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Bruno II. war der erste Kölner Erzbischof aus der Familie der älteren Grafen von Berg. Aufgrund der Quellenlage und seines nur kurzen Episkopats ist es schwierig, seine Leistungen als Erzbischof zu beurteilen. Umstritten waren seine Wahl und seine Einsetzung durch den König. Brunos Amtszeit war zwar von Widerständen im Priorenkolleg und Streitigkeiten mit Lothar III. überschattet, doch scheint er seine geistlichen Pflichten gewissenhaft und engagiert erfüllt zu haben. So tat er viel für die in seiner Erzdiözese ansässigen Konvente, vor allem für die Prämonstratenser und Zisterzienser.
Bruno wurde vermutlich zwischen 1100 bis 1102 geboren. Er entstammte der ursprünglich am Niederrhein begüterten Familie der Grafen von Berg. Brunos Vater, Graf Adolf I. von Berg (Graf 1101-1106), wurde nach der Burg Berg an der Dhünn (Altenberg, heute Gemeinde Odenthal) benannt. Verheiratet war Adolf mit Adelheid von Lauffen (um 1075-1121), einer Enkelin des Grafen Bernhard von Werl (gestorben um 1070), so dass nach 1124 Teile des Erbes der bedeutenden Adelsfamilie von Werl an die Berger fielen, die ihre Herrschaft auf diese Weise zwischen Ruhr, Emscher und Lippe bis weit in den Süden Westfalens ausdehnen konnten. Adolf und Adelheid hatten neben Bruno zwei ältere Söhne: Adolf II. (gestorben spätestens 1170) und Eberhard (gestorben vor 1152).
In seiner Jugend erwarb Bruno umfassende Bildung und rhetorische Fähigkeiten, die Zeitgenossen und Spätere ausdrücklich lobten. So bezeichnete Bischof Otto von Freising (um 1112-1158) Bruno in seiner „Historia de duabus civitatibus“ (Geschichte der zwei Staaten) als adprime eruditus (vorzüglich gebildet). Dass Bruno in Frankreich studierte, ist sicher; nicht überliefert ist allerdings, an welchem Ort er dies tat. Allem Anschein nach wurde Bruno frühzeitig auf ein geistliches Leben als Kanoniker vorbereitet. Bald erlangte er hohe kirchliche Ämter: Seit 1119 war er Propst des Koblenzer Kollegiatstifts St. Kastor und von 1127 an auch des Stifts St. Gereon in Köln. Zudem hatte er eine Kanonikerpfründe am Trierer Dom inne.
Als nach dem Tod des Trierer Erzbischofs Meginher (Episkopat 1127-1130) am 1.10.1130 ein Amtsnachfolger bestimmt werden musste, fiel die Wahl am 7. Dezember auf Bruno; doch der lehnte ab. Über seine Motive kann nur spekuliert werden. Ob Bruno persönliche Gründe hatte oder aber das in einem desolaten Zustand befindliche Erzbistum Trier wenig attraktiv fand und vielleicht auf die Leitung anderer Diözesen, möglicherweise sogar bereits des Erzbistums Köln, hoffte, muss dahingestellt bleiben. Daraufhin wandten sich Wähler wie Gewählter an Papst Innozenz II. (Pontifikat 1130-1143) in Frankreich, um ihn zu einer Entscheidung in ihrem Sinn zu bewegen. Am Ende soll der Papst erklärt haben, dass man dem Berger weder die Trierer noch eine andere Diözese anvertrauen könne. Es ist freilich offen, ob Innozenz‘ Antwort überhaupt zutreffend wiedergegeben wurde oder ob man Brunos Wahl durch ein Weihehindernis, etwa durch die ihm nachgesagte Epilepsie, als nach kanonischem Recht unmöglich ansah. Vielleicht galt er auch aufgrund persönlicher Verfehlungen, wie er selbst sie gegenüber Bernhard von Clairvaux (um 1090-1153) in einem Brief angedeutet hatte, als ungeeignet, ein Bischofsamt anzutreten. Bruno kehrte jedenfalls zunächst nach Trier zurück, wo er sich unangefochten an der Wahl Alberos von Montreuil zum neuen Erzbischof beteiligte. Bald darauf begab er sich ad studium nach Frankreich.
Am 25.10.1131 starb Erzbischof Friedrich I. von Köln. Somit wurde auch dort eine Neuwahl nötig. Das Geschehen jener Wahl und die Motivation der Beteiligten erweisen sich allerdings ebenfalls in mancherlei Hinsicht als rätselhaft: Die zur Verfügung stehenden erzählenden Quellen, die in ihrer Darstellung naturgemäß tendenziös sind und einander in manchen Sachverhalten widersprechen, ergeben kein klares Bild von den Ereignissen. Wahrscheinlich ist immerhin, dass der sich anfangs noch in Frankreich aufhaltende Bruno zu Weihnachten des Jahres 1131 – nach vorangegangener, wahrscheinlich nicht einmütiger Entscheidung des wahlberechtigten Priorenkollegs für Propst Gottfried von Xanten (gestorben nach 1135) – aufgrund der Intervention seiner Verwandten und durch das Eingreifen des anwesenden Königs Lothar III. (Regierungszeit 1125-1137) bei strittiger Wahl sowie im Beisein päpstlicher Legaten zum Erzbischof von Köln bestellt wurde. Auch wenn Gottfried die Entscheidung offenbar widerstandslos hinnahm, dürfte Brunos Position im Kölner Klerus schwierig gewesen sein. Vielleicht ist es diesen widrigen Umständen zuzuschreiben, dass Brunos früheste Erwähnung als archiepiscopus erst vom 18.3.1132 stammt. Das Datum seiner Weihe, die wohl durch Kardinallegat Wilhelm von Praeneste (Episkopat 1123-1137) vorgenommen wurde, ist nicht überliefert.
Obgleich Bruno II. dem König viel zu verdanken hatte, fand er sich zunächst nur selten in Lothars III. Gefolge ein. Ebenso wenig nahm er am Romzug der Jahre 1132/1133 teil und war demnach auch nicht am 4.6.1133 bei Lothars Krönung zum römischen Kaiser durch Innozenz II. in der Lateranbasilika anwesend. Es ist daher durchaus verständlich, dass Bruno das traditionell dem Kölner Erzbischof zustehende Amt des Erzkanzlers von Italien in jenen Jahren nicht ausübte, und deutet noch nicht auf eine Entfremdung zwischen Lothar und Bruno hin. Im Gegenteil: Der Kaiser reiste im Dezember 1133 nach Köln, um dort das Weihnachtsfest zu feiern und den Jahreswechsel zu begehen. Allerdings kam es möglicherweise noch in Köln zu einem Streit zwischen Bruno und Lothar, vielleicht weil der Kaiser das Pallium, eine Wollstola, die ein neugewählter Erzbischof üblicherweise als Zeichen seiner Vorrechte durch die Hand des Papstes empfing, aus Rom mitgebracht hatte und selbst dem Metropoliten übergeben wollte. Allem Anschein nach weigerte sich Bruno, diesem ungewöhnlichen und kirchenrechtlich bedenklichen Prozedere zuzustimmen.
Erst zu Beginn des Jahres 1135 fand sich der Kölner Erzbischof wieder am Hof des Kaisers ein. Dort, in Aachen, kam es zum Eklat. Man schied wieder im Streit. Der Grund dafür ist nicht überliefert. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass nach wie vor die Gestaltung der Palliumsübergabe höchst umstritten war. Einige Fürsten sahen sich genötigt, zwischen Kaiser und Erzbischof zu vermitteln. Anlässlich eines Hoftags in Bamberg kam es im März 1135 zur Versöhnung der beiden. Ob Bruno damals einwilligte, das Pallium von Lothar zu empfangen, ist nicht überliefert. Nach dem Ausgleich hielt sich der Kölner Erzbischof häufig, etwa anlässlich der Feier des Osterfests 1136 zu Aachen, in der Umgebung des Herrschers auf und erfüllte seine Pflichten gegenüber dem Reich.
Auch als Vorsteher einer Kirchenprovinz und als Diözesanherr war Bruno II. stark in Anspruch genommen. Er musste Rechtsstreitigkeiten zwischen geistlichen Instituten beilegen, so etwa 1132 zwischen dem Siegburger Benediktinerkloster und dem Bonner Cassius-Stift um den Besitz von Kirchen oder ebenfalls 1132 dem Stift Xanten und dem erzbischöflichen Ministerialen Theodor von Ulft (erwähnt 1122-1138), weihte Gotteshäuser, wie den Utrechter Dom St. Martin (1132), unterstützte die Gründung von Klöstern (beispielsweise des bergischen Zisterzienserklosters Altenberg 1133) und Stiften wie des Prämonstratenserstifts Knechtsteden 1134 - oder klärte Fragen der Archidiakonatsorganisation (1135). In den Jahren 1132 und 1136 hielt Bruno wohl Synoden, letztere in Köln, ab.
Im August 1136 traf der Erzbischof mit bewaffnetem Gefolge am Hof des Kaisers in Würzburg ein und begab sich bald darauf mit ihm nach Italien. Dort amtierte er als Reichskanzler für diesen Reichsteil. In dieser Eigenschaft rekognoszierte er zum letzten Mal im April 1137 ein Diplom Lothars III. in Fermo (im Herzogtum Spoleto). Er begleitete den Herrscher auch auf dessen Zug gegen den normannischen König Roger II. von Sizilien (Regierungszeit 1130-1154) nach Süditalien. Wohl am 29.5.1137 starb Bruno in Apulien – ob in Trani oder Bari ist ungewiss – an den Folgen eines Aderlasses. Bestattet wurde er jedenfalls in der St. Nikolaus-Kathedrale in Bari. Eine spätere Überlieferung, Brunos Leichnam sei nach Kloster Altenberg, der Gründung seines Vaters, verbracht worden, ist wenig glaubhaft und durch nichts bewiesen.
Brunos Leistungen als Kölner Erzbischof zu beurteilen, ist wegen der Kürze seiner Sedenzzeit und der kaum hinreichend zur Verfügung stehenden Quellen schwierig. Nicht nachvollziehbar sind seine Gründe, die Trierer Kathedra abzulehnen, und kaum zu durchschauen die Vorgänge, die nach strittiger Wahl und dem Eingreifen des Königs zu seiner Bestellung als Metropolit führten. Obgleich seine Amtszeit von Widerständen im Priorenkolleg und Streitigkeiten mit Lothar III. überschattet war, scheint Bruno seine geistlichen Pflichten gewissenhaft und sogar engagiert erfüllt zu haben. Der Berger, der in Kontakt zu Norbert von Xanten stand und mit Bernhard von Clairvaux (1090-1153) befreundet war, tat viel für die in seiner Erzdiözese ansässigen Konvente, vornehmlich für die Prämonstratenser und Zisterzienser. Doch weder die Kölner Kirche noch ihren weltlichen Gebotsbereich konnte er nachhaltig stärken, bevor er im Gefolge des Kaisers in Apulien starb.
Quellen
Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Band 2: 1100-1205, bearb. v. Richard Knipping, Bonn 1901, S. 43-53.
Literatur (Auswahl)
Becker-Huberti, Manfred/Finger, Heinz, Kölns Bischöfe von Maternus bis Meisner, Köln 2013, S. 91-93.
Berner, Alexander, Kreuzzug und regionale Herrschaft. Die älteren Grafen von Berg (1147-1225), Köln 2014.
Erkens, Franz-Reiner, Die Kölner Kirche und das Reich in der Regierungszeit Lothars von Supplinburg, in: Vollrath, Hanna/Weinfurter, Stefan (Hg.), Köln. Stadt und Bistum in Kirche und Reich des Mittelalters. Festschrift für Odilo Engels zum 65. Geburtstag, Köln [u.a.] 1993, S. 283-321.
Kraus, Thomas R., Die Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg bis zum Jahre 1225, Neustadt an der Aisch 1981.
Lauschner, Albert, Erzbischof Bruno II. von Köln (1132-1137), Diss. theol. Münster, Köln 1902.
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Oediger, Friedrich Wilhelm, Das Bistum Köln von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts, 2. Auflage, Köln 1991.
Pätzold, Stefan, Bruno II. von Köln (1131-1137) – der Metropolit, der eigentlich keiner sollte. Zu den Trierer und Kölner Erzbischofswahlen der Jahre 1130 und 1131, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 84 (2020), S. 63-80.
Petke, Wolfgang, Kanzlei, Kapelle und königliche Kurie unter Lothar III. (1125-1137), Köln 1985, S. 167-176.
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Pätzold, Stefan, Bruno II. von Berg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/bruno-ii.-von-berg-/DE-2086/lido/62a99b6f2f5377.07262520 (abgerufen am 15.10.2024)