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Adolf Clarenbach war ein Märtyrer der evangelischen Kirche, der sich ab den 1520er Jahren energisch für die Verbreitung der Lehre Martin Luthers (1483-1546) im Rheinland eingesetzt hat. In Köln wurde er der Ketzerei angeklagt und schließlich zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt.
In einer Zeit großen Umbruchs wurde Adolf Clarenbach um 1495 auf dem Buscherhof nahe Lennep (heute Stadt Remscheid) geboren. Nach Besuch der Stadtschule zu Lennep und – ab 1511 – einer vom Humanismus geprägten Schule in der Bischofsstadt Münster, begann er 1514 an der Universität zu Köln an der Fakultät der Künste zu studieren. Nach bestandenem Magisterexamen wirkte Clarenbach ab 1517 zunächst als Privatlehrer. 1521 übernahm er in Münster ein Schulamt und wurde 1523 Konrektor an der Schule zu St. Martin.
Spätestens in Münster nahm der typische Lebensweg eines Aufsteigers eine entscheidende Wende: Clarenbach las hier erstmals aus den Schriften Luthers – 1528 nennt er „Von der Freiheit eines Christenmenschen" – und wirkte bald auch öffentlich im Sinne des Reformators. Wohl auch weil er dafür eintrat, Heiligenbilder aus den Kirchen zu entfernen, verwiesen ihn die bischöflichen Behörden 1523 der Stadt.
An seinem neuen Wirkungsort Wesel, wo Clarenbach Konrektor der Städtischen Lateinschule wurde, geriet er bald wegen Aktivitäten im Sinne Luthers ins Visier der Obrigkeit. Herzog Johann III. von Jülich-Kleve-Berg wandte sich im April 1524 erstmals an die Stadt und machte deutlich, er wolle die Ketzereien [weder] bei euch, noch an einem andern Ort in unserm Fürstenthum […] gestatten. Noch konnte die Stadt abwiegeln, aber im März 1525 folgte eine weitere Intervention des Herzogs, der nun unmissverständlich forderte, „den Schulmeister" – gemeint ist Clarenbach – und andere „Pfaffschaften" aus der Stadt zu weisen. Wieder suchte der Rat das Ansinnen zu entkräften. Doch im September 1525 kam es zu einem Eklat, als Clarenbach nach der Kontroverspredigt eines Dorstener Franziskaners diesen zu einer Disputation über den freien Willen herausforderte. Der Rat verbot die Disputation und wies Clarenbach aus der Stadt.
Dieser ging daraufhin nach Büderich (heute Stadt Wesel), wo der ebenfalls der evangelischen Lehre zuneigende Vikar Johann Klopriß (1500-1535) tätig war. Obwohl eine ganze Reihe von Schülern Clarenbach nach Büderich folgte, konnte er dort nur etwas über sechs Monate verbleiben. Die Dorstener Franziskaner hatten Anzeige bei Herzog Johann erstattet, woraufhin Clarenbach erneut mit einem Aufenthaltsverbot belegt wurde.
Nun wich Adolf Clarenbach nach Osnabrück aus und auch dorthin begleitete ihn ein Teil seiner Schüler. Er betrieb eine private Lateinschule und bot zudem öffentliche Vorlesungen an. Im Sommer 1526 las er über das Johannisevangelium und kündigte am 6. November eine Reihe über den Philemonbrief an, den er im Hinblick auf die Grundfragen christlicher Ethik auszulegen gedachte. Als es zu Weihnachten 1526 in Osnabrück zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Domkapitel und dem evangelisch gesonnenen Domschulrektor und -prediger kam, wurde dieser abgesetzt und auch die Ausweisung Clarenbachs verfügt.
Allerdings schien sich für Clarenbach nun endlich eine gesicherte Existenz abzuzeichnen: Er wurde nach Meldorf in Holstein berufen, wo er eine Stelle als Kaplan erhalten sollte. Doch zunächst begleitete er die ihm anvertrauten Knaben zurück ins Rheinland und machte dann bei seinen Eltern Station. Hoffte er, nach der Verlobung der ältesten Herzogstochter Sybilla (1512-1554) mit dem evangelischen sächsischen Kurprinzen Johann Friedrich (1503-1554) in Düsseldorf am 19.4.1527, nun in seiner Heimat reformatorisch tätig werden zu können? Jedenfalls begann Clarenbach auf dem elterlichen Hof sowie in einer Gastwirtschaft in Elberfeld (heute Stadt Wuppertal), Versammlungen mit Bibelauslegung und Glaubensgesprächen durchzuführen.
Aus der Zeit dieses Aufenthaltes hat sich der einzige längere Text Clarenbachs erhalten. In einem wohl im Juli 1527 verfassten Brief an die Stadt Lennep legte er Rechenschaft über seinen Glauben ab. In 42 Punkten äußerte er sich zum Beispiel ausführlich zu Gesetz, Evangelium, Glaube, Hoffnung und Liebe. Seine reformatorische Prägung zeigt sich in den ausführlichen Zitationen von Schriftbelegen, so hielt er beispielsweise im Blick auf den Glauben mit Verweis auf Röm 3,28 fest, dieser macht vor Gott rechtfertig / ohn zuthun der wercke des Gesetzs. In einem zweiten Teil kritisierte er römisch-katholische Positionen. Unter anderem wies er die Heiligenverehrung zurück, man habe keinen andern Mitler noch Fürsprechen bey dem Himmlischen Vatter / dann Christum Jesum allein.
Erkennbar wird in diesem Text, dass Clarenbach durchaus eigenständig und mit konsequentem Bezug zur Schrift seine Theologie zu formulieren verstand. Doch wieder musste er weiterziehen. Sein Wirken war dem Pfandherren des bergischen Amtes Beyenburg, Graf Franz von Waldeck (1491-1553), hinterbracht worden, und dieser verfügte – wie auch der für Elberfeld zuständige Amtmann – ein Aufenthaltsverbot.
Zum fünften Mal vertrieben, begab sich Clarenbach wieder nach Büderich zu Johann Klopriß. Dieser hatte zwischenzeitlich vor dem Geistlichen Gericht in Köln einen förmlichen Widerruf geleistet, war aber rückfällig geworden und hatte seine Vikarsstelle verloren. Als Klopriß im April 1528 erneut eine Vorladung des Geistlichen Gerichts erhielt, begleitete Clarenbach ihn nach Köln. Beide wurden am 3.4.1528 sofort nach ihrer Ankunft verhaftet. Klopriß wurde als Rückfälliger an das Geistliche Gericht überstellt, das ihn zu ewiger Kerkerhaft verurteilte; allerdings gelang ihm in der Silvesternacht 1528 die Flucht. Er sollte als Wiedertäufer am 1.2.1535 in Brühl auf dem Scheiterhaufen enden.
Gegen eine Überstellung an das Geistliche Gericht wehrte sich Clarenbach vehement; im Verhör verwies er darauf, dass er ein Leye sei. Clarenbach verblieb im städtischen Gewahrsam und wurde am 21. April und 19. Mai von einer eigens gebildeten Ratskommission verhört, die – wohl weil er als Lutheraner bekannt war – um den Inquisitor Arnold von Tongern (1470-1540) verstärkt war. Während sich die Brüder Clarenbachs und die Stadt Lennep für eine Freilassung einsetzten, folgten weitere Verhöre, in denen Clarenbach erklärte, wenn man ihm aus der Schrift Irrtümer nachweise, lasse er sich eines Besseren belehren. Am 23. Juli richtete er zudem eine Klageschrift an den Rat, in der er seine Freilassung forderte.
Diesem Ersuchen wurde nicht stattgegeben, doch erfolgte am 27. Juli nun endlich der Abschluss der Untersuchung. Dem Gefangenen wurden 79 Fragen vorgelegt, die seine Lebensverhältnisse und theologischen Ansichten betrafen. Obgleich Clarenbach die Fragen mit „Ja" oder „Nein" beantworten sollte, nahm er bisweilen ausführlich Stellung. Beispielsweise erklärte er auf die Frage, ob er die Verurteilung Luthers für Rechtens halte, dies könne er nicht wol sagen / doch so vil will ich sagen / wa solche verdammung Luthers mit unnd nach Gottes wort ist geschehen / ist sie recht / wa nicht / ist sie unrecht.
Aufgrund dieses Verhörs stellten die Inquisitoren 23 ketzerische Sätze zusammen: Unter anderem wurden Clarenbachs Zweifel, „ob die allgemeinen Concilien dem Worte Gottes nach gehalten" wurden oder „ob nach der Consecrierung Brod und Wein da bleiben" ebenso aufgeführt wie seine Zurückweisung des Verdienstcharakters der Werke oder die Ablehnung der Verehrung der Heiligen und des Fegefeuers.
Parallel zu diesen Vorgängen reichte ein Bruder Clarenbachs beim Reichskammergericht in Speyer Klage gegen die Stadt Köln ein. Das Gericht erließ am 10.9.1528 ein Mandat, das die Stadt aufforderte, entweder Clarenbach gegen Urfehde zu entlassen oder Gründe dagegen vorzulegen. Die Stadt und der Erzbischof von Köln verteidigten das bisherige Vorgehen, so dass der Stadt lediglich auferlegt wurde, „den Gefangenen vor seine gebührlichen Richter zu stellen". Daraufhin überstellte die Stadt Clarenbach Ende Januar 1529 dem Kurfürstlichen Greven.
Freunde Clarenbachs versuchten derweil durch eine Publikation der bisherigen Prozessunterlagen, die öffentliche Meinung für Clarenbach zu beeinflussen. Doch dessen ungeachtet trat am 4.3.1529 der Geistliche Gerichtshof zusammen und verkündigte Clarenbach aufgrund der 23 Artikel die kirchliche Exkommunikation und seine Verurteilung: Clarenbach sei ein reüdig schaff und faul stinckend glid, das von der Kirchen abgeschnitten werden müsse.
Doch die eigentlich umgehend zu erwartende Hinrichtung ließ auf sich warten; zum Einen suchte man Clarenbach zum Widerruf zu bewegen, zum Anderen scheute die Stadt vor einer öffentlichen Hinrichtung zurück. Während sich die Verhandlungen hinzogen, breitete sich im Herbst eine Seuche in der Stadt aus, die zahlreiche Opfer forderte. Dies wurde als Strafe für die unterlassene Hinrichtung gedeutet, woraufhin der Rat den Vollzug des Urteils beschloss. Nach einem allerletzten Versuch, Clarenbach und den ebenfalls wegen Ketzerei zum Tode verurteilten Peter Fliesteden zum Widerruf zu bewegen, wurden sie am 28.9.1529 den Henkern übergeben.
Die Gefangenen wurden in Anwesenheit zahlreicher Zuschauer vom Gefängnis zu der vor der Stadt liegenden Hinrichtungsstätte beim Aussätzigenspital Melaten geführt. Auf diesem Weg bekannten beide Verurteilte ihren Glauben; bei Clarenbach war dies im Übrigen die erste und einzige Gelegenheit in Köln, seine Überzeugung öffentlich kundzutun. Fliesteden wurde vor dem Verbrennen erwürgt, Clarenbach ein Pulversäckchen an den Hals gebunden. Als die Flammen hochschlugen, schrie Clarenbach: „Oh Herr, in deine Hände befehle ich meinen Geist", dann entzündete sich das Pulver.
Mit dem Tod von Clarenbach war eine kräftige Stimme für die evangelische Sache im Westen zum Schweigen gebracht. Er hatte für sich das Priesteramt aller Gläubigen beansprucht und war so zu einem „Aktivisten" (Goeters) geworden, der zwar nicht unmittelbar als Reformator wirkte, doch durch die schon zeitgenössisch publizierten Verhör- und Prozessakten wurde er zu einem herausragenden Beispiel für Glaubensfestigkeit und Bekennermut. Clarenbach starb als Märtyrer und insoweit wurde sein Blut zum „Samen" für die evangelische Sache.
An Leben und Hinrichtung Clarenbachs erinnert eine 1992 am Kölner Rathausturm angebrachte Steinfigur (Bildhauer: Rudolf Wuttke)
Quellen
Alle Acta Adolphi Clarenbach. Was Adolphus Clarenbach im landt von Berge, ehe dann er zu Cöln gefangen, deß Evangeliums halben, von seinen widersechern, begegnet und zugestanden sei, Marburg [?] 1531.
Ernstliche handlung zwischen den hochgelerten Doctorn inn der gotheyt <als man sie zu Coelln nennt> oder ketzermeyster unnd eynem gefangnen, genant Adolph Clarenbach: geschehen zu Coeln erstlich uff Franckenthurn, item, wie nachvolgends die Doctores inn der gotheyt und ketzermeyster den selbigen gefangnen im glauben examinirt oder ersucht zu Cölln uff der Erenporten, o.O. 1529.
Historien der Heyligen Außerwölten Gottes Zeügen, Bekenern vnd Martyrern, so in Angehender ersten Kirchen Altes und Neüwes Testaments zu jeder zeyt gewesen seind, hg. von Ludwig Rabus, Band 2, Straßburg 1558.
Literatur
Bautz, Friedrich Wilhelm, Artikel "Adolf Clarenbach", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 1 (1990), Sp. 1025-1026.
Bluhm, Axel (Hg.), Allein Gottes Wort. Vorträge, Ansprachen, Predigten und Besinnungen anlässlich des 450. Todestages der Märtyrer Adolf Clarenbach und Peter Fliesteden, Köln 1981.
Goeters, Johann F. Gerhard, Studien zur niederrheinischen Reformationsgeschichte, Köln 2002.
Hermle, Siegfried, Adolf Clarenbach (ca. 1495-1529) Märtyrer „umb Christi willen", in: Evangelisch am Rhein. Werden und Wesen einer Landeskirche, hg. von Conrad, Joachim u.a., Düsseldorf 2007, S.132–135.
Krafft, Carl, Die Geschichte der beiden Märtyrer der evangelischen Kirche Adolf Clarenbach und Peter Fliesteden hingerichtet zu Köln am Rhein, den 28. September 1529, Elberfeld 1886.
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Hermle, Siegfried, Adolf Clarenbach, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/adolf-clarenbach/DE-2086/lido/57c68c2e3daea9.10448803 (abgerufen am 07.10.2024)