Zu den Kapiteln
Schlagworte
Caroline von Satzenhoven (auch Satzenhofen) war Äbtissin des Damenstifts Vilich und die Geliebte des kurkölnischen Ersten Ministers Caspar Anton von Belderbusch (1722-1784).
Die Äbtissin war zeitlebens äußerst selbständig – nicht zuletzt in finanziellen Angelegenheiten. Sie starb als hoch vermögende Frau. Nach dem Tod von Belderbuschs kursierten in Bonn und Umgebung Schmähschriften, die ein höchst negatives Bild von ihr zeichneten. Sie sei geldgierig und in die dubiosen Geschäfte ihres Geliebten wie beispielsweise Ämterverkäufe verstrickt gewesen. Diese Darstellung ist auch in der Literatur lange unkritisch übernommen worden. Es stellt sich allerdings die Frage, ob nicht vielmehr davon auszugehen ist, dass sich die aufgestaute Wut bestimmter Kreise nach dem Tod des mächtigen Ersten Ministers nicht nur gegen diesen in solchen Pasquillen entlud, sondern auch gegen die zu diesem Zeitpunkt bereits schwer kranke Vilicher Äbtissin.
Johanna Caroline Gräfin von Satzenhoven, gen. Caroline, kam 1728 als eine von sechs Töchtern des Generalmajors der kölnischen Truppen und Kammerherrn, sowie Geheimen und Kriegsrats Carl Martin Ferdinand Reichsgraf von Satzenhoven zu Bechtoldshoven (Pertolshoven) und Kreuzberg (an der Ahr) (1692-1740) und dessen Ehefrau Maria E. Anna Freiin von Bernsau zu Schweinheim (circa 1700-nach 1762) zur Welt. Wie in dieser Zeit üblich, mussten die hochadeligen Töchter standesgemäß verheiratet oder anderweitig versorgt werden. Während vier von Carolines Schwestern in den Bonner Stiften Dietkirchen, Schwarz-Rheindorf und Vilich unterkamen, erhielt Caroline 1747 zunächst eine Pfründe im westfälischen Nottuln. 1751, also rund vier Jahre später, wechselte sie auf Vermittlung ihrer Schwester Odilie (Lebensdaten unbekannt) nach Vilich.
Bereits 1748 lernte die damals 20-jährige anlässlich der Hochzeit ihrer Schwester Johanna Ambrosina Franzisca (Lebensdaten unbekannt) mit Maximilian Wilhelm von Belderbusch (Lebensdaten unbekannt) den jüngeren Bruder des Bräutigams kennen: Caspar Anton von Belderbusch. Dieser war als Deutschordensritter zur Ehelosigkeit verpflichtet. Seit seiner Ernennung zum Komtur des Deutschen Ordens in Ordingen im Jahr 1752 hielt sich dieser häufig am Bonner Hof des Kölner Kurfürsten Clemens August auf und fungierte 1754 bei der Hochzeit von Carolines Schwester Odilie mit Johann Jacob Freiherrn von Leerodt (1733-1790) als Trauzeuge. Die Kontakte der Familien waren also eng. Inwiefern dies auch für die persönlichen Kontakte von Caroline und Caspar Anton zutraf, ist für diesen frühen Zeitraum schwer nachzuweisen.

Gemälde von Caspar Anton Reichsgraf von Belderbusch, undatiert. (Stadtmuseum Bonn)
1762 wurde Caroline zur neuen Äbtissin von Vilich gewählt. Hierzu gratulierte ihr auch der Vater Caspar Antons, Vincenz Philipp von Belderbusch (1690-1771), der der Schwester seiner Schwiegertochter zugleich sein Bedauern mitteilte, dass sie nicht den Weg der Ehe und möglicher Kinder gewählt hatte. Diese Anspielung wird in der Forschung als Hinweis auf die bereits bestehende Liaison Carolines mit Caspar Anton gewertet.
Eine Stiftung ihrer Mutter Maria Anna, die selbst vor ihrer Heirat Kanonisse in Vilich gewesen war, ermöglichte Caroline in den Jahren 1763 bis 1767 eine umfassende Renovierung der Stiftskirche, die allerdings im 19. Jahrhundert zum Teil wieder rückgängig gemacht wurde. Eine von der Erzstiftischen Ritterschaft 1770 beantragte Zusammenlegung der Stifte Vilich und Schwarz-Rheindorf mit Dietkirchen wurde von den Kanonissen abgewehrt. Die Unterschrift Carolines fehlt auf der Stellungnahme. Möglich wäre, dass sie sich bewusst zurückgehalten hatte, um dem Vorwurf zuvorzukommen, ihr ginge es nur um die Äbtissinnenstelle und die damit verbundene Möglichkeit, ihre zu diesem Zeitpunkt bereits allgemein bekannte Liaison mit Caspar Anton von Belderbusch leichter ausleben zu können.
In der Zeit von 1767 bis 1772 ließ der inzwischen zum kurfürstlichen Ersten Konferenzminister ernannte Belderbusch in der von ihm erworbenen Herrlichkeit (Unterherrschaft) Miel (Rhein-Sieg-Kreis) anstelle der dort befindlichen baufälligen alten Wasserburg ein Schloss erbauen. Dieses ländliche Refugium sollte – anders als die Dienstwohnung im kurfürstlichen Schloss in Bonn – der privaten Sphäre vorbehalten bleiben. Das Schloss war als Wohnsitz für seinen Bruder Maximilian Wilhelm und dessen Sohn Anton, aber auch für Caroline gedacht. Dies belegt die im später erstellten Inventar des Schlosses aufgenommene Bezeichnung Schlafzimmer der Äbtissin. Caroline bewohnte außerdem das ursprünglich Belderbusch gehörende Haus Am Hof gegenüber der Bonner kurfürstlichen Residenz, welches sie später selbst erwarb. Dort hielt sie sich meist auf, wenn sie nicht in Vilich weilte. Weiterhin erwarb sie von dem kurpfälzischen Staatsrat Joseph Sebastian von Castell (Lebensdaten unbekannt) dessen Haus am Vierecksplatz. Häufiger nachzuweisen ist sie zudem in Oberdrees (Rhein-Sieg-Kreis), einem siebenteiligen Kondominium, das ursprünglich zur Herrschaft Tomberg gehört hatte und von dem ein Anteil an die Familie Satzenhoven gekommen war. Nur wenige Kilometer in südlicher Richtung von Miel entfernt musste es sich anbieten, dass sie von hier aus wiederholt der Baustelle einen Besuch abstattete und dem in Bonn vielbeschäftigten Minister über die Fortschritte berichtete.
Die Beziehung Carolines von Satzenhoven zu Caspar Anton von Belderbusch war von der beiderseitigen Verpflichtung zur Ehelosigkeit geprägt. Unter dem Deckmantel des verwandtschaftlichen Umgangs blieb die Etikette gewahrt. Symbolisch verdeutlicht wird dies durch die Platzierung eines Porträts Carolines von Johann Heinrich Fischer (1735-1789). Es handelt sich hierbei um eines von zwei aufeinander bezogene Bildnissen, die sich in dem 1779 von Belderbusch erworbenen und daher auch Belderbuscher Hof genannten (im 2. Weltkrieg zerstörten) Stadtpalais in Bonn befanden. Während sein Porträt sich über dem Kamin des großen Gobelinsaales befand, war das der Äbtissin an gleicher Stelle im Saal des Erdgeschosses angebracht, eine Maßnahme, die den Eindruck vermeiden sollte, dass es sich bei einer sonst üblichen parallelen Hängung beider Bildnisse um die aufeinander bezogene Darstellung von Eheleuten handele.
Belderbusch starb unerwartet am 2.1.1784. In seinem Testament hatte er verfügt, dass sein Neffe Anton von Belderbusch als Haupterbe eingesetzt werden, Caroline aber bezüglich der Inventarisierung seines Besitzes die Aufsicht führen sollte. In Kenntnis der letztwilligen Verfügung ihres Lebensgefährten, sowie sicherlich auch bestimmt von dem Wissen um ihre eigene tödliche Krankheit diktierte die 56-jährige ihrerseits im Februar ein Testament, das in der Folgezeit mancherlei Veränderungen erfuhr. Zunächst setzte auch sie ihren Neffen Anton von Belderbusch unter fideikommissarischer Auflage als Erben ein. Für den Fall, dass dieser ohne Erben stürbe, sollten nach seinem Tod 80.000 Rheinische Gulden einerseits für genau festgelegte karitative Zwecke genutzt werden und andererseits Carolines weiblichen Verwandten zugutekommen.
Nach dem Tod Caspar Antons von Belderbusch wurde Caroline zum Ziel einer groß angelegten Verleumdungskampagne. Als der Einfluss des bei bestimmten Kreisen verhassten Ministers sie nicht mehr schützen konnte, glaubten die Feinde Belderbuschs zugleich auch mit seiner langjährigen Lebensgefährtin abrechnen zu können. Zwar lebte sie zu diesem Zeitpunkt noch, litt jedoch, was einige ihrer Zeitgenossen offensichtlich sehr wohl wussten, an einer schweren Krebserkrankung im letzten Stadium. Die Abneigung gegen Caroline, die sich in den Schmähschriften manifestierte, rührte daher, dass deren Verfasser sich im Klaren darüber zu sein glaubten, sie und Belderbusch hätten bei den ihnen angelasteten Spitzbübereien und Betrügereien Hand in Hand gearbeitet. Nicht zuletzt wurde behauptet, sie und Caspar Anton seien die eigentlichen Eltern ihres jüngsten Neffens Anton, der deshalb von beiden zum Haupterben des jeweiligen Vermögens eingesetzt worden sei. Diese Behauptung ist aber nicht zu beweisen, zumal es nicht ungewöhnlich ist, dass geistliche Männer und Frauen ihren Nachlass ihren Geschwistern oder deren Kindern vermachten. Auch die übrigen Verleumdungen müssen mit einem Fragezeichen versehen werden, da sie vor allem von abgewiesenen Petenten in Umlauf gebracht worden waren.
Caroline von Satzenhoven starb am 23.1.1785. Sie wurde wie ihre Mutter Maria Anna, aber auch wie ihr Lebensgefährte Caspar Anton von Belderbusch in der 1812 niedergelegten Kirche St. Martin in Bonn beigesetzt.
Literatur und Quellen
Penning, Wolf D., Caroline von Satzenhoven – Äbtissin von Vilich (1728-1785) und Lebensgefährtin des Landkomturs und kurkölnischen Ministers Caspar Anton von Belderbusch. Dokumente und Materialien zu einer Biographie, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 217 (2014), S. 149-191; darin Vollabdruck des neu erschlossenen Quellenmaterials (S. 175-190).

Titelblatt des Gebetsbuches der späteren Äbtissin Karoline Gräfin von Satzenhoven, 2025. (Kirchengemeinde St. Peter Vilich)
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Penning, Wolf D., Caroline von Satzenhoven, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/caroline-von-satzenhoven-/DE-2086/lido/6808fc888b0612.47775261 (abgerufen am 14.05.2025)
Veröffentlicht am 30.04.2025