Rheinzölle im Mittelalter

Friedrich Pfeiffer (Trier)

Die Burg Pfalzgrafenstein bei Kaub im Jahr 2017. (Jörg Braukmann/CC BY-SA 4.0)

1. Einleitung

Hätt‘ ich den Zoll am Rhein, wer möcht‘ mir gleich sein[1] 

Der Strom, der den Rhein­lan­den den Na­men gibt, war ei­ner der be­deu­tends­ten Ver­kehrs- und Han­dels­we­ge des Mit­tel­al­ters in Eu­ro­pa – und ist es, trotz vie­ler Wand­lun­gen, noch heu­te. Bis zum En­de des Al­ten Reichs und dar­über hin­aus war der Schiffs­ver­kehr auf dem Rhein ho­hen Ab­ga­ben un­ter­wor­fen, die als „Rhein­zöl­le“ sprich­wört­li­che Be­kannt­heit er­lang­ten. Noch heu­te zeu­gen da­von Bur­gen, die man zur Durch­set­zung der Zol­ler­he­bung er­bau­te, wie et­wa die „Pfal­z“ bei Kaub im Mit­tel­rhein.

Für den Han­del stell­ten die Rhein­zöl­le ei­nen be­deu­ten­den, al­ler­dings oft auch über­schätz­ten Kos­ten­fak­tor dar. Für ih­re In­ha­ber, Kö­ni­ge, Fürs­ten, Her­ren, sel­ten auch Städ­te, wa­ren sie von über­ra­gen­der fi­nan­zi­el­ler, mit­un­ter so­gar schick­sal­haf­ter Be­deu­tung, ei­ne Gold­gru­be im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes.

 

Die­ser Bei­trag zeigt ei­ni­ge we­sent­li­che Ent­wick­lungs­li­ni­en und Haupt­merk­ma­le des mit­tel­al­ter­li­chen Rhein­zoll­sys­tems auf:
 
Wer hat seit wann vom Rhein­han­del durch Zol­ler­he­bung pro­fi­tiert? 
Wel­che Be­sitz­struk­tu­ren bil­de­ten sich aus? 
Wer be­stimm­te die Re­geln? 
Wie hat man sich die Zol­ler­he­bung prak­tisch vor­zu­stel­len? 

2. Die Anfänge: 10.−12. Jahrhundert

Be­reits in frän­ki­scher Zeit, viel­leicht schon seit dem 6. Jahr­hun­dert, wur­den in den Rhein­lan­den Tran­sit­zöl­le er­ho­ben, al­so Ab­ga­ben auf den Trans­port von Han­dels­wa­ren zu Was­ser und zu Land. Die frän­ki­schen Zöl­le hat­ten als In­sti­tu­ti­on ein rö­mi­sches Vor­bild. Es gab aber in den Rhein­lan­den wohl kei­ne di­rek­te Kon­ti­nui­tät, auch ist bis­lang kei­ne rhei­ni­sche Tran­sit­zoll­stät­te aus die­ser Zeit be­kannt. Wo von Zol­ler­he­bung die Re­de ist, wur­de wohl der Markt­han­del be­steu­ert. Erst mit der ers­ten Jahr­tau­send­wen­de ge­langt man auf si­che­ren Bo­den. Die frü­hes­te be­kann­te Tran­sit­zoll-He­be­stel­le der Rhein­lan­de lag in Ko­blenz, an der Mün­dung der Mo­sel in den Rhein. Aus dem äl­tes­ten, wohl vor 1000 ent­stan­de­nen Ko­blen­zer Zoll­ta­rif geht her­vor, dass dort Tran­sit­ab­ga­ben auf den Rhein-, den Mo­sel- und den Land­ver­kehr er­ho­ben wur­den. Auch der Markt­han­del wur­de be­steu­ert, in die­ser Zeit der meist noch vor­herr­schen­de An­satz­punkt der Zol­ler­he­bung. Al­le die­se Ab­ga­ben wa­ren un­ter dem Rechts­ti­tel t(h)elo­ne­um zu­sam­men­ge­fasst und ka­men als Zu­be­hör des Kö­nigs­ho­fes Ko­blenz 1018 durch kö­nig­li­che Schen­kung an das Erz­stift Trier und wei­ter an das bi­schöf­li­che Stift St. Si­me­on in Trier.

Es ist be­zeich­nend, dass die­ser ers­te be­kann­te rhei­ni­sche Zoll im Be­sitz des Kö­nigs war. Zol­ler­he­bung zähl­te zu den Re­ga­li­en, das hei­ßt zu den Rech­ten, die nur mit kö­nig­li­cher Ge­neh­mi­gung aus­ge­übt wer­den durf­ten. An die­sem Prin­zip der kö­nig­li­chen Le­gi­ti­mie­rung, die zum Bei­spiel auch für das Ab­hal­ten von Märk­ten, für Münz­prä­gung und Stadt­grün­dun­gen er­for­der­lich war, hat sich bis zum En­de des An­ci­en Ré­gime nichts ge­än­dert. Auch wenn für vie­le Zöl­le kei­ne ex­pli­zi­te kö­nig­li­che Ver­lei­hung be­kannt ist – und wohl auch nie exis­tiert hat –, und auch wenn im Spät­mit­tel­al­ter ei­ne kö­nig­li­che Zoll­ver­lei­hung nicht au­to­ma­tisch ga­ran­tier­te, dass man den neu­en Zoll tat­säch­lich auch er­he­ben konn­te, so wur­de das Prin­zip an sich nie in Fra­ge ge­stellt. In der zwei­ten Hälf­te des 11. Jahr­hun­derts ka­men wei­te­re Zoll­stät­ten hin­zu: Frank­furt, Bop­pard, Ham­mer­stein, Dort­mund, Gos­lar und An­ge­ren wur­den 1074 als Reich­sor­te be­nannt, an de­nen man von Durch­rei­sen­den ei­ne Ab­ga­be er­hob, die in der teu­to­ni­ca lin­gua „zol“ hei­ßen. Der deut­sche Be­griff be­zeich­ne­te mit­hin spe­zi­fi­scher als das la­tei­ni­sche Wort te­lo­ne­um die Be­steue­rung des Durch­gangs­ver­kehrs.

Seit 1062 ist wei­ter­hin ein Zoll im nie­der­rhei­ni­schen Es­ser­den be­zeugt, der spä­ter im na­he­ge­le­ge­nen Schmit­hau­sen durch das Ut­rech­ter Ma­ri­en­stift er­ho­ben wur­de. Die neu­en Ab­ga­ben wur­den dem­nach vor al­lem am Rhein er­ho­ben: Zwei der neu­en Zöl­le la­gen am Mit­tel­rhein (Bop­pard, Ham­mer­stein), zwei wei­te­re am un­te­ren Nie­der­rhein (Es­ser­den, An­ge­ren). Zu­sam­men mit dem wei­ter be­ste­hen­den Zoll Ko­blenz war da­mit am En­de des 11. Jahr­hun­derts ei­ne durch­aus be­acht­li­che Ket­te von fünf Rhein­zöl­len ent­stan­den.

Auch der Land­ver­kehr be­saß, wie das Dort­mun­der und Gos­la­rer Bei­spiel zei­gen, an man­chen Or­ten be­reits so viel „kri­ti­sche Mas­se“, dass ei­ne Zol­ler­he­bung sich lohn­te. An je­der die­ser Zoll­stät­ten muss­te grund­sätz­lich voll ge­zahlt wer­den. Bis zum En­de des Al­ten Rei­ches be­frei­te die Zah­lung an ei­nem Zoll nicht von der Zah­lung am nächs­ten Zoll, selbst wenn der In­ha­ber der glei­che war. Man hat die­ses Prin­zip als über­mä­ßi­ge Be­las­tung des Han­dels sehr kri­tisch ge­wer­tet; die Fra­ge, wie stark die Ab­ga­ben­last tat­säch­lich war, soll für das Spät­mit­tel­al­ter noch ge­nau­er be­trach­ten wer­den. 

Karte der Transitzölle an Rhein, Mosel und Saar um 1490. (Entwurf: Friedrich Pfeiffer/Kartographie: Martin Lutz)

 

Nach län­ge­rer Pau­se hat erst Kon­rad III. (1093/1094-1152, 1127-1135 Ge­gen­kö­nig, 1138-1152 rö­misch-deut­scher Kö­nig) wie­der neue Zöl­le er­rich­tet und da­mit den rhei­ni­schen Han­dels­ver­kehr für das Kö­nig­tum stär­ker fis­ka­lisch ge­nutzt. Spä­tes­tens seit 1145 wur­de in Nim­we­gen ein Fluss­zoll an der Waal er­ho­ben, der als Pen­dant zu An­ge­ren am Neder-Ri­jn nun auch den Tran­sit­ver­kehr auf dem süd­li­chen Rhein­arm er­fass­te. Et­wa gleich­zei­tig und im glei­chen Raum lie­gen die An­fän­ge der Rhein­zöl­le im Erz­stift Köln, das im Spät­mit­tel­al­ter zum be­deu­tends­ten Zoll­herrn der Rhein­lan­de auf­stieg. Die Bi­schofs­stadt Köln spiel­te in die­sem Zu­sam­men­hang kei­ne er­kenn­ba­re Rol­le. Dort ver­füg­ten die Erz­bi­schö­fe zwar schon seit En­de des 10. Jahr­hun­derts über ei­nen vor­nehm­lich markt­be­zo­ge­nen Zoll, ver­zich­te­ten je­doch dar­auf, den Köl­ner Zoll aus­zu­bau­en, viel­leicht auch we­gen der Kon­flik­te, die sie schon früh, in der Zeit Erz­bi­schof An­nos II., mit der ent­ste­hen­den Stadt­ge­mein­de hat­ten.

Fes­ter Kern der köl­ni­schen Rhein­zöl­le wur­de viel­mehr der Zoll Neuss, 1138 erst­mals be­zeugt, 1372 nach Kon­flik­ten mit der Stadt nach Zons ver­legt und dort mit Burg Frie­de­strom ge­si­chert. Spä­tes­tens 1147 trat ein zwei­ter köl­ni­scher Rhein­zoll im Reich­sort An­der­nach hin­zu, der dort mit kö­nig­li­cher Er­laub­nis er­ho­ben wur­de, aber erst 1167 for­mell in Köl­ner Be­sitz kam. Nach dem Kö­nig und durch den Kö­nig war der Köl­ner Erz­bi­schof da­mit in kur­zer Zeit zum zweit­grö­ß­ten Zoll­in­ha­ber am Rhein auf­ge­stie­gen. Sein Trie­rer Amts­kol­le­ge ver­füg­te (in­di­rekt) über den Ko­blen­zer Zoll, mit dem er 1042 das bi­schöf­li­che Trie­rer Si­me­on­stift aus­ge­stat­tet hat­te, der Main­zer Me­tro­po­lit zähl­te hin­ge­gen vor­erst noch nicht zum ex­klu­si­ven Kreis der Rhein­zoll­in­ha­ber.

In der zwei­ten Hälf­te des 12. Jahr­hun­derts bil­de­ten die Reich­sor­te im nie­der­rhei­ni­schen Raum den Schwer­punkt ei­ner kö­nig­li­chen Po­li­tik in den Rhein­lan­den, die kla­re wirt­schaft­li­che und fis­ka­li­sche Ele­men­te auf­weist. In Fort­füh­rung und In­ten­si­vie­rung von För­de­rungs­maß­nah­men aus spät­sa­li­scher Zeit be­trieb vor al­lem Kai­ser Fried­rich Bar­ba­ros­sa (um 1122-1190, ab 1152 rö­misch-deut­scher Kö­nig, ab 1155 Kai­ser) die ge­ziel­te Stär­kung des Reichs­be­sit­zes am Nie­der­rhein. Da­zu zählt die Er­rich­tung von Märk­ten in Aa­chen un­d Duis­burg in ge­ziel­ter Kon­kur­renz zu den Köl­ner Märk­ten. Hin­zu ka­men zwei neue Zoll­stät­ten am Rhein in Kai­sers­werth (1174) und Duis­burg (1184). Die Zol­ler­he­bung in Kai­sers­werth wur­de als Ver­le­gung des Ti­e­ler Zolls de­kla­riert, doch wur­de dort, wohl un­ter an­de­rem Rechts­ti­tel, wei­ter­hin Zoll er­ho­ben. Bei­de kö­nig­li­chen He­be­stel­len wa­ren er­kenn­bar so plat­ziert, dass der Rhein­han­del zwi­schen Köln und den Nie­der­lan­den be­zie­hungs­wei­se Eng­land zu­sätz­lich ab­ge­schöpft wur­de.

Die als an­tik­öl­nisch ge­wer­te­te (Wirt­schafts-) Po­li­tik der Stauf­er­kö­ni­ge stieß auf er­kenn­ba­ren Wi­der­stand von Stadt und Erz­bi­schof. Sie war mit da­für ver­ant­wort­lich, dass bei­de Ak­teu­re im Thron­streit von 1198 den Wel­fen Ot­to IV. (1175/1176-1218, ab 1198 rö­misch-deut­scher Kö­nig, ab 1209 Kai­ser) ge­gen den Stau­fer Phil­ipp (1177-1208, ab 1198 rö­misch-deut­scher Kö­nig) durch­zu­set­zen ver­such­ten. Als ers­ter Herr­scher über­haupt muss­te Ot­to ei­nem sei­ner Wäh­ler, dem Köl­ner Erz­bi­schof Adolf, als Preis für des­sen Wahl­stim­me be­deu­ten­de zoll­po­li­ti­sche Zu­ge­ständ­nis­se ver­brie­fen: die Auf­he­bung des Kai­sers­wer­t­her Rhein­zolls. Ein­ge­hal­ten hat Ot­to die­se Zu­sa­ge nicht, wich­ti­ger wa­ren dem Kö­nig of­fen­bar die Zoll­ein­nah­men. Eben­so we­nig konn­te der Me­tro­po­lit die Wie­der­er­rich­tung des An­der­nach­er Rhein­zolls er­rei­chen, der ver­mut­lich um 1190 beim vor­über­ge­hen­den Ein­zug An­der­nachs durch das Kö­nig­tum nie­der­ge­legt wor­den war; erst 1234/1235 ist dort der Zoll­be­trieb kurz­zei­tig wie­der be­zeugt. Rhein­zöl­le wa­ren da­mit zu ei­nem kon­tro­ver­sen The­ma der ho­hen Po­li­tik ge­wor­den und er­hiel­ten durch die Ver­knüp­fung von Zoll­fra­gen mit der Kur­stim­me ei­ne grund­le­gen­de ver­fas­sungs­ge­schicht­li­che Be­deu­tung für das spä­te­re Mit­tel­al­ter.

3. Rheinzölle im 13. und frühen 14. Jahrhundert

Die Ent­wick­lung des rhei­ni­schen Fluss­zoll­we­sens in der ers­ten Hälf­te des 13. Jahr­hun­derts ist durch ein ein­schnei­den­des, in sei­nen Kon­se­quen­zen noch lan­ge spür­ba­res Er­eig­nis ge­kenn­zeich­net, den 1235 durch Kai­ser Fried­rich II. (1194-1250, ab 1212 rö­misch-deut­scher Kö­nig, ab 1220 Kai­ser) ver­kün­de­ten Main­zer Reichs­land­frie­den. Die­ses Re­gel­werk war die ers­te um­fas­sen­de Nor­mie­rung des Tran­sit­zoll­we­sens im Reich seit ka­ro­lin­gi­scher Zeit. Un­ter an­de­rem wur­den al­le seit dem Tod Hein­richs VI. (1165-1197, ab 1169 rö­misch-deut­scher Kö­nig, ab 1191 Kai­ser) er­rich­te­ten Fluss- und Land­z­öl­le ver­bo­ten, au­ßer man konn­te kon­kret ih­re Recht­mä­ßig­keit vor dem Kai­ser nach­wei­sen. Für drei Rhein­zöl­le ge­lang ein sol­cher Nach­weis nicht, ihr Be­trieb muss­te in­fol­ge des Land­frie­dens ein­ge­stellt wer­den: Zum ei­nen wa­ren dies die kurz zu­vor (wie­der) er­rich­te­ten Köl­ner Zöl­le Rhein­berg und An­der­nach, zum an­de­ren der kat­zeneln­bo­gi­sche Zoll St. Goar, der ver­mut­lich aus der Zeit des Thron­streits (1198–1218) stamm­te. An­de­rer­seits er­hielt der rhei­ni­sche Pfalz­graf für den Zoll Ba­cha­rach, seit 1226 be­zeugt, die er­for­der­li­che kai­ser­li­che Er­laub­nis. Auch die Gra­fen von Gel­dern, seit der Ver­le­gung des Arn­hei­mer Fluss­zolls nach Lo­bith, (vor) 1220 Rhein­zoll­in­ha­ber, be­hiel­ten die­sen Zoll. Glei­ches gilt für den Gra­fen von Kle­ve, der ab 1229 in den Be­sitz des Reichs­zolls Nim­we­gen ge­langt war. Es hing al­so vor al­lem vom po­li­ti­schen Kal­kül des Herr­schers ab, wer sei­nen Zoll be­hal­ten konn­te und wer nicht. In der For­schung hat man, man­gels De­tail­un­ter­su­chun­gen zur Ge­schich­te der ein­zel­nen Zöl­le, die tat­säch­li­che Wirk­sam­keit des Main­zer Reichs­land­frie­dens in die­sem Be­reich lan­ge stark un­ter­schätzt. 

Die bür­ger­kriegs­ähn­li­che End­pha­se der stau­fi­schen Herr­schaft in Deutsch­land um die Mit­te des 13. Jahr­hun­derts hat­te auf die Rhein­zöl­le so gra­vie­ren­de Aus­wir­kun­gen wie kaum ein an­de­res reichs­po­li­ti­sches Er­eig­nis des Mit­tel­al­ters. Drei Fak­to­ren wirk­ten zu­sam­men, um die Ab­ga­ben­be­las­tung des Rhein­han­dels in­ner­halb kur­zer Zeit auf vor­her nie ge­kann­te Hö­hen zu brin­gen: Kai­ser Fried­rich II. und sein Sohn Kon­rad IV. (1228-1254, ab 1237 rö­misch-deut­scher Kö­nig) stat­te­ten ih­re Par­tei­gän­ger in den Rhein­lan­den mit neu­en Zoll­rech­ten aus. Die Stau­f­er­geg­ner un­ter den Fürs­ten und Her­ren am Rhein leg­ten zur Fi­nan­zie­rung ih­rer Kriegs­an­stren­gun­gen ei­gen­mäch­tig neue Zöl­le auf. Und schlie­ß­lich nutz­ten die füh­ren­den mit­tel­rhei­ni­schen Reichs­mi­nis­te­ria­len aus der Fa­mi­lie Bo­lan­den-Ho­hen­fels-Fal­ken­stein die La­ge, um un­ter dem Schutz der von ih­nen kon­trol­lier­ten Bur­gen am Rhein mehr oder min­der ei­gen­mäch­tig die Er­he­bung von Zöl­len durch­zu­set­zen, sei es zur Fi­nan­zie­rung ei­ner der bei­den Sei­ten, sei es zum Auf­bau ei­ner ei­ge­nen ter­ri­to­ria­len Macht­po­si­ti­on. Die­ser As­pekt dürf­te im Üb­ri­gen auch bei den an­de­ren bei­den Grup­pen ei­ne er­heb­li­che Rol­le ge­spielt ha­ben.

Zur Grup­pe der stau­fi­schen Par­tei­gän­ger ge­hör­ten der Graf von Kle­ve, der 1242 im Nie­der­rhein­ge­biet über Fluss­z­öl­le in Nim­we­gen, Huis­sen (wohl Nach­fol­ger des Reichs­zolls An­ge­ren), Schmit­hau­sen und Or­soy ver­füg­te, so­wie der rhei­ni­sche Pfalz­graf, der seit 1243 am Mit­tel­rhein zu­sätz­lich zu Ba­cha­rach auch in Fürs­ten­berg ei­ne Zoll­stät­te be­trieb. Die zwei­te Grup­pe der Stau­f­er­geg­ner bil­de­ten zu­nächst die drei rhei­ni­schen Erz­bi­schö­fe: Der Köl­ner Me­tro­po­lit er­rich­te­te (vor) 1244/1246 ei­nen neu­en Rhein­zoll in Bonn, der Main­zer Erz­bi­schof leg­te ge­gen 1244 neue Zoll­stät­ten am Mit­tel­rhein auf, viel­leicht in Bin­gen und/oder in Ober­lahn­stein, und der Erz­bi­schof von Trier ent­zog dem Trie­rer Si­me­on­stift den Ko­blen­zer Zoll und er­hob dort selbst er­höh­te Ab­ga­ben. Die Wie­der­er­rich­tung des Zolls St. Goar durch den Gra­fen von Kat­zeneln­bo­gen 1245/1252 ge­hört ver­mut­lich eben­so in die­sen Kon­text wie die Ein­rich­tung des Rhein­zolls Brau­bach, den Ge­gen­kö­nig Wil­helm von Hol­land (1228-1256, 1248-1254 Ge­gen­kö­nig, ab 1254 rö­misch-deut­scher Kö­nig) im Jahr 1252 an den Gra­fen von Hen­ne­berg ver­lieh. Zur drit­ten Grup­pe der mehr oder min­der ei­gen­mäch­tig von Reichs­mi­nis­te­ria­len er­rich­te­ten Rhein­zöl­le zäh­len Mainz-Kas­tel (1243), Ster­ren­berg (1247), Ober­we­sel (1253), In­gel­heim (1254).

In die­ser Si­tua­ti­on bil­de­te sich im Früh­som­mer 1254 un­ter Füh­rung der Städ­te Worms und Mainz der Rhei­ni­sche Bund, der sich die Wie­der­her­stel­lung des Frie­dens und die Ab­schaf­fung der in den vor­an­ge­gan­ge­nen Jah­ren er­rich­te­ten Zöl­le zum Ziel setz­te. Zwar konn­ten ei­ni­ge be­mer­kens­wer­te Er­fol­ge er­zielt wer­den, doch ver­hin­der­te der kur­ze Be­stand des Bun­des (1254–1256/1257) ei­ne nach­hal­ti­ge Be­rei­ni­gung der Si­tua­ti­on, und auch Kö­nig Ri­chard von Corn­wall (1209-1272, ab 1257 rö­misch-deut­scher Kö­nig) un­ter­nahm zu­nächst kei­ne An­stren­gun­gen zur Ein­däm­mung der aus­ufern­den Ab­ga­ben­be­las­tung des Rhein­han­dels. Es sind dann so­gar neue Zöl­le der Reichs­mi­nis­te­rialen­grup­pe in Kaub (1257) und Trecht­ing­s­hau­sen (1260) so­wie, süd­lich von Mainz, Na­cken­heim (1261) und Fal­ken­au (1266) be­zeugt. 

Erst 1269 kam es im Worm­ser Land­frie­den durch das Zu­sam­men­wir­ken Ri­chards mit dem Main­zer Erz­bi­schof Wer­ner von Eppstein (um 1225-1284, Epis­ko­pat 1259-1284) zu der lan­ge fäl­li­gen grund­le­gen­den Re­vi­si­on des (mit­tel-) rhei­ni­schen Zoll­sys­tems, das der eng­li­sche Chro­nist Tho­mas Wy­kes (1222-um 1292) als fu­rio­sa Teu­to­ni­co­rum in­sa­nia, als „ra­sen­den Wahn­sinn der Deut­schen“ kri­ti­sier­te: Es wur­de die Ab­schaf­fung al­ler „un­rech­ten“ Zöl­le zwi­schen Straß­burg und Köln nicht nur pro­kla­miert, son­dern vom Main­zer Erz­bi­schof auch mit mi­li­tä­ri­scher Ge­walt durch­ge­setzt. Al­le seit um 1250 am Mit­tel­rhein er­rich­te­ten He­be­stel­len wur­den nie­der­ge­legt, die Grup­pe der Reichs­mi­nis­te­ria­len wur­de da­mit auf Dau­er aus dem Kreis der Rhein­zoll­in­ha­ber ver­drängt. Von den In­ha­bern „un­rech­ter“ Zöl­le ge­lang es al­lein dem Gra­fen von Kat­zeneln­bo­gen dank sei­ner gu­ten Be­zie­hun­gen zum Main­zer Erz­bi­schof, den Rhein­zoll St. Goar zu be­haup­ten. 

Seit dem letz­ten Vier­tel des 13. Jahr­hun­derts rück­te das Köl­ner Erz­stift in das Zen­trum des Ge­sche­hens am Rhein, denn Erz­bi­schof Sieg­fried von Wes­ter­burg, ei­ner der tat­kräf­tigs­ten mit­tel­al­ter­li­chen Zoll­po­li­ti­ker der Rhein­lan­de, fi­nan­zier­te sei­ne am­bi­tiö­se Ter­ri­to­ri­al­po­li­tik zu gro­ßen Tei­len durch von ihm neu- be­zie­hungs­wei­se wie­der­er­rich­te­te Zöl­le am Rhein. Am An­fang sei­nes Epis­ko­pats be­saß das Erz­stift le­dig­lich den Rhein­zoll in Neuss, am En­de wa­ren drei wei­te­re He­be­stel­len hin­zu­ge­kom­men: An­der­nach, Bonn (be­fris­tet) und Kai­sers­werth (als Reichs­pfand). Zeit­wei­se hat­te Sieg­fried auch in Uer­din­gen, Worrin­gen und Rhein­berg Tran­sit­ab­ga­ben auf den Rhein­han­del er­ho­ben. Sei­nen Amts­brü­dern im Trie­rer und Main­zer Erz­stift war Sieg­fried da­mit weit vor­aus, sie konn­ten erst im frü­hen 14. Jahr­hun­dert auf­ho­len.

Karte des Rheins unterhalb von Emmerich und die Trennung zwischen Rhein und Waal bei Schenkenschans, ein Zollhaus ist links mit "tolhuis" gekennzeichnet, 1605. (Gelders Archive: 0509-297, B. Kempinck, Public Domain Mark 1.0)

 

Be­mer­kens­wert an Sieg­frieds in gro­ßem Stil be­trie­be­ner Zoll­po­li­tik sind nicht nur die Er­fol­ge, son­dern auch die Me­tho­den. Zu­nächst er­rich­te­te er neue Zöl­le ei­gen­mäch­tig, ge­gen den zu­neh­men­den Wi­der­stand sei­ner ter­ri­to­ria­len Nach­barn, der Stadt Köln und Kö­nig Ru­dolfs von Habs­burg (1218-1291, ab 1273 rö­misch-deut­scher Kö­nig). Nach der Nie­der­la­ge von Worrin­gen 1288 wech­sel­te er die Stra­te­gie. Wie sein Vor­gän­ger Adolf I. von Al­te­na 1198 mach­te auch Sieg­fried die Ver­ga­be sei­ner Kur­stim­me bei der Kö­nigs­wahl von 1292 von der Zu­sa­ge neu­er Zoll­pri­vi­le­gi­en ab­hän­gig. Da­mit wur­de er vor­bild­ge­bend für die Po­li­tik der rhei­ni­schen Erz­bi­schö­fe bei den fol­gen­den Kö­nigs­wah­len. Ih­re Wahl­stim­me hat den rhei­ni­schen Kur­fürs­ten, vor al­lem den Erz­bi­schö­fen, die do­mi­nie­ren­de Rol­le als Rhein­zoll­her­ren ver­schafft und ge­si­chert, die sie bis zum En­de des Al­ten Rei­ches in­ne­hat­ten. Im ers­ten Vier­tel des 14. Jahr­hun­derts bil­de­te sich die Be­sitz­struk­tur der Rhein­zöl­le aus, wie sie bis zum En­de des Al­ten Reichs be­ste­hen soll­te. Die­ser Pro­zess ver­lief nicht oh­ne har­te Kämp­fe und bei wei­tem nicht so grad­li­nig, wie es im Rück­blick er­schei­nen mag. Al­brecht von Habs­burg (1255-1308, ab 1298 rö­misch-deut­scher Kö­nig), 1298 an die Stel­le des von den Kur­fürs­ten ab­ge­setz­ten und im Kampf ge­tö­te­ten Adolfs von Nas­sau (vor 1250-1298, ab 1292 rö­misch-deut­scher Kö­nig) ge­tre­ten, hat­te sei­ne Wahl auch mit Zoll­pri­vi­le­gen zu­guns­ten sei­ner rhei­ni­schen Wäh­ler er­mög­licht. Schon bald woll­ten die­se selbst­be­wuss­ten Kö­nigs­ma­cher aber auch ihn ab­set­zen. Der Main­zer Erz­bi­schof soll ge­prahlt ha­ben, er ha­be noch vie­le Kö­ni­ge im Kö­cher. Al­brecht be­hielt aber die Ober­hand: Er zog die ter­ri­to­ria­len Geg­ner der Kur­fürs­ten und die wich­ti­gen rhei­ni­schen Han­dels­städ­te auf sei­ne Sei­te und traf die kur­fürst­li­che Op­po­si­ti­on an ei­ner ih­rer emp­find­lichs­ten Stel­len, den Rhein­zöl­len, die eben­so er­trag­reich für ih­re In­ha­ber wie un­po­pu­lär in der Öf­fent­lich­keit wa­ren. Der Habs­bur­ger wi­der­rief 1301 al­le seit Kai­ser Fried­rich II. er­teil­ten Zol­ler­he­bungs­pri­vi­le­gi­en, er­mäch­tig­te ver­bün­de­te rhei­ni­sche Städ­te zum be­waff­ne­ten Wi­der­stand ge­gen die nun un­recht­mä­ßi­gen Zöl­le und warf sei­ne Geg­ner in schnel­len Feld­zü­gen nie­der. Har­te Frie­dens­be­din­gun­gen nah­men den drei Erz­bi­schö­fen al­le Rhein­zöl­le, die sie in den letz­ten Jah­ren und Jahr­zehn­ten er­langt hat­ten, wäh­rend der Pfalz­graf ge­schont wur­de. Dem vor­mals so do­mi­nie­ren­den Köl­ner Erz­stift ver­blieb le­dig­lich der Neus­ser Zoll, und zwar nur in al­ter Hö­he. Al­brecht nutz­te nun sei­ne star­ke Macht­po­si­ti­on am Rhein zu ei­ner fun­da­men­ta­len Um­ge­stal­tung der Zoll­struk­tur. Er re­du­zier­te den Zoll­be­sitz der rhei­ni­schen Erz­bi­schö­fe auf ein Mi­ni­mum, über­trug den Kai­sers­wer­t­her Reichs­zoll vom Köl­ner Erz­stift an des­sen ter­ri­to­ria­len Ri­va­len, die Gra­fen von Jü­lich, und er­rich­te­te mit Ham­mer­stein und Eh­ren­fels in ge­ziel­ter stra­te­gi­scher Plat­zie­rung zwei neue Reichs­z­öl­le. Die­se Neu­ord­nung hat­te zwar pro­gram­ma­ti­schen Cha­rak­ter, aber kei­nen dau­er­haf­ten Be­stand. Der frü­he Tod Al­brechts 1308 ver­hin­der­te, dass sich die be­ab­sich­tig­ten Struk­tu­ren ver­fes­ti­gen konn­ten. Es stand nun wie­der ei­ne Kö­nigs­wahl an, die drit­te in­ner­halb von 16 Jah­ren. Sie er­mög­lich­te den rhei­ni­schen Erz­bi­schö­fen, mit dem neu­en Herr­scher ei­ne zu­min­dest teil­wei­se Wie­der­her­stel­lung ih­res Rhein­zoll­be­sit­zes aus­zu­han­deln. Er­geb­nis war die reichs­recht­li­che An­er­ken­nung der köl­ni­schen Zöl­le An­der­nach und Bonn, des main­zi­schen Zolls Ober­lahn­stein und die Über­tra­gung des Eh­ren­fel­ser Reichs­zolls an das Main­zer Erz­stift. Der neue Trie­rer Erz­bi­schof Bal­du­in von Lu­xem­burg er­hielt von sei­nem Bru­der Hein­rich VII. (1274-1313, ab 1308 rö­misch-deut­scher Kö­nig, ab 1312 Kai­ser) ei­ne Rei­he von Zoll­pri­vi­le­gi­en für den Ko­blen­zer Rhein­zoll, wo­mit die­se He­be­stel­le reichs­recht­lich neu be­grün­det wur­de.

Da­mit ist nicht ge­sagt, dass die Reichs­ge­walt nicht mehr von der Ab­schöp­fung des Rhein­han­dels pro­fi­tie­ren konn­te. Viel­mehr ließ Hein­rich VII. zur Fi­nan­zie­rung sei­ner Herr­schaft sys­te­ma­tisch Reichs­zu­schlä­ge an den be­ste­hen­den Rhein­zöl­len er­he­ben, wo­mit er ein erst­mals un­ter Ru­dolf von Habs­burg prak­ti­zier­tes und von Al­brecht wie­der auf­ge­grif­fe­nes Ver­fah­ren in­sti­tu­tio­na­li­sier­te. Im Ein­zel­fall be­grün­de­ten sol­che Reichs­zu­schlä­ge auch ei­ne neue He­be­stel­le, wie bei der pfalz­gräf­li­chen He­be­stel­le Kaub (seit 1310). Das Kö­nig­tum nutz­te da­mit ge­schickt die be­ste­hen­de Zoll­in­fra­struk­tur, um den Han­del oh­ne nen­nens­wer­ten ei­ge­nen Auf­wand ab­zu­schöp­fen.

Ih­ren Ab­schluss fand der Wie­der­auf­bau des erz­bi­schöf­li­chen Rhein­zoll­be­stan­des nach der Kö­nigs­wahl von 1314. Zwei Kö­ni­ge wur­den ge­wählt, die ih­ren je­wei­li­gen An­hän­gern Zol­ler­he­bungs­pri­vi­le­gi­en aus­stell­ten: Der Köl­ner Erz­bi­schof un­ter­stütz­te den Habs­bur­ger Fried­rich den Schö­nen (1289-1330, ab 1314 rö­misch-deut­scher Kö­nig), der Main­zer und Trie­rer Me­tro­po­lit hin­ge­gen den Wit­tels­ba­cher Lud­wig den Bay­ern (1282/1286-1347, ab 1314 rö­misch-deut­scher Kö­nig, ab 1328 Kai­ser). Fried­rich ge­neh­mig­te den Rhein­ber­ger Zoll für Köln, Lud­wig be­stä­tig­te die Main­zer Zöl­le in Eh­ren­fels und Ober­lahn­stein und über­trug der Trie­rer Kir­che die Reichs­zol­l­an­tei­le in Bop­pard. Da­ge­gen ver­blieb Kai­sers­werth im Pfand­be­sitz der Gra­fen von Jü­lich und konn­te erst 1424 für das Köl­ner Erz­stift an­ge­kauft wer­den.

Die Ab­ga­ben­last des Rhein­han­dels hat­te in die­sen Jah­ren so stark zu­ge­nom­men, dass selbst die Zoll­her­ren drin­gen­den Hand­lungs­be­darf an­er­kann­ten. Im Ba­cha­ra­cher Land­frie­den (1317–1320/1324) ver­such­te Kö­nig Lud­wig der Bay­er zu­sam­men mit den Erz­bi­schö­fen von Mainz und Trier, mit vor­wie­gend nie­der­rhei­ni­schen Dy­nas­ten so­wie un­ter ma­ß­geb­li­cher Be­tei­li­gung der gro­ßen, von Köln an­ge­führ­ten rhei­ni­schen und wet­teraui­schen Han­dels­städ­te, den Rhein­han­del zu­min­dest vor­über­ge­hend zu ent­las­ten. Al­le Rhein­zöl­le zwi­schen Hördt und Köln wur­den nie­der­ge­legt. Le­dig­lich die He­be­stel­len St. Goar, Bop­pard, Ko­blenz, An­der­nach und Bonn be­stan­den in stark re­du­zier­ter Form be­zie­hungs­wei­se als Land­frie­dens­zoll (Ko­blenz) wei­ter. Zur Fi­nan­zie­rung des Land­frie­dens er­rich­te­te man neue Rhein­zöl­le in Re­ma­gen und Köln, an de­ren Ein­künf­ten der Kö­nig und die Gro­ßen zu zwei Drit­teln und die Städ­te zu ei­nem Drit­tel par­ti­zi­pier­ten. Ins­ge­samt kam es zu ei­ner zeit­wei­li­gen Re­du­zie­rung der no­mi­nel­len Ab­ga­ben­last um cir­ca 40–50 Pro­zent. Ein Teil der Ab­sen­kung blieb nach dem En­de des Land­frie­dens er­hal­ten, die Land­frie­dens­he­be­stel­len Köln und Re­ma­gen fie­len hin­ge­gen fort.

Ver­gli­chen mit dem wech­sel­vol­len 13. und dem frü­hen 14. Jahr­hun­dert war die Rhein­zoll­struk­tur da­nach nur noch ge­rin­gen Än­de­run­gen un­ter­wor­fen. Al­le Ver­su­che von au­ßer­halb, in den bis cir­ca 1325 kon­sti­tu­ier­ten Kreis der Zoll­in­ha­ber ein­zu­bre­chen und neue He­be­stel­len am Rhein zu eta­blie­ren, schei­ter­ten mit nur ei­ner Aus­nah­me: Den Gra­fen von Berg ge­lang es, 1374/1377 mit dem Düs­sel­dor­fer Zoll nicht nur ei­nen neu­en Ab­ga­ben­ti­tel, son­dern auch ei­ne neue He­be­stel­le zu be­haup­ten. Die da­bei auf­tre­ten­den star­ken Wi­der­stän­de von Stadt und Erz­stift Köln konn­te man hier noch über­win­den, da­ge­gen ge­lang es Berg trotz kö­nig­li­cher Pri­vi­le­gi­en we­der ober- noch un­ter­halb Kölns, ei­nen zwei­ten Rhein­zoll durch­zu­set­zen. 

4. Zollerträge, Zolltarifierung und die Belastbarkeit des Rheinhandels

Seit dem zwei­ten Drit­tel des 14. Jahr­hun­derts do­mi­nier­ten die rhei­ni­schen Kur­fürs­ten im­mer kla­rer die Zoll­po­li­tik am Rhein. Sie be­sa­ßen die meis­ten und die wich­tigs­ten Zöl­le und wa­ren da­mit in fis­ka­li­scher Hin­sicht die Haupt­pro­fi­teu­re des Rhein­han­dels. Aus ver­streu­ten Nach­rich­ten las­sen sich Zoll­ein­künf­te in gro­ßer, zum Teil so­gar in enor­mer Hö­he er­schlie­ßen: Mit­te des 13. Jahr­hun­derts be­zif­fer­te man die Er­trä­ge der Rhein­zöl­le in Neuss und Ko­blenz mit bis zu 800–1.200 Mark pro Jahr, was grob ge­rech­net 200–300 Ki­lo­gramm Sil­ber ent­sprach. 1345, al­so et­wa 100 Jah­re spä­ter, konn­te Kur­trier den Ko­blen­zer Zoll für über 13.000 Gul­den pro Jahr ver­pach­ten, was rund 3.250 Mark be­zie­hungs­wei­se 43 Ki­lo­gramm Gold oder über 500 Ki­lo­gramm Sil­ber ent­spricht. Noch ein­mal 20–30 Pro­zent mehr dürf­te in Bonn (Kur­k­öln) und Ober­lahn­stein (Kur­mainz) ein­ge­kom­men sein. Das wa­ren die Grö­ßen­ord­nun­gen der kur­fürst­li­chen Zöl­le zwi­schen Mainz und Köln!

Es liegt auf der Hand, dass die Rhein­zoll­in­ha­ber al­les ta­ten, um die­se Ein­künf­te zu er­hal­ten und an­de­re Kräf­te von die­ser Geld­quel­le fern­zu­hal­ten. Die Kur­fürs­ten ver­bün­de­ten sich erst­mals 1339, nicht zu­fäl­lig bald nach dem Kur­ver­ein von Rhens (1338), ge­gen die Er­he­bung neu­er Rhein­zoll­ab­ga­ben. Oh­ne dem Kö­nig for­mal das Recht der Zoll­ver­lei­hung zu be­strei­ten, ver­such­ten sie, es von ih­rem Kon­sens ab­hän­gig zu ma­chen. Tat­säch­lich ist ih­nen das lang­fris­tig auch weit­ge­hend ge­lun­gen. Ein Bei­spiel il­lus­triert dies: Drei ver­gleich­bar ho­he Zöl­le ver­lieh Kai­ser Fried­rich III. (1415-1492, ab 1440 rö­misch-deut­scher Kö­nig, ab 1452 Kai­ser) 1475 und 1486 im Köl­ner Raum: 1475 den Köl­ner Zoll der Stadt Köln, im glei­chen Jahr den Lin­zer Zoll dem Erz­bi­schof von Köln und 1486 den Lüls­dor­fer Zoll dem Her­zog von Jü­lich-Berg. Es ist be­zeich­nend für die Macht­struk­tu­ren des Rhein­zoll­we­sens am En­de des Mit­tel­al­ters, dass al­lein der Köl­ner Erz­bi­schof als Kur­fürst das kai­ser­li­che Zoll­pri­vi­leg dau­er­haft um­set­zen konn­te, wäh­rend die bei­den an­de­ren Be­güns­tig­ten schei­ter­ten.

Das Fern­hal­ten ter­ri­to­ria­ler Kon­kur­ren­ten von ei­ner er­gie­bi­gen Geld­quel­le war aber nicht das ein­zi­ge Mo­tiv in der Ver­hin­de­rung neu­er Zöl­le. Schon früh hat­te man er­kannt, dass der Rhein­han­del nicht be­lie­big ho­he Ab­ga­ben­las­ten tra­gen konn­te. Kam es et­wa zu ei­nem Rück­gang des Han­dels­vo­lu­mens, hat­ten die Haupt­pro­fi­teu­re auch am meis­ten dar­un­ter zu lei­den. Seit 1354 ver­ein­bar­ten die rhei­ni­schen Kur­fürs­ten ge­mein­sa­me Re­geln der Ver­zol­lung, um dem Han­del ei­ne ver­läss­li­che Kal­ku­la­ti­ons­ba­sis auf der „kur­fürst­li­chen Zoll­rou­te“ des Rheins zu ge­ben (ein Be­griff von 1499). 

Die Be­rech­nung des Zoll­sat­zes war nicht ganz tri­vi­al: In den ent­spre­chen­den kö­nig­li­chen Pri­vi­le­gi­en war meist nur der Zoll­satz auf Wein ge­nannt, meist aus­ge­drückt in der Zahl der „Tur­no­sen“, der seit 1300 in den Rhein­lan­den po­pu­lä­ren fran­zö­si­schen Sil­ber­mün­ze, pro Fu­der Wein, der Haupt­han­dels­wa­re auf dem Strom. Die Sät­ze auf an­de­re gän­gi­ge Gü­ter wie Fisch, Ge­trei­de, Salz, Holz und But­ter wa­ren dann „im Ver­hält­nis“ zu neh­men. Nach wel­cher Me­tho­de das Ver­hält­nis für die je­wei­li­ge Zoll­stät­te be­rech­net wur­de, be­darf noch ei­ner ge­naue­ren Un­ter­su­chung. Ver­su­che der rhei­ni­schen Kur­fürs­ten (1358), ein ein­heit­li­ches, auf ei­ner Wert­re­la­ti­on ba­sie­ren­des Sys­tem zu eta­blie­ren, blie­ben oh­ne lang­fris­ti­gen Er­folg. So konn­te sich et­wa die Re­la­ti­on zwi­schen Wein- und Ge­trei­de­zoll von He­be­stel­le zu He­be­stel­le in ei­ner gro­ßen Band­brei­te be­we­gen.

Mit „Fu­der“ be­zog man sich da­bei nicht di­rekt auf das Han­dels­maß, das in Köln 6 Ohm zu cir­ca 145,6 Li­ter und da­mit cir­ca 873,6 Li­ter um­fass­te, son­dern ge­meint war das so­ge­nann­te „Zoll­fu­der“, das mit ei­ner hö­he­ren An­zahl von Ohm be­rech­net wur­de. Je mehr Ohm pro Zoll­fu­der ver­an­schlagt wur­den, des­to ge­rin­ger war bei glei­cher Tur­no­sen­zahl fak­tisch der Zoll. Die Be­rech­nung des Zoll­fu­ders war va­ria­bel. Zum ei­nen tra­fen die Rhein­zoll­in­ha­ber ent­spre­chen­de An­ord­nun­gen. Die rhei­ni­schen Kur­fürs­ten ha­ben in ge­mein­sa­men Ver­ein­ba­run­gen meist zwi­schen 10 und 12 Ohm als Grö­ße des Zoll­fu­ders fest­ge­setzt. Hin­zu konn­te ein pau­scha­ler Ra­batt von 10 Pro­zent kom­men, die so­ge­nann­te „Wie­der­ga­be“. Für an­de­re Han­dels­wa­ren ver­fuhr man ent­spre­chend: Ent­we­der rech­ne­te man sie in Zoll­fu­der um oder es wur­den ver­gleich­ba­re Zoll­ma­ße ver­wen­det, wie das „Zoll­hun­der­t‟ (Zent­ner) Korn.

Zum an­de­ren ist die kon­kre­te Pra­xis der Ver­zol­lung zu be­ach­ten. Ein spe­zi­el­ler Zoll­be­diens­te­ter, der Be­se­her, be­gab sich da­zu auf das Schiff, um die La­dung zu ta­xie­ren, das hei­ßt die Zahl der Zoll­fu­der fest­zu­le­gen, nach der sich dann die Zoll­ab­ga­be be­rech­ne­te. Der Be­se­her, oft ein ehe­ma­li­ger Schif­fer, hat­te da­mit ei­ne Schlüs­sel­stel­lung in­ne und war nicht oh­ne Grund der am bes­ten be­zahl­te Zoll­be­diens­te­te. Bei ei­nem voll­be­la­de­nen grö­ße­ren Rhein­schiff war es al­ler­dings kaum mög­lich, die ex­ak­te Art und Men­ge der je­wei­li­gen Wa­ren durch Au­gen­schein selbst zu er­mit­teln, denn der Trans­port­raum wur­de mög­lichst voll­stän­dig aus­ge­nutzt. Zu­dem hat­ten es die Schif­fer ei­lig, denn Zeit war auch da­mals schon Geld. 

Der Be­se­her muss­te die La­dung al­so nach bes­tem Wis­sen und auf­grund der An­ga­ben des Schif­fers plau­si­bi­li­sie­ren und schät­zen. Vom Er­geb­nis die­ser Schät­zung hing die Hö­he der Zoll­ab­ga­be und da­mit auch di­rekt der Ge­winn des Schif­fers ab, denn der Händ­ler zahl­te im 15. Jahr­hun­dert für den Trans­port be­reits ei­nen men­gen-, stre­cken- und sai­son­ab­hän­gi­gen Pau­schal­ta­rif, mit dem al­le Zöl­le schon ab­ge­gol­ten wa­ren. Der Schif­fer hat­te dann die Fracht „auf sei­ne Kos­ten und Angst“, wie es in den Quel­len hei­ßt, ver­ein­ba­rungs- und ter­min­ge­mäß ab­zu­lie­fern. 

Es über­rascht da­her nicht, dass die Quel­len des 15. und 16. Jahr­hun­derts von sehr kon­tro­ver­sen Dis­kus­sio­nen über die Hö­he der Schät­zung be­rich­ten: Es wur­de ge­jam­mert, ge­pfif­fen und ge­schrien, mit­un­ter gab es so­gar Tät­lich­kei­ten. Im Er­geb­nis war die Ver­an­schla­gung ein Ver­hand­lungs­er­geb­nis. Nur wenn der Schif­fer par­tout nicht ein­ver­stan­den war, soll­te die La­dung am Zoll ent­la­den und ge­nau ta­xiert wer­den, was na­tür­lich ein Ri­si­ko und auf je­den Fall ei­nen im­men­sen Zeit­ver­lust be­deu­te­te. Mit­un­ter wur­de ein Schiff auch fest­ge­setzt, wenn der Schif­fer et­wa Zoll­be­güns­ti­gun­gen, die sein Auf­trag­ge­ber ge­noss, un­zu­läs­sig auf sei­nen ei­ge­nen Teil der La­dung aus­ge­dehnt hat­te oder frem­des Gut als (zoll­be­güns­tig­te) ei­ge­ne Wa­re de­kla­rier­te. Vie­le Schif­fer be­tä­tig­ten sich näm­lich auch als Händ­ler, wenn sie noch Fracht­raum ver­füg­bar hat­ten.

Die Zöll­ner stan­den ih­rer­seits un­ter dem Druck, die ho­hen Er­trags­er­war­tun­gen ih­rer Dienst­her­ren zu er­fül­len, die sehr ner­vös wur­den, wenn die Zoll­ein­künf­te ge­rin­ger aus­fie­len als kal­ku­liert. Im Ver­lauf des 15. Jahr­hun­derts ver­schärf­te sich die po­ten­zi­el­le Dis­kre­panz zwi­schen Er­war­tung und Rea­li­tät, denn die oh­ne­hin stark schwan­ken­den Zol­l­er­trä­ge nah­men ten­den­zi­ell ab, was die Zoll­in­ha­ber wie­der­um auf Ver­säum­nis­se ih­rer Zoll­die­ner, vor al­lem der Be­se­her, zu­rück­führ­ten. Die klas­si­sche Maß­nah­me war ei­ne neue Zoll­ord­nung mit noch de­tail­lier­te­ren Ver­fah­rens­vor­schrif­ten. Kam al­ler­dings Be­trugs­ver­dacht auf, so droh­te dem Zoll­die­ner Haft, Ent­las­sung aus dem Amt und Ver­lust der ho­hen, bei Amts­an­tritt hin­ter­leg­ten Kau­ti­on. 

Der lang­fris­ti­ge Rück­gang der Er­trä­ge hat­te ei­ne Viel­zahl von Grün­den, dar­un­ter die Ver­la­ge­rung von Han­dels­rou­ten weg von der Rhei­n­ach­se und ein ab­neh­men­der Han­del mit Rhein­wein. Hin­zu kam, deut­lich er­kenn­bar seit dem 15. Jahr­hun­dert, die zu­neh­men­de Kon­kur­renz des Land­ver­kehrs, der oft ei­ne at­trak­ti­ve Kom­bi­na­ti­on aus Preis- und Zeit­vor­teil bie­ten konn­te. Die Rhein­zoll­in­ha­ber, al­len vor­an die rhei­ni­schen Kur­fürs­ten, die ih­re Zoll­ex­per­ten zu jähr­li­chen Be­ra­tun­gen nach Bop­pard kom­men lie­ßen, konn­ten die­sem Struk­tur­wan­del nicht wirk­lich et­was ent­ge­gen­set­zen, au­ßer die Ent­ste­hung neu­er Zoll­ab­ga­ben mög­lichst zu ver­hin­dern. Dies ist ih­nen im­mer­hin so gut ge­lun­gen, dass die nie­der­rhei­ni­sche Schif­fer­dy­nas­tie „van El­ten“ ihr im 15. Jahr­hun­dert ent­stan­de­nes Ver­zeich­nis der no­mi­na­len Zoll­ab­ga­ben zwi­schen Eh­ren­fels am Mit­tel­rhein und der Mün­dung der Rhein­ar­me in die Nord­see über meh­re­re Ge­ne­ra­tio­nen oh­ne grö­ße­re Än­de­run­gen ver­wen­den konn­te. 

Ehrenfels mit Zollhaus unter der Burg, 1646. (Staatliche Bibliothek Regensburg (999/2Hist.pol.619(18/19))/Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek)

 

Folgt man die­sem Ver­zeich­nis, so fin­den sich um 1500 zwi­schen der Na­he­mün­dung und der Ga­be­lung des Rheins in Waal und Neder­ri­jn fol­gen­de Zoll­stät­ten: Die Auf­lis­tung be­ginnt mit dem kur­main­zi­sche Zoll Eh­ren­fels ge­gen­über der Na­he­mün­dung, ge­si­chert durch die gleich­na­mi­ge Burg, zu dem mög­li­cher­wei­se auch der be­kann­te Bin­ger „Mäu­se­tur­m“ auf ei­ner Rhein­in­sel ge­hör­te. Mit den Zoll­stät­ten Ba­cha­rach und Kaub, seit 1326/1327 durch die Burg Pfalz­gra­fen­stein auf ei­ner Rhein­in­sel ge­si­chert, folg­ten die fis­ka­lisch wert­volls­ten Be­sit­zun­gen der Pfalz­gra­fen am Mit­tel­rhein. In St. Goar lag die ein­zi­ge nicht-kur­fürst­li­che Zoll­stät­te am Mit­tel­rhein. Sie war im Be­sitz der Gra­fen von Kat­zeneln­bo­gen be­zie­hungs­wei­se ih­rer Er­ben, der Land­gra­fen von Hes­sen, und wur­de ge­schützt durch die Burg „Kat­z“. Auch am al­ten Reichs­zoll Bop­pard hat­te Kat­zeneln­bo­gen seit 1282 ei­nen An­teil, doch den grö­ße­ren Teil ver­ein­nahm­te seit 1314 der Trie­rer Erz­bi­schof. In Ober­lahn­stein folg­te der zwei­te Kur­main­zer Rhein­zoll. Dort wur­den mit über 3 Gul­den pro Zoll­fu­der nicht nur die höchs­ten no­mi­nel­len Ab­ga­ben von al­len mit­tel­rhei­ni­schen Zöl­len er­ho­ben, auch lie­ßen die dor­ti­gen Zöll­ner nur we­nig mit sich han­deln. Den äl­tes­ten Rhein­zoll in Ko­blenz er­ho­ben die Trie­rer Erz­bi­schö­fe im 14. Jahr­hun­dert zu­nächst fluss­auf­wärts in Ka­pel­len, seit 1412 fluss­ab­wärts im rechts­rhei­ni­schen En­gers. In Ko­blenz ver­blieb nur der Mo­sel­zoll. Nach den Kur­k­öl­ner Zöl­len An­der­nach, Linz und Bonn hat­te ein Schif­fer auf dem Weg nach Köln dann end­lich al­le Zoll­stät­ten pas­siert. In der Dom­stadt selbst be­stand der städ­ti­sche Rhein­zoll nur zwi­schen 1475 und 1494. Ein Trans­port, der um 1500 von Köln fluss­ab­wärts in Rich­tung Nie­der­lan­de un­ter­wegs war, hat­te zu­nächst in Zons an Kur­k­öln, dann in Düs­sel­dorf an Berg und in Kai­sers­werth wie­der an Kur­k­öln zu zah­len. 

Mit Or­soy ge­lang­te der Schif­fer an den ers­ten Zoll des Her­zogs von Kle­ve, ge­folgt vom Kur­k­öl­ner Zoll Rhein­berg, dem nörd­lichs­ten Rhein­zoll des Erz­stifts. Wei­ter fluss­ab­wärts war der kle­vi­sche Zoll Bü­de­rich an­zu­fah­ren. Die He­be­stel­le Em­me­rich war der Nach­fol­ger des Zolls Es­ser­den/Schmit­hau­sen und wur­de vom Ut­rech­ter Ma­ri­en­stift ver­pach­tet. Der Zoll Lo­bith kon­trol­lier­te die (da­ma­li­gen) Ga­be­lung des Rheins in Waal und Neder­ri­jn, für bei­de Zwei­ge gal­ten un­ter­schied­lich ho­he Ta­ri­fe. Ent­stan­den als gel­dri­scher Zoll kam er 1479 an den Her­zog von Kle­ve. Wähl­te der Schif­fer nach Dor­drecht die po­pu­lä­re­re Waal­rou­te, dann ge­lang­te er als Nächs­tes an den gel­dri­schen Zoll Nim­we­gen, fuhr er hin­ge­gen über den Neder­ri­jn war das kle­vi­sche Huis­sen der nächs­te Stopp zur Zoll­zah­lung. Es folg­ten dann je­weils noch wei­te­re Zoll­stät­ten Gel­derns und Hol­lands, auf der Waal Ti­el, Zalt­bom­mel, Go­rin­chem be­zie­hungs­wei­se auf dem Nederi­jn/Lek Arn­heim, Wi­jk und Schoon­ho­ven.

Auszug aus einem Zolltarifbuch des 15. Jahrhunderts mit den Zöllen Ehrenfels, Bacharach und Kaub. (Gelders Archive: 0012-809)

 

Die lan­ge Lis­te der Zoll­stät­ten, die zwi­schen Mit­tel­rhein und Nord­see an­ge­steu­ert wer­den muss­ten, lei­tet über zur Schluss­fra­ge: Wie stark ha­ben die Tran­sit­zöl­le den Han­del be­ein­flusst oder gar be­hin­dert? In der äl­te­ren For­schung, ge­prägt von li­be­ra­len Frei­han­dels­vor­stel­lun­gen, hat man ei­nen klar ne­ga­ti­ven Ein­fluss und ei­ne gro­ße Be­hin­de­rung des Han­dels ge­se­hen. Die­se Ein­schät­zung hat sich ge­wan­delt. 

Zu­nächst ist es nicht nur ahis­to­risch, son­dern es er­gibt auch sonst we­nig Sinn, ei­nen Fern­han­del oh­ne fis­ka­li­sche Ab­ga­ben­er­he­bung, et­wa nur mit „We­ge­ge­büh­ren‟ zu ima­gi­nie­ren. Im Fern­han­del ge­ra­de hö­her­wer­ti­ger Gü­ter wie Wein und Salz wur­de viel Geld um­ge­setzt und ver­dient. In der Per­spek­ti­ve des spät­mit­tel­al­ter­li­chen-früh­mo­der­nen Ter­ri­to­ri­al­staats mit ei­nem ste­tig wach­sen­den Fi­nanz­be­darf, aber mit ei­ner sehr be­grenz­ten Ver­wal­tung, war es schlicht­weg die ef­fi­zi­en­tes­te Lö­sung, sich auch durch Ab­ga­ben auf den Han­del zu fi­nan­zie­ren. 

Auch wenn es bei den Rhein­zöl­len Pha­sen von „Wild­wuchs‟ in po­li­ti­schen Um­bruchs­zei­ten gab, so fand die Zol­ler­he­bung des spä­ten Mit­tel­al­ters in ei­nem recht­lich hoch­re­gu­lier­ten, öf­fent­lich stark be­ob­ach­te­ten Kon­text statt, der auf Dau­er kei­nen Raum für rück­sichts­lo­se Ei­gen­mäch­tig­keit ein­zel­ner auf Kos­ten an­de­rer ließ. Schif­fer und Händ­ler, Städ­te und Zoll­her­ren, Kö­nig und Fürs­ten, – al­le wa­ren sie an ei­nem funk­tio­nie­ren­den Han­del in­ter­es­siert. Die zahl­reich über­lie­fer­ten Kon­flik­te zwi­schen und un­ter die­sen Ak­teu­ren wa­ren Teil ei­nes stän­di­gen, kom­ple­xen Aus­hand­lungs­pro­zes­ses um ei­nen mög­lichst gro­ßen ei­ge­nen An­teil am Ku­chen. Die Viel­zahl der Frik­tio­nen zeigt aber auch ein­deu­tig, dass das Sys­tem als Gan­zes funk­tio­nier­te. 

Quellen (Auswahl)

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Scholz-Ba­bisch, Ma­rie (Be­arb.), Quel­len zur Ge­schich­te des kle­vi­schen Rhein­zoll­we­sens vom 11. bis 18. Jahr­hun­dert, 2 Halb­bän­de, Wies­ba­den 1971.  

Literatur (Auswahl)

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Die Burg Friedestrom, Ausschnitt aus einer Ansicht der Stadt Zons, ca. 1575. (The Hebrew University of Jerusalem & The Jewish National & University Library)

 
Zitationshinweis

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Pfeiffer, Friedrich, Rheinzölle im Mittelalter, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/rheinzoelle-im-mittelalter/DE-2086/lido/62a6fc799b0124.18115382 (abgerufen am 05.12.2024)