Katholische Presse im preußischen Rheinland im 19. Jahrhundert bis zum Kulturkampf

Bernhard Schneider (Trier)

Entstehungszeit katholischer Zeitschriften. (Anfertigung des Autors)

1. Einleitung

Pha­sen­wei­se kaum exis­tent, ent­wi­ckel­te sich im Pres­se­boom des 19. Jahr­hun­derts nach und nach im preu­ßi­schen Rhein­land ei­ne ka­tho­li­sche Pres­se, die Ot­to von Bis­marck (1815-1898) schlie­ß­lich im Kul­tur­kampf an­ge­sichts ih­rer öf­fent­li­chen Re­so­nanz sicht­lich zu är­gern ver­moch­te. Sie wur­de Teil des viel dis­ku­tier­ten ka­tho­li­schen Mi­lieus und sta­bi­li­sier­te es durch ihr In­for­ma­ti­ons- und Deu­tungs­an­ge­bot. Die Ge­schich­te die­ser Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten ist erst teil­wei­se ge­schrie­ben, denn es feh­len ins­be­son­de­re für die zwei­te Jahr­hun­dert­hälf­te so­wohl Dar­stel­lun­gen zur Ge­samt­ent­wick­lung als auch (neue­re) Spe­zi­al­stu­di­en zu ein­zel­nen zen­tra­len Or­ga­nen. 

 

2. Zur Entwicklung einer katholischen Presse im preußischen Rheinland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Beim Über­gang der nörd­li­chen Rhein­lan­de an das Kö­nig­reich Preu­ßen war ei­ne ka­tho­li­sche Pres­se in den Län­dern des Deut­schen Bun­des kaum vor­han­den. Da­mit sind Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten ge­meint, die ein spe­zi­el­les In­ter­es­se an kir­chen­po­li­ti­schen, kirch­lich-re­li­giö­sen und theo­lo­gi­schen The­men hat­ten, da­bei durch Ti­tel und Selbst­ver­ständ­nis der ka­tho­li­schen Kir­che na­he­stan­den und für sie in der Öf­fent­lich­keit ein­tra­ten. Sol­che Or­ga­ne er­leb­ten erst ab Mit­te der 1820er Jah­re ei­nen sich im fol­gen­den Jahr­zehnt noch be­schleu­ni­gen­den Auf­schwung, wie die ne­ben­ste­hen­de Gra­fik zeigt.[1] 

Von die­ser Ge­samt­ent­wick­lung stach die Si­tua­ti­on im Kö­nig­reich Preu­ßen in­so­fern be­son­ders ab, als dort we­der in der mehr­heit­lich ka­tho­li­schen Rhein­pro­vinz noch in an­de­ren Re­gio­nen mit ei­nem ho­hen ka­tho­li­schen Be­völ­ke­rungs­an­teil (Schle­si­en; West­fa­len) bis in die be­gin­nen­den 1820er Jah­re ei­ne ka­tho­li­sche Zeit­schrift er­schien. Es gab zwar ka­tho­li­sche Dru­cker und Ver­le­ger, aber kei­ne ka­tho­li­sche Pres­se. Die­se Si­tua­ti­on er­fuhr in der Rhein­pro­vinz bis zur Kir­che-Staat-Kri­se ab 1837 (so­ge­nann­te Köl­ner und Trie­rer Wir­ren) nur ei­ne sehr ge­ring­fü­gi­ge Ver­än­de­rung. Erst als es un­ter Kö­nig Fried­rich Wil­helm IV. (1795-1861, Re­gent­schaft 1840-1858/1861) ge­lang, die­se Kri­se mit ei­ni­gen Zu­ge­ständ­nis­sen des Staa­tes zu be­ru­hi­gen, mehr­te sich die Zahl der Neu­grün­dung ka­tho­li­scher Zeit­schrif­ten merk­lich. Zu die­sen Zu­ge­ständ­nis­sen ge­hör­te auch die 1843 er­folg­te Ab­schaf­fung der Kon­zes­si­ons­pflicht für mo­nat­lich er­schei­nen­de Zeit­schrif­ten. Der Auf­schwung in der rhei­ni­schen ka­tho­li­schen Pres­se­land­schaft ist da­mit ein­deu­tig als Re­ak­ti­on auf die­se Kri­se und als Aus­druck ei­ner „zu­neh­men­de(n) Kon­fes­sio­na­li­sie­rung des öf­fent­li­chen Le­bens“ und der „Po­li­ti­sie­rung des re­li­giö­sen Le­bens“ zu be­stim­men.[2] 

Anzahl und Jahr der katholischen Zeitungsgründungen. (Anfertigung des Autors)

 

Der Auf­schwung wur­de al­ler­dings ge­bremst, denn dem Er­schei­nen ka­tho­li­scher Ta­ges­zei­tun­gen leg­ten die preu­ßi­sche Re­gie­rung und die nach­ge­ord­ne­ten Be­hör­den, ins­be­son­de­re das Ober­prä­si­di­um in Ko­blenz, wei­ter­hin un­über­wind­li­che Hin­der­nis­se in den Weg. Meh­re­re Ver­su­che schei­ter­ten, ei­ne sol­che in Aa­chen (1837), Ko­blenz (1843), Köln (1844) und Trier (1844/1845) zu eta­blie­ren. Es ge­lang durch ei­nen Le­ser­streik le­dig­lich, bei der be­reits vor­han­de­nen Rhein-Mo­sel-Zei­tung in Ko­blenz ab 1843 ein de­zi­diert ka­tho­li­sches Pro­fil im Sin­ne des ul­tra­mon­ta­nen Ko­blen­zer Krei­ses durch­zu­set­zen. Der von Trier (Au­gust Rei­chen­sper­ger, Bi­schof Wil­helm Ar­nol­di) aus wohl mit Un­ter­stüt­zung des dor­ti­gen Apos­to­li­schen Ad­mi­nis­tra­tors Jo­hann Theo­dor Lau­rent (1804-1884) un­ter­nom­me­ne Ver­such, über die Grün­dung ei­ner Zei­tung im be­nach­bar­ten Lu­xem­burg doch noch zu ei­ner ka­tho­li­schen Zei­tung zu ge­lan­gen, zeig­te nur be­grenz­ten Er­folg. Die 1844 neu ge­grün­de­te Lu­xem­bur­ger Zei­tung konn­te ih­ren Sitz nicht nach Trier ver­le­gen, da die preu­ßi­sche Re­gie­rung dies un­ter­sag­te. Dar­an konn­te auch ei­ne 1845 in Trier auf den Weg ge­brach­te Pe­ti­ti­on nichts än­dern. Nach nur ei­nem Jahr un­ter­drück­te die Lu­xem­bur­ger Re­gie­rung schlie­ß­lich die nur ei­ne klei­ne Abon­nen­ten­zahl (we­ni­ger als 500) auf­wei­sen­de Zei­tung trotz ih­res po­li­tisch be­tont kon­ser­va­ti­ven Kur­ses und ih­rer vor­wie­gen­den Be­schäf­ti­gung mit nicht-lu­xem­bur­gi­schen The­men, dar­un­ter vie­len zur La­ge im Rhein­land. im Ein­zel­nen stell­te sich die Si­tua­ti­on wie in der am Rand ste­hen­den Ta­bel­le dar.

Sieht man auf die Druck­or­te, so zeigt sich ei­ne zen­tra­le Stel­lung Kölns für den rhei­ni­schen Ka­tho­li­zis­mus, mö­gen Köln auch in an­de­rer Hin­sicht Aa­chen, BonnDüs­sel­dorf o­der Ko­blenz an die Sei­te ge­stellt wer­den kön­nen, na­ment­lich was die Aus­bil­dung ei­ner streng­kirch­lich-ul­tra­mon­ta­nen Be­we­gung an­be­langt. Als Druck­zen­tren blie­ben die­se rhei­ni­schen Städ­te in Re­stau­ra­ti­on und Vor­märz deut­lich zu­rück. Be­kann­te Ver­le­ger wie Ba­chem, Du­Mont oder Schwann tru­gen zum Auf­schwung der ka­tho­li­schen Pres­se we­sent­lich bei, wo­bei das En­ga­ge­ment des Ver­lags Du­Mont be­son­ders auf­fällt. Jo­seph Du­Mont (1811-1861) war zwar als Ka­tho­lik be­kannt, sah sich aber nicht ein­fach als Par­tei­gän­ger kirch­li­cher In­ter­es­sen, wie vor al­lem die in sei­nem Ver­lag er­schei­nen­de Köl­ni­sche Zei­tung be­legt. Die­se sehr er­folg­rei­che Zei­tung wahr­te in kir­chen­po­li­ti­schen Fra­gen lan­ge ei­ne be­tont neu­tra­le Po­si­ti­on und wur­de ab 1843 Sprach­rohr des rhei­ni­schen Li­be­ra­lis­mus und galt vie­len der neu­en ka­tho­li­schen Zeit­schrif­ten im Rhein­land als aus­ge­mach­te Geg­ne­rin.

Sehr mar­kant geht aus dem in der Ta­bel­le do­ku­men­tier­ten Be­fund auch her­vor, wie we­nig ge­fes­tigt die ver­schie­de­nen Grün­dun­gen über­wie­gend wa­ren, wes­halb vie­le von ih­nen be­reits nach we­ni­gen Jah­ren ihr Er­schei­nen ein­stell­ten be­zie­hungs­wei­se ein­stel­len muss­ten. Die­se Ten­denz ent­sprach der all­ge­mei­nen Ent­wick­lung im ka­tho­li­schen Zeit­schrif­ten­we­sen die­ser Jahr­zehn­te.

Auflistung der erschienenen Zeitungen. (Anfertigung des Autors)

 

Von ei­ner ka­tho­li­schen Pres­se zu spre­chen, be­deu­tet nicht, den da­zu ge­rech­ne­ten Or­ga­nen ei­nen ein­heit­li­chen Stand­ort zu­zu­schrei­ben. In ihr re­prä­sen­tier­ten sich viel­mehr die in der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts noch deut­lich aus­ge­präg­ten ver­schie­de­nen Strö­mun­gen in­ner­halb des über­ra­schend plu­ra­len Ka­tho­li­zis­mus. In der preu­ßi­schen Rhein­pro­vinz meint dies vor al­lem Spät­auf­klä­rer, Her­me­sia­ner und die streng­kirch­lich-ul­tra­mon­ta­nen Krei­se in Aa­chen, Bonn, Düs­sel­dorf und Ko­blenz. Wa­ren die ers­ten Zeit­schrif­ten der 1820er Jah­re im preu­ßi­schen Rhein­land noch von ge­mä­ßigt spät­auf­klä­re­ri­schen oder her­me­sia­nisch ori­en­tier­ten Per­sön­lich­kei­ten wie dem Trie­rer Dom­herrn Vik­tor J. De­wo­ra (1774-1837), Ober­pfar­rer Wil­helm Smets (1796-1848) in Müns­ter­ei­fel oder den Bon­ner Pro­fes­so­ren Go­de­hard Braun (1798-1861) und Jo­hann Ach­ter­feld (1788-1877) ge­prägt, so do­mi­nier­ten in der Auf­schwung­pha­se der 1840er Jah­re un­über­seh­bar die streng­kirch­lich-ul­tra­mon­ta­nen Krei­se, für die Na­men wie An­ton Bin­te­rim, Wil­helm Pri­sac (1803-1870) oder Franz X. Die­rin­ger (1811-1876) ste­hen. Ein ver­gleichs­wei­se un­ein­deu­ti­ges Or­gan wie der Na­tha­na­el, das sich dem streng an­ti­her­me­sia­ni­schen Kurs des Köl­ner Erz­bi­schof­s Jo­han­nes von Geis­sel und der nicht sel­ten po­le­mi­schen Agi­ta­ti­on der Ul­tra­mon­ta­nen nicht be­din­gungs­los an­schloss, bil­de­te ei­ne Aus­nah­me und stand letzt­lich auf ver­lo­re­nem Pos­ten.

Wie schon die er­wähn­ten Na­men an­deu­ten, wa­ren die ent­schei­den­den Fi­gu­ren als Re­dak­teu­re al­le­samt ka­tho­li­sche Pries­ter, die ihr jour­na­lis­ti­sches En­ga­ge­ment im Rah­men ih­rer sons­ti­gen amt­li­chen Tä­tig­keit aus­üb­ten. Ka­tho­li­sche Jour­na­lis­ten als ei­ge­ner Be­rufs­stand auch von Lai­en gab es in die­ser Form im Rhein­land noch nicht. Die jour­na­lis­ti­schen Ak­ti­vi­tä­ten die­ser Pries­ter wa­ren nicht zen­tral ge­lenkt und von den Bi­schö­fen der rhei­ni­schen Diö­ze­sen in­iti­iert, auch wenn Erz­bi­schof Geis­sel oder sein Trie­rer Amts­bru­der Wil­helm Ar­nol­di (1798-1864, Epis­ko­pat 1842-1864) in ein­zel­ne Pro­jek­te in­vol­viert wa­ren und sie för­der­ten – nicht im­mer mit Er­folg. Die ver­schie­de­nen Zeit­schrif­ten dif­fe­rier­ten auch in ih­rem Typ, man­che las­sen sich in ih­rem aus­ge­präg­ten Misch­cha­rak­ter über­haupt nicht ty­pi­sie­ren, wie die Chro­nik der Diö­ze­se Trier, die (kir­chen-)his­to­ri­sche Ab­hand­lun­gen, seel­sorg­lich-prak­ti­sche Bei­trä­ge, Mit­tei­lun­gen oder auch phi­lo­so­phi­sche Er­ör­te­run­gen ab­druck­te. Der Typ der wis­sen­schaft­lich-theo­lo­gi­schen Fach­zeit­schrift war mit der Bon­ner Zeit­schrift der her­me­sia­ni­schen Bon­ner Pro­fes­so­ren ver­tre­ten, ihr Ge­gen­pol wur­de dann Die­rin­gers Ka­tho­li­sche Zeit­schrift für Wis­sen­schaft und Kunst. Dem Typ ei­ner Er­bau­ungs­zeit­schrift kam der Rhei­ni­sche Er­zäh­ler na­he. Was fehl­te, war ei­ne prak­tisch-theo­lo­gi­sche Zeit­schrift für den Kle­rus. Da­ge­gen er­schie­nen in der Rhein­pro­vinz schon vor 1848 meh­re­re Zeit­schrif­ten, die von der For­schung dem Kir­chen­blatt­typ zu­ge­rech­net wer­den. Ge­meint sind da­mit Pu­bli­ka­tio­nen, die ge­wöhn­lich wö­chent­lich – in Preu­ßen aus recht­li­chen Grün­den bis 1848 nur mo­nat­lich – er­schie­nen. Sie wand­ten sich an ein brei­tes Le­se­pu­bli­kum, en­ga­gier­ten sich in ak­tu­el­len kir­chen­po­li­ti­schen De­bat­ten und such­ten ent­schie­den die ka­tho­li­sche Kir­che und ih­re Leh­ren zu ver­tei­di­gen. Das konn­te sich ge­gen die li­be­ra­le Pres­se, die neu auf­kom­men­den so­zia­lis­ti­schen Blät­ter oder auch ge­gen pro­tes­tan­ti­sche Or­ga­ne rich­ten. Die Kir­chen­blät­ter be­weg­ten sich al­so zwi­schen Er­bau­ungs­li­te­ra­tur und po­li­ti­scher Ta­ges­pres­se und kön­nen mit Ru­dolf Pesch un­ter der Über­schrift kir­chen­po­li­ti­sche Blät­ter ver­eint wer­den. Die Re­dak­ti­on des Rhei­ni­schen Kir­chen­blatts gab ganz in die­ser Ten­denz in ei­nem pro­gram­ma­ti­schen Vor­wort 1844 das Ziel des ei­ge­nen Be­mü­hens be­kannt: „Be­leh­rung über die Wahr­hei­ten der ka­tho­li­schen Re­li­gi­on und über die Pflich­ten, die sie dem Chris­ten vor­schreibt, Be­fes­ti­gung im Glau­ben […] War­nung vor dem Schlech­ten, lehr­rei­che Mitt­hei­lun­gen aus der Ge­schich­te […] über­haupt ei­ne Lec­tü­re, die zu­gleich Un­ter­hal­tung und Be­leh­rung dar­bie­ten, den Sinn für Re­li­gi­on un­ter ih­ren Le­sern er­hal­ten und för­dern, und zur Be­schrän­kung der schäd­li­chen und ver­derb­li­chen Lec­tü­re nach Kräf­ten bei­tra­gen soll.“[3] 

An­ge­sichts der feh­len­den ka­tho­li­schen Ta­ges­zei­tun­gen und Ver­triebs­ver­bo­ten für füh­ren­de ka­tho­li­sche Zeit­schrif­ten wie die His­to­risch-Po­li­ti­schen Blät­ter lag in der Rhein­pro­vinz auf Kir­chen­blät­tern wie dem Na­tha­na­el, dem Rhei­ni­schen Kir­chen­blatt oder sei­nem Schwes­ter­blatt, den Ka­tho­li­schen Blät­tern, die Haupt­last der Be­richt­er­stat­tung in ak­tu­el­len Fra­gen. Im oben zi­tier­ten Vor­wort spie­gelt sich das nur ver­klau­su­liert wi­der – be­dingt auch durch die in­ten­si­ve Zen­sur. Die­se zog näm­lich en­ge Gren­zen, wel­che die Re­dak­tio­nen aber durch ge­schick­te Stra­te­gi­en aus­zu­he­beln such­ten, et­wa in­dem sie durch Be­rich­te über Vor­gän­ge im Aus­land in­di­rekt Kri­tik an den Zu­stän­den im ei­ge­nen Land üb­ten. Da das Rhei­ni­sche Kir­chen­blatt und die Ka­tho­li­schen Blät­ter im sel­ben Ver­lag un­ter der Re­dak­ti­on der glei­chen Per­so­nen er­schie­nen, stimm­te man die Er­schei­nungs­ter­mi­ne auf­ein­an­der ab und of­fe­rier­te die Mög­lich­keit, kos­ten­güns­tig ein Dop­pel­abon­ne­ment zu be­zie­hen. So kam man dem recht­lich ver­wehr­ten Ziel we­nigs­tens et­was nä­her, das Le­se­pu­bli­kum wö­chent­lich an­zu­spre­chen. Mit ei­ner Auf­la­gen­hö­he von 1.500 Ex­em­pla­ren fan­den die bei­den letzt­ge­nann­ten Zeit­schrif­ten 1845 ei­ne auch in Re­la­ti­on zu ver­gleich­ba­ren Zeit­schrif­ten in an­de­ren Re­gio­nen be­acht­li­che Re­so­nanz. Das gilt um­so mehr, als sie nicht nur von den ei­gent­li­chen Abon­nen­ten ge­le­sen wur­den. Auf dem Weg über Le­se­zir­kel und Le­se­ge­sell­schaf­ten ver­viel­fach­te sich die Zahl der Le­ser. Gleich­wohl bo­ten die Kir­chen­blät­ter kein vol­les Ge­gen­ge­wicht zu ei­ner Ta­ges­zei­tung wie der Köl­ni­schen Zei­tung mit ei­ner weit hö­he­ren Auf­la­ge.

Auf­merk­sam­keit ver­dient auch das Mo­nats­blatt des Bor­ro­mäus­ver­eins, weil es das Re­sul­tat ei­ner der wirk­sams­ten aus dem preu­ßi­schen Rhein­land her­vor­ge­hen­den pu­bli­zis­ti­schen In­itia­ti­ven war, eben des Bor­ro­mäus­ver­eins. Mit ihm soll­te die brei­te Mas­se le­se­hung­ri­ger Ka­tho­li­ken und Ka­tho­li­kin­nen ge­zielt zu ei­ner gu­ten, das hei­ßt der ka­tho­li­schen Dok­trin an­ge­pass­ten Lek­tü­re hin­ge­führt wer­den. Zwi­schen Bor­ro­mäus­ver­ein und den die rhei­ni­sche ka­tho­li­sche Pres­se ge­stal­ten­den Per­sön­lich­kei­ten be­stand ei­ne Fül­le von Ver­bin­dun­gen. Ab 1846 war mit Die­rin­ger ei­ner der eif­rigs­ten Pu­bli­zis­ten so­gar für Jahr­zehn­te Vor­sit­zen­der des Ver­eins. Ne­ben Be­rich­ten über den Ver­ein bot das Mo­nats­blatt in den ers­ten Jah­ren auch all­ge­mei­ne In­for­ma­tio­nen und passt in­so­fern in die Rie­ge der Kir­chen­blät­ter.

3. Die Weiterentwicklung der katholischen Presse im preußischen Rheinland nach 1848 bis zum Kulturkampf

Als ei­ne Er­run­gen­schaft der am En­de ge­schei­ter­ten Re­vo­lu­ti­on von 1848 gilt die Auf­he­bung der Zen­sur am 17.3.1848 in Preu­ßen so­wie die durch die preu­ßi­schen Ver­fas­sun­gen von 1848 und 1850 ge­si­cher­te Pres­se­frei­heit – trotz neu­er­li­cher Re­ge­lun­gen zur Kon­trol­le ab dem Som­mer 1849. Ka­tho­li­sche Krei­se hat­ten auch im Rhein­land früh­zei­tig die­ses Ele­ment der so­ge­nann­ten März­for­de­run­gen un­ter­stützt. Das war kei­nes­wegs selbst­ver­ständ­lich, denn Papst Gre­gor XVI. (1765-1846, Pon­ti­fi­kat 1831-1846) hat­te das Grund­recht Pres­se­frei­heit 1832 aus­drück­lich in sei­ner En­zy­kli­ka „Mi­ra­ri vos“ ver­ur­teilt. Trotz sol­cher Vor­be­hal­te des Lehr­amts er­grif­fen rhei­ni­sche Ka­tho­li­ken – Pries­ter wie Lai­en – rasch die sich bie­ten­de Ge­le­gen­heit. 

4. Das Kölner Dreigestirn: Rheinische Volkshalle, Deutsche Volkshalle, Kölnische Blätter/Kölnische Volkszeitung

Der ent­schei­den­de An­stoß ging vom Bor­ro­mäus­ver­ein aus, in dem schon vor der Re­vo­lu­ti­on 1848 die­ses An­lie­gen er­ör­tert wor­den war. Auch hat­te ein Ar­ti­kel im Mo­nats­blatt des Ver­eins noch im Ja­nu­ar 1848 ve­he­ment den unka­tho­li­schen Geist der vor­han­de­nen Ta­ges­pres­se be­klagt. Tat­säch­lich be­schloss der Vor­stand des Ver­eins auf An­trag des Trie­rer Orts­ver­eins schon am 11. April in An­we­sen­heit des Köl­ner Erz­bi­schofs von Geis­sel (Pro­tek­tor des Ver­eins), ei­ne neue ka­tho­li­sche Zei­tung zu grün­den, auch wenn der Ver­ein selbst nicht als Her­aus­ge­ber auf­tre­ten soll­te. Das war die Ge­burts­stun­de der Rhei­ni­sche(n) Volks­hal­le, in ge­wis­ser Wei­se aber auch des be­kann­ten Köl­ner Wahl­pro­gramms. Tat­säch­lich ge­hör­ten näm­lich die Mit­glie­der des Köl­ner Wahl­ko­mi­tees weit­hin zum Kreis de­rer, die Ta­ge zu­vor die Zei­tungs­grün­dung be­schlos­sen hat­ten. Wie­der zeigt sich die Re­le­vanz per­sön­li­cher und in­sti­tu­tio­nel­ler Ver­flech­tun­gen, die für die Netz­werk­struk­tur des rhei­ni­schen Ka­tho­li­zis­mus (Stef­fi Hum­mel) cha­rak­te­ris­tisch wa­ren.

Am 13.5.1848 wur­de das Pro­gramm der künf­ti­gen Zei­tung öf­fent­lich ge­macht. Re­li­giö­se und kirch­li­che Fra­gen, aber auch die so­zia­len Nö­te wur­den als The­men an­vi­siert, letz­te­re gar als ein Haupt­ge­gen­stand be­nannt. Die re­li­giö­se und kirch­li­che Per­spek­ti­ve soll­te bei al­len Ge­gen­stän­den Be­ach­tung fin­den. Nach­drück­lich wur­de fer­ner die Ab­sicht aus­ge­spro­chen, in der Öf­fent­lich­keit für die Frei­heit und Un­ab­hän­gig­keit der ka­tho­li­schen Kir­che ein­zu­tre­ten. In po­li­ti­schen Fra­gen sprach sich das ver­öf­fent­lich­te Pro­gramm für ei­ne Ver­fas­sung mit kla­ren Bür­ger­rech­ten, ein En­de des be­vor­mun­den­den Po­li­zei­staats und ei­ne ru­hi­ge Er­ör­te­rung der Na­tio­na­li­täts­fra­ge aus. Platz soll­te auch für die li­te­ra­ri­sche Un­ter­hal­tung sein.

Am 1.10.1848 er­schien im Ver­lag Ba­chem, der ein ei­ge­nes äl­te­res Pro­jekt zwi­schen­zeit­lich auf­ge­ge­ben hat­te, die ers­te Num­mer der Rhei­ni­schen Volks­hal­le, als de­ren Haupt­re­dak­teur der Schrift­stel­ler und Jour­na­list Wil­helm von Ché­zy (1806-1865) auf Emp­feh­lung des pro­mi­nen­ten Mün­che­ner Theo­lo­gen und Kir­chen­his­to­ri­kers Ignaz von Döl­lin­ger (1799-1890) tä­tig wur­de. Er­heb­li­che in­halt­li­che Dif­fe­ren­zen in den Krei­sen um die Volks­hal­le und zwi­schen die­sen und der Re­dak­ti­on führ­ten schnell zu mas­si­ven Pro­ble­men. Mit Fort­schrei­ten der Re­vo­lu­ti­on ver­schärf­te sich näm­lich der gro­ß­deut­sche, an­ti­preu­ßi­sche und de­mo­kra­ti­sche Kurs in der Re­dak­ti­on der Zei­tung, wel­che die auf­ok­troy­ier­te Ver­fas­sung ab­lehn­te und ei­ne wei­te­re Stu­fe der Re­vo­lu­ti­on ver­lang­te. Das aber ging auch ma­ß­geb­li­chen ka­tho­li­schen Ak­teu­ren im Bor­ro­mäus­ver­ein ent­schie­den zu weit, so dass die­ser sich öf­fent­lich da­von dis­tan­zier­te. Auch im Epis­ko­pat war man mit die­ser Ten­denz der Volks­hal­le un­zu­frie­den, wäh­rend der Ver­wal­tungs­rat der die Volks­hal­le tra­gen­den Ak­ti­en­ge­sell­schaft jen­seits der en­ge­ren kir­chen­po­li­ti­schen For­de­run­gen po­li­tisch völ­lig ge­spal­ten war. Das ent­sprach wei­test­ge­hend der Si­tua­ti­on im rhei­ni­schen und deut­schen Ka­tho­li­zis­mus und stand quer zu man­chen Er­war­tun­gen, so et­was wie ei­ne al­le Ka­tho­li­ken ei­ni­gen­de ka­tho­li­sche Po­li­tik her­bei­füh­ren zu kön­nen. Ge­schäft­lich war die Volks­hal­le trotz ei­ner durch­aus nicht un­er­heb­li­chen Abon­nen­ten­zahl (zwi­schen 2.000 und 3.000) nicht er­folg­reich. Des­halb muss­te die Auf­lö­sung der Ge­sell­schaft trotz fi­nan­zi­el­ler Zu­wen­dun­gen aus dem Bor­ro­mäus­ver­ein am 12.9.1849 be­schlos­sen wer­den, zu­mal sich auch die La­ge in der Re­dak­ti­on chao­tisch dar­stell­te.

Druckorte katholischer Zeitschriften im Rheinland. (Anfertigung des Autors)

 

Fast naht­los schloss in Köln ei­ne Neu­grün­dung (14.9.1849) an, die schon in der Na­mens­ge­bung ei­ne kla­re Kon­ti­nui­tät zum Vor­gän­ger­or­gan zum Aus­druck brach­te: Deut­sche Volks­hal­le. Die am sel­ben Tag ver­öf­fent­lich­te Er­klä­rung des pro­vi­so­ri­schen Ver­wal­tungs­rats der neu­en Ge­sell­schaft be­ton­te die­se Kon­ti­nui­tät aus­drück­lich und mach­te das Pro­gramm des un­ter­ge­gan­ge­nen Blatts zu dem des neu­en. „Ewi­ges Recht und wah­re Frei­heit zu be­wah­ren und ein ei­ni­ges, gro­ßes und mäch­ti­ges Deutsch­land zu schaf­fen“, wur­den als über­ge­ord­ne­te Zie­le de­kla­riert.[4]  Man konn­te das als Ab­sa­ge so­wohl an ei­ne ra­di­ka­le De­mo­kra­ti­sie­rung als auch an ei­ne klein­deut­sche Lö­sung der Na­tio­nal­fra­ge le­sen, zu­mal auch vom „gan­zen Va­ter­lan­d“ die Re­de war. Die­sem Ziel dien­te auch die Um­be­nen­nung. Kir­chen­po­li­tisch sprach sich das Gre­mi­um für die Un­ab­hän­gig­keit der Kir­che vom Staat aus und ver­mied so das strit­ti­ge The­ma ei­ner förm­li­chen Tren­nung von Kir­che und Staat, ge­gen die sich auch die deut­schen Bi­schö­fe zwi­schen­zeit­lich aus­ge­spro­chen hat­ten. Als kon­kre­te Ein­zel­for­de­rung wur­de le­dig­lich die voll­stän­di­ge Un­ter­richts­frei­heit ge­nannt, was sich – un­aus­ge­spro­chen – vor­nehm­lich ge­gen Ein­griff des Staa­tes in die Pries­ter­aus­bil­dung in den Pries­ter­se­mi­na­ren und an den Uni­ver­si­tä­ten rich­te­te, aber auch als Ver­tei­di­gung der kirch­li­chen Stel­lung im Schul­we­sen ge­gen den wach­sen­den Ein­fluss des Staa­tes gel­ten darf. In in­ner­kirch­li­che, theo­lo­gi­sche Fra­gen soll­te sich das Blatt nicht ein­mi­schen, al­ler­dings war der hin­ter der Deut­schen Volks­hal­le ste­hen­de Per­so­nen­kreis streng­kirch­lich-ul­tra­mon­tan aus­ge­rich­tet.  Im Ok­to­ber 1849 er­schien das neue Blatt – wie­der im Haus Ba­chem und mit Jo­seph Ba­chem als Ge­schäfts­füh­rer. Die al­ten Pro­ble­me be­glei­te­ten auch das neue Pro­jekt, wenn auch et­was ab­ge­mil­dert: Ei­ne an­fäng­lich zu schwa­che fi­nan­zi­el­le Ba­sis so­wie Rei­be­rei­en zwi­schen Ver­wal­tungs­rat und Re­dak­ti­on mit dar­aus re­sul­tie­ren­den häu­fi­gen per­so­nel­len Wech­seln. Hin­zu kam, dass die ob­rig­keit­li­che Gän­ge­lung der Pres­se in Preu­ßen in den 1850er Jah­ren eben­so zu­nahm wie er­neu­te kon­fes­sio­nel­le Span­nun­gen. An­ge­sichts die­ser Ent­wick­lung for­mier­te sich 1851 auch ein Ka­tho­lisch-kon­ser­va­ti­ver Pre­ß­ver­ein in Düs­sel­dorf. Er be­stand zu­nächst vor­nehm­lich aus An­ge­hö­ri­gen des rhei­ni­schen und west­fä­li­schen ka­tho­li­schen Adels, wei­te­te sich dann aber rasch. All­ge­mei­nes Ziel war es, der schlech­ten Ta­ges­pres­se durch För­de­rung der gu­ten Ta­ges­pres­se in en­ger Ver­bin­dung mit dem Epis­ko­pat ent­ge­gen­zu­wir­ken. Die Deut­sche Volks­hal­le zähl­te zur vom Press­ver­ein un­ter­stütz­ten Grup­pe. Der Preis da­für war, zeit­wei­lig sehr en­ge stän­disch-ad­li­ge An­lie­gen ver­tre­ten zu müs­sen.

Die Volks­hal­le war nicht spe­zi­ell auf Köln oder die Rhein­pro­vinz aus­ge­rich­tet, viel­mehr um­fass­ten rhei­ni­sche und preu­ßi­sche An­ge­le­gen­hei­ten ins­ge­samt nur ei­nen Teil der Be­richt­er­stat­tung. Un­ter den zah­len­den Be­zie­hern (1849: 2.291; Höchst­stand 1853: 3.705) - ein Teil der Druck­auf­la­ge wur­de kos­ten­los ab­ge­ge­ben - wa­ren Abon­nen­ten aus den gro­ßen rhei­ni­schen Städ­ten Aa­chen, Bonn, Düs­sel­dorf und Köln nur zu ei­nem klei­ne­ren Teil ver­tre­ten. Von der räum­li­chen Ver­tei­lung der Le­ser­schaft über das gan­ze Bun­des­ge­biet hin­weg so­wie im Blick auf die brei­te Streu­ung der durch Bei­trä­ge ak­tiv Mit­wir­ken­den war der im Ti­tel auf­schei­nen­de An­spruch, ei­ne deut­sche Zei­tung zu sein, ein­ge­löst. Ein wirk­li­ches Zen­tral­or­gan für al­le Ka­tho­li­ken aber war sie an­ge­sichts der be­grenz­ten Zahl der Abon­nen­ten je­doch nicht, auch stand dem zeit­wei­lig der ein­sei­ti­ge re­dak­tio­nel­le Kurs ent­ge­gen. Am 10.7.1855 wur­de die Deut­sche Volks­hal­le schlie­ß­lich von der preu­ßi­schen Re­gie­rung un­ter­drückt, der sie schon län­ger durch ih­ren kir­chen­po­li­ti­schen und all­ge­mein po­li­ti­schen Kurs (gro­ß­deut­sche Hal­tung) miss­fiel. Ein Hin­ter­grund war die kla­re ka­tho­li­sche Po­si­tio­nie­rung der Volks­hal­le ge­gen die ba­di­sche Re­gie­rung im ober­rhei­ni­schen Vor­läu­fer des Kul­tur­kampfs, fer­ner der Kampf ge­gen die Rau­mer­schen Er­las­se in Preu­ßen von 1852, wo­mit sie zur wei­te­ren öf­fent­li­chen Mo­bi­li­sie­rung der Ka­tho­li­ken bei­trug. Der Ruf nach Ab­schaf­fung die­ser Er­las­se er­folg­te im Re­kurs auf die Ver­fas­sung, denn die Er­las­se wur­den nicht oh­ne Grund als Be­schrän­kung der ver­fas­sungs­mä­ßig ein­ge­räum­ten Frei­heit der Kir­che wahr­ge­nom­men. Pro­ble­ma­tisch war al­ler­dings, dass in der Volks­hal­le selbst jah­re­lang grund­sätz­lich ge­gen ge­schrie­be­ne Ver­fas­sun­gen, auch die preu­ßi­sche, zu­guns­ten ei­nes mon­ar­chi­schen Au­to­ri­täts­prin­zips an­ge­schrie­ben wor­den war. Aus der ‚Kon­kurs­mas­se‘ der Volks­hal­le ging in ge­wis­ser Wei­se noch im glei­chen Jahr ein wei­te­rer Ver­such her­vor, ei­ne gro­ße zen­tra­le ka­tho­li­sche Ta­ges­zei­tung zu eta­blie­ren. Hein­rich Ei­ker­ling, der schon in der Rhei­ni­schen Volks­hal­le und dann in der Deut­schen Volks­hal­le zur Re­dak­ti­on ge­hört hat­te, grün­de­te in Frank­furt am Main die Zei­tung Deutsch­land. Ge­för­dert wur­de sie vom ge­nann­ten Press­ver­ein, aber als un­er­wünsch­tes po­ten­ti­el­les Kon­kur­renz­un­ter­neh­men vom ehe­ma­li­gen Trä­ger­kreis der Volks­hal­le ab­ge­lehnt, der auf ein Wie­der­auf­le­ben der ei­ge­nen un­ter­drück­ten Zei­tung hoff­te. Ei­ker­lings Ver­such, sei­ne Grün­dung durch en­ge An­bin­dung an deut­sche Bi­schö­fe, dar­un­ter aus­drück­lich den Köl­ner Erz­bi­schof, ab­zu­si­chern, schei­ter­te 1857 auch am feh­len­den In­ter­es­se der an­ge­spro­che­nen Bi­schö­fe. Ot­to von Bis­marck er­reich­te 1857 das Ver­bot der Zei­tung in Preu­ßen we­gen an­geb­li­cher an­ti­mon­ar­chis­ti­scher Ten­den­zen und ih­rer an­ti­preu­ßi­schen, ul­tra­mon­ta­nen Hal­tung. Nach die­sem Rück­schlag brach­ten dann in­ter­ne Strei­tig­kei­ten und un­über­wind­ba­re wirt­schaft­li­che Schwie­rig­kei­ten 1858 das end­gül­ti­ge Aus des vor­her in Preu­ßen ei­ni­ge Re­so­nanz fin­den­den Deutsch­land. Die am­bi­tio­nier­ten, im­mer wie­der auch auf den jähr­li­chen Ka­tho­li­ken­ta­gen vor­ge­tra­ge­nen Plä­ne, ei­ne gro­ße, zen­tra­le ka­tho­li­sche Ta­ges­zei­tung zu schaf­fen, wa­ren ein­mal mehr ge­schei­tert.

In Köln schlug da­mit er­neut die Stun­de Jo­seph Ba­chems. Mit den Köl­ni­sche(n) Blät­ter(n) setz­te der Ver­le­ger in be­wuss­ter Re­fle­xi­on der Ge­ge­ben­hei­ten (es gibt kei­nen Zen­tra­lort des ka­tho­li­schen Deutsch­lands; ein Zen­tral­or­gan ist nicht fi­nan­zier­bar; die in­ner­ka­tho­li­schen Strö­mun­gen na­ment­lich in der Po­li­tik sind dis­pa­rat) auf ei­ne stär­ker lo­ka­le Aus­rich­tung. Sie ka­men im April 1860 her­aus und er­hiel­ten 1869 den Na­men Köl­ni­sche Volks­zei­tung, un­ter dem sie im rhei­ni­schen Ka­tho­li­zis­mus bis in das 20. Jahr­hun­dert hin­ein be­kannt wa­ren. Die­se Zei­tung galt im Kreis ka­tho­li­scher Ta­ges­zei­tun­gen im preu­ßi­schen Rhein­land und dar­über hin­aus als ein her­aus­ra­gen­des Or­gan, das auch in den zeit­ge­nös­si­schen De­bat­ten über den Zu­stand der ka­tho­li­schen Pres­se po­si­tiv ge­wür­digt wur­de. Das mach­te sich auch in der wach­sen­den Zahl von Abon­nen­ten be­merk­bar. Bis 1866 hat­te sich die Abon­nen­ten­zahl von be­schei­de­nen 1.650 auf 6.500 er­höht.

Die Köl­ni­schen Blät­ter po­si­tio­nier­ten sich in der hit­zi­gen ka­tho­li­schen Pres­se­de­bat­te der 1860er Jah­re als ent­schie­de­ne Geg­ne­rin ei­ner zen­tra­len ka­tho­li­schen Ta­ges­zei­tung un­ter Lei­tung ei­nes Zen­tral­ko­mi­tees oder der Bi­schö­fe und als Ver­fech­te­rin ei­nes frei­en ka­tho­li­schen Jour­na­lis­mus, der nicht in ers­ter Li­nie der li­ni­en­treu­en In­dok­tri­na­ti­on die­nen soll­te. Po­li­tisch stan­den sie der sich im preu­ßi­schen Land­tag bil­den­den ka­tho­li­schen Frak­ti­on na­he und in kri­ti­scher Op­po­si­ti­on zur preu­ßi­schen Po­li­tik. Die Kri­se um das neue Un­fehl­bar­keits­dog­ma (1869/1870) be­schwor auch in der Re­dak­ti­on ei­nen Um­bruch her­auf, da wich­ti­ge Mit­glie­der sich dem Dog­ma ver­wei­ger­ten und da­her aus der Re­dak­ti­on aus­schei­den muss­ten.

5. Weitere katholische Tageszeitungen

Die sich selbst als äl­tes­te, die ka­tho­li­schen In­ter­es­sen ver­tre­ten­de po­li­ti­sche Zei­tung der Rhein­pro­vinz be­zeich­nen­de Rhein-Mo­sel-Zei­tung war bis An­fang 1848 nach ei­ner Be­mer­kung Au­gust Rei­chen­sper­gers der ein­zi­ge Halt der Ka­tho­li­ken in der rhei­ni­schen Ta­ges­pres­se ge­we­sen. Sie lag mit der Köl­ni­schen Zei­tung in ei­ner Art Dau­er­feh­de und hat­te sich noch 1847 ein er­bit­ter­tes Du­ell mit ihr um die Grund­zü­ge ei­ner ka­tho­li­schen Po­li­tik ge­lie­fert. Um­so ent­täusch­ter wa­ren ih­re Ver­ant­wort­li­chen als man in Köln die be­schrie­be­ne Neu­grün­dung ei­ner ka­tho­li­schen Ta­ges­zei­tung rea­li­sier­te. Wie be­fürch­tet, ver­lor das Ko­blen­zer Or­gan an sie Abon­nen­ten, selbst im hei­mi­schen Kle­rus, und trat auch in der öf­fent­li­chen Wahr­neh­mung stär­ker in den Hin­ter­grund. Die Rhein- und Mo­sel­zei­tung ge­riet schlie­ß­lich durch be­hörd­li­che Ent­zie­hung des Post­ver­triebs ab 1850 in Schwie­rig­kei­ten und such­te durch ei­nen flam­men­den öf­fent­li­chen Auf­ruf ih­re Re­pu­ta­ti­on als ka­tho­li­sches po­li­ti­sches Ta­ges­blatt auf der Ba­sis der Ver­fas­sung und der ka­tho­li­schen Wahr­heit her­aus­zu­stel­len, um neue Le­ser zu ge­win­nen.[5]  Ver­geb­lich. Ihr Nach­fol­ge­blatt wur­de 1853 der eben­falls in Ko­blenz ver­leg­te Rhein- und Mo­sel­bo­te, der für das Ge­biet des Mit­tel­rheins und der Mo­sel bis in den Trie­rer Raum als de­zi­dier­tes Lo­kal­blatt sei­ne Stim­me in ei­ner für je­der­mann ver­ständ­li­chen Spra­che er­he­ben woll­te. Vom ka­tho­li­schen Stand­punkt aus soll­ten al­le po­li­ti­schen Ta­ges­fra­gen be­spro­chen wer­den, oh­ne ei­ner spe­zi­el­len Par­tei zu fol­gen. Für die ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Rech­te und Frei­hei­ten und ge­gen So­zia­lis­mus und fal­schen Li­be­ra­lis­mus woll­te die­se Zei­tung ein­tre­ten. Zu­dem galt es, der frei­en, un­ge­hemm­ten Wirk­sam­keit der ka­tho­li­schen Kir­che nach al­len Rich­tun­gen hin das Wort [zu] re­den und des­halb, dem Staa­te ge­gen­über, das Prin­zip der Frei­heit und Un­ab­hän­gig­keit der Kir­che zu ver­tei­di­gen.[6]  Der Rhein- und Mo­sel­bo­te ge­riet trotz pro­mi­nen­ter Mit­ar­bei­ter wie der Brü­der Rei­chen­sper­ger in fi­nan­zi­el­le Schwie­rig­kei­ten und wur­de dann ein Op­fer der ver­schärf­ten preu­ßi­schen Pres­se­po­li­tik. Der her­aus­ge­ben­de Buch­händ­ler und Ver­le­ger Höl­scher stell­te sie un­ter dem Ein­druck wie­der­hol­ter Ver­war­nun­gen En­de 1855 ein und kam so ei­nem Ent­zug der Kon­zes­si­on zu­vor.

Die Re­vo­lu­ti­ons­jah­re mit der ge­won­ne­nen Frei­heit be­flü­gel­ten vie­ler­orts in der Rhein­pro­vinz die Grün­dung klei­ner lo­ka­ler ka­tho­li­scher Zei­tun­gen im Zu­sam­men­spiel von Ver­le­gern und Kle­rus. Vie­le da­von hiel­ten sich nur sehr kurz, auch durch schi­ka­nö­se be­hörd­li­che Prak­ti­ken be­dingt (be­son­ders Ent­zug des Post­ver­triebs/Post­de­bits). An­füh­ren las­sen sich et­wa die Es­se­ner Volks­hal­le, das Ka­tho­li­sche Kir­chen- und Volks­blatt in Ko­blenz oder in Trier der Ka­tho­li­sche Volks­bo­te. Al­le drei muss­ten schon 1850 wie­der auf­ge­ben. Im Aa­che­ner Raum gab es mit dem Aa­che­ner An­zei­ger ab 1848 eben­falls ei­nen Neu­an­fang in der Re­vo­lu­ti­ons­zeit, al­ler­dings ge­lang es der ab 1850 un­ter dem Na­men Echo der Ge­gen­wart er­schei­nen­den Zei­tung, sich als an­ge­se­he­ne Re­gio­nal­zei­tung ka­tho­li­scher Ten­denz bis in die NS-Zeit zu hal­ten. Der Aa­che­ner Fall wie auch die Ent­wick­lung der Crefel­der Volks­blät­ter, ab 1859 ei­ne Ta­ges­zei­tung, ver­deut­li­chen, wie sich Blät­ter hin zu ei­ner ent­schie­de­nen ka­tho­li­schen Po­si­ti­on ver­än­dern konn­ten, die an­fangs ei­ne we­ni­ger ein­deu­ti­ge Stel­lung ein­ge­nom­men hat­ten. An der Ge­schich­te der letzt­ge­nann­ten Zei­tung lässt sich al­ler­dings auch ab­le­sen, dass es sich um ein dy­na­mi­sches Ge­sche­hen han­del­te und folg­lich mit Än­de­run­gen in Ver­lag und Re­dak­ti­on nach we­ni­gen Jah­ren auch ei­ne wei­te­re Neu­aus­rich­tung er­fol­gen konn­te. Als de­zi­diert ka­tho­li­sches Pres­se­or­gan prä­sen­tier­te sich von An­fang an die in Es­sen ab 1868 er­schei­nen­de Es­se­ner Volks­zei­tung. Kle­rus und ka­tho­li­sche ört­li­che Ver­le­ger wa­ren die In­itia­to­ren. Sie soll­te ei­ne ka­tho­li­sche Volks­zei­tung, ein po­li­ti­sches Blatt, das vom ka­tho­li­schen Stand­punkt ge­schrie­ben ist, sein.[7] 

6. Kirchenblätter und der bunte Reigen katholischer Zeitschriften

Im Ver­lauf der skiz­zier­ten Ent­wick­lung wur­den die Kir­chen­blät­ter „aus Stell­ver­tre­tern der ka­tho­li­schen Ta­ges­pres­se zu de­ren Ge­hil­fen“[8] . Da­mit sol­len die sich auch auf die­sem Ge­biet voll­zie­hen­den Auf­brü­che kei­nes­wegs ne­giert wer­den. So tra­ten 1848 noch vor der Rhei­ni­schen Volks­hal­le zwei neue Kir­chen­blät­ter ins Le­ben: Kle­mens Au­gust, oder Ka­tho­li­sche Stim­me am Rhein be­zie­hungs­wei­se Pi­us IX. Christ­lich-de­mo­kra­ti­sche Wo­chen­schrift. Vom Erst­ge­nann­ten ist nichts wei­ter be­kannt, das Letz­te­re fir­mier­te als Ver­eins­or­gan des Köl­ner Pi­us­ver­eins, ei­ner Frucht der ka­tho­li­schen po­li­ti­schen Mo­bi­li­sie­rung in der Re­vo­lu­ti­ons­ära, und er­reich­te ei­ne Auf­la­gen­hö­he von im­mer­hin 3.000-4.000 Ex­em­pla­ren. Ihr Le­se­pu­bli­kum fand sie in der Mas­se der we­ni­ger ge­bil­de­ten Ka­tho­li­ken. Schon im Ver­lauf des Jah­res 1849 wur­de im Ti­tel die ex­pli­zit christ­lich-de­mo­kra­ti­sche Aus­rich­tung ge­tilgt, was zur all­ge­mei­nen Ten­denz passt, die Pi­us­ver­ei­ne zu ent­po­li­ti­sie­ren. Als Ver­eins­or­gan be­stand das Blatt bis zum Kul­tur­kampf.

Portrait von Josef Bachem, undatiert. (Rheinisches Bildarchiv Köln (rba_mf015810))

 

Da­ge­gen blieb die im Ver­lag von Leon­hard Schwann (1778-1867) in Köln und Neuss auf den Weg ge­brach­te Grün­dung des Christ­li­che(n) Stadt- und Land­bo­te(n), der zwei Mal in der Wo­che er­schien und wie vor­her das Pi­us­blatt mit dem äl­te­ren Rhei­ni­schen Kir­chen­blatt in Ver­bin­dung stand, we­nig dau­er­haft. Die­ses Schick­sal teil­te er mit den 1853/1854 in Düs­sel­dorf auf­ge­leg­ten Ka­tho­li­sche(n) Blät­ter(n) für Stadt und Land, die sich mit nur 300 Abon­nen­ten le­dig­lich ei­nes mä­ßi­gen Zu­spruchs er­freu­ten. In den 1860er Jah­ren ging von ei­ner Grup­pe Düs­sel­dor­fer Pries­ter ei­ne neue In­itia­ti­ve aus, die 1867 zur Grün­dung des Düs­sel­dor­fer Sonn­tags­blatt(s) führ­te, das sich als In­ter­es­sen­ver­tre­tung der ka­tho­li­schen Be­völ­ke­rung be­son­ders ge­gen­über dem zeit­ge­nös­si­schen Li­be­ra­lis­mus ver­stand. Als ähn­li­che Pro­duk­te sei­en der Eu­cha­ri­us Sonn­tags­blatt für die Diö­ce­se Trier (ab 1861-1882) oder das Aa­che­ner Sonn­tags­blatt (ab 1866-1907) ge­nannt. Der Eu­cha­ri­us war wie das Düs­sel­dor­fer Blatt in Er­man­ge­lung ei­ner ka­tho­li­schen Ta­ges­zei­tung im Trie­rer Raum ein wich­ti­ges Kom­mu­ni­ka­ti­ons­me­di­um, in dem ne­ben Auf­sät­zen zu Glau­bens- und Mo­ral­fra­gen oder auch zu (kir­chen-)his­to­ri­schen The­men auch Platz für po­li­ti­sche Nach­rich­ten und Er­zäh­lun­gen war. Er woll­te schüt­zen, be­leh­ren und war­nen. Po­li­tisch stand der Eu­cha­ri­us der preu­ßi­schen Po­li­tik un­ter Bis­marck kri­tisch ge­gen­über, was ihn ver­schie­dent­lich in Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit den Be­hör­den ver­strick­te. Ers­ter Re­dak­teur war der Trie­rer Diö­ze­san­pries­ter Se­bas­ti­an Ge­org Schäf­fer (1828-1901), der Adolph Kol­ping und sei­nen Ge­sel­len­ver­ei­nen na­he­stand und ab 1866 auch ein von Kol­ping ge­grün­de­tes Wo­chen­blatt als Her­aus­ge­ber und Re­dak­teur fort­führ­te.

Wäh­rend der Eu­cha­ri­us sich an ei­ne bür­ger­li­che, ge­bil­de­te Le­ser­schaft rich­te­te, wie The­men und Spra­che zei­gen, und da­mit die Mas­se der Gläu­bi­gen kaum er­reich­te, ziel­ten so­ge­nann­te Volks­blät­ter ge­nau auf sie ab. Das meint ei­nen Typ bil­li­ger, lo­kal ver­an­ker­ter und im klei­nen Ok­tav­for­mat er­schei­nen­der Zeit­schrif­ten, die da­mit auch für je­ne er­schwing­lich wa­ren, die sich zwar in­for­mie­ren und un­ter­hal­ten woll­ten, de­nen aber das Geld für die teu­ren Ta­ges­zei­tun­gen fehl­te. Für die ka­tho­li­schen Pro­duk­te war es auch cha­rak­te­ris­tisch, dass sie von Pries­tern her­aus­ge­bracht wur­den. Als Pro­duk­te der Re­vo­lu­ti­ons­pe­ri­ode wa­ren am Nie­der­rhein 1848 das Cle­ver Volks­blatt (bis 1850; 1854 Cle­vi­sches Volk­blatt) und in Rees der Nie­der­rhei­ni­sche Volks­bo­te ent­stan­den. Das im Ti­tel zum Aus­druck kom­men­de Be­mü­hen um An­schluss an die brei­te Be­völ­ke­rung, war für der­ar­ti­ge Grün­dun­gen üb­lich.

Ide­al­ty­pisch rea­li­siert wur­de der Typ des ka­tho­li­schen Volks­blatts in den von Adolph Kol­ping, dem Weg­be­rei­ter der ka­tho­li­schen Hand­wer­ker­be­we­gung (Ge­sel­len­ver­ei­ne), ver­ant­wor­te­ten Rhei­ni­sche(n) Volks­blät­ter(n) für Haus, Fa­mi­lie und Hand­werk. 1854 ka­men sie in Köln als bil­li­ge Wo­chen­zeit­schrift mit 16 Sei­ten Um­fang her­aus. Sie woll­ten kurz, das hei­ßt oh­ne un­nö­thi­ges Rai­son­ne­ment, über das po­li­ti­sche Ta­ges­ge­sche­hen in­for­mie­ren, oh­ne selbst Po­li­tik zu trei­ben. Oft wol­len sie un­ter­hal­ten, im­mer be­leh­ren, we­ni­ger pre­di­gen, nie schimp­fen, wie es in der An­kün­di­gung Kol­pings hei­ßt.[9]  Auch prak­ti­sche Tipps für das Haus­we­sen und das Hand­werk ge­hör­ten zum Stoff so­wie Mit­tei­lun­gen aus Kol­pings Ge­sel­len­ver­ein. Kirch­li­che The­men stellt der Auf­ruf nicht zen­tral und die Kir­che re­gie­ren wol­le die Zeit­schrift aus­drück­lich nicht, doch war die re­li­giö­se Per­spek­ti­ve ins­ge­samt lei­tend. Al­les soll­te in ein­fa­cher Spra­che da­her­kom­men, wes­halb die Zeit­schrift auch nicht von Pro­fes­so­ren ge­schrie­ben wer­de. Ziel­pu­bli­kum war der mitt­le­re Bür­ger­stand. 1861 er­reich­ten die Volks­blät­ter mit ei­ner Auf­la­ge von 6.100 Ex­em­pla­ren ih­ren Höchst­stand. Da­mit ge­lang im Kreis der ka­tho­li­schen Pres­se ein gro­ßer Er­folg und so­gar ein so­li­der Er­trag. Die Le­ser leb­ten zwar über­wie­gend in der Rhein­pro­vinz (rund 1.000 in Köln) und West­fa­len, doch fan­den sich auch über­aus vie­le Abon­nen­ten in an­de­ren ka­tho­li­schen Ge­bie­ten des Deut­schen Bun­des. Re­dak­teur war für die ers­ten zwölf Jahr­gän­ge Kol­ping al­lein, der schon re­dak­tio­nel­le Er­fah­rung aus sei­ner Ar­beit für das Rhei­ni­sche Kir­chen­blatt mit­brach­te. Zu­dem lie­fer­te er in die­sen Jah­ren re­gel­mä­ßig fast die Hälf­te der Bei­trä­ge. Im Lau­fe der Zeit nahm die Be­deu­tung der po­li­ti­schen The­men zu und rück­te an die Spit­ze der be­han­del­ten Ge­gen­stän­de, blieb aber stets ein­ge­bet­tet in die ul­tra­mon­ta­ne re­li­giö­se Welt- und Sinn­deu­tung. Dem­entspre­chend war auch für Kol­pings Zeit­schrift die Köl­ni­sche Zei­tung ein ste­ter An­stoß zur hef­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zung. Sie galt ihm 1859 als ei­ne Misè­re und ei­ne Schan­de […] für un­se­re ka­tho­li­sche Stadt und un­ser ka­tho­li­sches Land.[10] 

Das An­ge­bot an ka­tho­li­schen Zeit­schrif­ten wuchs auch jen­seits der Ka­te­go­ri­en Ta­ges­pres­se be­zie­hungs­wei­se Kir­chen- und Volks­blät­ter und dif­fe­ren­zier­te sich mit dem wei­te­ren Aus­bau ka­tho­li­scher Or­ga­ni­sa­tio­nen und In­sti­tu­tio­nen wei­ter aus. Zu er­wäh­nen sind et­wa die di­ver­sen Mis­si­ons­zeit­schrif­ten, von de­nen im Rhein­land das oben ge­nann­te Jahr­buch des Xa­ve­ri­us­ver­eins ein be­son­ders frü­hes Bei­spiel war. Auch im Be­reich der pas­to­ral­theo­lo­gisch-seel­sor­ge­ri­schen und fach­theo­lo­gi­schen Zeit­schrif­ten ent­stan­den neue Pu­bli­ka­ti­ons­or­ga­ne. An­ge­führt sei hier nur das Pas­to­ral­blatt: Zeit­schrift für den Kle­rus über Pas­to­ral, Theo­lo­gie, Diö­ze­san­ge­schich­te mit amt­li­chen Ver­laut­ba­run­gen des Hei­li­gen Stuh­les und der Erz­diö­ze­se, das ab 1867/1868 bis 1914 in Köln bei Ba­chem er­schien und un­ter leicht ver­än­der­tem Ti­tel bis heu­te fort­be­steht. Als ein­fluss­rei­che theo­lo­gi­sche Zeit­schrift eta­blier­ten sich ab 1865 die von Je­sui­ten ver­ant­wor­te­ten Stim­men aus Ma­ria Laach. Als wich­ti­ges Re­zen­si­ons­or­gan für die wis­sen­schaft­li­che Theo­lo­gie ist das in Bonn ab 1866 von Hein­rich Reusch (1825-1900) her­aus­ge­ge­be­ne Theo­lo­gi­sche Li­te­ra­tur­blatt zu nen­nen. Ei­ne viel be­ach­te­te Stel­lung gleich­sam als zen­tra­les Pu­bli­ka­ti­ons­or­gan der so­zi­al-ka­ri­ta­ti­ven und so­zi­al­po­li­ti­schen Be­we­gung im deut­schen Ka­tho­li­zis­mus er­lang­ten die Christ­lich-so­zia­le(n) Blät­ter. Sie er­schie­nen seit 1868 in Aa­chen und Neuss. Ei­ne sys­te­ma­ti­sche Er­for­schung die­ses wei­ten Fel­des ka­tho­li­scher Zeit­schrif­ten ist noch im­mer ein De­si­de­rat.

7. Kurzbilanz

Ei­ne ka­tho­li­sche Pres­se in der preu­ßi­schen Rhein­pro­vinz ent­wi­ckel­te sich erst spät und zö­ger­lich, um dann ab 1848 in be­mer­kens­wer­ter Dy­na­mik zu wach­sen. Da­bei er­fuhr der Auf­bruch mit der preu­ßi­schen Re­stau­ra­ti­on ab spä­tes­tens 1850 al­ler­dings ei­ne Dämp­fung und die staat­li­chen Maß­nah­men ge­gen die auf­stre­ben­de ka­tho­li­sche Pres­se zei­gen, dass in Preu­ßen kei­nes­wegs ei­ne stö­rungs­freie Al­li­anz zwi­schen Thron und Al­tar ent­stan­den war.

Der Auf­bruch war das Re­sul­tat ei­ner Viel­zahl von In­itia­ti­ven ein­zel­ner Per­so­nen und klei­ner Grup­pen. Ent­ge­gen dem auch teil­wei­se in der his­to­ri­schen For­schung ge­zeich­ne­ten Bild ei­ner strikt von der Hier­ar­chie be­stimm­ten und nach ein­heit­li­chen Maß­stä­ben funk­tio­nie­ren­den Kir­che kann von ei­ner lang­fris­ti­gen Stra­te­gie und ei­ner ob­rig­keit­li­chen Len­kung kei­ne Re­de sein – ganz im Ge­gen­teil. Bei­trä­ge zeit­ge­nös­si­scher ka­tho­li­scher Ex­per­ten be­klag­ten schon in den 1860er Jah­ren den Wild­wuchs, die da­mit ein­her­ge­hen­de un­nö­ti­ge Kon­kur­renz, Ei­fer­süch­te­lei­en und In­tri­gen. Ei­ne über­ge­ord­ne­te Ko­or­di­na­ti­on und ein stra­te­gisch ab­ge­stimm­tes Vor­ge­hen ist selbst im be­grenz­ten Raum der preu­ßi­schen Rhein­pro­vinz, erst recht nicht im Blick auf die ver­schie­de­nen Län­der des Deut­schen Bun­des zu er­ken­nen. Streng ge­nom­men gab es „die“ ka­tho­li­sche Pres­se über­haupt nicht, so we­nig wie „den“ so­zia­len Ka­tho­li­zis­mus.

Der Kle­rus spiel­te in die­sem Ge­sche­hen al­ler­dings gleich­wohl ei­ne wich­ti­ge Rol­le, aber es wa­ren ein­fa­che Diö­ze­san­pries­ter, nicht sel­ten auch jun­ge Ka­p­lä­ne, wel­che die In­itia­ti­ve er­grif­fen. Sie fan­den Un­ter­stüt­zung bei ein­zel­nen Ver­le­gern (zum Bei­spiel Ba­chem, Du­Mont, Schwann) und ei­ner Schar in­ter­es­sier­ter, en­ga­gier­ter Lai­en. Der Be­ruf ei­nes ka­tho­li­schen Jour­na­lis­ten war aber bis zur Mit­te des 19. Jahr­hun­derts noch kaum eta­bliert. Da­mit in Ver­bin­dung steht die be­reits von Zeit­ge­nos­sen be­klag­te feh­len­de Pro­fes­sio­na­li­tät vie­ler Ak­teu­re, so dass die bei­den hier be­han­del­ten Pha­sen in der Ge­schich­te der rhei­ni­schen ka­tho­li­schen Pres­se als Pha­sen des Ex­pe­ri­men­tie­rens, von Ver­such und Irr­tum er­schei­nen. Kon­flik­te auch in den Re­dak­tio­nen und Auf­sichts­gre­mi­en oder zwi­schen ih­nen ge­hör­ten da­her zum gän­gi­gen Er­schei­nungs­bild.

Die Ka­tho­li­ken in der Rhein­pro­vinz hat­ten seit 1848 auf je­den Fall deut­lich mehr Mög­lich­kei­ten, sich mit Pres­se­pro­duk­ten zu ver­sor­gen. Trotz man­cher Er­fol­ge ge­lang es der sich nun eta­blie­ren­den ka­tho­li­schen Ta­ges­pres­se al­ler­dings nur be­grenzt, das vor­han­de­ne Po­ten­ti­al des ka­tho­li­schen Le­se­pu­bli­kums aus­zu­schöp­fen, was an den recht be­schei­den blei­ben­den Abon­ne­ments- und Ver­kaufs­zah­len ab­zu­le­sen ist. In­so­fern blie­ben auch an­de­re Pres­se­pro­duk­te wie die Volks­blät­ter und Kir­chen­blät­ter von er­heb­li­cher Be­deu­tung. Voll kon­kur­renz­fä­hig war die ka­tho­li­sche Pres­se, na­ment­lich die Ta­ges­pres­se, auch in der Rhein­pro­vinz nur ein­ge­schränkt. Sie kämpf­te na­he­zu stän­dig auch wirt­schaft­lich um das Über­le­ben.

Von der räum­li­chen Ver­tei­lung fällt auf, dass der Re­gie­rungs­be­zirk Trier, ins­be­son­de­re die Bi­schofs­stadt, nur schwach re­prä­sen­tiert war und die ers­ten bei­den Auf­schwung­pha­sen der rhei­ni­schen ka­tho­li­schen Pres­se kaum we­sent­lich mit­ge­stal­tet hat. Erst im Kul­tur­kampf soll­te sich das än­dern. 

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Adolf Kolping, um 1900. (Rheinisches Bildarchiv Köln (rba_097842))

 
Zitationshinweis

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Schneider, Bernhard, Katholische Presse im preußischen Rheinland im 19. Jahrhundert bis zum Kulturkampf, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/katholische-presse-im-preussischen-rheinland-im-19.-jahrhundert-bis-zum-kulturkampf/DE-2086/lido/63c119a3f1b358.74710012 (abgerufen am 07.10.2024)