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Carl Mannesmann war maßgeblich an den Erfindungen und Unternehmensaktivitäten der Familie im In- und Ausland beteiligt. Er hat vielfältige Führungsaufgaben in der technischen und in der kaufmännischen Leitung der Konzerngesellschaften wahrgenommen. Auf ihn geht die Gründung eines Unternehmens zurück, das noch heute in Remscheid unter dem Namen Mannesmann tätig ist.
Als der vierte Sohn als fünftes Kind des evangelisch-lutherischen Feilen- und Stahlfabrikanten Reinhard Mannesmann und seiner Ehefrau Klara geborene Rocholl am 2.10.1861 in Remscheid zur Welt kam, wohnte die Familie noch im bescheidenen Haus in der Rheinstraße 1, dem ehemaligen Schweigerschen Haus, in unmittelbarer Nähe des Werkes. Erst 1870 ließ der Vater ein stattliches Haus an der damaligen Kölner Straße errichten. Allerdings hatte, als Carl geboren wurde, das vom Großvater gegründete und vom ältesten Onkel, Arnold, unter der Firma A. Mannesmann geführte Unternehmen, an dem alle vier Brüder beteiligt waren, eine außerordentlich gute Entwicklung genommen. Während die Brüder den Vertrieb im Westen und Süden Europas direkt sowie weltweit mit Überseehändlern in Remscheid, Hamburg und Bremen besorgten, organisierte und erweiterte Reinhard die Produktion. Nicht allein die gute Ertragslage, sondern auch die als spektakulär zu bezeichnenden Erfolge auf den Weltausstellungen in London und Paris sprechen für das hohe Ansehen der von A. Mannesmann hergestellten und verkauften Fabrikate und nicht zuletzt für deren außergewöhnlich gute Qualität. Die erwirtschafteten Gewinne wurden weitgehend reinvestiert; die Kinder wurden zu Sparsamkeit und gesunder Lebensführung angehalten. In jüngeren Jahren war Carl ein eifriger Tennisspieler und Parforcereiter; auch hat er viel gesegelt. Von frühester Jugend auf liebte er wie alle seine Brüder die Jagd.
Außergewöhnlich war die schulische Ausbildung, die Reinhard Mannesmann allen seinen sechs Söhnen zuteilwerden ließ; denn entgegen der Tradition bergischer Kaufleute, verließen sie die höhere Schule nicht spätestens mit der Mittleren Reife, um dann eine kaufmännische Lehre, vornehmlich im Ausland, zu absolvieren. Sie machten, weil der Vater der Auffassung war, dass es zur Lösung der anstehenden Probleme einer Hochschulausbildung bedurfte, ohne Ausnahme Abitur, um dann an eine Universität oder Bergakademie zu wechseln. Carl hatte wie seine älteren Brüder dazu noch eine Schule außerhalb Remscheids besuchen, jedoch nicht mehr nach Düsseldorf wechseln müssen. Carl erwarb die Hochschulreife in Lennep (heute Stadt Remscheid). Anschließend studierte er an den Universitäten in Heidelberg, Bonn und Freiburg Physik und Chemie sowie an der Bergakademie in Charlottenburg (heute Berlin) Hüttenkunde. Ein formaler Abschluss wurde nicht angestrebt; dieser war auch, weil Carl keine Verwendung im Staats- oder Eisenbahndienst plante, nicht erforderlich.
Obwohl er auch die geselligen Seiten des Studentenlebens genoss und Freundschaften fürs Leben schloss, war ihm kein ungestörtes Studium vergönnt. Abgesehen davon, dass er wie seine älteren Brüder in der vorlesungsfreien Zeit unter der Aufsicht des Vaters in der Fabrik arbeitete und sich alle Schritte der Stahlherstellung und der Feilenfabrikation im praktischen Betrieb aneignete, musste er im Wintersemester 1884/1885 und im folgenden Sommersemester sein Studium unterbrechen, um die Brüder Reinhard und Max bei ihren meist nächtlichen Versuchen zur Erfindung des revolutionären Verfahrens, nahtlose Rohre aus dem massiven Stahlblock allein durch Walzen herzustellen, zu unterstützen. Carl war an diesen Versuchen gemeinsam mit seinem Bruder Alfred maßgeblich beteiligt. Nach der Anmeldung des Schrägwalz-Patents, zu Beginn des Jahres 1885, setzte er sein Studium fort, wurde jedoch, wie die erhalten gebliebene Korrespondenz belegt, vom Vater und den Erfindern sowie seinem Vetter Dr. Fritz Koegel (1860-1904) über die weitere Entwicklung, insbesondere über die fortgeführten Versuche, regelmäßig informiert. Er erfuhr nicht allein von der Patenterteilung, sondern auch von den vielversprechenden Besuchen Düsseldorfer, saarländischer und französischer Unternehmer in Remscheid, die zu Lizenzvergaben oder der Vorbereitung gemeinsamer Unternehmen zur Verwertung des Schrägwalz-Verfahrens führten. Obwohl er auch die geselligen Seiten des Studentenlebens genoss und Freundschaften fürs Leben schloss, war ihm kein ungestörtes Studium vergönnt. Abgesehen davon, dass er wie seine älteren Brüder in der vorlesungsfreien Zeit unter der Aufsicht des Vaters in der Fabrik arbeitete und sich alle Schritte der Stahlherstellung und der Feilenfabrikation im praktischen Betrieb aneignete, musste er im Wintersemester 1884/1885 und im folgenden Sommersemester sein Studium unterbrechen, um die Brüder Reinhard und Max bei ihren meist nächtlichen Versuchen zur Erfindung des revolutionären Verfahrens, nahtlose Rohre aus dem massiven Stahlblock allein durch Walzen herzustellen, zu unterstützen. Carl war an diesen Versuchen gemeinsam mit seinem Bruder Alfred maßgeblich beteiligt. Nach der Anmeldung des Schrägwalz-Patents, zu Beginn des Jahres 1885, setzte er sein Studium fort, wurde jedoch, wie die erhalten gebliebene Korrespondenz belegt, vom Vater und den Erfindern sowie seinem Vetter Dr. Fritz Koegel (1860-1904) über die weitere Entwicklung, insbesondere über die fortgeführten Versuche, regelmäßig informiert. Er erfuhr nicht allein von der Patenterteilung, sondern auch von den vielversprechenden Besuchen Düsseldorfer, saarländischer und französischer Unternehmer in Remscheid, die zu Lizenzvergaben oder der Vorbereitung gemeinsamer Unternehmen zur Verwertung des Schrägwalz-Verfahrens führten.
Besonders weitreichend waren die Verhandlungen mit der Familie Siemens; Werner von Siemens (1816-1892) und sein Bruder Friedrich (1826-1904) beteiligten sich nicht nur an den Mannesmannröhren-Gesellschaften in Bous/Saarland (1886), deren Aufsichtsrat Carl sowie seine Brüder Reinhard und Max angehörten, und Komotau/Böhmen (1887), deren technische Leitung der Bruder Alfred übernahm, sondern sie gründeten gemeinsam mit den Erfindern ein weiteres Unternehmen in Landore bei Swansea/Wales (1887), wo ein weiterer Bruder, William Siemens (1823-1883), ein modernes Stahlwerk betrieb. Ein Verwandter von dessen Frau, eine geborene Gordon, war gleichfalls beteiligt und im Vorstand der Gesellschaft. Über die britischen Pläne erfuhr Carl im August 1887 anlässlich eines längeren Aufenthalts in Wien, wo er die Repräsentanz des Komotauer Werks einrichtete. Im selben Jahr entstand in Remscheid eine weitere Röhrengesellschaft mit Carl, Reinhard und Max als Prokuristen.
Ein Jahr später wurde er für zwei Jahre zum Managing Director der Mannesmann Tube Co. Ltd. bestellt. In dieser Funktion war er für das Gesamtunternehmen, vor allem für die Technik, zuständig. Das Werk entstand unter seiner Leitung. Die Erfinder kamen selbst wiederholt nach Wales, um auftretende Probleme zu lösen und das Anfang der 1890er Jahre erfundene Pilgerschritt-Verfahren, eine wesentliche Ergänzung des Schrägwalz-Verfahrens, einzuführen; außerdem stellte das Werk Remscheid Führungs- und Facharbeiter zur Verfügung. In dieser hinsichtlich der Personalführung noch stark paternalistisch geprägten Zeit umfasste die Verantwortung des Chefs selbst die Erteilung der Heiratserlaubnis – zumindest indirekt, weil erst eine entsprechende Erhöhung des Lohns eine Familiengründung möglich machte. In einem der bekannten Fälle machte der Vater des Bräutigams, wie er die Unternehmensleitung wissen ließ, seine Zustimmung ausdrücklich von der Zahlung einer Altersunterstützung abhängig. Auch bei Qualitätsmängeln und Terminüberschreitungen war Carl Mannesmann der Ansprechpartner.
Nachdem die Anfangsschwierigkeiten überwunden waren, erhielt die Gesellschaft mehr Aufträge, als sie über Kapazitäten verfügte, diese termingerecht auszuführen. Als Wegbahnerin hatte sich die Führung der chilenischen und vor allem der britischen Kriegsmarine erwiesen, die bemerkenswert früh die Vorteile der Mannesmannröhren für die Leistungsstärke und insbesondere die Sicherheit ihrer Schiffe erkannt und angeordnet hatten, dass bei allen Neubauten nur noch nach dem Mannesmann-Verfahren hergestellte Rohre Verwendung finden sollten. Einen wahren Fahrradboom lösten die Mannesmann-Produkte in den USA aus. Die kontinentalen Mannesmannröhren-Werke, insbesondere das Remscheider und Bouser Werk, mussten beteiligt werden, um die Aufträge fristgerecht abwickeln zu können. Umgekehrt half Landore den Schwesterwerken bei Engpässen; beispielsweise erhielt Remscheid das Vormaterial für Glühtöpfe und Granatenmäntel zur Ausrüstung der preußischen Armee; allerdings beklagte man sich hier im Februar 1890 über die schlechte Stahl-Qualität mit bis zu 45 Prozent Ausschuss. Hinzu kamen Rohre für Pipeline-Projekte. Carl erwies sich als geschickter Vermittler, der auch gesellschaftliche Ereignisse und private Zusammenkünfte geschäftsfördernd zu nutzen wusste.
Als Mitte des Jahres 1890 die große Deutsch-Österreichische Mannesmannröhren-Werke AG mit Sitz in Berlin gegründet wurde, deren Aufsichtsrat Carl bis 1895 angehörte, weigerte sich die Familie Siemens, die britische Gesellschaft, die sich inzwischen fast vollständig in ihrem Besitz befand, in den neuen Konzern, der mit einem Aktienkapital in Höhe von 35 Millionen Mark zu den zehn größten im Deutschen Reich gehörte, einzubringen. Sie beschloss, diese auf eigene Rechnung fortzuführen. Es spricht für das Ansehen, das sich Carl inzwischen erworben hatte, dass er trotzdem seine Chefposition behielt und erst 1894 die Leitung von Landore niederlegte, um im Auftrag des Unternehmens in den USA ein Vertriebsnetz aufzubauen. Kurze Zeit später schied er jedoch aus und arbeitete mit seinen seit der Weltausstellung von 1893 in Chicago tätigen Brüdern Reinhard, Alfred und Robert zusammen. 1895 beteiligte er sich an der Errichtung eines Mannesmannröhren-Werkes in Waterbury/Connecticut und nachdem dieses samt Kraftzentrale abgebrannt war, am Bau eines zweiten Werkes in Adams/Massachusetts. Während seiner Zeit in Nordamerika unternahm Carl eine mehrmonatige Jagdtour in Kanada.
Den wirtschaftlichen Plänen der Brüder war in Amerika kein Glück beschieden. Zwar bestand großes Interesse an den Produkten, aber Patentstreitigkeiten, die Unkenntnis der Rechtslage, Leichtgläubigkeit gegenüber Partnern, der Brand, der es verhinderte, die gute Konjunktur zu nutzen, und die die Investoren und die Kundschaft verunsichernde Informationen über gerichtliche Auseinandersetzungen der Familie Mannesmann in Deutschland, verwehrten den Erfolg. Außerdem kam bei einem privaten Brandunfall ein guter Freund, der als Ingenieur die Fabrikation leitete, ums Leben, während sich Reinhard schwere Brandverletzungen zuzog, die einen längeren Krankenhausaufenthalt erforderlich machten. Wiederholt sah sich der in Remscheid um die Prozesse, die anderen Auslandsvorhaben sowie um weitere Projekte kümmernde Bruder Max gezwungen, Geld zu überweisen. Weil die Mittel für Weihnachtsgeschenke fehlten, wurden die Lieben daheim mit selbst verfassten Gedichten bedacht. Dabei verkehrten die Brüder in den besten Kreisen, waren sogar zu Gast im Weißen Haus und verfolgten die Rede des Präsidenten anlässlich der 1. Kuba-Krise von 1898 von der Senatorenloge aus. 1899 kehrten die Brüder nach Remscheid zurück.
Nun lebten die Brüder wieder gemeinsam mit ihrer Mutter – der Vater war 1894 gestorben – in einem Haus und widmeten sich ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Erfinden. Wie ein Augen- und Ohrenzeuge glaubhaft versichert, ließen die Brüder ihre Schlafzimmertüren offen, um sich über neue Ideen unverzüglich austauschen zu können. Mit Nachdruck wurde vor allem an der Verbesserung der Gasbeleuchtung gearbeitet und mit der Erfindung des hängenden Gasglühlichts, das 60 Prozent Brennstoff sparte, ein technischer und wirtschaftlicher Erfolg erzielt, der der Familie neue große Aussichten eröffnete. Zwar kam es auch hier zu Anfechtungen, aber alle gerichtlichen Auseinandersetzungen verliefen zugunsten der Erfinder; alle Hersteller von Gaslampen wurden Lizenznehmer. Die wichtigsten Patente sind auf den Namen von Reinhard und insbesondere von Otto Mannesmann ausgestellt worden. Wir wissen jedoch, dass daran, mehr noch als beim Schrägwalz-Verfahren, alle Brüder beteiligt waren. Carl machte beispielsweise im Oktober 1898, wie einem Schreiben von Reinhard an Max und Otto, die sich in Berlin aufhielten, zu entnehmen ist, Versuche mit verschiedenen Brennstoffen und unterschiedlichen Glühkörpern. 1900 wurde das Zinkerzbergwerk Mies in Böhmen erworben, dessen Ausbeute in Deutschland verhüttet.
1901 zog Carl als erster der Brüder aus dem väterlichen Hause aus, um einen eigenen Hausstand zu gründen. Er heiratete die 20 Jahre jüngere Emilie Rosalie Luckhaus (1881-1966), Tochter einer reich begüterten Kaufmannsfamilie aus Remscheid-Hasten, die maßgeblich an dem bedeutenden Fernhandelsunternehmen Luckhaus & Günther beteiligt war. Das Paar bezog zunächst eine Wohnung in der Ludwigstraße, dann das Haus neben der Mannesmannschule an der heutigen Burger Straße. 1907/1908 bis 1910 errichtete Carl ein stattliches Haus gegenüber dem ehemaligen Mannesmann-Park mit Blick ins Tal und auf die Kern-Stadt Remscheid. Das Haus beeindruckt von außen durch seine klaren Formen und im Innern durch seine bürgerlich gediegene, jedoch in vieler Hinsicht überaus praktische Ausstattung. Hier hat er mit seiner Frau sein ganzes Leben lang gewohnt – auch nachdem im Zweiten Weltkrieg eine Phosphorbombe das Dach samt Obergeschoss zerstört hatte; das „Notdach“ ist erst vor einigen Jahren durch eine neue Konstruktion, das dem Original entspricht, ersetzt worden. Hier sind auch die drei Söhne Walter, Heinz und Claus und die Tochter Lotte geboren und groß geworden.
Carl übernahm 1901 mit seinem Bruder Otto die Leitung der Mannesmann Sparlichtgesellschaft, die ihren Sitz erst in Berlin, dann in Remscheid hatte und an der Lempstraße eine Lampenfabrik betrieb. Auch an den Erzbergwerken, die von den Brüdern am Rhein und in Böhmen erworben wurden, war er beteiligt. Als ab 1908 die Familie Mannesmann in Marokko einen wirtschaftlichen Schwerpunkt bildete, blieb Carl mit Max in Remscheid, beteiligte sich jedoch an mehreren dort tätigen Gesellschaften. Er übernahm den Vorsitz im Vorstand der Marokko-Mannesmann & Co. GmbH und der Mannesmann-Handelscompagnie sowie später in der vereinigten Marokko-Mannesmann AG; außerdem leitete er das Technische Büro Remscheid der Brüder.
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurden die marokkanischen Besitzungen als Feindvermögen beschlagnahmt und schließlich, abgesehen von den landwirtschaftlichen Anwesen, entschädigungslos enteignet. Die Lichtfabrik wurde ausgebaut und auf Kriegslieferungen umgestellt; in der Folge wurde die Lichtgesellschaft in Mannesmann Waffen- und Munitions-Werke umfirmiert. Hier waren schließlich rund 4.500 männliche und weibliche Arbeitskräfte unter anderem mit der Herstellung von täglich etwa 10.000 Zündern und 10.000 Granaten vom Kaliber 7,6 cm beschäftigt. An der Lempstraße entstand das noch heute beeindruckende Verwaltungsgebäude. Die kaufmännische Leitung des Unternehmens lag bei Carl Mannesmann.
Nach dem Kriege gab es dafür keinen Bedarf mehr. Außerdem waren die politischen Verhältnisse so unsicher, dass die Fertigung in allen Werken ruhte. Die Produktion wurde schließlich umgestellt zum einen erneut auf Licht, allerdings nun auf Gas- und elektrische Glühlichtanlagen, auf den Bau von mit elektrischer Energie betriebener Kühlmöbel und dann vor allem von Personenkraftwagen, bis hin zum 8-Zylinder-Luxusfahrzeug mit Maybach-Karosserie. Hinzu kam noch die vorher von Max und dann von Reinhard technisch geleitete Mannesmann Mulag, die in Aachen und in Gremberghoven bei Köln Lastkraftwagen sowie motorisierte Ackerschlepper baute, ferner die Mannesmann-Haus-Gesellschaft, die an der Lempstraße Hauselemente aus Beton fertigte, mit Schwerlastern zur Baustelle transportierte und mit Hilfe von Krananlagen montierte. Auch die ehemals in Westhoven bei Köln betriebene Mannesmann Chemische Werke mbH, die pharmazeutische Produkte herstellte, wurde nach Remscheid verlegt. 1924 kam die Mannesmann-Coburg Berg- und Hüttenwerke A.G. in der Tschechoslowakei hinzu.
Für dieses Firmenkonglomerat waren, nachdem die Brüder Robert, Max, Otto und schließlich auch Reinhard verstorben waren, Carl und Alfred die verantwortlichen Unternehmer. Carl übernahm den Vorsitz im Aufsichtsrat der Mannesmann Mulag. Die Entwicklungsarbeit, die zuvor mit großem Erfolg erst von Max und dann von Reinhard geleistet worden war, musste man nun weitgehend Firmenfremden überlassen. Die unsicheren politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse hatten lange den Neuanfang erschwert; dann führten unzureichende Komponentenleistungen und Konstruktionsfehler zu Imageverlusten und die Einstellung, dafür die volle Verantwortung übernehmen und Ersatz leisten zu müssen, zu sich häufenden Verlusten, die durch Zubußen aus dem Familienvermögen beglichen wurden. Schließlich machten die Folgen der Weltwirtschaftskrise der Produktion von Pkw und Nutzfahrzeugen ein Ende; auch die übrigen Gesellschaften wurden mit Verlusten liquidiert. Seine „Verdienste als Pionier deutscher Technik und deutschen Unternehmergeistes im Auslande“ wurden im März 1924 durch die Verleihung des Dr.-Ing. e.h. durch die TH Aachen anerkannt. Die vom Verlag „Unsere Zeit“ herausgegebene „International Bridge of Trade“ veröffentlichte 1929 unter dem Stichwort „Leading Men at Home and Abroad“ einen detaillierten biographischen Beitrag mit Foto.
Gemeinsam mit der Witwe seines verstorbenen Bruders Reinhard und seinem Bruder Alfred war Carl 1927 an folgenden Unternehmen beteiligt: Mannesmann Industrie- u. Handels AG in Liqu., Berlin; Mannesmann Motoren-Werke & Co., Remscheid; Mannesmann-Automobil-Gesellschaft mbH, Remscheid; Mannesmann-Mulag, Aachen; Mannesmann Kälte-Industrie AG, Döberitz; Mannesmann Kühlapparate-Vertriebs-Gesellschaft mbH, Berlin; Mannesmann Licht-AG, Berlin; Mannesmann-Coburg Berg- u. Hüttenwerke AG, Trnava/Tschechoslowakei; Gewerkschaft Hansea und die Grube Curatin; hinzu kamen Besitzrechte in Spanisch-Marokko sowie Ansprüche auf Liquidationsschäden in Französisch-Marokko.
Die Existenzgrundlage der Familien von Carl und Alfred Mannesmann bildete bis 1945 hauptsächlich die 1921 gegründete Mannesmann-Handelsgesellschaft, Sofia. Diese ging auf eine Aktivität von Bruder Reinhard im Ersten Weltkrieg zurück. Durch Verfügung der bulgarischen Regierung wurden ihr sämtliche Auslandsaufträge, die Bulgarien zu vergeben hatte, insbesondere Loks, Waggons sowie Eisenbahnbaumaterial, übertragen. 1922 erhielt die Familie Mannesmann auch das Salzmonopol in Bulgarien. Grundlage für die landesweite Versorgung bildete die Saline Burgas am Schwarzen Meer, die beträchtlich erweitert wurde und schließlich eine der bedeutendsten Anlagen im Lande war.
Schließlich gründeten Carl und Alfred 1931 unter der noch heute bestehenden Firma Brüder Mannesmann GmbH ein Unternehmen zur Fertigung von speziellen Maschinenmessern und Holzbearbeitungswerkzeugen. Dieses bildete nach dem Zweiten Weltkrieg die Grundlage für den unternehmerischen Wiederanfang durch den ältesten Sohn, Walter (1902-1984), und dann den Enkel, Reinhard C. Mannesmann (geb. 1946). Der zweite Sohn, Heinz (1904-1982), gründete als promovierter Diplom-Ingenieur ein eigenes Unternehmen für Kältetechnik; der jüngste Sohn, der Dipl.-Vw. Dr. rer. pol. Claus Herbert (1907-1945), der 1931 mit einer Arbeit über das Thema „Die Unternehmungen der Brüder Mannesmann in Marokko“ von der Universität Würzburg promoviert worden war, ist als Schlachtflieger im Kampf um Berlin am 27.1.1945 ums Leben gekommen.
1941 hatten die beiden Brüder und die Witwe ihres Bruders Reinhard einen Konsortialvertrag mit der Mannesmannröhren-Werke AG und der Deutschen Kali-Syndikat GmbH abgeschlossen. Gegenstand dieses so genannten Marokko-Konsortiums war eine Nutzung der alten und infolge des Ersten Weltkriegs verlorenen Besitzrechte (Erze, Kohle, Öl, Phosphat und andere Düngemittel) in Nordafrika. Man rechnete damals damit, dass nach dem baldigen Ende des Kriegs und dem zu schließenden Friedensvertrag mit Frankreich die kolonialen Interessen neu aufgeteilt würden, die Familie Mannesmann ihre alten Rechte wiedererlangen bzw. die Möglichkeit zum Rückerwerb erhalten würde. Von den erwirtschafteten Erlösen sollten 80 Prozent den Mannesmann-Familien zufallen. Die in dieses Unternehmen gesetzten hohen Erwartungen haben sich auch nicht ansatzweise erfüllt – weder während des Krieges noch danach. 1962 haben die genannten Unternehmen den Vertrag gekündigt; zehn Jahre später beendeten auch die drei Mannesmann-Familien ihre Mitgliedschaft im „vermögenslosen“ Konsortium (ohne indes ihre Hoffnungen ganz zu begraben).
Carl Mannesmann verbrachte seine letzten Jahre, die wenig von dem Glanz der frühen Jahre, als Mannesmann zu den reichsten Familien in Deutschland gehört hatte, übrig gelassen hatten, in Bescheidenheit, ohne zu klagen. Bis zum Schluss behielt er die bereits in jungen Jahren praktizierte Übung, eine weiße Blüte im Knopfloch des Jacketts zu tragen, bei. Er starb am 28.3.1950 in Remscheid und fand seine letzte Ruhe in der Familiengrabstätte auf dem Remscheider Südfriedhof.
Quellen
Salzgitter AG Konzernarchiv/Mannesmann-Archiv, Mülheim an der Ruhr.
Brand-Mannesmann, Ruthild, Dokumente aus dem Leben der Erfinder, Remscheid 1965;
Literatur
Wessel, Horst A., Globale Unternehmensaktivitäten im Spannungsfeld von unternehmerischem Gestaltungswillen und (wirtschafts-) politischen Realitäten. Das Beispiel der Familie Mannesmann aus Remscheid, in: Hilger, Susanne/Soénius, Ulrich S. (Hg.), Netzwerke-Nachfolge-Soziales Kapital. Familienunternehmen im Rheinland im 19. und 20. Jahrhundert, Köln 2009, S. 66-102.
Wessel, Horst A., Die Techniker der Familie Mannesmann, in: Weber, Wolfhard (Hg.), Ingenieure im Ruhrgebiet, Münster 1999, S. 123-148.
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Wessel, Horst A., Carl Mannesmann, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/carl-mannesmann/DE-2086/lido/57c9472b29c3c4.20194015 (abgerufen am 06.12.2024)