Stadt Krefeld

Das Behnisch-Haus. (Presseamt Krefeld)

In der im nie­der­rhei­ni­schen Tief­land ge­le­ge­nen Stadt Kre­feld le­ben 234.515 Ein­woh­ner (Stand 30.9.2011). Das heu­ti­ge Stadt­ge­biet um­fasst 13.775,1 Hekt­ar.

Die städ­ti­sche Ge­schich­te setzt sich aus den Ge­schich­ten vor al­lem von Alt-Kre­feld, Linn, Uer­din­gen und Hüls zu­sam­men, die ehe­mals un­ter­schied­li­chen Herr­schafts­räu­men zu­ge­hör­ten. Von ih­rer Grö­ße, wirt­schaft­li­chen, so­zia­len und re­li­giö­sen Aus­prä­gung her un­ter­schied­lich, stan­den sie je­doch stets mit­ein­an­der in en­gen Be­zie­hun­gen und viel­fäl­ti­gem Aus­tausch. Die ra­san­te Ent­wick­lung Alt-Kre­felds, be­gin­nend im 18., dann vor al­lem seit der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts, rich­te­te schlie­ß­lich die üb­ri­gen Or­te auf die­ses Zen­trum hin aus. Ver­wal­tungs­tech­nisch und po­li­tisch wur­den sie durch die kom­mu­na­len Ge­biets­re­for­men des 20. Jahr­hun­derts zu­sam­men­ge­fügt.

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Krefeld von Norden, Blick in die Friedrichstraße, kolorierter Stich von 1823. (Stadtarchiv Krefeld)

 

In Alt-Kre­feld wur­den au­ßer­halb der mit­tel­al­ter­li­chen Sied­lung Grä­ber der Bron­ze- und Ei­sen­zeit (Kai­ser-Wil­helm-Park) und Fun­de der Rö­mer­zeit ent­deckt. Un­mit­tel­bar am Rhein be­stand in Gel­lep zwi­schen dem Jahr 70 und der Mit­te des 5. Jahr­hun­derts ein rö­mi­sches Kas­tell. Seit 1934 wur­den dort tau­sen­de Grä­ber­fel­der aus frän­ki­scher Zeit auf­ge­fun­den. Sie ver­wei­sen auf die da­ma­li­ge Be­deu­tung, die der Ort al­ler­dings – ver­mut­lich durch die Ver­le­gung des Rhein­laufs nach Os­ten – be­reits im ho­hen Mit­tel­al­ter ein­ge­bü­ßt hat­te.

Für das Jahr 812 sind die frü­hes­ten Nach­rich­ten über ei­ne Be­sied­lung Uer­din­gens über­lie­fert, das um 900 Ur­din­gi hieß. Um 1090/1120 wur­de Lin­ne erst­mals quel­len­kun­dig. Das im Lau­fe des 11. Jahr­hun­derts be­sie­del­te Alt-Kre­feld (im fol­gen­den „Kre­fel­d“) wird zu­nächst 1097/1099 als Krin­fel­de er­wähnt, 1166 dann auch als Creinvelt. Die Be­nen­nung rührt ver­mut­lich vom Flur­na­men „Krä­hen­fel­d“ her.

Die Ver­lei­hung der Uer­din­ger Stadt­rech­te durch den Köl­ner Erz­bi­schof dürf­te 1255 er­folgt sein und im Zu­sam­men­hang mit der Ver­fes­ti­gung des ent­ste­hen­den kur­k­öl­ni­schen Ter­ri­to­ri­ums in die­sem Raum ste­hen. Im sel­ben Jahr wird das Ho­he Schöf­fen­ge­richt in­stal­liert wor­den sein. Die spä­tes­tens seit der Ka­ro­lin­ger­zeit be­ste­hen­de Sied­lung wur­de vor 1293 in­fol­ge von Rhein­hoch­was­ser zer­stört. Der Köl­ner Erz­bi­schof als Grund­herr ließ den Ort west­lich in recht­eckig ge­streck­ter Form neu an­le­gen, was in Grund­zü­gen noch heu­te er­kenn­bar ist. 1317 wer­den Bür­ger­meis­ter, Rat und Ge­mein­de ge­nannt. 1333 ist erst­mals ei­ne Stadt­mau­er be­zeugt; En­de des 14. Jahr­hun­derts wa­ren vier To­re vor­han­den (1682: cir­ca 600 Ein­woh­ner, da­von 100 au­ßer­halb der Mau­ern).

Karte der Grafschaft Moers (Ausschnitt) von Arnold von Heurdt, gedruckt von Frederik de Witt, Amsterdam, nach 1680. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Seit dem 16. Jahr­hun­dert wur­den die kur­k­öl­ni­schen Äm­ter Uer­din­gen und Linn meist in Per­so­nal­uni­on ver­wal­tet. En­de des 18. Jahr­hun­derts um­fass­te das Amt Uer­din­gen die Hon­schaf­ten Ver­berg, Rath, Ven­ni­kel und Ho­hen­bud­berg mit der Hälf­te des Dor­fes Kal­den­hau­sen so­wie vier Adels­sit­ze.

Mit Be­ginn der fran­zö­si­schen Zeit wur­de 1794 der Kan­ton Uer­din­gen ein­ge­rich­tet, dem seit 1798 20 Ge­mein­den an­ge­hör­ten. 1800 wur­de Uer­din­gen Mai­rie im Ar­ron­dis­se­ment Kre­feld, 1815 preu­ßi­sche Bür­ger­meis­te­rei im Kreis Kre­feld (Re­gie­rungs­be­zirk Düs­sel­dorf) und hat­te cir­ca 2.000 Ein­woh­ner. Die Stadt er­hielt 1856 die Rhei­ni­sche Städ­te­ord­nung. Erst En­de des 19. Jahr­hun­derts wuchs die Sied­lung über die Stadt­mau­ern hin­aus (1871: rund 3.000, 1925: rund 11.900 Ein­woh­ner). Kurz vor der Zu­sam­men­le­gung zur Stadt­ge­mein­de „Kre­feld-Uer­din­gen am Rhein“ 1929 (ab 1940 „Kre­fel­d“), bei wel­cher Uer­din­gen bis 1975 ei­ne Son­der­stel­lung im Stadt­kreis in­ne­hat­te, gin­gen Ho­hen­bud­berg und der süd­li­che Teil von Kal­den­hau­sen in Uer­din­gen auf. 1929 wur­den zu­gleich ein­ge­mein­det: Gel­lep-Stra­tum, Fi­scheln und Tra­ar, Tei­le von Os­sum-Bö­sin­g­ho­ven, Nierst, Lank-La­tum (bis­lang Land­kreis Kre­feld), Tei­le von St. Hu­bert, St. Tö­nis, Ben­rad und Vorst (bis­lang Land­kreis Kem­pen).

Uerdingen von Südosten, Kupferstich von Matthäus Merian (1593-1650), um 1646.

 

Ver­mut­lich war der un­ter der Ob­hut der Kle­ver Gra­fen ste­hen­de Ort Linn an der Stra­ße Gel­lep-Kre­feld an­ge­sie­delt. Um 1170/1180 er­rich­te­ten die edel­frei­en Her­ren von Linn ei­nen stei­ner­nen Wohn­turm. Vor 1188 er­warb der Köl­ner Erz­bi­schof die An­la­ge samt zu­ge­hö­ri­ger Grund­herr­schaft, die wohl als Le­hen im Be­sitz des 1245 aus­ge­stor­be­nen Her­ren­ge­schlechts ver­blie­ben ist. Un­klar ist die Rück­über­tra­gung von Burg und Grund­herr­schaft in der zwei­ten Hälf­te des 13. Jahr­hun­derts an das Kle­ver Gra­fen­haus. Vor 1314 er­folg­te die Stadt­er­he­bung durch die Kle­ver Gra­fen, wo­bei die Herr­schafts­kon­kur­renz ge­gen­über dem Köl­ner Erz­bi­schof ei­ne Rol­le ge­spielt ha­ben dürf­te. Mit der Stadt­er­he­bung war al­lem An­schein nach die Ein­rich­tung ei­nes Schöf­fen­ge­richts ver­bun­den. Im Lau­fe des 14. Jahr­hun­derts wur­de die An­la­ge zur kle­vi­schen Lan­des­burg mit Ring­mau­er, Tor- und Eck­tür­men aus­ge­baut. Seit 1388/1392 be­fan­den sich Burg, Stadt und Amt end­gül­tig in kur­k­öl­ni­schem Be­sitz. Bür­ger­meis­ter, Rat und Ge­mein­de wer­den 1476 ge­nannt.

Um 1600 hat man Stadt, Burg und Vor­burg mit fünf Bas­tio­nen zu ei­ner Fes­tungs­an­la­ge zu­sam­men­ge­fasst. Die im Spa­ni­schen Erb­fol­ge­krieg 1702 zer­stör­te Burg ging An­fang des 19. Jahr­hun­derts in pri­va­ten, 1926 in städ­ti­schen Be­sitz über. 1794 ver­lor Linn das Stadt­recht und ge­hör­te als Ge­mein­de – seit 1798 zu­sam­men­ge­legt mit Op­pum – zum Kan­ton Uer­din­gen. 1800 Mai­rie im Ar­ron­dis­se­ment Kre­feld, wur­de Linn 1816 preu­ßi­sche Bür­ger­meis­te­rei im Kreis Kre­feld.

Modell von Burg und Stadt Linn, um 1650.

 

Die Her­ren von Hüls, ei­ne 1122 erst­ma­lig er­wähn­te (kur-)köl­ni­sche Mi­nis­te­ria­len­fa­mi­lie, er­rich­te­te im 12. und 15. Jahr­hun­dert Wohn­bur­gen bei der gleich­na­mi­gen Sied­lung nörd­lich von Kre­feld am Ran­de der Nie­der­ter­ras­se. Die Ver­bin­dung zur Herr­lich­keit Kre­feld be­gann 1412 mit dem Über­gang des nörd­li­chen Teils der Sied­lung („Mo­er­si­sche Stra­ße“) an die Graf­schaft Mo­ers. Mit Aus­ster­ben des Her­ren­ge­schlechts 1565 wur­de Hüls Teil des kur­k­öl­ni­schen Am­tes Kem­pen. 1583 er­folg­te die Be­fes­ti­gung und im 17. Jahr­hun­dert die Si­che­rung durch Wäl­le, Grä­ben und vier To­re. In fran­zö­si­scher Zeit zu­sam­men mit Ben­rad Mai­rie, wur­de Hüls 1816 Bür­ger­meis­te­rei. Eben­so wie in Linn wird der heu­ti­ge Orts­kern durch Wohn­bau­ten aus dem 17. bis 19. Jahr­hun­dert ge­prägt.

Die frü­hes­te Be­sied­lung Kre­felds be­ginnt mit der An­la­ge von Hof­stel­len samt Ge­richt durch den Ho­fes­ver­band des Prä­mons­tra­ten­se­rin­nen­klos­ters Meer. Ei­ne Kir­che und Pfar­re wa­ren ver­mut­lich schon im 11. Jahr­hun­dert vor­han­den; 1166 wird die Pfarr­kir­che Dio­ny­si­us ge­nannt, die spä­ter­hin ein Wahr­zei­chen der Stadt wer­den soll­te (Neu­bau­ten 1472 und – nord­öst­lich an an­de­rer Stel­le – 1752, Er­wei­te­rung 1840/1843, 1893/1894 Er­set­zung des ba­ro­cken Turms, der 2004 ein­ge­stürzt und 2010 durch bür­ger­schaft­li­ches En­ga­ge­ment wie­der auf­ge­baut wor­den ist, zu­vor Be­sei­ti­gung der Schä­den des Zwei­ten Welt­krie­ges bis 1954). Das Pa­tro­nat der Kir­che (Prä­sen­ta­ti­on des Pfar­rers, Zehnt­recht) stand im 13. Jahr­hun­dert dem Klos­ter zu, das ne­ben den Her­ren be­zie­hungs­wei­se spä­te­ren Gra­fen von Mo­ers über aus­ge­dehn­te grund­herr­li­che Rech­te in Kre­feld und Um­ge­bung ver­füg­te.

Hüls, um 1850. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Nach­dem 1307 ein Schöf­fen­ge­richt un­ter Mo­er­si­scher Ho­heit be­stand, ge­hör­te Kre­feld 1326 spä­tes­tens als Ex­kla­ve zu der sich ter­ri­to­ri­al bil­den­den Graf­schaft Mo­ers und wur­de von den Lan­des­her­ren mehr­fach ver­pfän­det. Die räum­li­che Ei­gen­stän­dig­keit wird auch die recht­li­che ge­wahrt ha­ben. Seit 1372 wur­de die als Herr­lich­keit be­zeich­ne­te Sied­lung, die mit dem Kirch­spiel de­ckungs­gleich war, mit den zu­ge­hö­ri­gen Bau­ern­schaf­ten Dies­sem, In­rath und Un­ter der Lin­de vom kur­k­öl­ni­schen Um­land durch Land­weh­ren ge­schie­den. 1373 er­folg­te mit kai­ser­li­cher Zu­stim­mung die Stadt­er­he­bung durch den Gra­fen Fried­rich I. von Mo­ers (Re­gie­rungs­zeit 1346-1356). Den Ein­woh­nern wur­den reichs­städ­ti­sche Rech­te zu­ge­si­chert; 1447 al­ler­dings be­stand Ab­ga­ben- und Dienst­pflicht ge­gen­über den Mo­er­ser Gra­fen.

Erst um Mit­te des 15. Jahr­hun­derts wur­de Kre­feld mit Mau­ern be­fes­tigt. 1444 wird das Nie­der­tor, 1490 das Ober­tor er­wähnt. Ab 1472 or­ga­ni­sier­ten die Bür­ger die Ver­tei­di­gung und Wacht­diens­te, wo­von al­ler­dings die men­no­ni­ti­schen Ein­woh­ner aus re­li­giö­sen Grün­den in der zwei­ten Hälf­te des 17. Jahr­hun­derts ge­gen ei­ne Steu­er­zah­lung be­freit wor­den sind.

Stadt und Festung Krefeld von Osten, 1659.

 

1463 wur­den Bür­ger­meis­ter, Schöf­fen und Ge­mein­de, 1602 erst­mals Rä­te an­ge­führt, wel­ches Gre­mi­um seit­her trotz der über­wie­gend ka­tho­li­schen Ein­woh­ner­schaft bis in das 19. Jahr­hun­dert von re­for­mier­ten Kon­fes­si­ons­an­ge­hö­ri­gen do­mi­niert wur­de. Das 1569 er­wähn­te Rat­haus be­fand sich spä­tes­tens seit dem Neu­bau 1633 am Schwa­nen­markt (1778 klas­si­zis­ti­scher Neu­bau).

Die im Bruch­land nord­öst­lich der Stadt lie­gen­de, 1406 zum ers­ten Mal er­wähn­te Burg Kra­kau war Sitz ei­nes gräf­li­chen Amt­man­nes und (nach dem Über­gang Kre­felds an die lan­des­herr­li­che Li­nie Neue­nahr-Mo­ers 1519) wäh­rend des Köl­ner Krie­ges in den 1580er Jah­ren als wich­ti­ger Stütz­punkt stark um­kämpft. Nach dem An­fall der Graf­schaft Mo­ers und da­mit auch von Stadt und Herr­lich­keit Kre­feld an das Fürs­ten­haus Ora­ni­en-Nas­sau (1600) wur­de Burg Kra­kau An­fang des 17. Jahr­hun­derts durch Mo­ritz von Ora­ni­en (1567-1625) zu­nächst zur Fes­tung aus­ge­baut und 1622/1678 voll­stän­dig ge­schleift. Der Graf­schaft (seit 1707 Fürs­ten­tum) Mo­ers an­ge­hö­rig, fiel Kre­feld nach dem Spa­ni­schen Erb­fol­ge­krieg 1702/1712 ne­ben ei­nem Teil des heu­te über­wie­gend nie­der­län­di­schen Ober­quar­tiers Gel­dern an Preu­ßen. Als 1794 die fran­zö­si­sche Herr­schaft auf dem lin­ken Rhein­ufer ein­setz­te, un­ter­stand Kre­feld der Be­zirks­ver­wal­tung in Gel­dern und wur­de 1798 Kan­ton in­ner­halb des Ro­er­de­par­te­ments. Im Ar­ron­dis­se­ment Kre­feld war die Stadt Haupt­ort. Nach Be­ginn der zwei­ten preu­ßi­schen Zeit in Kre­feld 1816 setz­te sich der dem Re­gie­rungs­be­zirk Düs­sel­dorf zu­ge­hö­ri­ge Kreis Kre­feld aus 13 Bür­ger­meis­te­rei­en zu­sam­men. Die Stadt schied 1872 als selb­stän­di­ger Stadt­kreis aus.

Schloss Krakau, 1547. (Stadtarchiv Krefeld)

 

In der re­li­giö­sen be­zie­hungs­wei­se kon­fes­sio­nel­len Ge­schich­te Kre­felds spiel­te für die ka­tho­li­sche Be­völ­ke­rung ne­ben der Dio­ny­si­us­kir­che das vor 1430 ge­grün­de­te und 1802 auf­ge­ho­be­ne (Fran­zis­ka­ner-)Ter­tia­rin­nen­klos­ter St. Jo­hann Bap­tist ei­ne wich­ti­ge Rol­le. Seit den 1540er Jah­ren ver­such­ten die Gra­fen von Mo­ers durch lu­the­ri­sche Pre­di­ger die Re­for­ma­ti­on ein­zu­füh­ren. Trotz der Wi­der­stän­de des Klos­ters Meer als Pa­tro­nats­in­ha­ber ge­lang dies 1565 zur Zeit Graf Her­manns von Neue­nahr, des­sen Er­be und Schwa­ger Adolf (um 1554-1589) wie­der­um 1581 das re­for­mier­te Be­kennt­nis durch­setz­te. 1607 ging die Pfarr­kir­che end­gül­tig an die Re­for­mier­ten über. Die An­hän­ger des le­dig­lich ge­dul­de­ten ka­tho­li­schen Be­kennt­nis­ses ver­sam­mel­ten sich in St. Jo­hann Bap­tist, bis der preu­ßi­sche Kö­nig 1744 die Re­li­gi­ons­aus­übung in der Klos­ter­kir­che zu­ge­stand und Pfarr­rech­te er­teil­te. Die Ge­mein­de for­mier­te sich seit 1752 in der neu­en Dio­ny­si­us­kir­che. Die Ver­wal­tungs­zu­ge­hö­rig­keit zum Köl­ner Erz­bis­tum en­de­te 1801; bis 1821 zähl­te die Ge­mein­de zum Bis­tum Aa­chen, dann wie­der zum Köl­ner Erz­bis­tum und seit 1930 er­neut zum Bis­tum Aa­chen (ab 1973 „Re­gi­on Kre­fel­d“ mit sie­ben De­ka­na­ten).

In Uer­din­gen, wo ei­ne ei­gen­stän­di­ge Kir­chen­ge­schich­te ver­mut­lich mit der Ab­pfar­rung von Ho­hen­bud­berg und der Er­he­bung der Kir­che zur Pfar­re zur Zeit der Stadt­rechts­ver­lei­hung be­gann, wa­ren eben­falls vor 1550 re­for­ma­to­ri­sche Ein­flüs­se zu be­mer­ken, die je­doch nach 1570 voll­stän­dig zu­rück­ge­drängt wur­den. Noch 1816 stan­den rund 1.890 Ka­tho­li­ken 47 evan­ge­li­schen und 46 jü­di­schen Ein­woh­nern ge­gen­über. 1658 be­zo­gen Fran­zis­ka­ner-Ob­ser­van­ten ei­nen Kon­vent (1802 auf­ge­ho­ben, 1805-1875 städ­ti­sches Hos­pi­tal, dann St. Jo­sef-Hos­pi­tal, heu­te Kran­ken­haus).

Graf Hermann von Neuenahr-Moers, Unbekannter Maler, Kopie um 1900. (Grafschafter Museum im Moerser Schloss)

 

Bis zur fran­zö­si­schen Zeit ge­hör­te die Uer­din­ger Pfar­re zum De­ka­nat Duis­burg (Ar­ch­idia­ko­nat Xan­ten, Erz­bis­tum Köln), seit 1827 zum De­ka­nat Kre­feld und seit 1931 zum De­ka­nat Kre­feld-Uer­din­gen-Ost, schlie­ß­lich seit 1964 zur Re­gi­on Kre­feld (Bis­tum Aa­chen).

Auch in Linn, wo 1211 erst­mals ein Pries­ter er­wähnt wird und um 1300 ei­ne Pfar­re exis­tier­te, die ver­mut­lich auf ei­ne um 1000 er­rich­te­te Ka­pel­le zu­rück­ging, ha­ben sich evan­ge­li­sche Strö­mun­gen nicht dau­er­haft nie­der­ge­schla­gen. Pro­tes­tan­ten sind erst seit dem 19. Jahr­hun­dert vor Ort (1816: 875 Ka­tho­li­ken, drei Evan­ge­li­sche; 1933: 3.400 zu 350 so­wie 15 Ju­den und 30 Sons­ti­ge). Sie er­hiel­ten 1963 ei­ne Kir­che. Die ka­tho­li­sche Pfar­re ge­hör­te bis zur fran­zö­si­schen Zeit zum Köl­ner Erz­bis­tum (De­ka­nat Neuss), 1802-1821 zum Bis­tum Aa­chen, da­nach wie­der zur Erz­diö­ze­se Köln und seit 1930 zum Bis­tum Aa­chen (seit 1931 De­ka­nat Kre­feld-Uer­din­gen-Ost, ab 1964 Re­gi­on Kre­feld).

Historische Stätten in Krefeld, 2010. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

Die Men­no­ni­ten­ge­mein­de grün­de­te sich 1607, der sich ne­ben Re­for­mier­ten auch Zu­ge­zo­ge­ne an­schlos­sen, ins­be­son­de­re die um Mit­te des 16. Jahr­hun­derts aus Mön­chen­glad­bach ver­trie­be­nen 200 men­no­ni­ti­schen Glau­bens­an­hän­ger. De­ren Auf­nah­me stell­te die da­mals aus knapp 400 Ein­woh­nern be­ste­hen­de städ­ti­sche Ge­sell­schaft vor gro­ße Her­aus­for­de­run­gen, ähn­lich wie die An­sied­lung von zahl­rei­chen Rhe­ydter Men­no­ni­ten En­de des Jahr­hun­derts. Ih­re In­te­gra­ti­on be­ein­fluss­te je­doch die wei­te­re städ­ti­sche, vor al­lem wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung sehr güns­tig. 1695 wur­de die Men­no­ni­ten­kir­che fer­tig­ge­stellt.

Die viel­fach als to­le­rant be­zeich­ne­te Kon­fes­si­ons- und Be­völ­ke­rungs­po­li­tik des stets ent­fernt re­si­die­ren­den Kre­fel­der Lan­des­herrn ließ ei­ne ver­gleichs­wei­se un­ge­stör­te Ent­wick­lung ver­schie­de­ner ne­ben­ein­an­der be­ste­hen­der Be­kennt­nis­se und Kul­tu­ren zu. Seit dem aus­ge­hen­den 17. Jahr­hun­dert leb­ten ne­ben den ge­nann­ten Kon­fes­si­ons­par­tei­en auch La­ba­dis­ten, Neu­täu­fer (Dom­pel­aers) und Quä­ker in der Stadt. Die Quä­ker blie­ben al­ler­dings nur we­ni­ge Jah­re: 1683 wan­der­te die Grup­pe nach Penn­syl­va­nia aus, wo sie mit Ger­man­town den Grund des spä­te­ren Phil­adel­phia leg­te und zu­gleich die ers­te Nie­der­las­sung deut­scher Ein­wan­de­rer in Ame­ri­ka grün­de­te. Die lu­the­ri­sche Ge­mein­de wur­de 1729 über­wie­gend von Zu­wan­de­rern Kre­felds ge­grün­det. Sie er­rich­te­te 1759 ei­ne Kir­che.

Die ers­te Nach­richt von jü­di­schen Ein­woh­nern in Uer­din­gen be­rich­tet Mit­te des 14. Jahr­hun­derts so­gleich von ih­rer Ver­fol­gung. 1780 wur­den in Stadt und Amt Uer­din­gen sechs jü­di­sche Fa­mi­li­en ge­zählt. 1841 war ein Bet­haus vor­han­den. In den Lin­ner Stadt­rech­nun­gen tre­ten Ju­den seit 1621 auf. Die Ge­mein­de mie­te­te hier um 1740 ein Bet­haus und be­stand 1821 aus 31 Per­so­nen. Die 1865 er­rich­te­te Syn­ago­ge wur­de eben­so wie das Uer­din­ger Bet­haus in der Reichs­po­grom­nacht 1938 zer­stört.

Innenansicht der Mennonitenkirche, um 1900. (Stadtarchiv Krefeld)

 

In Kre­feld ist im Jahr 1617 erst­mals von ei­nem jü­di­schen Ein­woh­ner die Re­de, der al­ler­dings bald ver­zo­gen ist. 1678 wa­ren wohl meh­re­re Fa­mi­li­en an­säs­sig, die al­ler­dings laut lan­des­herr­li­chem Re­gle­ment bis auf ei­ne Fa­mi­lie zu­rück­ge­drängt wer­den soll­ten. 1756/1786 leb­ten zehn Fa­mi­li­en mit un­ge­fähr 84 Per­so­nen vor Ort. 1764 wur­de die ers­te Syn­ago­ge ein­ge­weiht, 1808 dann ein Syn­ago­ge-Kon­sis­to­ri­um mit Ober­rab­bi­ner ein­ge­rich­tet, dem 160 Gläu­bi­ge an­ge­hör­ten. Das Kon­sis­to­ri­um war über das Ro­er­de­par­te­ment hin­aus für sie­ben wei­te­re De­par­te­ments zu­stän­dig. Im Lau­fe des 19. Jahr­hun­derts wuchs die Ge­mein­de stark an. 1914 leb­ten 1.800 Ju­den in Kre­feld, was 1,4 Pro­zent der Be­völ­ke­rung ent­sprach. Die 1938 zer­stör­te Syn­ago­ge war 1854 nach Plä­nen des Stadt­bau­meis­ters Hein­rich Jo­hann Frey­se (1809-1850) er­rich­tet wor­den.

In Linn und Hüls war die Wirt­schaft durch Klein­ge­wer­be und Land­wirt­schaft ge­prägt. Auf­grund der Ton­vor­kom­men am Hül­ser Berg blieb der Ort bis ins 19. Jahr­hun­dert ein Zen­trum der nie­der­rhei­ni­schen Töp­fe­rei. Da­ne­ben do­mi­nier­te der­zeit die Haus­we­be­rei, bis En­de des Jahr­hun­derts grö­ße­re Tex­til-, Fär­be­rei- und Zie­gel­fa­bri­ken die lo­ka­le Wirt­schaft be­stimm­ten. Die Lin­ner Hand­wer­ker wa­ren zwi­schen dem 17. und aus­ge­hen­den 18. Jahr­hun­dert zünf­tisch or­ga­ni­siert. Noch um 1870 blieb die Land­wirt­schaft trotz ver­schie­de­ner Han­dels- und Ge­wer­be­ge­schäf­te der be­deu­tends­te Wirt­schafts­zweig und deck­te seit dem 19. Jahr­hun­dert ins­be­son­de­re den zu­neh­men­den Kre­fel­der Be­darf. Wo­chen­märk­te wa­ren nicht vor­han­den; seit 1695 exis­tier­te ein Jahr­markt, auf dem vor­wie­gend Flachs- und Lei­nen­tuch an­ge­bo­ten wur­de. 1868 fand die An­bin­dung an die Ei­sen­bahn statt; seit 1907/1908 wur­den Om­ni­bus- und Stra­ßen­bahn­ver­bin­dung nach Kre­feld ein­ge­rich­tet.

Die Synagoge in der Linner Rheinbabenstraße in Krefeld. (Stadtarchiv Krefeld)

 

In Uer­din­gen gab es seit Mit­te des 15. Jahr­hun­derts ver­schie­de­ne Bru­der­schaf­ten und Zünf­te. Es be­stand ein Wo­chen­markt; bis zur Mit­te des 19. Jahr­hun­derts ka­men wei­te­re Märk­te hin­zu. Die Land­wirt­schaft hat­te stets un­ter­ge­ord­ne­te Be­deu­tung und deck­te über­wie­gend den ei­ge­nen Be­darf der Ein­woh­ner. In­fol­ge der Ab­wen­dung des Rhein­ver­laufs von Rhein­berg wur­de der Uer­din­ger Lan­de­platz An­fang des 18. Jahr­hun­derts der ers­te An­le­ger für nie­der­län­di­sche Schif­fe im Köl­ner Erz­stift. Hier wur­den Salz, Ko­lo­ni­al­wa­ren, Koh­len und Bau­ma­te­ri­al für das west­li­che Um­feld um Kem­pen, Mön­chen­glad­bach und den Jü­li­cher Raum um­ge­schla­gen. Ab der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts über­nahm die Kre­fel­der In­dus­trie den Haupt­an­teil der an­ge­lie­fer­ten Wa­ren. Nach­dem 1811/1812 ei­ne Land­stra­ße nach Kre­feld ge­baut wor­den war, wur­de Uer­din­gen 1849 mit der Li­nie von Hom­berg über Kre­feld nach Vier­sen mit der Ei­sen­bahn ver­bun­den. Ei­ne Fäh­re zur rech­ten Rhein­sei­te war spä­tes­tens 1627 vor­han­den.

Marktplatz Uerdingen mit Rathaus und Stadtwaage, Aquarell von Jan de Beijer (1703-1780), 1739. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Erst 1936 wur­de ei­ne Rhein­brü­cke er­rich­tet. Wäh­rend der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts, und noch­mals nach 1870, wur­den zu­neh­mend Fa­bri­ken ge­grün­det (un­ter an­de­rem Baum­woll­spin­ne­rei, Ei­sen­wa­ren, Zu­cker­raf­fi­ne­ri­en, Sei­de, Bier- und Brannt­wein­pro­duk­ti­on so­wie Ma­schi­nen, Malz­kaf­fee), von de­nen im 20. Jahr­hun­dert vor al­lem die Brannt­wein­her­stel­lung und die Che­mie­in­dus­trie Zu­wachs er­fuh­ren, hin­ge­gen die Zu­cker­ge­win­nung ein­ge­stellt wur­de.

Auch in Kre­feld wa­ren au­ßer­halb der Stadt­mau­ern in den Bau­ern­schaf­ten In­rath und Dies­sem zahl­rei­che land­wirt­schaft­li­che Be­trie­be vor­han­den. Die Wald­wirt­schaft war hin­ge­gen un­be­deu­tend. Durch die Aus­deh­nung der Stadt­flä­che ver­schwan­den die Hö­fe seit dem 19. Jahr­hun­dert. 1858 leb­ten im Haupt­er­werb le­dig­lich noch cir­ca 350 der knapp 50.000 Ein­woh­ner von der Land­wirt­schaft; heu­te er­in­nern nur Stra­ßen­na­men an die­se Wirt­schafts­form. Seit 1913 be­stand ein stän­di­ger Gro­ß­markt (Er­öff­nung ei­ner Gro­ß­markt­hal­le 1927).

Vor dem Köl­ner Krieg, der die Stadt 1583/1584 in star­ke Mit­lei­den­schaft zog und die Be­völ­ke­rung bis cir­ca 1590 ver­trie­ben hat, sind kaum Nach­rich­ten über das klein­städ­ti­sche Ge­wer­be über­lie­fert. Im 18. Jahr­hun­dert gab es meh­re­re Zünf­te.

Der Krefelder Rheinhafen mit Brücke. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Der Auf­stieg zum „Vor­ort des nie­der­rhei­ni­schen Lein­en­ge­wer­be­s“ (Pe­ter Kried­te) setz­te Mit­te des 17. Jahr­hun­derts durch wirt­schaft­lich in­no­va­tiv (Tech­nik, Be­triebs­ka­pi­tal) und er­folg­reich han­deln­de Men­no­ni­ten ein. Die­se Ent­wick­lung ist durch das Aus­blei­ben städ­ti­scher Kon­flik­te un­ter­stützt wor­den. Her­vor­ra­gen­des Bei­spiel ist die 1656 aus Ra­de­vorm­wald zu­ge­zo­ge­ne men­no­ni­ti­sche Fa­mi­lie von der Ley­en, die den um 1720 be­merk­ba­ren Über­gang von der Lei­nen- zur Sei­den­her­stel­lung im Ver­lags­sys­tem ent­schei­dend vor­an­ge­trie­ben hat. En­de des 18. Jahr­hun­derts lag der An­teil der Sei­den­pro­duk­te bei 75 Pro­zent der her­ge­stell­ten Wer­te. Die her­vor­ge­ho­be­ne so­zia­le Stel­lung die­ser Fa­mi­lie drück­te sich 1794 im Bau des von der Ley­en’schen Stadt­schlos­ses aus, das 1859/1860 in städ­ti­schen Be­sitz über­ging und bis in die Ge­gen­wart als Rat­haus dient. Ins­be­son­de­re die Fir­ma von Fried­rich und Hein­rich von der Ley­en er­lang­te durch ih­re För­de­rung durch das preu­ßi­sche Kö­nigs­hau­ses ei­ne Mo­no­pol­stel­lung, die auf die Pro­duk­ti­ons­ver­hält­nis­se rück­wirk­te. Im Ver­lags­we­sen wur­den den mehr­heit­lich ka­tho­li­schen Kre­fel­der We­bern, dann auch aus­wär­ti­gen We­bern am Nie­der­rhein, die Web­stüh­le ge­stellt (Haus­in­dus­trie). Al­lein die An­fer­ti­gung von an­spruchs­vol­len und teu­ren Pro­duk­ten ver­blieb in Kre­feld. En­de des 18. Jahr­hun­derts zähl­te Kre­feld zu den be­deu­tends­ten In­dus­trie­städ­ten des Rhein­lands.

Die wirt­schaft­li­che Pros­pe­ri­tät und der da­mit ver­bun­de­ne Be­völ­ke­rungs­zu­wachs (um 1800: cir­ca 5.200, 1820: cir­ca 15.000, 1858: cir­ca 50.000, dann 1887: 100.000 Ein­woh­ner) führ­ten zwi­schen 1688/1691 und 1843 zu sie­ben Stadt­er­wei­te­run­gen. Das sich nach al­len Sei­ten aus­deh­nen­de Zen­trum war zu­vor fast nur an der süd-nörd­lich ver­lau­fen­den Haupt­stra­ße so­wie um den Schwa­nen­markt be­baut ge­we­sen. Die sechs­te Er­wei­te­rung nach Pla­nun­gen Adolphs von Va­ge­des (1777-1842) führ­te 1819 das be­ste­hen­de Stra­ßen­netz mit der Ein­rich­tung von Pro­me­na­den (Ost-, West- und Süd­wall) fort. Sie prägt bis heu­te den alt­städ­ti­schen Stadt­grund­riss in sei­ner cha­rak­te­ris­ti­schen Recht­eck­form. Die sieb­te, von Karl Fried­rich Schin­kel (1781-1841) be­glei­te­te Pla­nung von 1843 setz­te die­se Struk­tur jen­seits der Wäl­le fort. Sie war der letz­te Ent­wurf, der das ge­sam­te Stadt­ge­biet ein­be­zog, das im Üb­ri­gen kei­ne Ar­bei­ter­vier­tel oder Miets­ka­ser­nen kann­te.

1759 wur­den auf den Haupt­stra­ßen La­ter­nen in­stal­liert. 1854/1876 nah­men Gas­wer­ke ih­ren Be­trieb auf (ei­nes ging 1896 in städ­ti­schen Be­sitz über), 1877 das Was­ser­werk. Die Ka­na­li­sa­ti­on wur­de mit ei­nem Ka­nal zum Rhein be­gon­nen. 1899 er­folg­te die Ein­rich­tung ei­nes städ­ti­schen Elek­tri­zi­täts­werks.

Friedrich der Große zu Besuch bei der Familie von der Leyen, 1763. (Kaiser-Wilhelm-Museum Krefeld)

 

Mit der Ein­füh­rung der Ge­wer­be­frei­heit zu Be­ginn des 19. Jahr­hun­derts ver­lor die Fir­ma von der Ley­en ihr Mo­no­pol. Es ent­stan­den neue Sei­den­ver­la­ge. Die Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se wur­den aus Kos­ten­grün­den an Lohn­un­ter­neh­men aus­ge­glie­dert (Auf­kom­men der Sei­den­ver­ed­lungs­in­dus­trie). 1858 er­reich­te die Zahl der Sei­den­ver­la­ge, de­ren Pro­duk­te eu­ro­pa­weit ab­ge­setzt wur­den, mit 156 ih­ren Höchst­stand. Spät, um 1880, setz­te in der Samt- und Sei­den­in­dus­trie der fol­gen­rei­che, mit so­zia­len Pro­ble­men ver­bun­de­ne Über­gang von der Hand­we­be­rei zum Fa­brik­be­trieb ein. Die Fa­bri­ken wa­ren au­ßer­halb der vier alt­städ­ti­schen Wäl­le an­ge­sie­delt.

Im Zu­sam­men­hang mit der Sei­den­in­dus­trie wa­ren seit den 1840er Jah­ren be­deu­ten­de Ma­schi­nen­bau­fir­men und Gie­ße­rei­en ent­stan­den. Als Zu­lie­fe­rer ka­men auch Che­mie­fir­men auf, zu­nächst für die Tex­til­in­dus­trie. Die mo­no­in­dus­tri­el­le Struk­tur hat­te sich seit Mit­te des 19. Jahr­hun­derts in­fol­ge von Kon­junk­tur­schwan­kun­gen und na­tio­na­ler wie in­ter­na­tio­na­ler Kon­kur­renz als pro­ble­ma­tisch er­wie­sen. Ab 1887 wur­de ver­sucht, die wirt­schaft­li­che Aus­rich­tung auf ei­ne brei­te­re Grund­la­ge zu stel­len.

Seidensamtmuster für Herrengilets, spätes 18. Jahrhundert. (Deutsches Textilmuseum Linn)

 

Die 1900 mit Be­tei­li­gung des In­dus­tri­el­len Au­gust Thys­sen ge­grün­de­te Kre­fel­der Stahl­werk AG (1927 Bei­tritt zur Deut­schen Edel­stahl­wer­ke AG, heu­te Thys­sen-Krupp-Ni­ros­ta Kon­zern) pro­du­zier­te an­stel­le von Mas­sen­stahl qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­gen Edel­stahl. Die Be­schäf­tig­ten­zah­len in der Me­tall­ver­ar­bei­tung stie­gen zwi­schen 1895 bis 1917 von rund 2.100 auf 5.300; hin­ge­gen san­ken sie in der Tex­til­in­dus­trie von 16.500 auf 11.600. Den­noch blieb der Tex­til­sek­tor be­deu­tend: 1930 exis­tier­ten 169 Be­trie­be mit rund 12.000 Ar­beit­neh­mern. Jü­di­sche (Teil-)In­ha­ber wa­ren im Sei­den­gro­ßhan­del be­zie­hungs­wei­se -ex­port über­pro­por­tio­nal stark ver­tre­ten (1914: 25 von 71 Fir­men). 1920 schlos­sen sich im Zu­ge der Bil­dung von Kar­tel­len und Kon­zer­nen acht Fir­men zu der „Ver­ei­nig­ten Sei­den­we­be­rei­en AG“ (Ver­seid­ag) zu­sam­men. Un­ter­stützt durch die Ziel­vor­ga­be wirt­schaft­li­cher Aut­ar­kie des NS-Re­gimes wur­de 1937 ein Werk der „Rhei­ni­schen Kunst­sei­de AG“ (Rhei­ka) ge­grün­det, das mit cir­ca 2.000 Be­schäf­tig­ten Che­mie­fa­sern pro­du­zier­te (1945 bis zur Schlie­ßung 1971 als „Phrix-Wer­ke AG“).

Das Krefelder Edelstahlwerk. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Der Bau ei­ner Land­stra­ße nach Mön­chen­glad­bach da­tiert 1795, nach Neuss 1813. Die be­reits 1836 vor­han­de­nen Über­le­gun­gen, Kre­feld über ei­nen Ka­nal mit dem Rhein zu ver­bin­den und ei­nen Ha­fen an­zu­le­gen, wur­den zu­nächst we­gen der Ei­sen­bahn­an­schlüs­se auf­ge­ge­ben: 1851 ist ei­ne Ver­bin­dung nach Mön­chen­glad­bach, 1856 nach Köln und 1863 nach Kle­ve ein­ge­rich­tet wor­den; der Bau des Haupt­bahn­hofs er­folg­te 1907. In­ner­halb Kre­felds be­stand seit 1883 ei­ne Pfer­de­bahn­li­nie und nach Uer­din­gen, Hüls und Fi­scheln ei­ne Dampf­stra­ßen­bahn; das in den fol­gen­den Jahr­zehn­ten er­wei­te­re Stra­ßen­bahn­netz wur­de seit den 1950er Jah­ren bis auf zen­tra­le Ach­sen rück­ge­bil­det und auf Om­ni­bus­ver­kehr um­ge­stellt. Seit 1898 ver­kehr­te die elek­tri­sche Klein­bahn nach Düs­sel­dorf (K-Bahn).

Durch die Ein­ge­mein­dun­gen von Ver­berg, Bock­um und Op­pum (bis 1795 Teil des kur­k­öl­ni­schen Am­tes Linn, seit der preu­ßi­schen Ge­mein­de­ord­nung 1845 mit Bock­um, Ver­berg und Tra­ar selb­stän­di­ge Ge­mein­de) schloss das Kre­fel­der Stadt­ge­biet im Jahr 1907 an den Rhein an. Im Zu­ge der Ein­ge­mein­dung von Linn (1901) wur­de zwi­schen 1903 und 1906 der Ha­fen ge­baut und mit Alt-Kre­feld durch ei­ne Klein­bahn ver­bun­den. Die Ha­fen­an­la­ge un­ter­stütz­te mit der An­sied­lung neu­er Un­ter­neh­men (un­ter an­de­rem 1921 Stahl­werk Rein­hold­hüt­te) den wirt­schaft­li­chen Struk­tur­wan­del. In den 1970er Jah­ren wur­de der Ha­fen er­wei­tert; die Nie­der­las­sung von Fir­men nimmt bis in die Ge­gen­wart zu.

Die Reinholdhütte am Krefelder Rheinhafen. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Das ge­sell­schaft­li­che und kul­tu­rel­le Le­ben der Stadt, in der An­fang des 19. Jahr­hun­derts die Her­aus­ga­be von Zei­tun­gen („Crefel­der Wo­chen­blat­t“) ein­setz­te und 1821 ei­ne Le­se­ge­sell­schaft ge­grün­det wur­de, war zu­nächst von Thea­ter (Bau­ten 1780/1825; 1909-1923 Thea­ter­ge­mein­schaft mit Mön­chen­glad­bach, seit 1950 fort­ge­setzt) und Mu­sik (Grün­dung von Or­ches­ter- und Chor­ver­ei­nen) ge­prägt. 1854 wur­de die von Carl Wil­helm (1815-1873) kom­po­nier­te Oper „Wacht am Rhein“ ur­auf­ge­führt. 1855 folg­te die Ein­rich­tung der „Crefel­der Hö­he­ren We­be­schu­le“, de­ren spä­ter an die Stadt über­ge­gan­ge­ne Samm­lung den Grund­be­stand des 1975 in Linn ein­ge­rich­te­ten Deut­schen Tex­til­mu­se­ums bil­det. Die An­stalt ging nach meh­re­ren or­ga­ni­sa­to­ri­schen Än­de­run­gen 1971 in die (Fach-)Hoch­schu­le Nie­der­rhein ein, eben­so wie die 1904 als Hand­wer­ker- und Kunst­ge­wer­be­schu­le be­grün­de­te Werk­kunst­schu­le (heu­te Fach­be­reich De­sign) und die seit 1958 be­ste­hen­de staat­li­che In­ge­nieur­schu­le für Ma­schi­nen­we­sen.

Die Er­öff­nung des Kai­ser-Wil­helm Mu­se­ums (seit 1968/1981 ver­bun­den mit den zeit­ge­nös­si­schen Kunst­mu­se­en Häu­sern Lan­ge und Es­ters, bei­des Bau­ten des Ar­chi­tek­ten Mies van der Ro­he fand 1897, der Stadt­bi­blio­thek 1900, des (1943 zer­stör­ten) Na­tur­wis­sen­schaft­li­che Mu­se­ums 1908 und des Hei­mat­mu­se­ums auf Burg Linn 1930 statt, das 1952 zum Land­schafts­mu­se­um Nie­der­rhein er­wei­tert wor­den ist. 1946 wur­den das Kre­fel­der Bil­dungs­werk (seit 1976 Volks­hoch­schu­le) und 1959 das Stadt­ar­chiv ein­ge­rich­tet. 1998 wur­de das Nie­der­rhei­ni­sche Li­te­ra­tur­haus ins Le­ben ge­ru­fen, das den Na­men des Schrift­stel­lers Ot­to Brües trägt.

Crefelder Wochenblatt, 1. Jahrgang, 1807. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Die we­ni­gen Jah­re der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Herr­schaft stel­len den mas­sivs­ten Ein­schnitt in die bis­he­ri­ge städ­ti­sche Ent­wick­lung dar: 1941 be­gan­nen die De­por­ta­tio­nen jü­di­scher Ein­woh­ner. Zwi­schen 1942 und 1944 fan­den knapp 150 Luft­an­grif­fe statt, dar­un­ter fünf schwe­re, ins­be­son­de­re am 21./22.6.1943. Rund 6.500 Men­schen star­ben; 27 Pro­zent der Wohn- und 72 Pro­zent der In­dus­trie­ge­bäu­de wur­den zer­stört, vor al­lem in der In­nen­stadt und den nörd­li­chen Stadt­tei­len. Die al­te, teils in das 18. Jahr­hun­dert zu­rück­rei­chen­de Bau­sub­stanz in­ner­halb der Wäl­le ging weit­ge­hend ver­lo­ren; die Res­te wur­den wäh­rend der Wie­der­auf­bau­pha­se auf­ge­ge­ben.

Ei­ne neue jü­di­sche Ge­mein­de ent­wi­ckel­te sich all­mäh­lich nach 1945, vor al­lem durch Zu­wan­de­rung aus Ost­eu­ro­pa. 1964/1981 wur­den pro­vi­so­ri­sche Be­träu­me ein­ge­rich­tet, 2008 ei­ne neue Syn­ago­ge ge­baut.

Die Krefelder Innenstadt gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, Blick auf die Dionysiuskirche. (Stadtarchiv Krefeld)

 

An­ge­sichts der bei­den vor­han­de­nen städ­ti­schen Zen­tren Alt-Kre­feld und Uer­din­gen wur­den seit Mit­te der 1950er Jah­re Plä­ne zur Ent­wick­lung von Städ­te­bau und Ver­kehr auf­ge­stellt. Durch den Zu­zug von Flücht­lin­gen und (vor­wie­gend tür­kisch-, ita­lie­nisch- und grie­chisch­stäm­mi­gen) Mi­gran­ten ent­stan­den neue Stadt­tei­le, so 1961/1964 das Wohn- und Ge­wer­be­ge­biet Gar­ten­stadt auf dem ehe­ma­li­gen Flug­platz Bock­um, seit 1966 El­frath, zu­letzt 2003 der neue Stadt­teil Schicks­baum (1961 rund 213.000 Ein­woh­ner). 1970 be­gann die Er­neue­rung der In­nen­stadt (Schwa­nen­markt­cen­ter 1976, Han­sa­zen­trum 1985), wo ar­chi­tek­tur­ge­schicht­lich ver­schie­de­ne Bau­ten in der Tra­di­ti­on des „Bau­hau­ses“ (Ver­seid­ag, Stadt­haus) und das 2001/2002 er­rich­te­te Beh­nisch-Haus her­vor­zu­he­ben sind.

Der wirt­schaft­li­che Struk­tur­wan­del setz­te sich nach 1945 fort: ver­ar­bei­ten­de In­dus­trie, Han­del, Ver­kehr und Dienst­leis­tun­gen ex­pan­dier­ten, Neu­an­sied­lun­gen fan­den statt. 1972 er­hielt die Stadt ei­nen An­schluss an die Au­to­bahn 57, 1976/1990 an die Au­to­bahn 44.

Das Behnisch-Haus. (Presseamt Krefeld)

 

Seit den 1970er Jah­ren kam es ver­mehrt zur Auf­ga­be mit­tel­stän­di­scher Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men, die teils in aus­wär­ti­gen grö­ße­ren Fir­men auf­gin­gen. Ei­ne ähn­li­che Ent­wick­lung ist im Ein­zel­han­del zu be­ob­ach­ten. Die Samt- und Sei­den­in­dus­trie ging ein­schlie­ß­lich des 1975 ein­ge­mein­de­ten Hüls (bis­lang Land­kreis Kem­pen) auf drei Sei­den- und zwei Pa­ra­men­ten­we­be­rei­en zu­rück. Die Tex­til­in­dus­trie be­saß 1987 nur noch ei­nen An­teil von 2,4 Pro­zent an der städ­ti­schen Wirt­schaft. Die Ent­wick­lung des Ha­fens setz­te sich po­si­tiv fort: 2009 war er der viert­grö­ß­te Bin­nen­ha­fen in NRW. Zu den heu­ti­gen Leit­sek­to­ren zäh­len Che­mie (1997 be­reits knapp 40 Pro­zent des Ge­samt­um­sat­zes der Kre­fel­der Wirt­schaft), ge­folgt von der Me­tall­in­dus­trie und dem Ma­schi­nen­bau so­wie der Nah­rungs- und Fut­ter­mit­tel­her­stel­lung.

Die in Uer­din­gen auf das Jahr 1306 so­wie in Linn und Kre­feld auf die Frü­he Neu­zeit zu­rück­ge­hen­de Schul­land­schaft ist seit Be­ginn des 19. Jahr­hun­derts als ver­gleichs­wei­se dicht zu be­zeich­nen (1836: zehn, um 1900: 45 und 2001: 91 Ein­rich­tun­gen): Heu­te exis­tie­ren neun Gym­na­si­en, vier Ge­samt­schu­len, acht Haupt­schu­len, fünf Re­al­schu­len und 31 Grund­schu­len so­wie vier Be­rufs­kol­legs.

Gießerei Siempelkamp in Krefeld. (G. Siempelkamp GmbH & Co. KG)

 

In­for­ma­ti­ons-, Frei­zeit- und Er­ho­lungs­mög­lich­kei­ten bie­ten die jähr­li­chen Gro­ße­reig­nis­se der Rhei­ni­schen Lan­des­aus­stel­lung, des Lin­ner Flachs­mark­tes und der Stra­ßen­mo­den­schau (ab 2012 „Kre­feld Fa­shionworl­d“). Als her­vor­ra­gen­de An­zie­hungs­punk­te sind ne­ben den aus­ge­dehn­ten Grün­flä­chen im Stadt­ge­biet in Aus­wahl an­zu­füh­ren: Zoo, Pfer­de­renn­bahn, Er­ho­lungs­park El­fra­ther See, Haus der Sei­den­kul­tur, die von Mai bis Ok­to­ber zwi­schen St. Tö­nis und dem Hül­ser Berg ver­keh­ren­de Schluff-Ei­sen­bahn so­wie der Kre­fel­der Eis­ho­ckey­ver­ein „Pin­gui­ne“. Knapp 70.000 Sport­ler sind in über 230 Ver­ei­nen or­ga­ni­siert.

Quellen

Keus­sen, Her­mann (Be­arb. und Hg.), Ur­kun­den­buch der Stadt Kre­feld und der al­ten Graf­schaft Mörs, 5 Bän­de, Kre­feld 1938-1940.
Kre­fel­der Ar­chiv, Quel­len und For­schun­gen zur Ge­schich­te der Stadt Kre­feld und des Nie­der­rheins, Neue Fol­ge, 7 Bän­de, Kre­feld 1991-2012.
Zum Bei­spiel Kre­feld, Quel­len und Ma­te­ria­li­en zur Ge­schich­te und Ent­wick­lung der Stadt Kre­feld, 6 Bän­de, Kre­feld 1986-1995.

Literatur

Fei­nen­de­gen, Rein­hard/ Vogt, Hans (Hg.), Ge­schich­te der Stadt Kre­feld, 5 Bän­de, Kre­feld 1998-2010.
Kried­te, Pe­ter, Ei­ne Stadt am sei­de­nen Fa­den. Haus­halt, Haus­in­dus­trie und so­zia­le Be­we­gung in Kre­feld in der Mit­te des 19. Jahr­hun­derts, Göt­tin­gen 1991.
Rhei­ni­scher Städ­teat­las, Lie­fe­rung XV, Nr. 81: Kre­feld, be­arb. von Gui­do Rott­hoff, Köln/ Wei­mar/ Wien 2003.
Rhei­ni­scher Städ­teat­las, Lie­fe­rung IV, Nr. 23: Linn, be­arb. von Gui­do Rott­hoff, Köln 1978.
Rhei­ni­scher Städ­teat­las, Lie­fe­rung III, Nr. 19: Uer­din­gen, be­arb. von Gui­do Rott­hoff, Köln 1986.

** _ Zeit­schrif­ten, Rei­hen_**

Die Hei­mat, Kre­fel­der Jahr­buch, Zeit­schrift für nie­der­rhei­ni­sche Kul­tur- und Hei­mat­pfle­ge, hg. vom Ver­ein für Hei­mat­kun­de in Kre­feld, 1921ff.
Kre­fel­der Stu­di­en, hg. von der Stadt Kre­feld, 14 Bän­de, Kre­feld 1973-2010.

Online

Stadt­ar­chiv Kre­feld. [On­line]

Eishockeyspiel städtischer Mannschaften in Krefeld. (Presseamt Krefeld)

 
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Richter, Olaf, Stadt Krefeld, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/stadt-krefeld/DE-2086/lido/57d120098edaa9.85225473 (abgerufen am 14.11.2024)

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