Caroline von Satzenhoven

Äbtissin (1728-1785)

Wolf D. Penning (Herzogenrath)

Gemälde von Johanna Caroline Gräfin von Satzenhoven, undatiert. (Privatbesitz)

Ca­ro­li­ne von Satz­en­ho­ven (auch Satz­en­ho­fen) war Äb­tis­sin des Da­men­stifts Vi­lich und die Ge­lieb­te des kur­k­öl­ni­schen Ers­ten Mi­nis­ters Cas­par An­ton von Bel­der­busch (1722-1784).

Die Äb­tis­sin war zeit­le­bens äu­ßerst selb­stän­dig – nicht zu­letzt in fi­nan­zi­el­len An­ge­le­gen­hei­ten. Sie starb als hoch ver­mö­gen­de Frau. Nach dem Tod von Bel­der­buschs kur­sier­ten in Bonn und Um­ge­bung Schmäh­schrif­ten, die ein höchst ne­ga­ti­ves Bild von ihr zeich­ne­ten. Sie sei geld­gie­rig und in die du­bio­sen Ge­schäf­te ih­res Ge­lieb­ten wie bei­spiels­wei­se Äm­ter­ver­käu­fe ver­strickt ge­we­sen. Die­se Dar­stel­lung ist auch in der Li­te­ra­tur lan­ge un­kri­tisch über­nom­men wor­den. Es stellt sich al­ler­dings die Fra­ge, ob nicht viel­mehr da­von aus­zu­ge­hen ist, dass sich die auf­ge­stau­te Wut be­stimm­ter Krei­se nach dem Tod des mäch­ti­gen Ers­ten Mi­nis­ters nicht nur ge­gen die­sen in sol­chen Pas­quil­len ent­lud, son­dern auch ge­gen die zu die­sem Zeit­punkt be­reits schwer kran­ke Vi­li­cher Äb­tis­sin. 

Jo­han­na Ca­ro­li­ne Grä­fin von Satz­en­ho­ven, gen. Ca­ro­li­ne, kam 1728 als ei­ne von sechs Töch­tern des Ge­ne­ral­ma­jors der köl­ni­schen Trup­pen und Kam­mer­herrn, so­wie Ge­hei­men und Kriegs­rats Carl Mar­tin Fer­di­nand Reichs­graf von Satz­en­ho­ven zu Bech­told­s­ho­ven (Per­tols­hoven) und Kreuz­berg (an der Ahr) (1692-1740) und des­sen Ehe­frau Ma­ria E. An­na Frei­in von Bern­sau zu Schwein­heim (cir­ca 1700-nach 1762) zur Welt. Wie in die­ser Zeit üb­lich, muss­ten die hoch­ade­li­gen Töch­ter stan­des­ge­mäß ver­hei­ra­tet oder an­der­wei­tig ver­sorgt wer­den. Wäh­rend vier von Ca­ro­li­nes Schwes­tern in den Bon­ner Stif­ten Diet­kir­chen, Schwarz-Rhein­dorf und Vi­lich un­ter­ka­men, er­hielt Ca­ro­li­ne 1747 zu­nächst ei­ne Pfrün­de im west­fä­li­schen Not­tuln. 1751, al­so rund vier Jah­re spä­ter, wech­sel­te sie auf Ver­mitt­lung ih­rer Schwes­ter Odi­lie (Le­bens­da­ten un­be­kannt) nach Vi­lich.

Be­reits 1748 lern­te die da­mals 20-jäh­ri­ge an­läss­lich der Hoch­zeit ih­rer Schwes­ter Jo­han­na Am­bro­si­na Fran­zis­ca (Le­bens­da­ten un­be­kannt) mit Ma­xi­mi­li­an Wil­helm von Bel­der­busch (Le­bens­da­ten un­be­kannt) den jün­ge­ren Bru­der des Bräu­ti­gams ken­nen: Cas­par An­ton von Bel­der­busch. Die­ser war als Deut­schor­dens­rit­ter zur Ehe­lo­sig­keit ver­pflich­tet. Seit sei­ner Er­nen­nung zum Kom­tur des Deut­schen Or­dens in Or­din­gen im Jahr 1752 hielt sich die­ser häu­fig am Bon­ner Hof des Köl­ner Kur­fürs­ten Cle­mens Au­gust auf und fun­gier­te 1754 bei der Hoch­zeit von Ca­ro­li­nes Schwes­ter Odi­lie mit Jo­hann Ja­cob Frei­herrn von Lee­rodt (1733-1790) als Trau­zeu­ge. Die Kon­tak­te der Fa­mi­li­en wa­ren al­so eng. In­wie­fern dies auch für die per­sön­li­chen Kon­tak­te von Ca­ro­li­ne und Cas­par An­ton zu­traf, ist für die­sen frü­hen Zeit­raum schwer nach­zu­wei­sen.

Gemälde von Caspar Anton Reichsgraf von Belderbusch, undatiert. (Stadtmuseum Bonn)

 

1762 wur­de Ca­ro­li­ne zur neu­en Äb­tis­sin von Vi­lich ge­wählt. Hier­zu gra­tu­lier­te ihr auch der Va­ter Cas­par An­tons, Vin­cenz Phil­ipp von Bel­der­busch (1690-1771), der der Schwes­ter sei­ner Schwie­ger­toch­ter zu­gleich sein Be­dau­ern mit­teil­te, dass sie nicht den Weg der Ehe und mög­li­cher Kin­der ge­wählt hat­te. Die­se An­spie­lung wird in der For­schung als Hin­weis auf die be­reits be­ste­hen­de Liai­son Ca­ro­li­nes mit Cas­par An­ton ge­wer­tet.

Ei­ne Stif­tung ih­rer Mut­ter Ma­ria An­na, die selbst vor ih­rer Hei­rat Ka­no­nis­se in Vi­lich ge­we­sen war, er­mög­lich­te Ca­ro­li­ne in den Jah­ren 1763 bis 1767 ei­ne um­fas­sen­de Re­no­vie­rung der Stifts­kir­che, die al­ler­dings im 19. Jahr­hun­dert zum Teil wie­der rück­gän­gig ge­macht wur­de. Ei­ne von der Erz­stif­ti­schen Rit­ter­schaft 1770 be­an­trag­te Zu­sam­men­le­gung der Stif­te Vi­lich und Schwarz-Rhein­dorf mit Diet­kir­chen wur­de von den Ka­no­nis­sen ab­ge­wehrt. Die Un­ter­schrift Ca­ro­li­nes fehlt auf der Stel­lung­nah­me. Mög­lich wä­re, dass sie sich be­wusst zu­rück­ge­hal­ten hat­te, um dem Vor­wurf zu­vor­zu­kom­men, ihr gin­ge es nur um die Äb­tis­sin­nen­stel­le und die da­mit ver­bun­de­ne Mög­lich­keit, ih­re zu die­sem Zeit­punkt be­reits all­ge­mein be­kann­te Liai­son mit Cas­par An­ton von Bel­der­busch leich­ter aus­le­ben zu kön­nen.

In der Zeit von 1767 bis 1772 ließ der in­zwi­schen zum kur­fürst­li­chen Ers­ten Kon­fe­renz­mi­nis­ter er­nann­te Bel­der­busch in der von ihm er­wor­be­nen Herr­lich­keit (Un­ter­herr­schaft) Miel (Rhein-Sieg-Kreis) an­stel­le der dort be­find­li­chen bau­fäl­li­gen al­ten Was­ser­burg ein Schloss er­bau­en. Die­ses länd­li­che Re­fu­gi­um soll­te – an­ders als die Dienst­woh­nung im kur­fürst­li­chen Schloss in Bonn – der pri­va­ten Sphä­re vor­be­hal­ten blei­ben. Das Schloss war als Wohn­sitz für sei­nen Bru­der Ma­xi­mi­li­an Wil­helm und des­sen Sohn An­ton, aber auch für Ca­ro­li­ne ge­dacht. Dies be­legt die im spä­ter er­stell­ten In­ven­tar des Schlos­ses auf­ge­nom­me­ne Be­zeich­nung Schlaf­zim­mer der Äb­tis­sin. Ca­ro­li­ne be­wohn­te au­ßer­dem das ur­sprüng­lich Bel­der­busch ge­hö­ren­de Haus Am Hof ge­gen­über der Bon­ner kur­fürst­li­chen Re­si­denz, wel­ches sie spä­ter selbst er­warb. Dort hielt sie sich meist auf, wenn sie nicht in Vi­lich weil­te. Wei­ter­hin er­warb sie von dem kur­pfäl­zi­schen Staats­rat Jo­seph Se­bas­ti­an von Ca­s­tell (Le­bens­da­ten un­be­kannt) des­sen Haus am Vier­ecks­platz. Häu­fi­ger nach­zu­wei­sen ist sie zu­dem in Ober­drees (Rhein-Sieg-Kreis), ei­nem sie­ben­tei­li­gen Kon­do­mi­ni­um, das ur­sprüng­lich zur Herr­schaft Tom­berg ge­hört hat­te und von dem ein An­teil an die Fa­mi­lie Satz­en­ho­ven ge­kom­men war. Nur we­ni­ge Ki­lo­me­ter in süd­li­cher Rich­tung von Miel ent­fernt muss­te es sich an­bie­ten, dass sie von hier aus wie­der­holt der Bau­stel­le ei­nen Be­such ab­stat­te­te und dem in Bonn viel­be­schäf­tig­ten Mi­nis­ter über die Fort­schrit­te be­rich­te­te.

Die Be­zie­hung Ca­ro­li­nes von Satz­en­ho­ven zu Cas­par An­ton von Bel­der­busch war von der bei­der­sei­ti­gen Ver­pflich­tung zur Ehe­lo­sig­keit ge­prägt. Un­ter dem Deck­man­tel des ver­wandt­schaft­li­chen Um­gangs blieb die Eti­ket­te ge­wahrt. Sym­bo­lisch ver­deut­licht wird dies durch die Plat­zie­rung ei­nes Por­träts Ca­ro­li­nes von Jo­hann Hein­rich Fi­scher (1735-1789). Es han­delt sich hier­bei um ei­nes von zwei auf­ein­an­der be­zo­ge­ne Bild­nis­sen, die sich in dem 1779 von Bel­der­busch er­wor­be­nen und da­her auch Bel­der­bu­scher Hof ge­nann­ten (im 2. Welt­krieg zer­stör­ten) Stadt­pa­lais in Bonn be­fan­den. Wäh­rend sein Por­trät sich über dem Ka­min des gro­ßen Go­be­lin­saa­les be­fand, war das der Äb­tis­sin an glei­cher Stel­le im Saal des Erd­ge­schos­ses an­ge­bracht, ei­ne Maß­nah­me, die den Ein­druck ver­mei­den soll­te, dass es sich bei ei­ner sonst üb­li­chen par­al­le­len Hän­gung bei­der Bild­nis­se um die auf­ein­an­der be­zo­ge­ne Dar­stel­lung von Ehe­leu­ten han­de­le.

Bel­der­busch starb un­er­war­tet am 2.1.1784. In sei­nem Tes­ta­ment hat­te er ver­fügt, dass sein Nef­fe An­ton von Bel­der­busch als Haupter­be ein­ge­setzt wer­den, Ca­ro­li­ne aber be­züg­lich der In­ven­ta­ri­sie­rung sei­nes Be­sit­zes die Auf­sicht füh­ren soll­te. In Kennt­nis der letzt­wil­li­gen Ver­fü­gung ih­res Le­bens­ge­fähr­ten, so­wie si­cher­lich auch be­stimmt von dem Wis­sen um ih­re ei­ge­ne töd­li­che Krank­heit dik­tier­te die 56-jäh­ri­ge ih­rer­seits im Fe­bru­ar ein Tes­ta­ment, das in der Fol­ge­zeit man­cher­lei Ver­än­de­run­gen er­fuhr. Zu­nächst setz­te auch sie ih­ren Nef­fen An­ton von Bel­der­busch un­ter fidei­kom­mis­sa­ri­scher Auf­la­ge als Er­ben ein. Für den Fall, dass die­ser oh­ne Er­ben stür­be, soll­ten nach sei­nem Tod 80.000 Rhei­ni­sche Gul­den ei­ner­seits für ge­nau fest­ge­leg­te ka­ri­ta­ti­ve Zwe­cke ge­nutzt wer­den und an­de­rer­seits Ca­ro­li­nes weib­li­chen Ver­wand­ten zu­gu­te­kom­men. 

Nach dem Tod Cas­par An­tons von Bel­der­busch wur­de Ca­ro­li­ne zum Ziel ei­ner groß an­ge­leg­ten Ver­leum­dungs­kam­pa­gne. Als der Ein­fluss des bei be­stimm­ten Krei­sen ver­hass­ten Mi­nis­ters sie nicht mehr schüt­zen konn­te, glaub­ten die Fein­de Bel­der­buschs zu­gleich auch mit sei­ner lang­jäh­ri­gen Le­bens­ge­fähr­tin ab­rech­nen zu kön­nen. Zwar leb­te sie zu die­sem Zeit­punkt noch, litt je­doch, was ei­ni­ge ih­rer Zeit­ge­nos­sen of­fen­sicht­lich sehr wohl wuss­ten, an ei­ner schwe­ren Krebs­er­kran­kung im letz­ten Sta­di­um. Die Ab­nei­gung ge­gen Ca­ro­li­ne, die sich in den Schmäh­schrif­ten ma­ni­fes­tier­te, rühr­te da­her, dass de­ren Ver­fas­ser sich im Kla­ren dar­über zu sein glaub­ten, sie und Bel­der­busch hät­ten bei den ih­nen an­ge­las­te­ten Spitz­bü­be­rei­en und Be­trü­ge­rei­en Hand in Hand ge­ar­bei­tet. Nicht zu­letzt wur­de be­haup­tet, sie und Cas­par An­ton sei­en die ei­gent­li­chen El­tern ih­res jüngs­ten Nef­fens An­ton, der des­halb von bei­den zum Haupter­ben des je­wei­li­gen Ver­mö­gens ein­ge­setzt wor­den sei. Die­se Be­haup­tung ist aber nicht zu be­wei­sen, zu­mal es nicht un­ge­wöhn­lich ist, dass geist­li­che Män­ner und Frau­en ih­ren Nach­lass ih­ren Ge­schwis­tern oder de­ren Kin­dern ver­mach­ten. Auch die üb­ri­gen Ver­leum­dun­gen müs­sen mit ei­nem Fra­ge­zei­chen ver­se­hen wer­den, da sie vor al­lem von ab­ge­wie­se­nen Pe­ten­ten in Um­lauf ge­bracht wor­den wa­ren.

Ca­ro­li­ne von Satz­en­ho­ven starb am 23.1.1785. Sie wur­de wie ih­re Mut­ter Ma­ria An­na, aber auch wie ihr Le­bens­ge­fähr­te Cas­par An­ton von Bel­der­busch in der 1812 nie­der­ge­leg­ten Kir­che St. Mar­tin in Bonn bei­ge­setzt.

Literatur und Quellen

Pen­ning, Wolf D., Ca­ro­li­ne von Satz­en­ho­ven – Äb­tis­sin von Vi­lich (1728-1785) und Le­bens­ge­fähr­tin des Land­kom­turs und kur­k­öl­ni­schen Mi­nis­ters Cas­par An­ton von Bel­der­busch. Do­ku­men­te und Ma­te­ria­li­en zu ei­ner Bio­gra­phie, in: An­na­len des His­to­ri­schen Ver­eins für den Nie­der­rhein 217 (2014), S. 149-191; dar­in Vol­l­ab­druck des neu er­schlos­se­nen Quel­len­ma­te­ri­als (S. 175-190).

Titelblatt des Gebetsbuches der späteren Äbtissin Karoline Gräfin von Satzenhoven, 2025. (Kirchengemeinde St. Peter Vilich)

 
Zitationshinweis

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Penning, Wolf D., Caroline von Satzenhoven, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/caroline-von-satzenhoven-/DE-2086/lido/6808fc888b0612.47775261 (abgerufen am 14.05.2025)

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 30.04.2025