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Die ältesten menschlichen Spuren im heutigen Bonner Stadtgebiet, ein Dutzend Faustkeile, gefunden im Bad Godesberger Ortsteil Muffendorf, werden in die Altsteinzeit datiert (circa 50.000 vor Christus). Auch für die Nachfolgezeit sind Archäologen immer wieder auf Überreste menschlicher Existenz in Bonn gestoßen.
Mit der in das Jahr 54 vor Christus zu datierenden Niederlage der im Bonner Raum ansässigen Germanen vom Stamm der Eburonen – Hintergrund war die Eroberung Galliens durch die Römer – beginnt die lokale Geschichte greifbar zu werden. Um 12 vor Christus wurde eine erste Militäreinheit in der mittlerweile von Ubiern besiedelten späteren Bonner Innenstadt stationiert. Für die um 43 nach Christus von Köln nach Bonn verlegte Legion wurde nördlich des heutigen Stadtzentrums unmittelbar am Rhein ein neues, 27 Hektar umfassendes Lager errichtet. Südlich dieses Legionslagers, im Bereich des heutigen Stadtzentrums und entlang der römischen Provinzialstraße (heute B 9), entstand die zivile Lagervorstadt. Bis zu 17.000 Menschen, darunter etwa 7.000 Militärangehörige, lebten im 2. Jahrhundert in Bonn. Vielleicht war diese Zahl noch größer; in den Jahren 2006/2007 wurden bei Grabungen im früheren Regierungsviertel (World Congress Center Bonn) Reste eines Tempels, einer Badanlage sowie von Wohn- und Geschäftshäusern wohl aus der Zeit des ausgehenden 1. bis 3. Jahrhunderts entdeckt, die insgesamt Merkmale einer eigenen Siedlung mit urbanem Charakter aufweisen. In der näheren und weiteren Umgebung Bonns wurden Gutsbetriebe errichtet, die über ein Wege- und Straßennetz mit der Garnison verbunden waren. Ortsnamen heutiger Bonner Stadtteile (zum Beispiel Endenich, Kessenich oder Lessenich) erinnern an die römische Vergangenheit.
Mit den Frankeneinfällen seit dem letzten Viertel des 3. Jahrhunderts begann der Niedergang des römischen Bonn. Bis zur Regierungszeit Kaiser Konstantins des Großen schrumpfte die Bevölkerungszahl einschließlich des Militärs auf 3.000-4.000 Menschen, die nun sämtlich innerhalb des Lagerbereichs lebten. Trotz der immer schwächer werdenden Präsenz am Rhein behauptete sich die römische Verwaltung bis etwa zur Mitte des 5. Jahrhunderts, als die Herrschaft endgültig und ohne größere Kämpfe an fränkische Kleinkönige überging.
Mit dem in fränkischen Quellen als „castrum Bonna" (Bonnburg) bezeichneten früheren Legionslager, das als fränkisches Fiskalgut in Königsbesitz übergegangen war, blieb der Ortsname noch lange verbunden. Herkunft und Bedeutung des Ortsnamens Bonn sind bislang noch nicht schlüssig geklärt worden. Der Name scheint keltischen Ursprungs und von den späteren Bewohnern übernommen worden zu sein. Weitere Siedlungsansätze entstanden im Bereich der so genannten „villa basilica", im Bereich der späteren Münsterkirche, sowie weiter östlich in der Gegend des heutigen Marktplatzes, bei dem im 8. Jahrhundert erstmals genannten „vicus Bunnense", der zunächst wohl eine kleine Fernhändlersiedlung war. Jene „villa basilica" befand sich auf einem seit römischer Zeit bis ins 7. Jahrhundert hinein belegten Gräberfeld. Mittelpunkt war die 691/692 erstmals in den Quellen genannte „basilica". Eine erste Kirche an dieser Stelle ist wohl im 6. Jahrhundert errichtet worden. Das heutige Münster ist ein Bau des 11. bis frühen 13. Jahrhunderts, wobei insbesondere der Ostchor aus der Mitte des 12. Jahrhunderts (Bauherr: Propst Gerhard von Are) stilbildend wirkte.
Aus der Ende des 7. Jahrhunderts erstmals bezeugten Klerikergemeinschaft wurde ein Kanonikerstift, das bis zu seiner Aufhebung 1802 als das nach dem Domstift vornehmste unter den geistlichen Kollegien des Erzbistums Köln galt. Kirchen- und Stadtpatrone waren und sind bis heute Cassius und Florentius, Angehörige der legendären „Thebäischen Legion", die unter Kaiser Diokletian (Regierungszeit 284-305) zu Beginn des 4. Jahrhunderts den Märtyrertod erlitten haben sollen. Einer weiteren Legende zufolge war es die Heilige Helena, Mutter Kaiser Konstantins des Großen, die die Heiligen am Ort des späteren Münsters bestatten ließ.
Um die Jahrtausendwende verlagerte sich der Siedlungsschwerpunkt – und damit auch der Ortsname – von der Bonnburg zur Stiftsstadt und der ihr vorgelagerten, auf erzbischöflichem Grund und Boden entstandenen bürgerlichen Marktsiedlung, 1211 als „oppidum Bonnense". 1244 ordnete Erzbischof Konrad von Hochstaden die Befestigung an. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts wurde ein auch die Stiftsstadt umschließender Mauergürtel errichtet. Mit der Einführung der Ratsverfassung 1286 fand die Stadtwerdung ihren rechtlichen Abschluss.
Neben dem Cassiusstift bestanden ein Benediktinerinnenkloster, das kurz vor 1015 bei einer spätantiken, im damaligen Legionslager errichteten Pfarrkirche (Dietkirche) gegründet wurde und das im 15. Jahrhundert die Stiftsverfassung annahm, ein 1324 errichtetes Augustinerinnenkloster (Engelthal), ein Minoritenkonvent (seit 1274) sowie zahlreiche weitere kleinere, zum Teil nur kurzlebige geistliche Gemeinschaften. Im außerhalb der Stadtmauer gelegenen, aber gemeinsam mit Dransdorf zum Stadtgebiet zählenden Graurheindorf entstand im 13. Jahrhundert ein Zisterzienserinnenkloster.
Das innerstädtische Pfarrsystem mit seinen vier Pfarren war vor dem 11. Jahrhundert ausgebildet und hatte bis ins frühe 19. Jahrhundert Bestand.
Bonner Juden werden erstmals 1096 bezeugt. Im 12. Jahrhundert besaß die Gemeinde bedeutende Gelehrte wie den Kreuzzugschronisten Ephraim von Bonn. 1348/1349 fielen die Bonner Juden dem Pestpogrom zum Opfer. Seit Ende des 14. Jahrhunderts scheint eine jüdische Gemeinde in Bonn durchgehend bestanden zu haben; 1784 zählte sie 296 Personen. 1933 lebten 1.268 Juden im heutigen Bonner Stadtgebiet. Ihre Synagogen in Bonn, Poppelsdorf, Beuel und Bad Godesberg wurden 1938 zerstört. Die in Bonn verbliebenen etwa 400 Juden wurden 1941 interniert und bald darauf in Vernichtungslager deportiert. Sieben kehrten nach 1945 nach Bonn zurück. 1959 wurde unmittelbar am Rhein (Tempelstraße) eine neue Synagoge eingeweiht, deren Gemeinde im Jahre 2008 mehr als 1.000 Mitglieder zählte.
Seit dem Spätmittelalter entwickelte sich Bonn zur wichtigsten Stadt Kurkölns, des weltlichen Territoriums der Kölner Erzbischöfe. Die günstige Verkehrslage am Rhein, ein differenziertes Gewerbe, (Fern-)Handel sowie die zunehmende Residenzfunktion belegen beziehungsweise schufen die Voraussetzung hierfür. Die geschätzte Bevölkerungszahl betrug um 1500 maximal 3.000 Personen. Im Bonner Münster fanden zwei Königskrönungen statt (1314 Friedrich der Schöne [bis 1330 Gegenkönig Ludwigs des Bayern], 1346 Karl IV. [König ab 1346, Kaiser 1355-1378]; vier Kölner Erzbischöfe des Spätmittelalters liegen dort begraben. 1525 wurde die „Kanzley", Herzstück der erzstiftischen Verwaltung, von Brühl nach Bonn verlegt, 1597 erscheint Bonn in einer „Rat- und Kanzlei-Ordnung" erstmals offiziell als Haupt- und Residenzstadt der Kurfürsten und Erzbischöfe von Köln. Die Existenz zahlreicher zum heutigen Bonner Stadtgebiet gehörenden Dörfer lässt sich bereits für das 8. und 9. Jahrhundert nachweisen. In Godesberg, das gemeinsam mit Mehlem ein kurkölnisches Amt bildete, wurde 1210 der Grundstein der Godesburg gelegt, der nördlichsten Höhenburg am Rhein. Insbesondere im 14. Jahrhundert war sie einer der beliebtesten Aufenthaltsorte der kurkölnischen Landesherren. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts gründete sich in Godesberg ein Augustinerinnenkloster, das 1450 die Birgittenregel annahm (Marienforst). In Muffendorf entstand eine Kommende des Deutschen Ordens.
Das rechtsrheinische Bonn gehörte – mit Ausnahme von Vilich und Schwarzrheindorf –zum Territorium der Grafen von Sayn, nach 1246 der Herren von Blankenberg bzw. von Löwenberg und wurde im 14. bzw. 15. Jahrhundert Teil der Grafschaft beziehungsweise des Herzogtums Berg. Der letzte Sayner Graf, Heinrich III., gründete bald nach 1217 in Ramersdorf eine Niederlassung des Deutschen Ritterordens. In Vilich (um 978, erste Äbtissin war die heilige Adelheid, seit 2008 ebenfalls Stadtpatronin von Bonn) und in Schwarzrheindorf mit seiner kunstgeschichtlich höchst bedeutenden Doppelkirche (nach 1156) gründeten sich Benediktinerinnenklöster, die später in Damenstifte umgewandelt wurden. Beide gehörten als so genannte Unterherrschaften zum kurkölnischen Territorium.
Der Reformationsversuch des Kölner Erzbischofs Hermann von Wied in den 1540er Jahren scheiterte ebenso wie der machtpolitisch motivierte Reformationsversuch des Erzbischofs Gebhard Truchseß von Waldburg vier Jahrzehnte später. Der sich hieraus entwickelnde Truchsessische oder Kölnische Krieg überzog nicht nur weite Teile des Rheinlands mit langwierigen Kämpfen, in deren Folge unter anderem die Godesburg und die Wasserburg Poppelsdorf zerstört wurden. Ein Ergebnis dieser Auseinandersetzungen war die Etablierung der fast 180-jährigen wittelsbachischen Herrschaft im Kurfürstentum Köln. Ein entschiedener Vorkämpfer für die Rekatholisierung bzw. die Gegenreformation in seinem Land und Bistum war Kurfürst Ferdinand von Bayern. Unter seiner Regierung kamen Jesuiten (1590), Serviten (1637), Kapuziner (1614) und Kapuzinessen (1629) sowie Franziskanerrekollekten (1624) nach Bonn. 1664 gründeten die so genannten Welschnonnen in Bonn eine Niederlassung. Unter Ferdinand begann auch der Ausbau Bonns zur Festung; ein breiter Gürtel barocker Befestigungsanlagen wurde der mittelalterlichen Stadtmauer vorgelagert.
Mehrfach wurde Bonn in die großen Hegemonialkämpfe des 17. und 18. Jahrhunderts hineingezogen. 1689 wurde die belagerte und unter dem Kommando des preußischen Kurfürsten Friedrichs III. (Regierungszeit 1688-1701, als preußischer König Friedrich I. 1701-1713) bombardierte Stadt fast vollständig vernichtet. Dem mehrtätigen Beschuss fiel auch das städtische Archiv zum Opfer. Nach seiner Rückkehr aus französischem Exil 1715 begann Kurfürst Joseph Clemens mit dem Ausbau Bonns zur Barockresidenz. Unter ihm und seinem Neffen und Nachfolger Clemens August, der vielleicht schillerndsten kurkölnischen Herrscherpersönlichkeit, entstanden nach Niederlegung von Teilen der Befestigung und der Ruinen des alten Schlosses die neue Residenz, das heutige Universitätshauptgebäude, das Schloss Clemensruh in Poppelsdorf sowie die die beiden Paläste verbindende (Poppelsdorfer) Allee. An der Kirche auf dem Kreuzberg (seinerzeit Serviten) errichtete der Baumeister Balthasar Neumann eine Nachbildung der Heiligen Stiege in Rom. Auch das Alte Rathaus am Markt (1737/1738) entstammt jener Epoche.
1770 (Tauftag 17. Dezember) erblickte Ludwig van Beethoven in Bonn das Licht der Welt. 1777 gründete Kurfürst Maximilian Friedrich in den Gebäuden des 1773 aufgehobenen Jesuitenordens die erste Bonner Hochschule, die sein Nachfolger Maximilian (Max) Franz zur Universität ausbaute. Die junge Bonner Akademie stand in heftiger, zum Teil leidenschaftlicher Konkurrenz zur altehrwürdigen Kölner Universität und galt schon bald als „Bollwerk der Aufklärung". Godesberg baute Max Franz zu einer Nebenresidenz mit Kur- und Badebetrieb aus. Er ließ dort eine Reihe repräsentativer Gebäude errichten, darunter den unter dem Namen Redoute bekannten Ball-, Tanz-, Spiel- und Konzertsaal. Am Ende des Ancien Régime zählte die Stadt rund 10.000 Einwohner; auf dem Gebiet der heutigen Stadt lebten etwa 23.000 Menschen.
Im Herbst 1794 besetzten französische Revolutionstruppen die Stadt. Der Kurfürst floh, Hof, Landesverwaltung, Universität, und damit die wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Stadt, hörten auf zu bestehen. Bonn wurde Sitz einer Unterpräfektur im Rhein-Moseldepartement. Die Stadt verlor etwa 20 Prozent ihrer Bevölkerung; sie verarmte und büßte binnen kurzer Zeit viel von ihrem früheren Glanz ein. Das rechtsrheinische Bonn wurde 1803 beziehungsweise 1806 Teil des Großherzogtums Berg. Seit 1815 gehörte Bonn zum preußischen Regierungsbezirk Köln. Von allergrößter Bedeutung für die weitere Entwicklung Bonns war die Wiederbegründung der Universität im Jahre 1818 (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität). In Folge der in den 1820er Jahren beginnenden endgültigen Niederlegung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Befestigungen dehnte sich die Stadt erheblich aus. Der Tourismus (Rheinromantik), insbesondere der britische, wurde zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. Die Einweihung des Beethoven-Denkmals am 12.8.1845 und das gleichzeitig stattfindende erste Beethoven-Fest wurden zu einem gesellschaftlichen Glanzpunkt. 1844 war Bonn durch die Inbetriebnahme der Strecke Bonn-Köln an das Eisenbahnnetz angeschlossen worden. Bonn und Godesberg wurden zunehmend zu einer attraktiven Adresse für wohlhabende Industrielle, Kaufleute und Rentiers nicht nur aus dem Rheinland. Godesberg konnte im 19. Jahrhundert auch wieder an seine Tradition als Kur- und Badeort anknüpfen; 1926 kam es zur offiziellen Verleihung des Titels „Bad".
Ursache und Ergebnis dieser Entwicklung war eine entschiedene Bonner Kommunalpolitik, deren Grundsatz es war, die andernorts vehement betriebene Ansiedlung von Industrieunternehmen in Bonn zu verhindern. „Unsere Stadt ist mehr darauf angewiesen, in dem weit verbreiteten Ruf unserer Hochschule und in den verschiedenen Annehmlichkeiten des Lebens, welche die reizende Lage und die geistigen Genüsse der Kunst und Wissenschaft bieten, die Quelle ihres Wohlstandes zu finden und zu pflegen, als in der Entwicklung einer großartigen industriellen Tätigkeit." (Oberbürgermeister Leopold Kaufmann 1854).
1816 wurde in Bonn eine evangelische Gemeinde gegründet, die seitdem der Evangelischen Kirche im Rheinland angehört. In den 1870er Jahren wurde Bonn zum Bischofssitz der vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Ersten Vatikanischen Konzils entstanden Altkatholischen Kirche. Die Zentrumspartei war bis 1933 die führende politische Kraft in Bonn.
Von 1854 bis 1872 hatte der schlesische Architekt Paul Richard Thomann das neugeschaffene Amt eines Kommunal- und Stadtbaumeisters inne. Seine Planungen zur architektonischen Gestaltung der Südstadt geben dieser bis in die Gegenwart hinein ihr typisches Gepräge. Sie ist heute eines der besterhaltenen mittelständischen Wohnquartiere jener Epoche.
Hier und andernorts wuchs Bonn mit den Nachbarorten zusammen. Die Eingemeindung von Dottendorf, Kessenich, Poppelsdorf und Endenich im Jahre 1904 war das konsequente Resultat dieser Expansion. Von Bedeutung für die weitere Entwicklung der Stadt war der Bau der ersten festen Rheinbrücke, mit deren Fertigstellung im Jahre 1898 die Jahrhunderte alte Fährverbindung zum rechtsrheinischen Beuel, das sich zum maßgeblichen Industrievorort Bonns entwickelt hatte, ersetzt wurde.
An den Ersten Weltkrieg schloss sich eine mehr als 7-jährige (französische) Besatzungszeit an. In den wenigen Jahren zwischen Inflation und Weltwirtschaftskrise normalisierte sich das politische und wirtschaftliche Leben. Bad Godesberg wuchs zwischen 1899 und 1935 aus sieben Ortschaften zu einer Stadt mit etwa 30.000 Einwohnern zusammen. Beuel zählte 1935 knapp 20.000 Einwohner, Bonn etwas mehr als 100.000. Die nationalsozialistische Herrschaft endete im linksrheinischen Bonn in den Morgenstunden des 9.3.1945 mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen. Rechts des Rheins sollte der Krieg noch bis zum 20. März andauern. Der Wiederaufbau vollzog sich wie in vielen anderen Städten in zum Teil veränderten Formen und Dimensionen. Diese Veränderungen im Stadtbild wurden allerdings übertroffen durch strukturelle Wandlungen, bedingt durch die Übernahme der Funktion als Sitz von Parlament und Regierung der aus den drei westlichen Besatzungszonen gebildeten Bundesrepublik Deutschland. In mehreren Schritten vollzog sich 1948/1949 diese Entscheidung zugunsten Bonns, die ausdrücklich als Provisorium bis zur Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands gelten sollte.
Mit dem Bezug des neu errichteten Abgeordneten-Hochhauses am Rhein („Langer Eugen") 1969, begann sich das Bild der provisorischen Bundeshauptstadt zu wandeln. Endgültig in einer Regierungserklärung im Januar 1973 bekannte sich die Bundesregierung unter Willy Brandt (1913-1992, Bundeskanzler 1969-1974) offiziell zu ihrer Hauptstadt. In diesem Zusammenhang ist die zum 1.8.1969 wirksam gewordene kommunale Neugliederung von Bedeutung, bei der die selbständigen Städte Bonn, Beuel (Stadt 1952) und Bad Godesberg (Stadt 1935) sowie weitere Umlandgemeinden (unter anderem Duisdorf, Oberkassel) zur neuen Stadt Bonn zusammengelegt wurden. In dieser nunmehr etwa 270.000 Einwohner zählenden Großstadt glaubte man zu Recht, die gewaltigen Herausforderungen einer europäischen Hauptstadt erfolgreich meistern zu können. Flankierende Vereinbarungen zwischen Bund, Land und Stadt ermöglichten eine Entwicklung, die den Funktionen Bonns angemessen war. Hierzu gehörte der Bereich Verkehr mit dem Bau zweier weiterer Rheinbrücken, Verbesserungen im Nahverkehr (U-Bahn, Straßentunnel), der Bau von Beethovenhalle (1959) und Oper (1965) oder der Schaffung der so genannten Museumsmeile mit Bundeskunst- und Ausstellungshalle, Städtischem Kunstmuseum und Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Oft wurde Bonn als kleinste, aber auch als grünste Kapitale apostrophiert. Dies verdankt die Stadt vor allem der schon von den Rheinromantikern gepriesenen Lage am Strom, vis-à-vis dem Siebengebirge, sowie eingebettet in weite Grünflächen wie dem Kottenforst und dem aus der Bundesgartenschau von 1979 hervorgegangenen Rheinauenpark.
Die am 3.10.1990 offiziell vollzogene Vereinigung der beiden deutschen Staaten ließ auch die durch die Macht des Faktischen längst entschieden geglaubte Hauptstadtfrage wieder zu einem tagespolitischen Thema werden. Mit knapper Mehrheit votierte der Deutsche Bundestag am 20.6.1991 dafür, das Parlament und die wichtigsten Ministerien nach Berlin zu verlagern. Infolge des Bundesgesetzes vom 26.4.1994, durch das der Beschluss von 1991 umgesetzt wurde und das eine Arbeitsteilung zwischen beiden Städten vorsieht, heißt die Stadt nun offiziell „Bundesstadt Bonn".
Nicht erst mit dem endgültigen Umzug der Regierung nach Berlin – am 1.7.1999 tagte der Deutsche Bundestag zum letzten Mal in Bonn – setzte ein auch programmatisch so genannter „Strukturwandel" ein. Auf fünf Säulen soll die Zukunft Bonns, eine der wenigen wachsenden Städte der Region (Juli 2008: 315.000 Einwohner), basieren: Wissenschaft, Wirtschaft (Schwerpunkte hier: Informations- und Kommunikationstechnologie, Logistikunternehmen), Kultur, UN-Institutionen sowie die in Bonn verbliebenen bzw. als Kompensation neu hinzu gekommenen Bundesbehörden. Der Post-Tower, mit 162,5 Metern das höchste Gebäude Nordrhein-Westfalens, der entstehende Gewerbestandort Innovationspark am Rhein (BonnVisio) und das inmitten des früheren Regierungsviertels im Bau befindliche World Congress Center Bonn sind sichtbarer Ausdruck dieser Veränderungen.
Stadtgeschichtliche Zeitschrift
Bonner Geschichtsblätter, Band 1ff. (1937ff.).
Literatur
Ennen, Edith/Höroldt, Dietrich, Vom Römerkastell zur Bundeshauptstadt: Kleine Geschichte der Stadt Bonn, 4. durchgesehene Auflage, Bonn 1985.
Gechter, Michael/Wensky, Margret/Schloßmacher, Norbert/Stieldorf, Andrea [Teilverfasser], Artikel „Bonn", in: Groten, Manfred/Johanek, Peter/Reinighaus, Wilfried/Wensky, Margret (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten. Nordrhein-Westfalen, 3. Auflage, Stuttgart 2006, S. 131-169.
Höroldt, Dietrich (Hg.), Bonn als kurkölnische Haupt- und Residenzstadt (Geschichte der Stadt Bonn, Band 3), Bonn 1989.
Höroldt, Dietrich (Hg.), Von einer französischen Bezirksstadt zur Bundeshauptstadt (Geschichte der Stadt Bonn, Band 4), Bonn 1989.
Niessen, Josef, Geschichte der Stadt Bonn, Teil 1, Bonn 1956.
van Rey, Manfred (Hg.), Bonn von der Vorgeschichte bis zum Ende der Römerzeit (Geschichte der Stadt Bonn, Band 1), Bonn 2001.
van Rey, Manfred, Bonner Stadtgeschichte kurz gefasst, 2. Auflage, Bonn 2006.
Online
Stadt-Chronik (Website der Stadt Bonn). [Online]
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Schloßmacher, Norbert, Stadt Bonn, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/stadt-bonn/DE-2086/lido/57d11f467f2030.53547864 (abgerufen am 07.09.2024)