Zur Geschichte des Romanischen Seminars der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Willi Jung (Bonn)

Blick auf das Romanische Seminar im Hauptgebäude der Universität am Hofgarten, rechter Flügel, undatiert, Foto: Frank Lürweg. (Universität Bonn)

1. Zur Entstehung einer Wissenschaft und ihrer Institutionalisierung

In der 200-jäh­ri­gen Ge­schich­te der Uni­ver­si­tät Bonn hat das Fach Ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie we­sent­lich zum wis­sen­schaft­li­chen Re­nom­mee der Uni­ver­si­tät, der Phi­lo­so­phi­schen Fa­kul­tät, zu­vör­derst aber der Fach­wis­sen­schaft bei­ge­tra­gen. Die mit der Be­grün­dung des Fa­ches Ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie durch Fried­rich Diez (1794-1876)[1] zu Be­ginn des 19. Jahr­hun­derts in Gang ge­brach­te uni­ver­si­tä­re In­sti­tu­tio­na­li­sie­rung der Dis­zi­plin zeig­te schon schnell ih­re welt­wei­ten Aus­wir­kun­gen. So wur­de Deutsch­land zeit­wei­se zu ei­nem „Mek­ka“ für For­scher aus der gan­zen Welt, die sich hier mit der da­mals noch jun­gen Dis­zi­plin ver­traut ma­chen woll­ten. 1866 be­such­te Gas­ton Pa­ris (1839-1903) in Bonn Die­zens Vor­le­sun­gen, spä­ter wur­de er ei­ner der be­deu­tends­ten Ro­ma­nis­ten in Frank­reich und Be­grün­der der Fach­zeit­schrift „Ro­ma­ni­a“. Ge­gen En­de des 19. Jahr­hun­derts kam der spä­te­re ita­lie­ni­sche No­bel­preis­trä­ger für Li­te­ra­tur, Lu­i­gi Pi­ran­del­lo (1867-1936)[2] , als jun­ger Stu­dent nach Bonn, um ei­ne Dis­ser­ta­ti­on über den Dia­lekt sei­ner Hei­mat­stadt Ag­ri­gent an­zu­fer­ti­gen.

Die Pirandello-Gedenktafel im Ergeschoss des Ostflügels des Hauptgebäudes der Universität Bonn, 2025, Foto: Willi Jung. (Privatbesitz)

 

Die um­fang­rei­che zwei­bän­di­ge Dar­stel­lung und Do­ku­men­ta­ti­on mit dem durch­aus auch iro­nisch ge­mein­ten Ti­tel „Ro­ma­nis­tik – ei­ne Bon­ner Er­fin­dun­g“ von Wil­li Hirdt (1938-2020) in Zu­sam­men­ar­beit mit Ri­chard Baum (ge­bo­ren 1937) und Bir­git Tap­pert (ge­bo­ren 1956) aus dem Jah­re 1993 be­leuch­tet an­hand von drei re­nom­mier­ten Fach­ver­tre­tern des 19. und frü­hen 20. Jahr­hun­derts - Fried­rich Diez, Wen­de­lin Fo­ers­ter (1844-1915) und Hein­rich Schnee­gans (1863-1914) – die Grund­le­gung und den Auf­bau der neu­en Wis­sen­schafts­dis­zi­plin.[3] Der Zeit­raum von 1818-1880 wird in der Ge­schich­te der Uni­ver­si­tät Bonn und der Phi­lo­so­phi­schen Fa­kul­tät zu­sam­men­hän­gend ab­ge­han­delt.[4] In die­sem Zeit­raum wa­ren be­deu­ten­de For­scher­per­sön­lich­kei­ten wie bei­spiels­wei­se Au­gust Wil­helm Schle­gel[5] fä­cher­über­grei­fend in For­schung und Leh­re tä­tig; ei­ne Bin­nen­dif­fe­ren­zie­rung, wie wir sie heu­te ken­nen, soll­te erst spä­ter er­fol­gen.

Von der Mit­te des 19. Jahr­hun­derts bis zur Mit­te des 20. Jahr­hun­derts wer­den im Fol­gen­den ei­ni­ge her­aus­ra­gen­de Fach­ver­tre­ter der Bon­ner Ro­ma­nis­tik skiz­ziert, mit de­ren Wis­sen­schafts­bio­gra­phi­en zu­gleich fach­wis­sen­schaft­li­che Hö­he­punk­te ver­knüpft sind. Das gilt et­wa für Wen­de­lin Fo­ers­ter und sei­nen Ein­satz für die Grün­dung ei­nes Se­mi­nars für ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie in Bonn; 1878/87 ist als Grün­dungs­da­tum für „Ro­ma­nisch-Eng­li­sches (Se­mi­nar)“ in der Ge­schich­te der Uni­ver­si­tät Bonn auf­ge­führt.[6] Nach ei­ner au­ßer­or­dent­li­chen Pro­fes­sur ab 1874 in Prag war er in Bonn von 1876 bis 1908 or­dent­li­cher Pro­fes­sor als Nach­fol­ger von Diez. Sei­ne Haupt­leis­tung ist die in vier Bän­den zum Ab­schluss ge­brach­te Edi­ti­on der Wer­ke von Ch­re­s­ti­en de Troyes (1884-1899), wo­bei es ihm vor­ran­gig um die schöp­fe­ri­sche Ori­gi­na­li­tät des Au­tors ging, we­ni­ger um den Po­si­ti­vis­mus der Fak­ten und ei­ne ro­man­ti­sie­ren­de Ge­schichts­dar­stel­lung.[7] Be­son­ders ver­dient mach­te er sich um die Her­aus­ga­be und me­tho­di­sche Be­ar­bei­tung von Sprach- und Li­te­ra­tur­denk­mä­lern, ei­ne der Haupt­auf­ga­ben der Phi­lo­lo­gie je­ner Zeit; Ge­gen­stän­de und Me­tho­den des Fa­ches hat er ent­schei­dend be­stimmt.[8] 

Gedenktafel von Friedrich Wilhelm Diez im Erdgeschoss des Westflügels des Hauptgebäudes der Universität Bonn, 2025, Foto: Anne Real. (Privatbesitz)

 

Mit Hein­rich Schnee­gans be­gann nicht nur in Bonn, son­dern in der Ro­ma­nis­tik all­ge­mein, ei­ne neue Etap­pe in der in­halt­lich-me­tho­di­schen Aus­rich­tung der Dis­zi­plin.[9] Er hat die Rol­le der Lek­tü­re bei der Aus­bil­dung der Stu­die­ren­den eben­so be­tont wie die po­li­ti­sche Di­men­si­on der neu­en Wis­sen­schaft. 1909 wur­de er Nach­fol­ger von Fo­ers­ter und be­treu­te als aka­de­mi­scher Leh­rer schon 20 Dok­tor­ar­bei­ten, dar­un­ter auch meh­re­re von Frau­en, was in der da­ma­li­gen Zeit au­ßer­ge­wöhn­lich war. Schnee­gans fand schon bei sei­ner Be­ru­fung nach Bonn im April 1909 ei­ne sys­te­ma­tisch und um­sich­tig auf­ge­bau­te Bi­blio­thek vor, die er als neu­er Di­rek­tor des ro­ma­ni­schen Se­mi­nars für ei­ne der bes­ten, wenn nicht die bes­te ro­ma­ni­sche Se­mi­nar­bi­blio­thek in Deutsch­land hielt.[10] Er setz­te die Be­mü­hun­gen von Fo­ers­ter fort und en­ga­giert sich in au­ßer­ge­wöhn­li­cher Wei­se für den wei­te­ren Aus­bau der Bi­blio­thek und auch das stu­den­ti­sche Le­ben. Wil­helm Mey­er-Lüb­ke (1861-1936), ein Nef­fe des Dich­ters Con­rad Fer­di­nand Mey­er (1825-1898), war in der Zeit von 1892 bis 1915 nicht nur or­dent­li­cher Pro­fes­sor der ro­ma­ni­schen Phi­lo­lo­gie, son­dern auch De­kan und Rek­tor an der Uni­ver­si­tät Wien, be­vor er als Nach­fol­ger von Schnee­gans 1915 ei­nen Ruf nach Bonn auf den be­rühm­ten Lehr­stuhl von Fried­rich Diez an­nahm. Es war vor al­lem die Re­pu­ta­ti­on des Lehr­stuhls, die für sei­nen Wech­sel von der habs­bur­gi­schen Ca­pi­ta­le Wien an die preu­ßi­sche Re­for­m­u­ni­ver­si­tät am Rhein aus­schlag­ge­bend war. Zahl­rei­che Ein­la­dun­gen zu Vor­trags­rei­sen und Gast­pro­fes­su­ren führ­ten ihn ins Aus­land; dar­in könn­te man ei­nen frü­hen Be­leg für den Aus­bau der in­ter­na­tio­na­len Be­zie­hun­gen der Bon­ner Ro­ma­nis­tik se­hen. Mey­er-Lüb­ke gilt als füh­ren­der Ro­ma­nist sei­ner Zeit.[11] Ei­ner sei­ner pro­fi­lier­tes­ten Schü­ler war Leo Spit­zer (1887-1960), der sich im Som­mer­se­mes­ter 1918 an der Uni­ver­si­tät Bonn um­ha­bi­li­tier­te und an­schlie­ßend auch als Pri­vat­do­zent hier lehr­te.[12] 

Wendelin Foerster, Porträtfoto, Original in der Academy of Science of Turin, undatiert. (gemeinfrei)

 

Aus der Zeit der Wei­ma­rer Re­pu­blik sei an die­ser Stel­le auch Her­mann Platz (1880-1945) be­son­ders her­vor­ge­ho­ben. Nach Stu­di­en in Würz­burg, Mün­chen und Müns­ter wur­de er 1905 an der Uni­ver­si­tät Müns­ter pro­mo­viert. An­schlie­ßend war Platz Stu­di­en­rat für die Fä­cher Fran­zö­sisch, Eng­lisch und Deutsch in Düs­sel­dorf und Bonn. Seit dem Win­ter­se­mes­ter 1919/20 hat­te er ei­nen Lehr­auf­trag für fran­zö­si­sche Geis­tes- und Ge­sell­schafts­ge­schich­te an der Uni­ver­si­tät Bonn; 1924 er­folg­te auf Ver­an­las­sung von Ernst Ro­bert Cur­ti­us (1886-1956) sei­ne Er­nen­nung zum „or­dent­li­chen Ho­no­rar­pro­fes­sor für Fran­zö­si­sche Geis­tes- und Ge­sell­schafts­ge­schich­te, spe­zi­ell Frank­reich­kun­de“; sei­ne Lehr­be­fug­nis wur­de ihm 1935 von den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ent­zo­gen. Platz war Re­form­ka­tho­lik und en­ga­gier­te sich für De­mo­kra­tie, Pa­zi­fis­mus und die eu­ro­päi­sche Ei­ni­gungs­idee. 1925 grün­de­te er die Zeit­schrift „Abend­land. Deut­sche Mo­nats­hef­te für eu­ro­päi­sche Kul­tur, Po­li­tik und Wirt­schaf­t“, die fünf Jah­re be­stand. The­ma­ti­sche Schwer­punk­te sei­nes Ar­bei­tens wa­ren Deutsch­land, Frank­reich, Eu­ro­pa, der Rhein und das Abend­land; er pu­bli­zier­te über 200 Es­says und zahl­rei­che Bü­cher.

2. Ernst Robert Curtius – ein Bonner Romanist von Weltruf

Schon auf­grund sei­ner el­säs­si­schen Her­kunft schien Cur­ti­us prä­des­ti­niert für ei­ne Mitt­ler­rol­le zwi­schen Frank­reich und Deutsch­land. Mit sei­nem Na­men sind heu­te noch der Bon­ner Ernst Ro­bert Cur­ti­us-Preis für Es­say­is­tik (seit 1984), ei­ne Vor­trags­rei­he des Bon­ner Zen­trums für Phi­lo­so­phie so­wie die Ko­ope­ra­ti­on der Uni­ver­si­tät Bonn mit dem Col­lè­ge de Fran­ce (Ernst-Ro­bert-Cur­ti­us-Gast­pro­fes­sur seit 1995) ver­bun­den.

Sta­tio­nen sei­nes aka­de­mi­schen Le­bens wa­ren Straß­burg (1910), Bonn (1913), Mar­burg (1920), Hei­del­berg (1924) und wie­der Bonn, wo er von 1929 bis 1951 die or­dent­li­che Pro­fes­sur für ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie in der Nach­fol­ge von Fried­rich Diez in­ne­hat­te. Cur­ti­us pro­mo­vier­te bei Gus­tav Grö­ber (1844-1911) 1910 in Straß­burg mit der „Ein­lei­tung zu ei­ner neu­en Aus­ga­be der ‚Quat­re li­v­re des reis‘“ (1911). 1913 ha­bi­li­tier­te Schnee­gans in Bonn den jun­gen Ge­lehr­ten Cur­ti­us, der sich mit der Ha­bi­li­ta­ti­ons­schrift „Fer­di­nand Bru­n­e­tiè­re“ (1914) als Li­terar­his­to­ri­ker und Li­terarkri­ti­ker aus­wies. Be­reits 1913/14 hielt er sei­ne ers­ten Vor­le­sun­gen und wur­de 1919 zum au­ßer­plan­mä­ßi­gen Pro­fes­sor in Bonn er­nannt. Die un­mit­tel­bar nach Kriegs­en­de er­schie­ne­nen „Li­te­ra­ri­schen Weg­be­rei­ter des neu­en Frank­reich“ (1919) wid­men sich zum ers­ten Mal in der Fach­ge­schich­te der Ro­ma­nis­tik Au­to­ren der Ge­gen­wart - An­dré Gi­de (1869-1951), Paul Clau­del (1868-1955), Ro­main Rolland (1866-1944) - und wur­den durch­aus kon­tro­vers auf­ge­nom­men. Sein Balz­ac-Buch (1923) wur­de bis­her zwei­mal ins Fran­zö­si­sche über­setzt und ge­hört bis heu­te zu den Stan­dard­wer­ken der Balz­ac-For­schung. Die Mo­no­gra­phie „Die fran­zö­si­sche Kul­tur“ (1930) kann eben­falls als bahn­bre­chen­de kul­tur­wis­sen­schaft­li­che In­no­va­ti­on an­ge­se­hen wer­den, die bis heu­te nichts von ih­rer Strahl­kraft ver­lo­ren hat.[13] Als 1932, kurz vor Aus­bruch der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Bar­ba­rei, sei­ne Schrift „Deut­scher Geist in Ge­fahr“ er­schien, wag­te er ei­ne Dia­gno­se der kul­tu­rel­len Kri­se sei­ner Zeit. Dar­in wand­te er sich ge­gen Kul­tur­hass so­wohl ‚völ­ki­scher‘ als auch ‚so­zia­lis­ti­scher‘ Pro­ve­ni­enz und ge­gen bil­dungs­feind­li­che Ten­den­zen in der Wis­sen­schaft. Wäh­rend Karl Mann­heim (1893-1947) in sei­nem Werk „Ideo­lo­gie und Uto­pie“ (1929) al­le über­lie­fer­ten Wer­te und Si­cher­hei­ten in ei­ner ra­di­ka­len und skep­ti­zis­ti­schen, letzt­lich ni­hi­lis­ti­schen Denk­wei­se ver­ab­schie­det und die Re­vi­si­on zum po­li­ti­schen Prin­zip er­hebt, sieht Cur­ti­us in der durch­gän­gi­gen Ver­wach­sung un­se­rer mo­der­nen Welt mit der An­ti­ke die Be­son­der­heit des Eu­ro­päis­mus.[14] Nach Cur­ti­us kann die­ser Eu­ro­päis­mus nur in ei­ner Wie­der­be­geg­nung mit dem Mit­tel­al­ter ver­wirk­licht wer­den. Die­se welt­an­schau­li­che und kul­tur­po­li­ti­sche Po­si­tio­nie­rung kenn­zeich­net auch sein Haupt­werk, an dem er schon wäh­rend der Kriegs­jah­re ge­ar­bei­tet hat, „Eu­ro­päi­sche Li­te­ra­tur und la­tei­ni­sches Mit­tel­al­ter“ (1948). In der La­t­ini­tät des Mit­tel­al­ters iden­ti­fi­ziert er das Bin­de­glied zwi­schen „zwei Kul­tur­kör­pern“, „dem an­tik-mit­tel­mee­ri­schen und dem mo­dern-abend­län­di­schen“. Die Li­te­ra­tur der Ver­gan­gen­heit in der je­wei­li­gen Ge­gen­wart be­tont so für ihn die Kon­ti­nui­tät von Ver­gan­gen­heit und Ge­gen­wart, wäh­rend et­wa Hans-Ge­org Ga­da­mer (1900-2002) de­ren Dia­lek­tik her­vor­hob.

Christian von Troyes, sämtliche erhaltene Werke, herausgegeben von Wendelin Foerster, 1887, Original in der Philologischen Fachbibliothek der Universität Bonn, 2025, Foto: Anne Real. (Privatbesitz)

 

Die wis­sen­schaft­li­che Er­run­gen­schaft des Wer­kes von Cur­ti­us ist die To­pos­for­schung, die bis heu­te mit sei­nem Na­men ver­knüpft wird.[15] Die an­ti­ke, die mit­tel­al­ter­li­che und die mo­der­ne Li­te­ra­tur Ge­samt­eu­ro­pas sind Ge­gen­stand sei­ner phi­lo­lo­gi­schen Ar­bei­ten, die von ei­ner gro­ßen Be­le­sen­heit und phi­lo­lo­gi­schen Akri­bie zeu­gen. Er war al­ler­dings nicht nur Phi­lo­lo­ge, son­dern auch nach­dich­ten­der Über­set­zer, der Freund­schaf­ten mit geis­tes­ver­wand­ten Zeit­ge­nos­sen wie Ste­fan Ge­or­ge (1868-1933), Charles Du Bos (1882-1939), T. S. Eli­ot (1888-1965), An­dré Gi­de (1869-1951), Va­le­ry Larbaud (1881-1957), Or­te­ga y Gas­set (1883-1955), Max Rych­ner (1897-1965), Max Scheler (1874-1928), Al­bert Schweit­zer (1875-1965) und an­de­ren pfleg­te, von der ei­ne um­fang­rei­che Kor­re­spon­denz Zeug­nis gibt.[16] Von März 1922 bis zum To­de Mar­cel Prousts (1871-1922) im No­vem­ber des­sel­ben Jah­res führ­te Cur­ti­us mit dem Au­tor ei­nen kur­zen, doch frucht­ba­ren Brief­wech­sel und er­kann­te da­bei als ei­ner der ers­ten die li­te­ra­ri­sche Qua­li­tät sei­nes Wer­kes. Laus­berg nennt Cur­ti­us ei­nen eu­ro­päi­schen Au­tor deut­schen Geis­tes, ei­nen po­li­ti­schen Hu­ma­nis­ten, mit um­welt­auf­ge­schlos­se­ner und um­welt­über­le­ge­ner christ­li­cher Wei­te.[17] 

Ernst Robert Curtius, Porträtfoto, 5.11.1928. (Universitäts- und Landesbibliothek Bonn/ NL Curtius, E.R. Iia)

 

3. Harri Meier und der Ausbau der Romanistik in Bonn in den 1950er und 1960er Jahren

Har­ri Mei­er (1905–1990) präg­te als Nach­fol­ger auf dem Lehr­stuhl von Cur­ti­us na­he­zu 20 Jah­re lang die Ge­schich­te der Bon­ner Ro­ma­nis­tik.[18] Nach dem Stu­di­um der ro­ma­ni­schen Phi­lo­lo­gie bei Bern­hard Schä­del (1878-1926) und Fritz Krü­ger (1889-1974) an der Uni­ver­si­tät Ham­burg wur­de er 1927 mit ei­ner Ar­beit über „Bei­trä­ge zur sprach­li­chen Glie­de­rung der Py­re­nä­en­halb­in­sel und ih­rer his­to­ri­schen Be­grün­dun­g“ pro­mo­viert; die Ha­bi­li­ta­ti­on er­folg­te 1935 bei Fritz Schalk (1902-1980) an der Uni­ver­si­tät Ros­tock. 1941 wur­de er au­ßer­or­dent­li­cher, 1943 or­dent­li­cher Pro­fes­sor in Leip­zig. In den Jah­ren von 1943 bis 1950 war er Gast­pro­fes­sor in Lis­sa­bon, zu­gleich auch dort ab 1944 Di­rek­tor des Deut­schen Wis­sen­schaft­li­chen In­sti­tuts.[19] Har­ri Mei­er war an­schlie­ßend von 1950 bis 1954 In­ha­ber ei­ner or­dent­li­chen Pro­fes­sur in Hei­del­berg und wur­de 1954 nach Bonn be­ru­fen, wo er bis zu sei­ner Eme­ri­tie­rung 1970 blieb. Über das Zu­stan­de­kom­men sei­ner Be­ru­fung äu­ßer­te er sich in ei­nem In­ter­view mit Wil­li Hirdt am 2.12.1983 da­hin­ge­hend, dass für Cur­ti­us ein li­terar­his­to­ri­scher Nach­fol­ger gar nicht in­fra­ge kam, weil er kei­nen gleich­wer­ti­gen an­er­kann­te.[20] 

Knapp zehn Jah­re nach dem Krieg fand Har­ri Mei­er bei sei­ner Be­ru­fung fol­gen­de Per­so­nal­si­tua­ti­on am Ro­ma­ni­schen Se­mi­nar der Uni­ver­si­tät Bonn vor, wie er im In­ter­view mit Wil­li Hirdt be­rich­tet: Das Ro­ma­ni­sche Se­mi­nar war noch in ziem­lich rü­dem Zu­stand. Die Uni­ver­si­tät war ja sehr stark zer­stört wor­den. Die Bi­blio­thek war, als ich nach Bonn kam, erst sechs Mo­na­te vor­her aus der Woh­nung von Cur­ti­us wie­der im Ro­ma­ni­schen Se­mi­nar in­stal­liert wor­den. Der Ka­ta­log war zum grö­ß­ten Teil ver­lo­ren ge­gan­gen. Die Per­so­nal­si­tua­ti­on be­stand im Grun­de aus dem As­sis­ten­ten Rei­chen­ber­ger, der la­ti­nis­tisch pro­mo­viert war und dem Cur­ti­us dann die As­sis­ten­ten­stel­le ge­ge­ben hat­te, aus dem fran­zö­si­schen Lek­tor Ro­ger Kempf, mit dem Cur­ti­us recht be­freun­det war, dem ita­lie­ni­schen Lek­tor Wer­ner Ross und dem spa­ni­schen Lek­tor Flachs­kampf. Das war, glau­be ich, das gan­ze Se­mi­nar. Dann kam, nach­dem ich ein Se­mes­ter da war und Stem­pel in Hei­del­berg pro­mo­viert wor­den war, Stem­pel als zwei­ter As­sis­tent da­zu. Stem­pel hat sich un­ge­heu­er ver­dient ge­macht um den Wie­der­auf­bau der Bi­blio­thek und vor al­lem um die Wie­der­her­stel­lung des Bi­blio­theks­ka­ta­logs.[21] 

Harri Meier, Porträtfoto, 1952. (Universitätsarchiv Heidelberg/ BA Pos I 2004)

 

Har­ri Mei­er sah in je­ner Zeit un­mit­tel­bar nach sei­ner Be­ru­fung ei­ne vor­dring­li­che Auf­ga­be im Aus­bau der Bi­blio­thek und der Ver­bes­se­rung der Per­so­nal­si­tua­ti­on.[22] Karl Mau­rer (ge­bo­ren 1926) hat sich als ers­ter in Bonn ha­bi­li­tiert, es folg­ten dann Hans Hin­ter­häu­ser (1919-2005) und Wolf-Die­ter Stem­pel (ge­bo­ren 1929). 1959 wur­de Mau­rer als Or­di­na­ri­us auf den Lehr­stuhl für Ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie der Uni­ver­si­tät Bonn (Nach­fol­ge Pabst) be­ru­fen und wech­sel­te 1965 an die neu ge­grün­de­te Ruhr-Uni­ver­si­tät Bo­chum. Stem­pel war eben­falls Pro­fes­sor für Ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie in Bonn in den Jah­ren 1963 bis 1967. Auch in der Fol­ge­zeit hat Har­ri Mei­er wei­te­re Ha­bi­li­ta­tio­nen be­treut und un­zäh­li­ge Dis­ser­ta­tio­nen.[23] Be­reits kurz nach sei­ner Be­ru­fung wur­de Mei­er 1955 kor­re­spon­die­ren­des Mit­glied der Hei­del­ber­ger Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten. Sein Wis­sen­schafts­ver­ständ­nis be­rück­sich­tig­te im­mer den Zu­sam­men­hang von Zeit, Raum und Spra­che. Wie für sei­ne gro­ßen Vor­gän­ger in Bonn war für ihn die ge­samt­ro­ma­ni­sche Per­spek­ti­ve un­ver­zicht­bar. Schwer­punkt sei­ner For­schun­gen war - auch hier steht er in der Tra­di­ti­on der Bon­ner Ro­ma­nis­tik - vor al­lem die Ety­mo­lo­gie.[24] Da­bei zog er im Prin­zip im­mer die la­tei­ni­sche Ety­mo­lo­gie vor, wäh­rend et­wa ein an­de­rer gro­ßer Ro­ma­nist, Ger­hard Rohlfs (1892-1986), auch vor­rö­mi­sche Sub­strat- oder ger­ma­ni­sche Su­per­strat­wir­kun­gen auf­zu­spü­ren such­te.[25] Wir ver­dan­ken Har­ri Mei­er dar­über hin­aus auch li­te­ra­ri­sche Stu­di­en, et­wa zu Mi­guel de Cer­van­tes (1547-1616), Pros­per Mé­ri­mée (1803-1870), Dan­te (1265-1321), Gil Vicen­te (um 1465-1536), Lu­is de Camões (ge­stor­ben 1580) und Jor­ge Ama­do (1912-2001) und vor­züg­li­che An­tho­lo­gi­en „Spa­ni­scher Mär­chen“ (1977) und „Por­tu­gie­si­scher Mär­chen“ (1993, zu­sam­men mit D. Woll), letz­te­re er­reich­ten un­ge­wöhn­lich ho­he Auf­la­gen. Mei­er er­lang­te in­ter­na­tio­na­les Re­nom­mee vor al­lem we­gen sei­ner ety­mo­lo­gi­schen For­schun­gen und sei­ner Ar­bei­ten zur Iberoro­ma­nis­tik[26]; so­mit gilt er auch als Be­grün­der der Bon­ner Hi­spa­nis­tik, für die ein ei­ge­ner Lehr­stuhl ge­schaf­fen wur­de. Zu Mei­ers 25. To­des­tag wur­de im Ju­li 2015 im Uni­ver­si­täts­mu­se­um Bonn ei­ne Aus­stel­lung ge­zeigt, die an das Werk des gro­ßen Ro­ma­nis­ten er­in­ner­te.[27] Ein­zel­ne Sta­tio­nen der Aus­stel­lung the­ma­ti­sier­ten Mei­ers Wer­de­gang als Dok­tor­va­ter, als Leh­rer und Au­tor, als ein von na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Stu­die­ren­den und Kol­le­gen be­kämpf­ter Do­zent im „Drit­ten Reich“, so­wie als Ziel­schei­be mao­is­ti­scher „Ba­sis­grup­pen“ in der Zeit der Bon­ner Stu­den­ten­re­vol­te des Jah­res 1970.

4. Von den späten 1960er Jahren bis zur Jahrtausendwende

Die 1970er Jah­re sind in der Ge­schich­te der Bun­des­re­pu­blik und der da­ma­li­gen Bun­des­haupt­stadt Bonn ge­kenn­zeich­net durch hef­ti­ge po­li­ti­sche und hoch­schul­po­li­ti­sche De­bat­ten, die zu gro­ßen Ver­än­de­run­gen der Bil­dungs­land­schaft führ­ten. Sie sind ei­ne Fol­ge der 68er-Re­vol­te an den Uni­ver­si­tä­ten. In Nord­rhein-West­fa­len kam es spä­ter zu zahl­rei­chen Neu­grün­dun­gen von Re­form- und Ge­samt­hoch­schu­len und auch zu ei­nem star­ken Aus­bau der Per­so­nal­stel­len; so­wohl Pro­fes­su­ren als auch Stel­len für den aka­de­mi­schen Mit­tel­bau wur­den neu ge­schaf­fen, nicht zu­letzt auch we­gen ra­sant stei­gen­der Stu­die­ren­den­zah­len. Die ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie spe­zi­fi­zier­te sich zu­neh­mend na­tio­nal­li­te­ra­risch und auch ro­ma­nisch­spra­chi­ge Mar­gi­nal­li­te­ra­tu­ren rück­ten in den Fo­kus ih­rer For­schung. Aber auch me­tho­do­lo­gi­sche Fra­ge­stel­lun­gen wur­den kri­tisch dis­ku­tiert, An­re­gun­gen un­ter an­de­rem aus dem fran­zö­si­schen Struk­tu­ra­lis­mus, aus Lin­gu­is­tik und Se­mio­tik, aber auch aus der Psy­cho­ana­ly­se, den Ge­schichts- und So­zi­al­wis­sen­schaf­ten und der Phi­lo­so­phie wur­den auf­ge­grif­fen.[28] 

Hans Hin­ter­häu­ser folg­te 1968 auf den Lehr­stuhl von Karl Mau­rer als Pro­fes­sor für ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie in Bonn. Nach dem Stu­di­um der Ger­ma­nis­tik und Ro­ma­nis­tik in Mün­chen und Würz­burg wur­de Hin­ter­häu­ser 1949 an der Uni­ver­si­tät Hei­del­berg pro­mo­viert mit der Ar­beit „Uto­pis­mus und Wirk­lich­keit bei Di­de­rot. Stu­di­en zum "Sup­p­lé­ment au Voya­ge de Bou­gain­ville"[29]. 1949-1953 war er Lek­tor für Deutsch in Ve­ne­dig, 1957-1958 in Ma­drid und 1954-1960 auch Lek­tor für Ro­ma­nis­tik an der Uni­ver­si­tät Bonn. 1960 ha­bi­li­tier­te er sich an der Uni­ver­si­tät Ham­burg mit der Schrift „Die Epi­so­di­os na­cio­na­les von Be­ni­to Pé­rez Gal­dós“[30], wur­de we­nig spä­ter (1962-1968) or­dent­li­cher Pro­fes­sor für ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie in Kiel und an­schlie­ßend wie­der nach Bonn be­ru­fen. Von 1972 bis zu sei­ner Eme­ri­tie­rung lehr­te er in Wien.[31] Er­hel­len­des zu sei­ner Bon­ner Zeit schreibt er un­ter an­de­rem in sei­nen le­sens­wer­ten au­to­bio­gra­phi­schen Mit­tei­lun­gen: Trotz all die­ser po­si­ti­ven As­pek­te folg­te ich im Früh­jahr 1968 ei­nem Ruf („Rück­ruf“) an die Uni­ver­si­tät Bonn – haupt­säch­lich, um nicht mehr gar so weit von der Ro­ma­nia ent­fernt zu sein. In Bonn er­leb­te ich die stu­den­ti­schen Un­ru­hen die­ses und des fol­gen­den Jah­res – düs­te­re Er­in­ne­run­gen, auch wenn ich per­sön­lich nicht zu den An­griffs­zie­len ge­hör­te; aber mein Selbst­ver­ständ­nis als Uni­ver­si­täts­leh­rer er­litt ei­nen ers­ten Schock, der sich spä­ter un­ter an­de­ren Vor­zei­chen fort­set­zen soll­te: War es da­mals die ir­ra­tio­na­le Ag­gres­si­vi­tät, so ist es heu­te die geis­ti­ge Apa­thie, das Stu­die­ren oh­ne ei­gent­li­che Kul­tur­be­dürf­nis­se, rein um ei­nes be­schei­de­nen Pres­ti­ges wil­len, die mich ver­stö­ren und mir mei­nen Be­ruf nicht sel­ten als ana­chro­nis­tisch und ab­surd er­schei­nen las­sen.[32] 

Hin­ter­häu­ser war so­wohl in der fran­zö­si­schen als auch in der spa­ni­schen und ita­lie­ni­schen Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft breit aus­ge­wie­sen, ein fein­sin­ni­ger In­ter­pret, dem es in der Bon­ner Zeit vor al­lem auch um den in­sti­tu­tio­nel­len Aus­bau der Ita­lia­nis­tik ging.

Auf den von Har­ri Mei­er neu ein­ge­rich­te­ten Lehr­stuhl für Hi­spa­nis­tik wur­de Ra­fa­el Gutiér­rez-Gi­rar­dot (1928-2005) be­ru­fen. Nach dem Stu­di­um der Rechts­wis­sen­schaft in Bo­go­tà, der Phi­lo­so­phie und So­zio­lo­gie in Ma­drid, war er in Frei­burg mit ei­ner Ar­beit über An­to­nio Macha­do (1875-1939) von Hu­go Fried­rich (1904-1978) pro­mo­viert wor­den. Es folg­te ei­ne di­plo­ma­ti­sche Tä­tig­keit von 1956 bis 1966 als Kul­tur­at­ta­ché an der Ko­lum­bia­ni­schen Bot­schaft in Bonn; hier or­ga­ni­sier­te er da­mals auch schon die ers­ten Kol­lo­qui­en zu La­tein­ame­ri­ka in der Bun­des­re­pu­blik. Nach Gast­do­zen­tu­ren an eu­ro­päi­schen und au­ßer­eu­ro­päi­schen Uni­ver­si­tä­ten wur­de er zu­nächst Ti­tu­lar­pro­fes­sor für Rechts- und So­zi­al­phi­lo­so­phie an der Uni­ver­si­tät Bo­go­tà, be­vor er 1970 zum or­dent­li­chen Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Bonn er­nannt wur­de. Mehr als zwei Jahr­zehn­te wirk­te er an der Bon­ner Al­ma Ma­ter, die ihm zahl­rei­che in­ter­na­tio­na­le Sym­po­si­en und die per­sön­li­che Be­geg­nung mit nam­haf­ten la­tein­ame­ri­ka­ni­schen Dich­tern ver­dankt. Den Wer­ken von Al­fon­so Reyes (1889-1959), Jor­ge Lu­is Bor­ges (1899-1986) und An­to­nio Macha­do, aber auch deut­schen Au­to­ren wie Fried­rich Nietz­sche (1844-1900), Fried­rich Höl­der­lin (1770-1843) und Gott­fried Benn (1886-1956) galt sein be­son­de­res In­ter­es­se.[33] Die ko­lum­bia­ni­sche Zei­tung EL TIEM­PO nann­te Gutiér­rez in ih­rem Nach­ruf vom 6.6.2005 „den be­deu­tends­ten ko­lum­bia­ni­schen In­tel­lek­tu­el­len der zwei­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts“.[34] Sein As­sis­tent Horst Rog­mann (1937-1992) war ein aus­ge­wie­se­ner Hi­spa­nist und La­tein­ame­ri­ka­for­scher. Wir ver­dan­ken ihm un­ter an­de­rem ei­ne For­schungs­syn­the­se zu Gar­cia Lor­ca (1898-1936)[35] und „Nar­ra­ti­ve Struk­tu­ren und ma­gi­scher Rea­lis­mus in den ers­ten Ro­ma­nen von Mi­guel An­gel As­tu­ri­a­s“.[36] Mit der Be­rück­sich­ti­gung der ka­ri­bi­schen Li­te­ra­tur hat er Neu­land be­tre­ten und das The­men­spek­trum er­wei­tert.[37] Er ist lei­der viel zu früh ver­stor­ben.

Auch der über­ra­schen­de Tod sei­nes Kol­le­gen Eber­hard Leu­be (1934-1991) ein Jahr zu­vor war ein gro­ßer Ver­lust für die Bon­ner Ro­ma­nis­tik. Leu­be war ein aus­ge­wie­se­ner Re­nais­sance­ken­ner und Avant­gar­de­spe­zia­list. Er pro­mo­vier­te 1957 in Ros­tock bei Ru­dolf Brum­mer (1907-1989) über „Die Ge­schichts­wer­ke Rol­l­in­s“ und ging dann wie sein Leh­rer in den Wes­ten. 1966 ha­bi­li­tier­te er sich an der FU Ber­lin bei Wal­ter Pabst (1907-1992) mit „For­tu­na in Kar­tha­go. Die Ae­ne­as-Di­do-My­the Ver­gils in den ro­ma­ni­schen Li­te­ra­tu­ren vom 14. bis zum 16. Jahr­hun­der­t“[38] und wur­de zwei Jah­re spä­ter auf ei­ne Pro­fes­sur für ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Bonn be­ru­fen. Er war Mit­her­aus­ge­ber der Hand­buch­rei­he „Grund­la­gen der Ro­ma­nis­ti­k“.[39] Wei­te­re wich­ti­ge Pu­bli­ka­tio­nen[40] sind un­ter an­de­rem „Die Ce­lesti­na“[41], „Boc­cac­cio und die eu­ro­päi­sche No­vel­len­dich­tun­g“[42] und „Tra­di­ción y an­ti­tra­di­ción. En­sayos y con­fe­ren­ci­as"[43]. Leu­be hat sich in Bonn vor al­lem um die Apol­li­n­ai­re-For­schung ver­dient ge­macht; die Leh­re wur­de durch deutsch-fran­zö­si­sche Kol­lo­qui­en be­rei­chert, die er mit Mi­chel Dé­cau­din (1919-2004) or­ga­ni­siert hat.[44] 

Nach dem Weg­gang von Hans Hin­ter­häu­ser wur­de Wil­li Hirdt 1973 als sein Nach­fol­ger an die Uni­ver­si­tät Bonn be­ru­fen. Er blieb ihr treu bis zu sei­ner Eme­ri­tie­rung 2003 und lehn­te Ru­fe, un­ter an­de­rem nach Nürn­berg-Er­lan­gen, ab. Hirdt stu­dier­te Ro­ma­nis­tik und Ger­ma­nis­tik in Kiel, un­ter an­de­rem bei Fried­rich Oh­ly (1914-1996), war As­sis­tent an der Uni­ver­si­tät des Saar­lan­des bei Heinz Lud­wig Scheel (1918-2007) und wur­de pro­mo­viert mit ei­ner Ar­beit über „Stu­di­en zur Me­ta­pho­rik La­mar­ti­nes. Die Be­deu­tung der In­nen/Au­ßen-Vor­stel­lun­g“[45] . An­schlie­ßend ging er als Lek­tor an die Uni­ver­si­tät Flo­renz und ha­bi­li­tier­te sich 1973 in Saar­brü­cken mit ei­ner Ar­beit zum The­ma „Stu­di­en zum epi­schen Pro­log. Der Ein­gang in der er­zäh­len­den Vers­dich­tung Ita­li­ens.“[46] Hirdt war ei­ner der we­ni­gen deut­schen Ro­ma­nis­ten, die die Grenz­über­schrei­tung von der Li­te­ra­tur zur Ma­le­rei wag­ten und auf­grund der Brei­te sei­ner In­ter­es­sen und sei­ner um­fas­sen­den Kom­pe­ten­zen durf­te er sie auch wa­gen.[47] Zu sei­nen For­schungs­schwer­punk­ten ge­hört spä­tes­tens seit 1985 Dan­te. Mit Ri­chard Baum (ge­bo­ren 1937) gab er den Band „Dan­te Ali­ghie­ri 1985. In Me­mo­ri­am Her­mann Gme­lin“ her­aus. Ne­ben der Mo­no­gra­phie „Wie Dan­te das Jen­seits er­fährt. Zur Er­kennt­nis­theo­rie des Dich­ters der gött­li­chen Ko­mö­di­e“ (1989) ver­dan­ken wir Hirdt zahl­rei­che Dan­te-Auf­sät­ze. Wei­te­re Schwer­punk­te sind die fran­zö­si­sche und ita­lie­ni­sche Li­te­ra­tur des 19. und 20. Jahr­hun­derts; aber auch das Mit­tel­al­ter und die Re­nais­sance hat er in zahl­rei­chen Pu­bli­ka­tio­nen be­han­delt.

In den Hoch­schul­gre­mi­en hat er ak­tiv mit­ge­ar­bei­tet. Er war so­wohl De­kan der Phi­lo­so­phi­schen Fa­kul­tät (1982–1984) als auch Pro­rek­tor der Uni­ver­si­tät Bonn. Auf sei­ne An­re­gung geht die Ein­rich­tung der Ernst-Ro­bert-Cur­ti­us-Gast­pro­fes­sur mit dem Col­lè­ge de Fran­ce zu­rück. Ma­ß­geb­lich war er in Bonn be­tei­ligt – zu­sam­men mit Wolf-Die­ter Lan­ge (1939-2023) - an dem von der DFG von 1996 bis 2002 ge­för­der­ten Gra­du­ier­ten­kol­leg „Die Re­nais­sance in Ita­li­en und ih­re eu­ro­päi­sche Re­zep­ti­on: Kunst – Ge­schich­te – Li­te­ra­tur“ (GRK 179). Oh­ne Hirdts un­er­müd­li­chen Ein­satz wä­re der ers­te in­ter­na­tio­na­le Stu­di­en­gang des Ro­ma­ni­schen Se­mi­nars, Deutsch-Ita­lie­ni­sche Stu­di­en, der 1995 auf der Ba­sis des Kohl-Ama­to Ab­kom­mens in Ko­ope­ra­ti­on mit der Uni­ver­si­tät Flo­renz ein­ge­rich­tet wur­de, nie zu­stan­de ge­kom­men.[48] Wil­li Hirdt ist am 19.5.2020 ver­stor­ben.[49] 

Heinz Jür­gen Wolf (1936-2016) wur­de 1974 als Nach­fol­ger von Har­ri Mei­er Pro­fes­sor für ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie und trat so­mit die Nach­fol­ge auf dem be­rühm­ten Lehr­stuhl des Be­grün­ders der Ro­ma­nis­tik an. Wolf stu­dier­te Ro­ma­nis­tik und An­glis­tik an den Uni­ver­si­tä­ten Köln und Aix-en-Pro­vence. Als Schü­ler von Jo­seph Ma­ria Piel (1903-1992) wur­de er in Köln 1963 pro­mo­viert und ha­bi­li­tier­te sich dort 1970. Wolf war ein aus­ge­wie­se­ner Ken­ner der Ge­schich­te der ro­ma­ni­schen Na­tio­nal­spra­chen und ih­rer Va­ri­an­ten, der Ono­mas­tik, und vor al­lem des Sar­di­schen, das er un­ter an­de­rem auch im Rah­men ei­nes von der DFG ge­för­der­ten For­schungs­pro­jek­tes un­ter­such­te. Er hat zahl­rei­che Feld­stu­di­en auf Sar­di­ni­en durch­ge­führt und ist da­her auf ganz Sar­di­ni­en be­kannt, be­son­ders in der „Bar­ba­gia Ol­lo­lai“. 1992 wur­de er Eh­ren­bür­ger der Stadt Ovod­da. Die Her­aus­ge­ber der Fest­schrift zu sei­nem 60. Ge­burts­tag kom­men­tier­ten die­ses Er­eig­nis zu­tref­fend mit den Wor­ten: "L’ad­op­ti­on sym­bo­li­se la sym­bio­se ent­re le ro­ma­nis­te et ses su­jets qui, au lieu de res­ter ré­du­its au sta­tut d’ob­jets de cu­rio­sité, se trans­forment en amis".[50] In der Fest­schrift sind 77 Auf­sät­ze auf­ge­lis­tet, 109 Re­zen­sio­nen und meh­re­re Mo­no­gra­phi­en, dar­un­ter sind be­son­ders her­vor­zu­he­ben „Die Bil­dung der fran­zö­si­schen Eth­ni­ca (Be­woh­ner­na­men)“[51], „Fran­zö­si­sche Sprach­ge­schich­te“[52], „Glosas Emi­lia­nen­ses“[53] und „Stu­di bar­ba­ri­ci­ni. Mis­cel­lanea di sag­gi di lin­gu­is­ti­ca sar­da“[54]. Wolf wur­de 2001 eme­ri­tiert und ver­starb 2016.[55] 

Nach­dem Wolf-Die­ter Stem­pel 1967 ei­nen Ruf an die Uni­ver­si­tät Kon­stanz an­ge­nom­men hat­te, wur­de Wolf-Die­ter Lan­ge 1971 auf Vor­schlag der Phi­lo­so­phi­schen Fa­kul­tät vom da­ma­li­gen nord­rhein-west­fä­li­schen Wis­sen­schafts­mi­nis­ter Jo­han­nes Rau (1931-2006) zum or­dent­li­chen Pro­fes­sor für ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie nach Bonn be­ru­fen, wo er bis zu sei­ner Eme­ri­tie­rung im Jah­re 2004 ge­blie­ben ist.[56] Ru­fe, un­ter an­de­rem nach Müns­ter auf die Nach­fol­ge von Hein­rich Laus­berg (1912-1992), hat er ab­ge­lehnt. Er wur­de in Köln pro­mo­viert mit ei­ner Ar­beit über „Phi­lo­lo­gi­sche Stu­di­en zur La­t­ini­tät west­hi­spa­ni­scher Pri­vat­ur­kun­den des 9.-12. Jahr­hun­derts“ (1966) und ha­bi­li­tier­te sich mit ei­ner Ar­beit über „El frai­le tro­ba­dor. Zeit, Le­ben und Werk des Die­go de Va­len­cia de León (1350?-1412?)“ (1971). Er ist wie Wolf ein Schü­ler von Jo­seph M. Piel.[57] In den Zei­ten nach 1968 kam es - wie be­reits an­ge­deu­tet - zu ei­ner me­tho­di­schen und in­halt­li­chen Er­wei­te­rung der Ro­ma­nis­tik, die sich neu­en me­tho­di­schen Zu­gän­gen und Fra­ge­stel­lun­gen wie nie­mals zu­vor öff­ne­te. In die­sem wis­sen­schafts­theo­re­ti­schen Kon­text sind auch ei­ni­ge Edi­ti­ons- und Pu­bli­ka­ti­ons­pro­jek­te von Wolf-Die­ter Lan­ge zu se­hen. Er war Her­aus­ge­ber im Krö­ner-Ver­lag ei­ner „Fran­zö­si­schen Li­te­ra­tur der Ge­gen­wart in Ein­zeldar­stel­lun­gen“ (1971) und ei­ner „Fran­zö­si­schen Li­te­ra­tur­kri­tik der Ge­gen­wart in Ein­zeldar­stel­lun­gen“ (1975); er war Her­aus­ge­ber und Mit­ar­bei­ter des „Grund­riss der ro­ma­ni­schen Li­te­ra­tu­ren des Mit­tel­al­ter­s“ (GRL­MA) und des „Kri­ti­schen Le­xi­kons der ro­ma­ni­schen Ge­gen­warts­li­te­ra­tu­ren“. Wir ver­dan­ken ihm zahl­rei­che Mis­zel­len und Auf­sät­ze in Fach­zeit­schrif­ten, li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­li­chen Sam­mel­wer­ken und Fest­schrif­ten zur hi­spa­ni­schen Sprach­ge­schich­te und den ro­ma­ni­schen Li­te­ra­tu­ren des Mit­tel­al­ters und der Re­nais­sance, so­wie zur fran­zö­si­schen und por­tu­gie­si­schen Li­te­ra­tur des 19. und 20. Jahr­hun­derts und zur Li­te­ra­tur­kri­tik.[58] 1986 hat Wolf-Die­ter Lan­ge ein Bon­ner Ge­dächt­nis­kol­lo­qui­um zum 30. To­des­tag von Ernst Ro­bert Cur­ti­us un­ter dem Ti­tel „In Ih­nen be­geg­net sich das Abend­lan­d“ durch­ge­führt.[59] 

Zerstörte Bibliothek nach Bombenangriffen auf das Hauptgebäude, 1944, Original im Universitätsarchiv Bonn/ sbs-197-b. (gemeinfrei)

 

Aber auch hoch­schul- und wis­sen­schafts­po­li­tisch war Wolf-Die­ter Lan­ge en­ga­giert, so war er De­kan der Phi­lo­so­phi­schen Fa­kul­tät Bonn (1979-1981) und 1976-1985 Lei­ter der Stu­di­en­re­form­kom­mis­si­on VII „Sprach- und Li­te­ra­tur­wis­sen­schaf­ten“ des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len. Ge­mein­sam mit Da­ni­el Poiri­on (1927-1996) plan­te er 1985 die Ein­rich­tung ei­nes Mit­tel­al­ter­stu­di­en­gan­ges der Uni­ver­si­tä­ten Bonn und Pa­ris-Sor­bon­ne; auch ein ent­spre­chen­des Ab­kom­men wur­de von bei­den Uni­ver­si­tä­ten un­ter­zeich­net. Erst zwei Jahr­zehn­te spä­ter soll­te ein ge­mein­sa­mer deutsch-fran­zö­si­scher Stu­di­en­gang der bei­den Uni­ver­si­tä­ten Wirk­lich­keit wer­den. Wolf-Die­ter Lan­ge ver­starb am 17.2.2023.

Die wei­te­re Ent­wick­lung der Bon­ner Lehr­stüh­le, auch die Ent­wick­lung der bei­den C3-Pro­fes­su­ren für ro­ma­ni­sche Sprach­wis­sen­schaft, die auf­grund der ho­hen Fluk­tua­ti­on auf die­sen Stel­len Mit­te der 1980er Jah­re in ei­ner C4-Pro­fes­sur mit ent­spre­chen­der Aus­stat­tung zu­sam­men­ge­führt wur­den, kann hier nicht nach­ge­zeich­net wer­den. Als C3-Pro­fes­so­ren wa­ren un­ter an­de­rem Ri­chard Baum, Jens Lüdtke (1941-2018), Chris­ti­an Schmitt (1944-2022) und Gün­ter Hol­tus (ge­bo­ren 1946) in Bonn tä­tig, be­vor sie Ru­fe auf C4-Pro­fes­su­ren an den Uni­ver­si­tä­ten Aa­chen (Baum), Hei­del­berg (Lüdtke, Schmitt) und Göt­tin­gen (Hol­tus) an­nah­men.

Chris­ti­an Schmitt kehr­te 1988 wie­der nach Bonn zu­rück und folg­te - nach Sta­tio­nen als Pro­fes­sor in Ham­burg (1977), in Bonn (1979-1984) und in Hei­del­berg (1984) - dem Ruf auf den neu ge­schaf­fe­nen C4-Lehr­stuhl für Ro­ma­ni­sche Sprach­wis­sen­schaft, den er bis zu sei­ner Pen­sio­nie­rung im Jah­re 2009 in­ne­hat­te. Nach dem Stu­di­um der Ro­ma­nis­tik, Klas­si­schen und Mit­tel­la­tei­ni­schen Phi­lo­lo­gie und In­do­ger­ma­nis­tik in Hei­del­berg, Mont­pel­lier, Mar­burg, Za­ra­go­za und Mai­land er­folg­te 1973 die Pro­mo­ti­on zum Dr. phil. an der Uni­ver­si­tät Hei­del­berg[60]; dort ha­bi­li­tier­te er sich be­reits 1977.[61] Ne­ben ei­ner um­fang­rei­chen Pu­bli­ka­ti­ons­tä­tig­keit[62] ver­dient auch sei­ne Mit­her­aus­ge­ber­schaft - Le­xi­kon der ro­ma­nis­ti­schen Lin­gu­is­tik (LRL), Hand­bü­cher zur Ro­ma­ni­schen Sprach­ge­schich­te (HSK 23.1-3), Ro­ma­nis­ti­sches Jahr­buch - be­son­de­re Er­wäh­nung. Beim Auf­bau der Eras­mus-Pro­gram­me und der In­ter­na­tio­na­li­sie­rung der Stu­di­en­gän­ge hat er ma­ß­geb­lich mit­ge­wirkt. Auch hoch­schul­po­li­tisch hat er sich en­ga­giert und war in den Gre­mi­en der Uni­ver­si­tät 1992-1996 als De­kan der Phi­lo­so­phi­schen Fa­kul­tät und 1992-2002 als Mit­glied des aka­de­mi­schen Se­nats ak­tiv. In sei­nen ver­schie­de­nen Funk­tio­nen hat er sich ent­schie­den für die Di­gi­ta­li­sie­rung der Bon­ner Ro­ma­nis­tik ab Mit­te der 1990er Jah­re ein­ge­setzt.[63] 

Hoch­schul­po­li­ti­sche und ar­beits­recht­li­che Ge­richts­ent­schei­dun­gen ha­ben sich in dem hier be­han­del­ten Zeit­raum ver­stärkt auf die wei­te­re Per­so­nal­ent­wick­lung aus­ge­wirkt. Auf die Bil­dungs­re­form der 1970er Jah­re mit der Schaf­fung zahl­rei­cher neu­er Stel­len so­wohl im Be­reich der Pro­fes­su­ren und des Mit­tel­baus folg­te in den 1990er Jah­ren auf­grund von Spar­maß­nah­men wie­der ei­ne Re­duk­ti­on von Stel­len; dies be­traf be­son­ders den nicht­wis­sen­schaft­li­chen Be­reich und den so­ge­nann­ten Mit­tel­bau. Auch auf­grund ei­ner durch ein Ur­teil des Bun­des­ar­beits­ge­richts aus­ge­lös­ten Kla­ge­wel­le von Fremd­spra­chen­lek­to­ren wur­den meh­re­re sol­cher Stel­len ent­fris­tet und frei­wer­den­de be­am­te­te Mit­tel­bau­stel­len in Frist­stel­len um­ge­wan­delt. Das so­ge­nann­te Ro­ta­ti­ons­prin­zip bei Lek­to­ren­stel­len, das ei­ner­seits de­ren wis­sen­schaft­li­cher Wei­ter­qua­li­fi­ka­ti­on und an­de­rer­seits auch dem Aus­tausch von Wis­sen­schaft­lern auf ent­spre­chen­den Stel­len im Aus­land die­nen soll­te, wur­de durch die­se Ge­richts­ur­tei­le qua­si aus­ge­he­belt. Durch zu­sätz­li­che Ein­spa­run­gen auf Fa­kul­täts­ebe­ne kam es un­ter an­de­rem auch zum Stel­len­tausch, der nicht im­mer zum Vor­teil der Ro­ma­nis­tik ver­lief.

In den 1980er und 1990er Jah­ren setz­te ei­ne in­ten­si­ve In­ter­na­tio­na­li­sie­rung in der Ko­ope­ra­ti­on mit In­sti­tu­tio­nen in der Ro­ma­nia ein. Im Be­reich der Me­diä­vis­tik hat die Bon­ner Phi­lo­so­phi­sche Fa­kul­tät un­ter der Fe­der­füh­rung des Ro­ma­nis­ten und da­ma­li­gen De­kan Wolf-Die­ter Lan­ge ei­ne en­ge Ko­ope­ra­ti­on mit der Pa­ri­ser Sor­bon­ne und dem dor­ti­gen Me­diä­vis­ten Da­ni­el Poiri­on ein­ge­lei­tet. Der von Lan­ge her­aus­ge­ge­be­ne Sam­mel­band „Dies­seits- und Jen­seits­rei­sen im Mit­tel­al­ter/Voya­ges dans l’ici-bas et dans l’au-delà au mo­yen âge“ (Bonn 1992) do­ku­men­tiert ein­drucks­voll die In­ten­si­tät der wis­sen­schaft­li­chen Zu­sam­men­ar­beit. Mit­te der 1990er Jah­re wur­de un­ter der Ägi­de des Ro­ma­nis­ten Wil­li Hirdt der be­reits er­wähn­te bi­na­tio­na­le deutsch-ita­lie­ni­sche Stu­di­en­gang der Uni­ver­si­tä­ten Bonn und Flo­renz un­ter Be­tei­li­gung der ger­ma­nis­ti­schen und ro­ma­nis­ti­schen Se­mi­na­re bei­der Uni­ver­si­tä­ten er­öff­net. Par­al­lel hier­zu wur­de ein Bon­ner Ita­li­en-Zen­trum ge­grün­det, eben­falls die bis heu­te exis­tie­ren­de Bon­ner Ita­li­en-Ge­sell­schaft. 1995 wur­de auf In­itia­ti­ve von Wil­li Hirdt und Mi­chel Zink (ge­bo­ren 1945) ei­ne Ko­ope­ra­ti­on der Uni­ver­si­tät mit dem Col­lè­ge de Fran­ce in Pa­ris ein­ge­rich­tet, die spä­ter zur Schaf­fung der Ernst-Ro­bert-Cur­ti­us-Gast­pro­fes­sur führ­te.

5. Der Beginn des 21. Jahrhunderts: Im Zeichen der Internationalisierung und Neuausrichtung

Mit Be­ginn des neu­en Jahr­hun­derts er­folg­ten in der Phi­lo­so­phi­schen Fa­kul­tät der Bon­ner Uni­ver­si­tät Struk­tur­re­for­men, an de­ren En­de 2006 aus dem Ro­ma­ni­schen Se­mi­nar die Ab­tei­lung für Ro­ma­nis­tik des neu­ge­grün­de­ten „In­sti­tuts für Klas­si­sche und Ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie“ wur­de. In­ner­halb we­ni­ger Jah­re er­folg­te dann ein wei­te­rer Ge­ne­ra­tio­nen­wech­sel. Va­kant ge­wor­de­ne Lehr­stüh­le muss­ten zwi­schen­zeit­lich im­mer wie­der ver­tre­ten wer­den, be­vor es zu ei­ner de­fi­ni­ti­ven Neu­be­set­zung kam; im Ein­zel­nen kann hier dar­auf nicht ein­ge­gan­gen wer­den.

2003 wur­de Paul Gey­er (ge­bo­ren 1955) von der Uni­ver­si­tät Köln an die Uni­ver­si­tät Bonn auf die Nach­fol­ge von Wil­li Hirdt be­ru­fen. Nach­fol­ge­rin in der ro­ma­ni­schen Sprach­wis­sen­schaft (Lehr­stuhl Wolf) wur­de zu­nächst Hei­di Sil­ler-Run­gal­dier (ge­bo­ren 1954) (Uni­ver­si­tät Inns­bruck); 2005 über­nahm Da­nie­la Pi­raz­zi­ni (ge­bo­ren 1955) die­se Pro­fes­sur, die sie bis heu­te in­ne­hat. Nach­fol­ger von Wolf-Die­ter Lan­ge wur­de 2006 Mi­chel Bern­sen (ge­bo­ren 1954) (Uni­ver­si­tät Bo­chum). Die zwei­te sprach­wis­sen­schaft­li­che Pro­fes­sur (Nach­fol­ge Chris­ti­an Schmitt) wur­de 2009 mit Franz Lebs­anft (ge­bo­ren 1955) (Uni­ver­si­tät Bo­chum) be­setzt. Auf die Hi­spa­nis­tik-Pro­fes­sur von Pro­fes­sor Gutiér­rez folg­te zu­nächst Wolf­gang Matz­at (ge­bo­ren 1978) (LMU Mün­chen), der spä­ter ei­nen Ruf an die Uni­ver­si­tät Tü­bin­gen an­nahm. Sei­ne Nach­fol­ge­rin in Bonn wur­de 2006 Mecht­hild Al­bert (ge­bo­ren 1956), die zu­vor an der Uni­ver­si­tät Müns­ter als Pro­fes­so­rin lehr­te. Die Cur­ri­cu­la vi­tae und For­schungs­schwer­punk­te der oben ge­nann­ten Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren sind auf der Home­page der Bon­ner Ro­ma­nis­tik zu fin­den. Dort kann man auch die wei­te­re Ent­wick­lung in­fol­ge ei­nes neu­en Ge­ne­ra­tio­nen­wech­sels nach­ver­fol­gen.

Die In­ter­na­tio­na­li­sie­rung der Bon­ner Ro­ma­nis­tik wur­de kon­se­quent zu Be­ginn des neu­en Jahr­tau­sends fort­ge­setzt und aus­ge­baut. Im Win­ter­se­mes­ter 2004/05 wur­de der bi­na­tio­na­le Stu­di­en­gang Deutsch-Fran­zö­si­sche Stu­di­en in Ko­ope­ra­ti­on mit der Pa­ri­ser Sor­bon­ne (Pa­ris IV) ein­ge­rich­tet; er be­steht aus den bei­den Haupt­fä­chern Fran­zö­sis­tik und Ger­ma­nis­tik und wird durch ein Sti­pen­di­en­pro­gramm der Deutsch-Fran­zö­si­schen Hoch­schu­le (Saar­brü­cken) ge­för­dert. Das Stu­di­um kann so­wohl in ei­nem Ba­che­lor- als auch in ei­nem Mas­ter­stu­di­en­gang ab­sol­viert wer­den, ein ob­li­ga­to­ri­sches Stu­di­en­jahr an der Part­ner­uni­ver­si­tät ist in­te­gra­ler Be­stand­teil der Stu­di­en­gän­ge. 

Das in­ter­na­tio­na­le Gra­du­ier­ten­kol­leg „Eu­ro­päi­sche Grün­dungs­my­then“ wur­de auf In­itia­ti­ve von Paul Gey­er und Mi­chel Bern­sen als tri­na­tio­na­les Kol­leg der Uni­ver­si­tä­ten Bonn, Flo­renz und Pa­ris-Sor­bon­ne ein­ge­rich­tet und wird eben­falls durch ein Sti­pen­di­en­pro­gramm der deutsch-fran­zö­si­schen Hoch­schu­le un­ter­stützt. Dar­über hin­aus wur­den Pro­mo­ti­ons-Stu­di­en­gän­ge in Ger­ma­nis­tik (Bonn /Flo­renz) und Ita­lia­nis­ti­ca (Bonn/Flo­renz/Pa­ris) ein­ge­rich­tet. Hin­zu kam ein Netz­werk eu­ro­päi­scher Uni­ver­si­tä­ten auf In­itia­ti­ve von Mi­chel Bern­sen, in dem die be­ste­hen­den Ko­ope­ra­tio­nen um die Uni­ver­si­tä­ten Sa­la­man­ca, Tou­lou­se, Saint An­d­rews, Fri­bourg, War­schau und an­de­rer er­wei­tert wur­den. In der Hi­spa­nis­tik wur­den Ko­ope­ra­tio­nen in For­schung und Leh­re mit den Uni­ver­si­tä­ten Sa­la­man­ca und Li­ma/Pe­ru und León (Spa­ni­en) in­iti­iert und aus­ge­baut. Mit För­de­rung der Deutsch-Fran­zö­si­schen Hoch­schu­le und des DA­AD konn­ten auch meh­re­re tri­na­tio­na­le Som­mer-Uni­ver­si­tä­ten zu eu­ro­päi­schen The­men an den Part­ner­uni­ver­si­tä­ten Bonn, Pa­ris, Stras­bourg und War­schau durch­ge­führt wer­den.

Zwei be­deu­ten­de in­ter­dis­zi­pli­nä­re Zen­tren sind in den letz­ten Jah­ren ent­stan­den und schär­fen das For­schungs­pro­fil des In­sti­tuts. Das 2017 un­ter Be­tei­li­gung der Ro­ma­nis­tik ge­grün­de­te In­ter­dis­zi­pli­nä­re La­tein­ame­ri­ka­zen­trum (ILZ) ver­steht sich als Fo­rum für al­le zu La­tein­ame­ri­ka for­schen­den Wis­sen­schaft­ler der Uni­ver­si­tät Bonn. Aus der in­ter­dis­zi­pli­nä­ren Zu­sam­men­set­zung der Mit­glie­der des Zen­trums er­gibt sich ein frucht­ba­rer Dia­log zwi­schen den Dis­zi­pli­nen, der die Ent­wick­lung von For­schungs­vor­ha­ben zu La­tein­ame­ri­ka über die Dis­zi­pli­n­en­gren­zen hin­weg er­mög­licht.

Die seit Be­ste­hen der Bon­ner Ro­ma­nis­tik in­ten­siv be­trie­be­ne Frank­reich­for­schung wur­de 2022 mit der of­fi­zi­el­len Er­öff­nung des Cent­re Ernst Ro­bert Cur­ti­us (CERC) in­sti­tu­tio­nell ge­krönt. Na­mens­ge­ber ist der Bon­ner Ro­ma­nist Ernst Ro­bert Cur­ti­us, der als Li­te­ra­tur­kri­ti­ker, Phi­lo­lo­ge und Kul­tur­wis­sen­schaft­ler ein be­deu­ten­der Ver­mitt­ler zwi­schen Deutsch­land und Frank­reich war. Das CERC ist ein For­schungs­zen­trum mit dem Schwer­punkt „Eu­ro­päi­sche Kul­tu­ren aus deut­scher und fran­zö­si­scher Per­spek­ti­ve“, ei­ne Platt­form für frank­reich­be­zo­ge­ne Pro­jek­te al­ler Fa­kul­tä­ten der Uni­ver­si­tät Bonn so­wie ein Fo­rum für den deutsch-fran­zö­sisch-eu­ro­päi­schen Dia­log. Spre­cher des Frank­reich­zen­trums der Uni­ver­si­tät Bonn (CERC - Cent­re Ernst Ro­bert Cur­ti­us / Cen­trum Ernst Ro­bert Cur­ti­us) ist seit 2019 Mi­cha­el Bern­sen.

6. Das Institut Français an der Universität Bonn

Im No­vem­ber 2022 fei­er­te das In­sti­tut français sein 70-jäh­ri­ges Be­ste­hen. Seit Grün­dung der Rhei­ni­schen Fried­rich-Wil­helms-Uni­ver­si­tät im Jah­re 1818 ist die uni­ver­si­tä­re Be­schäf­ti­gung mit Frank­reich ins­be­son­de­re im Rah­men der ro­ma­ni­schen Phi­lo­lo­gie Teil des kul­tu­rel­len Le­bens in der Uni­ver­si­täts­stadt. In­sti­tu­tio­nen­ge­schich­te wie die des In­sti­tut français im Be­son­de­ren spie­geln bei nä­he­rer Be­trach­tung auch die po­li­ti­sche Ge­schich­te im All­ge­mei­nen. 

Ge­grün­det wur­de das fran­zö­si­sche Kul­tur­in­sti­tut un­ter Bot­schaf­ter François Pon­cet (1887-1978) im Mai 1951; ein Jahr spä­ter wur­de es im März 1952 fei­er­lich er­öff­net als rechts­fä­hi­ge Stif­tung „Fran­zö­si­sches In­sti­tut in Bon­n“. Ein Jahr­zehnt spä­ter wur­de es dann 1962 durch rechts­ver­bind­li­che Er­klä­rung des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len und der Uni­ver­si­tät Bonn ge­gen­über der fran­zö­si­schen Bot­schaft als An-In­sti­tut un­ter dem Na­men „Fran­zö­si­sches Kul­tur­in­sti­tut an der Uni­ver­si­tät Bon­n“ er­rich­tet; De­kan Har­ri Mei­er, Lehr­stuhl­in­ha­ber für ro­ma­ni­sche Phi­lo­lo­gie und Nach­fol­ger von Ernst Ro­bert Cur­ti­us, war an die­ser Grün­dung ma­ß­geb­lich be­tei­ligt.

Zu Be­ginn des 21. Jahr­hun­derts wur­de ein För­der­ver­ein ge­grün­det, an des­sen Ent­ste­hung im his­to­ri­schen Kon­text der da­ma­li­gen Trans­for­ma­tio­nen zu er­in­nern ist: den Fall der Ber­li­ner Mau­er und die deut­sche Wie­der­ver­ei­ni­gung, und da­mit ver­bun­den ei­ne glück­li­che Zei­ten­wen­de in Eu­ro­pa. Da­mit ein­her ging En­de des letz­ten Jahr­hun­derts das En­de der Bun­des­haupt­stadt-Funk­ti­on von Bonn und zu­gleich ei­ne Neu­aus­rich­tung der aus­wär­ti­gen fran­zö­si­schen Kul­tur­po­li­tik, die ne­ben der al­ten Bun­des­re­pu­blik nun auch die neu­en Bun­des­län­der in Ost­deutsch­land in be­son­de­rer Wei­se in den Blick nahm. Das führ­te - wie zu er­war­ten war - zu ei­ner Rei­he von Ver­än­de­run­gen. Im Wes­ten wur­den tra­di­tio­nel­le Kul­tur­in­sti­tu­te ge­schlos­sen, im Os­ten be­reits be­ste­hen­de aus­ge­baut be­zie­hungs­wei­se neue er­rich­tet. Die Fort­füh­rung des be­ste­hen­den In­sti­tuts als An-In­sti­tut der Uni­ver­si­tät Bonn mit ei­nem neu zu grün­den­den Ver­ein als Trä­ger der Fran­zö­sisch­kur­se und kul­tu­rel­ler Ver­an­stal­tun­gen wur­de ver­ein­bart. Der neue Di­rek­tor war so­wohl In­sti­tuts­di­rek­tor als auch at­ta­ché de co­o­pé­ra­ti­on uni­ver­si­taire für ganz Nord­rhein-West­fa­len. Die Trä­ger­schaft der Sprach­kur­se, die bis da­hin un­ter der Ägi­de der fran­zö­si­schen Bot­schaft durch­ge­führt wur­den, wur­de in die Hän­de ei­nes För­der­ver­eins ge­legt, ei­ne Ent­wick­lung, die es be­reits an ei­ni­gen an­de­ren In­sti­tu­ten in Deutsch­land gab.[64] Vie­le neue Cen­tres cul­tu­rels fran­co-al­le­man­ds wa­ren um die Jahr­hun­dert­wen­de ent­stan­den, so auch in Tü­bin­gen. Für die Uni­ver­si­tät Bonn war es wich­tig, den Pos­ten des Hoch­schul­at­ta­ché für Nord­rhein-West­fa­len in Bonn an­zu­sie­deln, und nicht wie vor­ge­se­hen, in Düs­sel­dorf. Heu­te ist Dr. Mat­t­hieu Os­mont nicht nur für Nord­rhein-West­fa­len, son­dern auch für Rhein­land-Pfalz, das Saar­land und Hes­sen zu­stän­dig.

Nach dem Um­zug der fran­zö­si­schen Bot­schaft 1999 nach Ber­lin wur­de das „Fran­zö­si­sche Kul­tur­in­sti­tut an der Uni­ver­si­tät Bon­n“ 2001 in „Ro­bert-Schu­man-In­sti­tut an der Uni­ver­si­tät Bon­n“ um­be­nannt. Es wur­de nach dem gro­ßen Eu­ro­pä­er Ro­bert Schu­man (1886-1963) be­nannt, der An­fang des 20. Jahr­hun­derts in Bonn Ju­ra stu­diert hat­te und mit dem Schu­man­plan vom 9.5.1950 bis heu­te als ei­ner der Grün­dungs­vä­ter der Eu­ro­päi­schen Uni­on gilt. Die Pla­ket­te vor dem In­sti­tuts­ein­gang er­in­nert wür­dig an ihn, auch der Vor­trags­saal des In­sti­tuts trägt sei­nen Na­men.[65] Seit 2009 ge­hört das In­sti­tut glück­li­cher­wei­se wie­der zum Netz der „In­sti­tut français Deutsch­lan­d“, dem Dach­ver­band der fran­zö­si­schen und deutsch-fran­zö­si­schen Kul­tur­ein­rich­tun­gen in ganz Deutsch­land. Die Zu­stän­dig­keit für al­le An­ge­le­gen­hei­ten des An-In­sti­tuts liegt wei­ter­hin beim Bei­rat, der aus Ver­tre­tern der Fran­zö­si­schen Bot­schaft und der Uni­ver­si­tät Bonn zu­sam­men­ge­setzt ist.

Außenansicht der Sorbonne Universite Paris, 2017, Foto: Guilhem Vellut. (CC BY 2.0)

 

7. Publikationsreihen und Standortvorteile

Die Bon­ner Ro­ma­nis­tik hat im­mer schon von ei­nem gro­ßen Stand­ort­vor­teil pro­fi­tiert. Das seit 1949 von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) ge­för­der­te „Son­der­sam­mel­ge­biet Ro­ma­nis­ti­k“ bie­tet Stu­die­ren­den und Leh­ren­den ei­ne best­mög­li­che Li­te­ra­tur­ver­sor­gung, hin­zu kommt die or­ga­nisch ge­wach­se­ne Bi­blio­thek des Ro­ma­ni­schen Se­mi­nars. Der Buch­be­stand zur Ro­ma­nia um­fasst mehr als 80 000 Bän­de. Im Se­mi­nar­raum und ei­ni­gen Bi­blio­theks­sä­len sind noch Stuck­de­cken aus der Zeit der kur­fürst­li­chen Re­si­denz er­hal­ten; zahl­rei­che Re­no­vie­run­gen und Aus­bau­ten (bei­spiels­wei­se Pi­ran­del­lo-Saal und Spa­nisch-Raum) wur­den En­de des 20. Jahr­hun­derts durch­ge­führt. 

Das 1952 ein­ge­rich­te­te In­sti­tut français ist ein An-In­sti­tut der Uni­ver­si­tät Bonn und – wie oben dar­ge­stellt - in der ent­spre­chen­den In­sti­tuts­land­schaft in Deutsch­land ein­zig­ar­tig; das Sprach- und Kul­tur­an­ge­bot so­wie Vor­trags­rei­hen sind für al­le Stu­die­ren­den der Ro­ma­nis­tik ge­öff­net:

  • Ro­ma­nis­ti­sche Ver­su­che und Vor­ar­bei­ten (seit 1958), 
  • Bon­ner ro­ma­nis­ti­sche Ar­bei­ten (seit 1977), 
  • Ro­ma­ni­ca et Com­pa­ra­tis­ti­ca. Sprach- und li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en (seit 1983);
    dar­über hin­aus zahl­rei­che Her­aus­ge­ber­schaf­ten in ein­schlä­gi­gen ro­ma­nis­ti­schen Fach­zeit­schrif­ten der Bon­ner Or­di­na­ri­en (un­ter an­de­rem Ar­chiv für das Stu­di­um der neue­ren Spra­chen und Li­te­ra­tu­ren, Ro­ma­nis­ti­sches Jahr­buch, Ro­ma­ni­sche For­schun­gen). 

Der Über­blick über die Ent­wick­lung der Bon­ner Ro­ma­nis­tik zeigt am En­de, wie eng ei­ner­seits Wis­sen­schafts­ge­schich­te mit Ge­lehr­ten­ge­schich­te ver­knüpft ist und wie an­de­rer­seits auch Wis­sen­schafts­po­li­tik die Ent­wick­lung ei­ner Fach­dis­zi­plin ent­schei­dend mit­ge­stal­ten kann.[66] Seit dem 19. Jahr­hun­dert war das Bon­ner Ro­ma­ni­sche Se­mi­nar als Lehr- und For­schungs­ein­rich­tung ei­ne so­li­de Brü­cke zur Ro­ma­nia mit ih­ren Spra­chen, Li­te­ra­tu­ren und Kul­tu­ren. Mö­ge es auch in Zu­kunft sei­nen Bei­trag leis­ten zu ei­nem Eu­ro­pa, das sich als „geis­ti­ge Le­bens­ge­mein­schaf­t“ (Cur­ti­us) ver­steht.

Literatur (mehrfach zitierte Titel)

Be­cker, Tho­mas/Ro­sin, Phi­lip (Hg.), Die Buch­wis­sen­schaf­ten = Ge­schich­te der Uni­ver­si­tät Bonn, Band 3, Göt­tin­gen 2018.

Bork, Hans Die­ter (Hg.), Har­ri Mei­er - Sta­tio­nen sei­nes Le­bens und Wir­kens; Ham­burg - Ros­tock - Leip­zig - Lis­sa­bon - Hei­del­berg - Bonn / In­ter­views mit Wil­li Hirdt, Köln 2005.

Ert­ler, Klaus-Die­ter (Hg.), Ro­ma­nis­tik als Pas­si­on. Stern­stun­den der neue­ren Fach­ge­schich­te, Band 1, Wien/Ber­lin 2007.

Ge­ppert, Do­mi­nik (Hg.), Preu­ßens Rhein­uni­ver­si­tät 1818–1918 = Ge­schich­te der Uni­ver­si­tät Bonn, Band 1, Göt­tin­gen 2018.

Haus­mann, Frank-Rut­ger, Vom Stru­del der Er­eig­nis­se ver­schlun­gen. Deut­sche Ro­ma­nis­tik im „Drit­ten Reich“, Frank­furt/Main 2008. 

Hirdt, Wil­li [u.a.] (Hg.), Ro­ma­nis­tik. Ei­ne Bon­ner Er­fin­dung, 2 Bän­de, Bonn 1993. 

Renovierter Stuck im Romanischen Seminar während der Renovierung des Hauptgebäudes der Universität am Hofgarten, 2025, Foto: Fiona Gladen. (Universitätsarchiv Bonn)

 
Anmerkungen
Zitationshinweis

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Jung, Willi, Zur Geschichte des Romanischen Seminars der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/zur-geschichte-des-romanischen-seminars-der-rheinischen-friedrich-wilhelms-universitaet-bonn/DE-2086/lido/681b49bb9e9360.15778430 (abgerufen am 24.06.2025)

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 08.05.2025, zuletzt geändert am 13.05.2025