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Das Bistum Essen wurde am 1.1.1958 begründet. Erste Pläne zur Errichtung einer Ruhrdiözese waren bereits in Verbindung mit den Verhandlungen über ein Konkordat (Staatskirchenvertrag) des Heiligen Stuhls mit dem damaligen Freistaat Preußen 1927 formuliert worden. Die Größe des erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen industriellen Ballungsraumes und seine Aufsplitterung zwischen den (Erz-)Diözesen Köln, Münster und Paderborn sowie die weite Entfernung von den Bischofssitzen erwiesen sich hinsichtlich der Seelsorge als unvorteilhaft. Unstimmigkeiten über die Zirkumskription und die Finanzierung des Bistums verhinderten jedoch die Umsetzung des Vorhabens.
Nach der Errichtung des Landes Nordrhein-Westfalen wurde der Plan einer Bistumsgründung an der Ruhr wieder aufgenommen. Infolge der Niederlassung von Flüchtlingen und Vertriebenen sowie des „Wirtschaftswunders" war die Bevölkerungszahl im neuen Bundesland und besonders in dieser Region erneut enorm angestiegen. 1951 setzten konkrete Planungen in den beteiligten (Erz)Bistümern Köln, Paderborn und Münster ein. Wie bereits im Jahr 1927 erwies sich die Frage der territorialen Abgrenzung als schwierig. Ein das gesamte rheinisch-westfälische Industriegebiet umschließendes Bistum hätte über 2 Millionen Katholiken umfasst und erhebliche finanzielle Einbussen für die Mutterbistümer mit sich gebracht. Einigkeit bestand deshalb darin, dass nicht das gesamte Industriegebiet einem neuen Bistum zugeteilt werden sollte, sondern nur der eigentliche Kern des Ruhrgebietes mit Essen als Residenzstadt.
Nach langwierigen Verhandlungen, an denen neben der Nuntiatur auch die Landesregierung beteiligt war, wurden die folgenden Städte und Landkreise dem neuen Bistum zugeteilt: Aus dem Erzbistum Köln: Essen, Mülheim, Oberhausen (mit den Stadtteilen Sterkrade, Sterkrade Nord, Königshardt, Osterfeld, Alstaden, Buschhausen, Alsfeld und Holten), Duisburg-Süd und ein Teil des Kreises Mettmann ; aus dem Erzbistum Paderborn: Gelsenkirchen, Bochum, Wattenscheid und dazu der Ennepe-Ruhr-Kreis, Altena, Lüdenscheid (außer Herdecke und Wetter); aus dem Bistum Münster: Duisburg, Oberhausen, Bottrop, Gladbeck, Buer. Ländliche Regionen wie der Ennepe-Ruhr-Kreis, Altena und Lüdenscheid wurden ebenso Teil des Bistums Essen, weil man eine einseitig städtische Struktur vermeiden wollte.
Die kanonische Errichtung vollzog Papst Pius XII. (Pontifikat 1939-1958) am 23.2.1957 durch die Bulle „Germanicae gentis"; am 26.2.1957 trat die Errichtung des Bistums Essen durch Landesgesetz in Kraft. Am 18.11.1957 erfolgte die Ernennung des Paderborner Weihbischofs Franz Hengsbach (1910-1991) zum ersten Bischof des neuen Bistums. Das Bistum umfasste zum Zeitpunkt der Begründung 1848 Quadratkilometer und 1.449.145 Katholiken in der Kernregion des Ruhrgebiets mit insgesamt rund 3,2 Millionen Einwohnern.
Die Seelsorgestrukturen des neuen Bistums waren – wie die Bistumsgründung selbst – daran ausgerichtet, den Menschen „nahe zu sein", wie dies insbesondere von Bischof Hengsbach (1988 zum Kardinal erhoben) immer wieder formuliert wurde. Entsprechend wurde eine möglichst dichte pastorale Infrastruktur aufgebaut, was sich am deutlichsten in zahlreichen neuen Kirchenbauten und auch neuen selbständigen Seelsorgebezirken niederschlug. 1988 wurde ein Höchststand mit 228 Pfarreien, 93 Rektoratspfarreien und sechs so genannten Exposituren (von einer Mutterkirche abhängigen Kirchen) erreicht, zusammen also 327 Seelsorgebezirke.
Freilich ist die Geschichte des Bistums auch davon bestimmt gewesen, dass praktisch gleichzeitig mit der Bistumsgründung (1.1.1958) mit dem Abschied von der industriellen Monopolstellung von Kohle und Stahl (Erste Feierschichten und Zechenstilllegungen seit dem 22.2. 1958) ein wirtschaftlicher und sozialer Strukturwandel des Ruhrgebietes einsetzte, der bis heute nicht zum Abschluss gekommen ist. Das Engagement der Bischöfe Franz Hengsbach (1958-1991), Hubert Luthe (1992-2002) und Felix Genn (seit 2003) sowie der Weihbischöfe Julius Angerhausen (1959-1990), Wolfgang Große (1968-2001), Franz Grave (1988-2008) und seines Nachfolgers Ludger Schepers (seit 2008) sowie von Franz Vorrath (seit 1995) hat deshalb auch stets in besonderer Weise sozial-caritativen Aktivitäten des Bistums gegolten, wie exemplarisch – gemeinsam mit der Evangelischen Kirche – in der „Gemeinsamen Sozialarbeit der Konfessionen im Bergbau" oder dem „Initiativkreis Ruhrgebiet" oder den vielfältigen Formen der Ausländerseelsorge.
Langfristig machte aber der Strukturwandel auch vor der nach 1958 ausgebauten pastoralen Infrastruktur des Bistums keinen Halt: Die Zahl der Katholiken im Bistum Essen ging besonders durch demographischen Wandel und Migration von 1958 bis 2000 um gut ein Drittel von 1,5 Millionen auf knapp unter 1 Million zurück, der sonntägliche Kirchgang noch viel stärker von circa 500.000 Gottesdienstbesuchern um 1960 auf circa 100.000 in 2005. Zugleich fiel die Zahl der Diözesanpriester von 766 (1963) auf 526 (2005). Die damit nicht zuletzt verbundenen finanziellen Probleme veranlassten die Bistumsleitung deshalb seit 2004 zu einem in Deutschland beispiellosen Restrukturierungsprozess: 259 Pfarrgemeinden werden zu 43 Pfarrgemeinden mit Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat zusammengefasst, zu denen mehrere (alte) Pfarreien gehören, die diesen Status nicht mehr halten und fortan als „Gemeinde" bezeichnet werden. Ein Priester soll dort, ohne den Titel des Pfarrers zu tragen, die seelsorglichen Grunddienste im Verbund mit einem „Gemeinderat" und dem Seelsorgeteam der gesamten Pfarrei wahrnehmen. 96 Pfarr- und Filialkirchen und Kapellen werden auf diese Weise faktisch aufgehoben.
Als neues Leitbild zeichnet sich die „Vernetzung" der lokalen, unter Umständen hinsichtlich ihrer Aktivitäten auch spezialisierten Gemeinden ab. Das Bistum Essen hat so im Kontext des sozialen und religiösen Strukturwandels einen kirchlichen Strukturwandel eingeleitet, der frühzeitig auf Veränderungen im Gefüge von Kirche und Gesellschaft reagieren will, die sich zweifellos bereits schon jetzt auch in anderen Teilen Deutschlands bemerkbar machen.
Literatur
Damberg, Wilhelm/Meier, Johannes, Das Bistum Essen 1958-2008. Eine illustrierte Kirchengeschichte der Region von den Anfängen des Christentums bis zur Gegenwart, Münster i.W. 2008.
Online
Eine Kurzgeschichte des Bistums Essen (Website des Bistums Essen). [Online]
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Damberg, Wilhelm, Bistum Essen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/bistum-essen-/DE-2086/lido/57d11a2956b0d5.82956995 (abgerufen am 07.12.2024)