Bruno II. von Berg

Erzbischof von Köln (1131-1137)

Stefan Pätzold (Bochum)

Siegel des Kölner Erzbischofs Bruno II. von Berg. (Universitäts- und Stadtbibliothek Köln/Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde)

Bru­no II. war der ers­te Köl­ner Erz­bi­schof aus der Fa­mi­lie der äl­te­ren Gra­fen von Berg. Auf­grund der Quel­len­la­ge und sei­nes nur kur­zen Epis­ko­pats ist es schwie­rig, sei­ne Leis­tun­gen als Erz­bi­schof zu be­ur­tei­len. Um­strit­ten wa­ren sei­ne Wahl und sei­ne Ein­set­zung durch den Kö­nig. Bru­nos Amts­zeit war zwar von Wi­der­stän­den im Prio­ren­kol­leg und Strei­tig­kei­ten mit Lo­thar III. über­schat­tet, doch scheint er sei­ne geist­li­chen Pflich­ten ge­wis­sen­haft und en­ga­giert er­füllt zu ha­ben. So tat er viel für die in sei­ner Erz­diö­ze­se an­säs­si­gen Kon­ven­te, vor al­lem für die Prä­mons­tra­ten­ser und Zis­ter­zi­en­ser.

Bru­no wur­de ver­mut­lich zwi­schen 1100 bis 1102 ge­bo­ren. Er ent­stamm­te der ur­sprüng­lich am Nie­der­rhein be­gü­ter­ten Fa­mi­lie der Gra­fen von Berg. Bru­nos Va­ter, Graf Adolf I. von Berg (Graf 1101-1106), wur­de nach der Burg Berg an der Dhünn (Al­ten­berg, heu­te Ge­mein­de Oden­thal) be­nannt. Ver­hei­ra­tet war Adolf mit Adel­heid von Lauf­fen (um 1075-1121), ei­ner En­ke­lin des Gra­fen Bern­hard von Werl (ge­stor­ben um 1070), so dass nach 1124 Tei­le des Er­bes der be­deu­ten­den Adels­fa­mi­lie von Werl an die Ber­ger fie­len, die ih­re Herr­schaft auf die­se Wei­se zwi­schen Ruhr, Em­scher und Lip­pe bis weit in den Sü­den West­fa­lens aus­deh­nen konn­ten. Adolf und Adel­heid hat­ten ne­ben Bru­no zwei äl­te­re Söh­ne: Adolf II. (ge­stor­ben spä­tes­tens 1170) und Eber­hard (ge­stor­ben vor 1152).

In sei­ner Ju­gend er­warb Bru­no um­fas­sen­de Bil­dung und rhe­to­ri­sche Fä­hig­kei­ten, die Zeit­ge­nos­sen und Spä­te­re aus­drück­lich lob­ten. So be­zeich­ne­te Bi­schof Ot­to von Frei­sing (um 1112-1158) Bru­no in sei­ner „His­to­ria de duabus ci­vi­ta­ti­bus“ (Ge­schich­te der zwei Staa­ten) als ad­pri­me eru­ditus (vor­züg­lich ge­bil­det). Dass Bru­no in Frank­reich stu­dier­te, ist si­cher; nicht über­lie­fert ist al­ler­dings, an wel­chem Ort er dies tat. Al­lem An­schein nach wur­de Bru­no früh­zei­tig auf ein geist­li­ches Le­ben als Ka­no­ni­ker vor­be­rei­tet. Bald er­lang­te er ho­he kirch­li­che Äm­ter: Seit 1119 war er Propst de­s Ko­blen­zer Kol­le­gi­at­stifts St. Kas­tor und von 1127 an auch des Stifts St. Ge­re­on in Köln. Zu­dem hat­te er ei­ne Ka­no­ni­ker­pfrün­de am Trie­rer Dom in­ne.

Als nach dem Tod des Trie­rer Erz­bi­schofs Me­gin­her (Epis­ko­pat 1127-1130) am 1.10.1130 ein Amts­nach­fol­ger be­stimmt wer­den muss­te, fiel die Wahl am 7. De­zem­ber auf Bru­no; doch der lehn­te ab. Über sei­ne Mo­ti­ve kann nur spe­ku­liert wer­den. Ob Bru­no per­sön­li­che Grün­de hat­te oder aber das in ei­nem de­so­la­ten Zu­stand be­find­li­che Erz­bis­tum Trier we­nig at­trak­tiv fand und viel­leicht auf die Lei­tung an­de­rer Diö­ze­sen, mög­li­cher­wei­se so­gar be­reits de­s Erz­bis­tums Köln, hoff­te, muss da­hin­ge­stellt blei­ben. Dar­auf­hin wand­ten sich Wäh­ler wie Ge­wähl­ter an Papst In­no­zenz II. (Pon­ti­fi­kat 1130-1143) in Frank­reich, um ihn zu ei­ner Ent­schei­dung in ih­rem Sinn zu be­we­gen. Am En­de soll der Papst er­klärt ha­ben, dass man dem Ber­ger we­der die Trie­rer noch ei­ne an­de­re Diö­ze­se an­ver­trau­en kön­ne. Es ist frei­lich of­fen, ob In­no­zenz‘ Ant­wort über­haupt zu­tref­fend wie­der­ge­ge­ben wur­de oder ob man Bru­nos Wahl durch ein Wei­he­hin­der­nis, et­wa durch die ihm nach­ge­sag­te Epi­lep­sie, als nach ka­no­ni­schem Recht un­mög­lich an­sah. Viel­leicht galt er auch auf­grund per­sön­li­cher Ver­feh­lun­gen, wie er selbst sie ge­gen­über Bern­hard von Clairvaux (um 1090-1153) in ei­nem Brief an­ge­deu­tet hat­te, als un­ge­eig­net, ein Bi­schofs­amt an­zu­tre­ten. Bru­no kehr­te je­den­falls zu­nächst nach Trier zu­rück, wo er sich un­an­ge­foch­ten an der Wahl Al­be­ros von Mon­treuil z­um neu­en Erz­bi­schof be­tei­lig­te. Bald dar­auf be­gab er sich ad stu­di­um nach Frank­reich.

Am 25.10.1131 starb Erz­bi­schof Fried­rich I. von Köln. So­mit wur­de auch dort ei­ne Neu­wahl nö­tig. Das Ge­sche­hen je­ner Wahl und die Mo­ti­va­ti­on der Be­tei­lig­ten er­wei­sen sich al­ler­dings eben­falls in man­cher­lei Hin­sicht als rät­sel­haft: Die zur Ver­fü­gung ste­hen­den er­zäh­len­den Quel­len, die in ih­rer Dar­stel­lung na­tur­ge­mäß ten­den­zi­ös sind und ein­an­der in man­chen Sach­ver­hal­ten wi­der­spre­chen, er­ge­ben kein kla­res Bild von den Er­eig­nis­sen. Wahr­schein­lich ist im­mer­hin, dass der sich an­fangs noch in Frank­reich auf­hal­ten­de Bru­no zu Weih­nach­ten des Jah­res 1131 – nach vor­an­ge­gan­ge­ner, wahr­schein­lich nicht ein­mü­ti­ger Ent­schei­dung des wahl­be­rech­tig­ten Prio­ren­kol­legs für Propst Gott­fried von Xan­ten (ge­stor­ben nach 1135) – auf­grund der In­ter­ven­ti­on sei­ner Ver­wand­ten und durch das Ein­grei­fen des an­we­sen­den Kö­nigs Lo­thar III. (Re­gie­rungs­zeit 1125-1137) bei strit­ti­ger Wahl so­wie im Bei­sein päpst­li­cher Le­ga­ten zum Erz­bi­schof von Köln be­stellt wur­de. Auch wenn Gott­fried die Ent­schei­dung of­fen­bar wi­der­stands­los hin­nahm, dürf­te Bru­nos Po­si­ti­on im Köl­ner Kle­rus schwie­rig ge­we­sen sein. Viel­leicht ist es die­sen wid­ri­gen Um­stän­den zu­zu­schrei­ben, dass Bru­nos frü­hes­te Er­wäh­nung als ar­chie­pi­sco­pus erst vom 18.3.1132 stammt. Das Da­tum sei­ner Wei­he, die wohl durch Kar­di­nal­le­gat Wil­helm von Prae­nes­te (Epis­ko­pat 1123-1137) vor­ge­nom­men wur­de, ist nicht über­lie­fert.

Ob­gleich Bru­no II. dem Kö­nig viel zu ver­dan­ken hat­te, fand er sich zu­nächst nur sel­ten in Lo­thars III. Ge­fol­ge ein. Eben­so we­nig nahm er am Rom­zug der Jah­re 1132/1133 teil und war dem­nach auch nicht am 4.6.1133 bei Lo­thars Krö­nung zum rö­mi­schen Kai­ser durch In­no­zenz II. in der La­ter­an­ba­si­li­ka an­we­send. Es ist da­her durch­aus ver­ständ­lich, dass Bru­no das tra­di­tio­nell dem Köl­ner Erz­bi­schof zu­ste­hen­de Amt des Erz­kanz­lers von Ita­li­en in je­nen Jah­ren nicht aus­üb­te, und deu­tet noch nicht auf ei­ne Ent­frem­dung zwi­schen Lo­thar und Bru­no hin. Im Ge­gen­teil: Der Kai­ser reis­te im De­zem­ber 1133 nach Köln, um dort das Weih­nachts­fest zu fei­ern und den Jah­res­wech­sel zu be­ge­hen. Al­ler­dings kam es mög­li­cher­wei­se noch in Köln zu ei­nem Streit zwi­schen Bru­no und Lo­thar, viel­leicht weil der Kai­ser das Pal­li­um, ei­ne Woll­sto­la, die ein neu­ge­wähl­ter Erz­bi­schof üb­li­cher­wei­se als Zei­chen sei­ner Vor­rech­te durch die Hand des Paps­tes emp­fing, aus Rom mit­ge­bracht hat­te und selbst dem Me­tro­po­li­ten über­ge­ben woll­te. Al­lem An­schein nach wei­ger­te sich Bru­no, die­sem un­ge­wöhn­li­chen und kir­chen­recht­lich be­denk­li­chen Pro­ze­de­re zu­zu­stim­men. 

Erst zu Be­ginn des Jah­res 1135 fand sich der Köl­ner Erz­bi­schof wie­der am Hof des Kai­sers ein. Dort, in Aa­chen, kam es zum Eklat. Man schied wie­der im Streit. Der Grund da­für ist nicht über­lie­fert. Es ist aber sehr wahr­schein­lich, dass nach wie vor die Ge­stal­tung der Pal­li­ums­über­ga­be höchst um­strit­ten war. Ei­ni­ge Fürs­ten sa­hen sich ge­nö­tigt, zwi­schen Kai­ser und Erz­bi­schof zu ver­mit­teln. An­läss­lich ei­nes Hof­tags in Bam­berg kam es im März 1135 zur Ver­söh­nung der bei­den. Ob Bru­no da­mals ein­wil­lig­te, das Pal­li­um von Lo­thar zu emp­fan­gen, ist nicht über­lie­fert. Nach dem Aus­gleich hielt sich der Köl­ner Erz­bi­schof häu­fig, et­wa an­läss­lich der Fei­er des Os­ter­fests 1136 zu Aa­chen, in der Um­ge­bung des Herr­schers auf und er­füll­te sei­ne Pflich­ten ge­gen­über dem Reich.

Auch als Vor­ste­her ei­ner Kir­chen­pro­vinz und als Diö­ze­san­herr war Bru­no II. stark in An­spruch ge­nom­men. Er muss­te Rechts­strei­tig­kei­ten zwi­schen geist­li­chen In­sti­tu­ten bei­le­gen, so et­wa 1132 zwi­schen dem Sieg­bur­ger Be­ne­dik­ti­ner­klos­ter und de­m Bon­ner Cas­si­us-Stift um den Be­sitz von Kir­chen oder eben­falls 1132 dem Stift Xan­ten und dem erz­bi­schöf­li­chen Mi­nis­te­ria­len Theo­dor von Ulft (er­wähnt 1122-1138), weih­te Got­tes­häu­ser, wie den Ut­rech­ter Dom St. Mar­tin (1132), un­ter­stütz­te die Grün­dung von Klös­tern (bei­spiels­wei­se des ber­gi­schen Zis­ter­zi­en­ser­klos­ters Al­ten­berg 1133) und Stif­ten wie des Prä­mons­tra­ten­ser­stifts Knecht­ste­den 1134 - oder klär­te Fra­gen der Ar­ch­idia­ko­nats­or­ga­ni­sa­ti­on (1135). In den Jah­ren 1132 und 1136 hielt Bru­no wohl Syn­oden, letz­te­re in Köln, ab.

Im Au­gust 1136 traf der Erz­bi­schof mit be­waff­ne­tem Ge­fol­ge am Hof des Kai­sers in Würz­burg ein und be­gab sich bald dar­auf mit ihm nach Ita­li­en. Dort am­tier­te er als Reichs­kanz­ler für die­sen Reichs­teil. In die­ser Ei­gen­schaft re­ko­gnos­zier­te er zum letz­ten Mal im April 1137 ein Di­plom Lo­thars III. in Fer­mo (im Her­zog­tum Spole­to). Er be­glei­te­te den Herr­scher auch auf des­sen Zug ge­gen den nor­man­ni­schen Kö­nig Ro­ger II. von Si­zi­li­en (Re­gie­rungs­zeit 1130-1154) nach Süd­ita­li­en. Wohl am 29.5.1137 starb Bru­no in Apu­li­en – ob in Tra­ni oder Ba­ri ist un­ge­wiss – an den Fol­gen ei­nes Ader­las­ses. Be­stat­tet wur­de er je­den­falls in der St. Ni­ko­laus-Ka­the­dra­le in Ba­ri. Ei­ne spä­te­re Über­lie­fe­rung, Bru­nos Leich­nam sei nach Klos­ter Al­ten­berg, der Grün­dung sei­nes Va­ters, ver­bracht wor­den, ist we­nig glaub­haft und durch nichts be­wie­sen.

Bru­nos Leis­tun­gen als Köl­ner Erz­bi­schof zu be­ur­tei­len, ist we­gen der Kür­ze sei­ner Se­denz­zeit und der kaum hin­rei­chend zur Ver­fü­gung ste­hen­den Quel­len schwie­rig. Nicht nach­voll­zieh­bar sind sei­ne Grün­de, die Trie­rer Ka­the­dra ab­zu­leh­nen, und kaum zu durch­schau­en die Vor­gän­ge, die nach strit­ti­ger Wahl und dem Ein­grei­fen des Kö­nigs zu sei­ner Be­stel­lung als Me­tro­po­lit führ­ten. Ob­gleich sei­ne Amts­zeit von Wi­der­stän­den im Prio­ren­kol­leg und Strei­tig­kei­ten mit Lo­thar III. über­schat­tet war, scheint Bru­no sei­ne geist­li­chen Pflich­ten ge­wis­sen­haft und so­gar en­ga­giert er­füllt zu ha­ben. Der Ber­ger, der in Kon­takt zu Nor­bert von Xan­ten stand und mit Bern­hard von Clairvaux (1090-1153) be­freun­det war, tat viel für die in sei­ner Erz­diö­ze­se an­säs­si­gen Kon­ven­te, vor­nehm­lich für die Prä­mons­tra­ten­ser und Zis­ter­zi­en­ser. Doch we­der die Köl­ner Kir­che noch ih­ren welt­li­chen Ge­bots­be­reich konn­te er nach­hal­tig stär­ken, be­vor er im Ge­fol­ge des Kai­sers in Apu­li­en starb.

Quellen

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Pät­zold, Ste­fan, Bru­no II. von Köln (1131-1137) – der Me­tro­po­lit, der ei­gent­lich kei­ner soll­te. Zu den Trie­rer und Köl­ner Erz­bi­schofs­wah­len der Jah­re 1130 und 1131, in: Rhei­ni­sche Vier­tel­jahrs­blät­ter 84 (2020), S. 63-80.

Pet­ke, Wolf­gang, Kanz­lei, Ka­pel­le und kö­nig­li­che Ku­rie un­ter Lo­thar III. (1125-1137), Köln 1985, S. 167-176.

 
Zitationshinweis

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Pätzold, Stefan, Bruno II. von Berg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/bruno-ii.-von-berg-/DE-2086/lido/62a99b6f2f5377.07262520 (abgerufen am 15.10.2024)