­veau ge­habt ha­be. Ade­nau­ers Ant­wort war über­ra­schend: ‚Das preu­ßi­sche Her­ren­haus‘, sag­te er.“ (Go­lo Mann)[1]. Der fol­gen­de Bei­trag möch­te am Bei­spiel der zur Ver­tre­tung im Her­ren­haus be­rech­tig­ten rhei­ni­schen Städ­te auf­zei­gen, wie es zur Be­ru­fung von Ver­tre­tern der Städ­te in das Her­ren­haus kam, wie das Ver­fah­ren von Prä­sen­ta­ti­on und Be­ru­fung aus­sah, schlie­ß­lich, wel­che Per­so­nen ih­re Städ­te im Her­ren­haus re­prä­sen­tier­ten.

 

1. Rechtsgrundlagen

Durch die Ver­fas­sungs­ur­kun­de für den Preu­ßi­schen Staat vom 5.12.1848 wur­den zwei „Kam­mern“ er­rich­tet, die die „ge­setz­ge­ben­de Ge­walt ge­mein­sam mit dem Kö­ni­g“ aus­üb­ten. Die Ers­te Kam­mer hat­te 180 Mit­glie­der, die Zwei­te 350, bei­de wur­den durch von Ur­wäh­lern ge­wähl­te Wahl­män­nern ge­wählt. Für die Ers­te Kam­mer wa­ren bei­spiels­wei­se im Re­gie­rungs­be­zirk Düs­sel­dorf zehn Ab­ge­ord­ne­te zu wäh­len, für die Zwei­te Kam­mer 19. An den bei­den Kam­mern wur­de auch in der so­ge­nann­ten ok­troy­ier­ten preu­ßi­schen Ver­fas­sungs­ur­kun­de vom 31.1.1850 fest­ge­hal­ten, je­doch hin­sicht­lich der Ers­ten Kam­mer mit dem Un­ter­schied, dass nur noch ein Teil der Mit­glie­der aus Wah­len her­vor­ging, der Gro­ß­teil hin­ge­gen auf­grund per­sön­li­cher Be­rech­ti­gung der Kam­mer au­to­ma­tisch an­ge­hör­te oder vom Kö­nig er­nannt wur­de. 90 Mit­glie­der wa­ren in Wahl­krei­sen nach ei­nem be­stimm­ten Wahl­mo­dus zu wäh­len, zu­dem die 30 „von den Ge­mein­de­rä­then ge­wähl­ten Mit­glie­der aus den grö­ße­ren Städ­ten des Lan­des“. Aus der Rhein­pro­vinz wa­ren dies (An­la­ge B zum Ge­setz über die Bil­dung der Ers­ten Kam­mer vom 4.8.1852) acht Städ­te: je­weils ein Ab­ge­ord­ne­ter war in Aa­chen, Bar­men (heu­te Stadt Wup­per­tal), Düs­sel­dorf, El­ber­feld (heu­te Stadt Wup­per­tal), Ko­blenzKre­feld und Trier zu ent­sen­den, in Köln wa­ren es zwei Ab­ge­ord­ne­te.

Die­se Re­ge­lung wur­de durch das Ge­setz vom 7.5.1853, be­tref­fend die Bil­dung der Ers­ten Kam­mer da­hin­ge­hend mo­di­fi­ziert, dass die Ers­te Kam­mer fort­an „durch Kö­nig­li­che An­ord­nung ge­bil­de­t“ wer­de, sie soll­te „aus Mit­glie­dern, wel­che der Kö­nig mit erb­li­cher Be­rech­ti­gung oder auf Le­bens­zeit be­ruf­t“, zu­sam­men­ge­setzt sein. Die er­wähn­te „Kö­nig­li­che An­ord­nun­g“ er­folg­te am 12.10.1854 durch die Ver­ord­nung we­gen Bil­dung der Ers­ten Kam­mer vom 12.10.1854. Hier­nach be­stand die Ers­te Kam­mer:

  1. „aus den Prin­zen Un­se­res Kö­nig­li­chen Hau­ses, wel­che Wir [...] in die Ers­te Kam­mer zu be­ru­fen Uns vor­be­hal­ten“,
  2. aus Mit­glie­dern mit erb­li­cher Be­rech­ti­gung; dies wa­ren die Häup­ter der Fürst­li­chen Häu­ser von Ho­hen­zol­lern-Hechin­gen und Ho­hen­zol­lern-Sig­ma­rin­gen, die nach Bun­des­ak­te von 1815 zur Stand­schaft be­rech­tig­ten Häup­ter der vor­ma­li­gen reichs­stän­di­schen Häu­ser in Preu­ßen (15 Stan­des­her­ren) und die üb­ri­gen zur Her­ren­ku­rie des Ver­ei­nig­ten Land­ta­ges be­ru­fe­nen Fürs­ten, Gra­fen und Her­ren (56 Mit­glie­der), fer­ner die Per­so­nen, de­nen vom Kö­nig „das erb­li­che Recht auf Sitz und Stim­me“ ver­lie­hen wird (§ 2).
  3. Schlie­ß­lich aus Mit­glie­dern, „wel­che auf Le­bens­zeit von Uns be­ru­fen sin­d“, al­so die In­ha­ber der vier obers­ten preu­ßi­schen Kron­äm­ter, des Wei­te­ren fol­gen­de, dem Kö­nig zu „prä­sen­tie­ren­den“ Per­so­nen: drei Ver­tre­ter der Dom­stif­te, 109 Ver­tre­ter di­ver­ser Adels- und Land­schafts­ver­bän­de, sechs Pro­fes­so­ren der Lan­des­uni­ver­si­tä­ten, die zu­nächst 29 (bis 1909 dann 51) Städ­te und ei­ne un­be­grenz­te An­zahl von Per­so­nen, die der Kö­nig „aus be­son­de­rem Ver­trau­en“ be­ru­fen konn­te, aus die­sen wur­den „Kron-Syn­di­ci“ be­stellt, de­nen wich­ti­ge Rechts­fra­gen zur Be­gut­ach­tung vor­ge­legt wer­den soll­ten (§§ 3, 4). Für die Mit­glied­schaft war fer­ner – au­ßer bei den Prin­zen des Kö­nig­li­chen Hau­ses – „ein Al­ter von drei­ßig Jah­ren er­for­der­li­ch“ (§ 7). „Das Recht der Mit­glied­schaft in der Ers­ten Kam­mer er­lischt bei den­je­ni­gen Mit­glie­dern, die [...] prä­sen­tirt wer­den, mit dem Ver­lus­te der Ei­gen­schaft, in wel­cher die Prä­sen­ta­ti­on er­folgt ist.“ (§ 8)

Durch Ge­setz vom 30.5.1855 wur­de die Ers­te Kam­mer in „Her­ren­haus“, die Zwei­te Kam­mer in „Ab­ge­ord­ne­ten­haus“ um­be­nannt. Gleich­zei­tig wur­de be­stimmt, dass das Her­ren­haus nur be­schluss­fä­hig sei, wenn min­des­tens 60 „zu Sitz und Stim­me be­ru­fe­ne Mit­glie­der an­we­send sin­d“.

Das Preußische Herrenhaus in Berlin, um 1904.

 

2. Vertretung der Städte

Bei der Aus­wahl der Städ­te, die das Recht zur Prä­sen­ta­ti­on er­hiel­ten, wa­ren fol­gen­de Kri­te­ri­en ma­ß­ge­bend: „Ein­woh­ner­zahl plus his­to­ri­sche Be­deu­tung plus ‚ge­fes­tig­te Ver­hält­nis­se‘, was prak­tisch ein eta­blier­tes Stadt­bür­ger­tum und wirt­schaft­lich-kul­tu­rel­le Ein­rich­tun­gen be­deu­te­te.“[2] Die­se Kri­te­ri­en wa­ren für die Zeit der Ein­rich­tung noch pas­send, spä­ter aber nicht mehr. Aus der Rhein­pro­vinz ge­hör­ten 1854 sie­ben Städ­te zu den zu­nächst 29 preu­ßi­schen Städ­ten, de­nen vom Kö­nig das Recht ver­lie­hen wur­de, „für die Ers­te Kam­mer ein Mit­glied zur Be­ru­fung auf Le­bens­zeit zu prä­sen­tie­ren“: Aa­chen, Düs­sel­dorf, El­ber­feld, Ko­blenz, Köln, Kre­feld, Trier. Bar­men war (im Ge­gen­satz zum bis­he­ri­gen Wahl­recht zur Ers­ten Kam­mer) zu­nächst nicht be­rech­tigt, um die Zahl der rhei­ni­schen Städ­te zu be­gren­zen, soll­te aber durch El­ber­feld mit re­prä­sen­tiert wer­den. Es er­hielt aber im Herbst 1860 die­ses Recht, zu­sam­men mit Bonn. Spä­ter folg­ten dann no­ch Es­sen (1876) un­d Duis­burg (1892). Wei­te­re Städ­te, wie Rem­scheid, So­lin­gen, Rhe­ydt (heu­te Stadt Mön­chen­glad­bach), Dü­ren, Mön­chen­glad­bach, Mül­heim an der RuhrSaar­brü­cken be­müh­ten sich in den Jahr­zehn­ten bis zum Ers­ten Welt­krieg er­folg­los um die­ses Recht. Rem­scheid und Mön­chen­glad­bach bei­spiels­wei­se wa­ren für das Preu­ßi­sche Staats­mi­nis­te­ri­um im Fe­bru­ar 1892 „als In­dus­trie­städ­te mit über­wie­gen­der Ar­bei­ter­be­völ­ke­run­g“ nicht prä­sen­ta­bel, ers­te­re war spä­ter als Sitz de­s Volks­ver­eins für das ka­tho­li­sche Deutsch­land auch po­li­tisch su­spekt. Bis 1892 wa­ren ins­ge­samt 50 Städ­te im Be­sitz des Prä­sen­ta­ti­ons­rechts, dar­un­ter elf Städ­te aus der Rhein­pro­vinz. Ab 1892 be­stand fak­tisch ei­ne Sper­re für die Zu­las­sung wei­te­rer Prä­sen­ta­tio­nen (ei­ne Aus­nah­me bil­de­te 1905 nur die Stadt Char­lot­ten­burg), un­ter an­de­rem weil die preu­ßi­sche Staats­re­gie­rung dar­um be­sorgt war, dass im Her­ren­haus der Grund­be­sitz nicht ma­jo­ri­siert wer­den dür­fe. Er­geb­nis war, dass ge­gen En­de der Mon­ar­chie von den 50 grö­ß­ten Städ­ten in Preu­ßen nur 17 prä­sen­ta­ti­ons­be­rech­tigt wa­ren. 1917, wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges, wur­de er­ör­tert, wei­te­ren Städ­ten, dar­un­ter aus der Rhein­pro­vinz Mül­heim an der Ruhr, Saar­brü­cken und Ham­born (heu­te Stadt Duis­burg), das Prä­sen­ta­ti­ons­recht zu ge­wäh­ren, zu ei­ner Ent­schei­dung ist es aber nicht mehr ge­kom­men. Die Mehr­zahl der von den rhei­ni­schen Städ­ten prä­sen­tier­ten Per­so­nen wa­ren de­ren Ober­bür­ger­meis­ter, ob­wohl in den ers­ten Jahr­zehn­ten meh­re­re Städ­te auch ei­nen (un­be­sol­de­ten) Bei­ge­ord­ne­ten prä­sen­tier­ten. Die kon­fes­sio­nel­le Aus­rich­tung der Prä­sen­tier­ten bie­tet kei­ne gro­ße Über­ra­schung: durch­gän­gig Ka­tho­li­ken gab es in Aa­chen und Ko­blenz, nur Evan­ge­li­sche in Bar­men, El­ber­feld, Duis­burg, Es­sen und Kre­feld (hier­un­ter ein Men­no­nit); mehr­heit­lich Ka­tho­li­ken ka­men aus Bonn, Köln und Trier, mehr­heit­lich Evan­ge­li­sche aus Düs­sel­dorf. Zwei der Prä­sen­tier­ten wur­den nach Ab­lauf ih­res Man­dats vom Kö­nig „aus be­son­de­rem kö­nig­li­chen Ver­trau­en“ für ih­re Per­son er­neut ins Her­ren­haus be­ru­fen, meh­re­re Prä­sen­tier­te ge­hör­ten vor oder nach ih­rer Amts­zeit in ei­ner der rhei­ni­schen Städ­te für ei­ne an­de­re Stadt eben­falls dem Her­ren­haus an – so ge­hör­te et­wa Adal­bert Oeh­ler nach­ein­an­der dem Her­ren­haus an für Hal­ber­stadt, Kre­feld und Düs­sel­dorf.

Adalbert Oehler, Poträtfoto, um 1910. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Hin­sicht­lich des Ver­fah­rens der Prä­sen­ta­ti­on be­stimm­te § 5 der Ver­ord­nung vom 12.10.1854, dass „die von den Städ­ten zu prä­sen­ti­ren­den [Ver­tre­ter] von dem Ma­gis­tra­te, oder in Er­man­ge­lung ei­nes kol­le­gia­li­schen Vor­stan­des von den üb­ri­gen kom­mu­nal­ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Ver­tre­tern der Stadt aus der Zahl der Ma­gis­trats­mit­glie­der er­wähl­t“ wird. Da es in der Rhein­pro­vinz na­he­zu kei­ne Städ­te mit Ma­gis­trats­ver­fas­sung gab, galt hier der Grund­satz, dass die zu Prä­sen­tie­ren­den von den Stadt­ver­ord­ne­ten aus den Mit­glie­dern des Ge­mein­de­vor­stan­des (Bür­ger­meis­ter, Bei­ge­ord­ne­te) zu wäh­len wa­ren. Wie die­ses Ver­fah­ren im Ein­zel­nen prak­ti­ziert wur­de, soll an ei­ni­gen Bei­spie­len aus Kre­feld ge­zeigt wer­den: Bei der ers­ten, 1854 fäl­li­gen Prä­sen­ta­ti­on for­der­te der Ober­prä­si­dent der Rhein­pro­vinz die Stadt Kre­feld am 4. No­vem­ber zur „so­for­ti­gen Ab­hal­tung der zur Aus­übung die­ses Prä­sen­ta­ti­ons­rechts er­for­der­li­chen Wahl“ auf. Die Stadt un­ter­brei­te­te dem Kö­nig dann am 11. No­vem­ber ih­ren Vor­schlag (Ober­bür­ger­meis­ter Hein­rich On­de­reyck) mit der Bit­te, der Wahl „Ih­re Al­ler­gnä­digs­te Zu­stim­mung zu ert­hei­len“. Der Kö­nig be­rief hier­auf durch Al­ler­höchs­te Ord­re vom 25. No­vem­ber den Kre­fel­der Ober­bür­ger­meis­ter in die Ers­te Kam­mer. Die­ses Ver­fah­ren ist im Grund­satz bis 1918 un­ver­än­dert ge­blie­ben. Die Stadt Kre­feld prä­sen­tier­te stets – mit ei­ner Aus­nah­me (Bei­ge­ord­ne­ter Wil­helm Jent­ges 1882-1884) – ih­ren Ober­bür­ger­meis­ter zur Be­ru­fung ins Her­ren­haus. Bei der letz­ten Prä­sen­ta­ti­on, im Jah­re 1911, lief der Vor­gang fol­gen­der­ma­ßen ab: Der Ober­prä­si­dent un­ter­rich­te­te den Kre­fel­der Ober­bür­ger­meis­ter dar­über, dass, nach­dem der 1905 „auf Prä­sen­ta­ti­on der Stadt Kre­feld zum Mit­glied des Her­ren­hau­ses be­ru­fe­ne Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Oeh­ler das Recht zur Mit­glied­schaft des Her­ren­hau­ses ge­mäß § 8 der Ver­ord­nung vom 12. Ok­to­ber 1854 ver­lo­ren hat, [...] der Mi­nis­ter des In­nern durch Al­ler­höchs­ten Er­laß vom 23. Ja­nu­ar d. Js. er­mäch­tigt wor­den [ist], ei­ne an­der­wei­ti­ge Prä­sen­ta­ti­ons­wahl für das Her­ren­haus sei­tens der Stadt Kre­feld her­bei­zu­füh­ren“ und er­such­te, „die­se Wahl zu ver­an­las­sen“. In Kre­feld wur­de die Prä­sen­ta­ti­ons­wahl am 21. Fe­bru­ar durch­ge­führt, dem Ober­prä­si­den­ten noch am glei­chen Tag über den Vor­schlag (Ober­bür­ger­meis­ter Jo­han­nes Jo­han­sen) be­rich­tet. Un­ter dem 18. März teil­te der Mi­nis­ter des In­nern dem Ober­bür­ger­meis­ter mit: „Des Kö­nigs Ma­jes­tät ha­ben ge­ruht, auf Prä­sen­ta­ti­on sei­tens der Stadt Crefeld durch Al­ler­höchs­ten Er­laß vom 17. d. Mts. Eue­re Hoch­wohl­ge­bo­ren [...] als Mit­glied des Her­ren­hau­ses auf Le­bens­zeit zu be­ru­fen“. Be­reits am 20.3.1911 über­mit­tel­te der Di­rek­tor des Her­ren­hau­ses Ober­bür­ger­meis­ter Jo­han­sen zwei For­mu­la­re be­tref­fend sei­ne Per­so­nal­ver­hält­nis­se und die mit den Frei­fahr­schei­nen zu be­nut­zen­den Ei­sen­bahn­stre­cken mit ent­spre­chen­den Er­läu­te­run­gen. Ob­wohl die Be­ru­fun­gen der Ver­tre­ter der Städ­te „auf Le­bens­zeit“ er­folg­ten, er­losch nach § 8 der Ver­ord­nung vom 12.10.1854 das Man­dat „bei den­je­ni­gen Mit­glie­dern, die [...] prä­sen­tirt wer­den, mit dem Ver­lus­te der Ei­gen­schaft, in wel­cher die Prä­sen­ta­ti­on er­folgt ist.“ Das hei­ßt, der 1911 aus dem Amt des Ober­bür­ger­meis­ters in Kre­feld aus­schei­den­de Dr. Oeh­ler ver­lor sei­ne Mit­glied­schaft im Her­ren­haus für Kre­feld, in sei­nem neu­en Amt in Düs­sel­dorf muss­te das Prä­sen­ta­ti­ons­ver­fah­ren neu ein­ge­lei­tet wer­den. So muss­te 1911 der Mi­nis­ter des In­nern gleich drei „Prä­sen­ta­ti­ons­wah­len für Düs­sel­dorf, Crefeld und Min­den […] bei Er­le­di­gung der be­ste­hen­den Mit­glied­schaf­ten“ an­ord­nen, Min­den hat­te Dr. Jo­han­sen zu­vor im Her­ren­haus ver­tre­ten.

Johannes Johansen, Porträtfoto, 1920er Jahre. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Mit dem En­de der Mon­ar­chie im No­vem­ber 1918 en­de­te das Ver­fas­sungs­or­gan Her­ren­haus. Wohl ei­ne der letz­ten Prä­sen­ta­tio­nen zum Her­ren­haus fand im Herbst 1918 in Es­sen statt, des­sen Ober­bür­ger­meis­ter Wil­helm Hol­le (1866-1945) am 1.7.1918 aus dem Amt ge­schie­den war. Der neue Ober­bür­ger­meis­ter Hans Lu­ther wur­de am 4.10.1918 von der Es­se­ner Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung ge­wählt und am 6. No­vem­ber vom Ober­prä­si­den­ten zur Prä­sen­ta­ti­on vor­ge­schla­gen; die An­ge­le­gen­heit fand dann durch die Re­vo­lu­ti­on ih­re Er­le­di­gung. An der Kre­fel­der Über­lie­fe­rung lässt sich das En­de des Her­ren­hau­ses nach­voll­zie­hen: Nach­dem das Her­ren­haus durch Ver­ord­nung der preu­ßi­schen Staats­re­gie­rung vom 15.11.1918 „be­sei­tig­t“ wor­den war, lud des­sen Prä­si­dent Diet­lof Graf von Ar­nim-Boit­zen­burg (1868–1933) am 23. No­vem­ber te­le­gra­phisch zu ei­ner Ge­samt­vor­stands­sit­zung für den 28. No­vem­ber in sei­ne Dienst­woh­nung ein. Ge­gen­stand der Sit­zung soll­te sein: „Be­spre­chung über Ein­le­gung ei­nes Pro­tes­tes ge­gen die Be­sei­ti­gung des Her­ren­hau­ses“. Der so ein­ge­la­de­ne Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Jo­han­sen be­dau­er­te, „aus dienst­li­chen Grün­den [...] zur Zeit Kre­feld nicht ver­las­sen zu kön­nen“. Die Ak­te en­det An­fang 1919 mit ei­ni­gen Druck­sa­chen so­wie Schrei­ben des Gra­fen von Ar­nim we­gen der Frei­fahr­kar­ten der Her­ren­haus­mit­glie­der.

3. Die städtischen Mitglieder des Herrenhauses

Die von den be­rech­tig­ten rhei­ni­schen Städ­ten prä­sen­tier­ten Mit­glie­der des Her­ren­hau­ses (Da­ten des Ein­tritts und des En­des des Man­dats) – in der Rei­hen­fol­ge der Ma­tri­kel[3]:

3.1 Koblenz

Chris­ti­an Ha­an (1783–1857), ka­tho­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (22.6.1855 be­ru­fen, nicht ein­ge­tre­ten)
Hu­bert Ca­den­bach (1800–1867), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (26.4.1858–22.3.1867)
Dr. Ju­li­us We­ge­ler (ge­bo­ren 1807), ka­tho­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (17.6.1868 be­ru­fen, Ju­li 1869 aus­ge­schie­den)
Franz May­er (ge­bo­ren 1809), ka­tho­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (4.3.1872–18.2.1877)
Franz Adams (1828–1891), ka­tho­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (7.12.1878–11.9.1891†)
Emil Schül­ler (1843–1900), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (14.1.1892–8.5.1900†)
Karl Ort­mann (1859–1914), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (8.1.1902–1.11.1914†)
Bern­hard Clos­ter­mann (1874–1919), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (15.5.1915 be­ru­fen, nicht ein­ge­tre­ten) 

3.2 Düsseldorf

Lud­wig Ham­mers (1822–1902), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (30.11.1855–31.7.1876)
Wil­helm Be­cker (1835–1924), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (25.1.1878–31.5.1886)
Ernst Lin­de­mann (1833–1900), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (18.3.1887–1.6.1899)
Wil­helm Marx (1851–1924), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (9.1.1899–16.1.1911)
Adal­bert Oeh­ler (1861–1943), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (4.4.1911–No­vem­ber 1918)

3.3 Krefeld

Hein­rich On­de­reyck (1801–1876), re­for­miert, Ober­bür­ger­meis­ter (30.11.1854–1.2.1872)
Chris­ti­an Roos (1827–1882), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (4.3.1872–1. 1.1882)
Wil­helm Jent­ges (1825–1884), men­no­ni­tisch, Bei­ge­ord­ne­ter (11.1.1883–16.6.1884†)
Ernst Kü­per (1835–1912), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (14.1.1886–1.4.1903)
Wil­helm Ham­mer­schmidt (1859–1924), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (16.1.1904–6.4.1905)
Adal­bert Oeh­ler (1861–1943), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (5.12.1905–17. 1.1911)
Jo­han­nes Jo­han­sen (1870–1945), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (4.4.1911–Nov. 1918)

Hans Luther, Porträtfoto. (Stadtbildstelle Essen)

 

3.4 Barmen (seit Herbst 1860, bis 1860 durch Elberfeld mit repräsentiert)

Da­ni­el von der Heydt (1802–1874), evan­ge­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter in El­ber­feld (30.11.1854–19.5.1860)
Au­gust En­gels (1797–1874), evan­ge­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (10.1.1861–26.4.1874†)
Au­gust Bredt (1817–1895), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (16.1.1875–1.10.1879 [3.10.1879 „aus be­son­de­rem kö­nigl. Ver­trau­en“ er­neut be­ru­fen])
Fried­rich Weg­ner (1836–1898), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (22.1.1880–1.7.1898)
Au­gust Lent­ze (1860–1945), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (15.6.1899–30.6.1906)
Ge­org Voigt (1866–1927), evan­ge­lisch-lu­the­risch, Ober­bür­ger­meis­ter (3.5.1907–30.9.1912)
Paul Hart­mann (1869–1942), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (29.1.1913 –Nov. 1918)

3.5 Elberfeld

Da­ni­el von der Heydt (1802–1874), evan­ge­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (30.11.1854–19.5.1860)
Pe­ter v. Car­nap (1823–1904), evan­ge­lisch-re­for­miert, Bei­ge­ord­ne­ter (14.1.1861–26.11.1869)
Theo­dor Diet­ze (1824–1908), evan­ge­lisch-lu­the­risch, Bei­ge­ord­ne­ter (4.3.1872–1.5.1891)
Adolf Ja­e­ger (1832–1899), evan­ge­lisch-lu­the­risch, Ober­bür­ger­meis­ter (14.1.1892–8.6.1899†)
Wil­helm Funck (1858–1923), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (9.5.1900–Nov. 1918)

3.6 Essen (seit 1876)

Gus­tav Ha­che (1835–1886), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (19.11.1878–11.1.1886†)
Erich Zwei­gert (1849–1906), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (15.1.1887–27.5.1906†)
Wil­helm Hol­le (1866–1945), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (13.3.1907–1.7.1918)
Hans Lu­ther (1879–1962), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (4.10.1918 ge­wählt, nicht mehr be­ru­fen)

Daniel von der Heydt, Porträt, Gemälde, Öl auf Leinwand, um 1851/1874. (Rheinisches Bildarchiv Köln)

 

3.7 Köln

Jo­seph Stupp (1793–1870), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (25.4.1855–27.5.1863)
Gus­tav von Me­vis­sen (1815–1899), ka­tho­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (6.8.1866–6.8.1891 [12.10.1891 „aus be­son­de­rem kö­nigl. Ver­trau­en“ er­neut be­ru­fen])
Wil­helm Be­cker, evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (14.1.1892–1.10.1907)
Max Wall­raf (1859–1941), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (26.2.1908–[8.8.]1917)
Kon­rad Ade­nau­er (1876–1967), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (20.3.–Nov. 1918)

3.8 Bonn

Leo­pold Kauf­mann (1821–1898), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (23.1.1861–10.5.1875) 
Her­mann Do­e­tsch (1831–1895), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (12.1.1877–1.10.1891) 
Wil­helm Spi­ri­tus (1854–1931), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (22.3.1892–24.1.1919)

3.9 Trier

Wil­helm Lautz (1795–1863), evan­ge­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (30.11.1855–31.1.1863†)
Fer­di­nand Meu­rin (ge­bo­ren 1790), ka­tho­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (13.4.1863 be­ru­fen, nicht ein­ge­tre­ten, 22.3.1864 aus­ge­schie­den)
Pe­ter Kü­chen (ge­bo­ren 1808), ka­tho­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (15.1.1866–Fe­bru­ar 1873)
Va­len­tin Rau­ten­strauch (1832–1884), ka­tho­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (16.12.1873–19.10.1884†)
Karl de Nys (1833–1907), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (14.1.1886–31.7.1904)
Al­bert von Bruch­hau­sen (1859–1948), Ober­bür­ger­meis­ter (15.2.1905–No­vem­ber 1918) 

3.10 Aachen

Karl Graf von Nel­les­sen (1800–1871), ka­tho­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (30.11.1854–21.4.1871†)
Theo­dor Frei­herr Geyr von Schwep­pen­burg (1806–1882), ka­tho­lisch, Bei­ge­ord­ne­ter (23.10.1873–4.7.1882†)
Lud­wig Pel­zer (1835–1915), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (24.3.1884–11.3.1896)
Phil­ipp Velt­mann (1859–1916), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (20.11.1896–13.2.1916†)
Wil­helm Far­wick (1863–1941), ka­tho­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (18.10.1917 –No­vem­ber 1918)

Oberbürgermeister Konrad Adenauer bei der Teilnahme an den offiziellen Feierlichkeiten anlässlich des Abzugs von Besatzungstruppen aus dem Rheinland, 21.3.1926. (Rheinisches Bildarchiv)

 

3.11 Duisburg (seit 1892)

Karl Lehr (1842–1919), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (15.6.1892–30.6.1914)
Karl Jar­res (1874–1951), evan­ge­lisch, Ober­bür­ger­meis­ter (15.3.1915–No­vem­ber 1918)

Quellen

Stadt­ar­chiv Kre­feld Be­stand 4, Nr. 51 und 52: Be­stand P Nr. 83 (OB Dr. Jo­han­sen).  
Ge­setz-Samm­lung für die Kö­nig­li­chen Preu­ßi­schen Staa­ten 1852, 1854, 1860, Preu­ßi­sche Ge­setz­samm­lung 1918.

Literatur

Hand­buch für das Her­ren­haus, hg. von E. Da­vid, Di­rek­tor bei dem Her­ren­hau­se. Ab­ge­schlos­sen am 20. No­vem­ber 1911, Ber­lin 1911.
Lil­la, Joa­chim (Hg.), Kre­fel­der Ab­ge­ord­ne­te, Kre­feld 2000.
Lil­la, Joa­chim, Der Vor­läu­fi­ge Reichs­wirt­schafts­rat 1920 bis 1933/34. Ei­ne Do­ku­men­ta­ti­on, Düs­sel­dorf 2012.
Mann, Go­lo, Das En­de Preu­ßens [Erst­ver­öf­fent­li­chung 1968], Nach­druck in: Mo­der­ne Preu­ßi­sche Ge­schich­te. Ei­ne An­tho­lo­gie, be­arb. und hg. v. Ot­to Büsch und Wolf­gang Neu­ge­bau­er, Band 1, Ber­lin 1981, S. 243–261.
Ro­meyk, Horst, Die lei­ten­den staat­li­chen und kom­mu­na­len Ver­wal­tungs­be­am­ten der Rhein­pro­vinz 1816–1945, Düs­sel­dorf 1994.
Spen­kuch, Hart­win, Das Preu­ßi­sche Her­ren­haus. Adel und Bür­ger­tum in der Ers­ten Kam­mer des Land­ta­ges 1854-1918, Düs­sel­dorf 1998.
Tor­un­sky, Ve­ra (Be­arb.), Die Ab­ge­ord­ne­ten der Rhei­ni­schen Pro­vin­zi­al­land­ta­ge und Land­schafts­ver­samm­lun­gen. Ein bio­gra­phi­sches Hand­buch. Band 1: Die Ab­ge­ord­ne­ten der Pro­vin­zi­al­land­ta­ge und ih­re Stell­ver­tre­ter 1825–1888, Köln 1998.

Karls Jarres, Porträtfoto. (Stadtarchiv Duisburg)

 
Zitationshinweis

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Lilla, Joachim, Die Vertretung rheinischer Städte im Preußischen Herrenhaus 1854-1918, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/die-vertretung-rheinischer-staedte-im-preussischen-herrenhaus-1854-1918/DE-2086/lido/5aec0ef50ee7f5.20170311 (abgerufen am 09.10.2024)