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Der am 28.12.1781 in Kleve geborene Sohn eines Arztes war von 1801 bis 1845 im preußischen Staatsdienst tätig, zuletzt in der Stellung eines Wirklichen Geheimen Rates als Direktor der Abteilung für Handel, Gewerbe und Bauwesen im Innenministerium. Er übte seinen Beruf mustergültig im Geiste der Stein-Hardenbergschen Reformen aus. Beuth blieb seiner Heimatstadt verbunden, auch wenn seine Wirkungsstätte hauptsächlich in der preußischen Hauptstadt lag. Testamentarisch vermachte der Junggeselle der Armenverwaltung von Kleve 4.000 Taler als Hilfsfond für bedürftige Frauen und stiftete für mittellose begabte Studierende der Fächer Architektur und Bauingenieurwesen seiner Heimatstadt zwei fünfjährige Stipendien.
Beuth war wie viele seiner Kollegen ein Anhänger der liberalen Wirtschaftstheorie und befürwortete Gewerbefreiheit statt Zunftzwang, freie Marktwirtschaft statt Privilegiensystem, Konkurrenz statt Protektionismus sowie die Abschaffung von Zollbarrieren im Inneren und mäßige Zölle im Außenhandel. Um dem technischen und wirtschaftlichen Leistungsstreben ein weites Feld zu öffnen, sollte der preußische Staat die gesetzlichen Grundlagen schaffen und beispielhaft vorangehen. Die Wirtschaft konkurrenzfähig zu machen erklärte der Beamte zur Staatspflicht. Er setzte seine ganze Tatkraft ein, um zur Lösung dieser Aufgabe beizutragen.
Im Jahre 1798, mit 17 Jahren, begann Beuth an der Universität Halle, die ihm 1834 die Ehrendoktorwürde verleihen sollte, das Studium der Rechts- und Kameralwissenschaften. Mit 20 Jahren trat er in den preußischen Staatsdienst ein, den er lediglich durch die Teilnahme an den Freiheitskriegen gegen Napoleon unterbrach. Die Soldatenmütze, die er im Lützowschen Freikorps trug, wurde als alltägliche Kopfbedeckung sein Wahrzeichen. Für seine militärischen Verdienste erhielt er das Eiserne Kreuz der Lützowschen Kavallerie. Zurück im preußischen Dienst widmete er sich Steuer- und Gewerbefragen. Als Direktor der Technischen Deputation für das Gewerbe, einer Abteilung des Handelsministeriums, die 1825 dem Innenministerium zugeordnet wurde, startete Beuth ab 1820 seine vielfältigen Aktivitäten zur Förderung der Industrie.
Seit 1821 konnte er als Mitglied des Staatsrats auf höchster Ebene an der Beratung der Regierung mitwirken. Die Deputation war eine Vereinigung von Beamten, Bürgern, Wissenschaftlern und Unternehmern, der die Umsetzung der in den Preußischen Reformen intendierten Freisetzung der wirtschaftlichen Ressourcen auf dem Gebiet der Gewerbe oblag. Sie war in höchster Instanz für die Erteilung von Gewerbescheinen zuständig.
Die von Beuth gesuchte Praxisnähe führte zur Präsentation von Anschauungsobjekten und zur Organisation von Ausstellungen und Lehrsammlungen. Die Berliner Gewerbeausstellung von 1822 stellte eine Initialzündung dar. Die damalige Modellsammlung bildete den Kern des 1867 gegründeten Kunstgewerbemuseums. Höhepunkt und Abschluss von Beuths Tätigkeit im preußischen Staatsdienst stellte die Gewerbeausstellung von 1844 in Berlin dar, eine Leistungsschau des Deutschen Zollvereins. 260.000 Besucher fanden sich ein und besichtigten die Produkte von 3.040 Ausstellern überwiegend privater Betriebe. Ein Glanzstück der Ausstellung war die Lokomotive „Beuth“, die August Borsig (1804-1854) nach dem engagierten Förderer von Industrie und Gewerbe benannt hatte (Nachbau heute im Deutschen Technikmuseum Berlin).
Dem Direktor der Technischen Deputation wurde 1820 die Zuständigkeit für das Gewerbeschulwesen übertragen. 1821 richtete er eine zweiklassige Gewerbeschule ein, ein „Technisches Institut“ mit zunächst 13 Schülern und vier Lehrern, 1826 ergänzt um eine dritte Jahrgangsstufe. Die Institutsordnung sah eine strenge Auslese vor und verlangte eine fast militärische Disziplin ab. Am Ende der Ausbildung sollte eine Qualifikation für leitende Tätigkeiten stehen. Der Schwerpunkt der Ausbildung lag auf Chemie mit Laborübungen, Baukonstruktionen, Maschinenlehre. 1879 entstand aus der Schule nach Zusammenschluss mit der Berliner Bauakademie die Technische Hochschule Charlottenburg, eine Vorgängerin der Technischen Universität Berlin. Der Tradition des „Technischen Instituts“ sehen sich insbesondere Fachhochschulen verpflichtet. Die 1971 gegründete Technische Fachhochschule Berlin heißt seit 2009 „Beuth Hochschule für Technik Berlin“. Sie trägt dem Ruf des Namengebers als „Vater der Ingenieurwissenschaften“ Rechnung.
Publikationen nutzte Beuth gleichfalls als Medium zur Vermittlung neuester Erkenntnisse. 1821 gab er die erste Lieferung der „Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker“ heraus, die von 1821 bis 1837 erschienen. Die Reihe enthielt großformatige Kupferstiche. Sie sollte die Vereinbarkeit von Nützlichkeit und Schönheit industriell gefertigter Produkte dokumentieren. Das Werk, das sich an Formen der Antike orientierte, wurde als Muster für die Herstellung von Gebrauchsgegenständen genutzt und besaß erheblichen Einfluss. Neben dieser Reihe gab Beuth noch „Vorbilder für Bauhandwerker und Maschinenbauer“ sowie Fabriklehrbücher heraus.
Zu den von Beuth betreuten Publikationen gehörten ferner die „Verhandlungen des Vereins zu Beförderung des Gewerbefleißes“, die erste technische Zeitschrift in Deutschland, die von 1822 bis 1930 erschien und viel Beachtung fand. Beuth war der erste Vorsitzende des Vereins, für den es Vorbilder in England, Frankreich und Bayern gab. Die erste Sitzung des Vereins fand am 15.1.1821 im Saal der Stadtverordnetenversammlung zu Berlin statt. Unter den Berliner und auswärtigen Mitgliedern gab es neben Repräsentanten der Wirtschaft viele Prominente aus Politik, Militär, Wissenschaft und Kunst. Der Verein wurde erst im Zweiten Weltkrieg aufgelöst. Darüber hinaus lud Beuth privat einen kleineren Kreis namhafter Persönlichkeiten zu einer ‚Sonntagsgesellschaft‘ ein. Der nach ihm benannte „Beuth-Tisch“ fand nach seinem Tod Nachahmer.
Im Erwerb und Austausch von technischem Wissen schöpfte Beuth die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten voll aus. Er berief ausländische Experten ins Land und entsandte Ingenieure und Techniker zu Informationsreisen ins Ausland, die bis zur Industriespionage reichten. Beuth selbst besuchte in den 1820er Jahren mehrfach England und Frankreich, wo er täglich Fabriken und technische Anlagen, soweit sie zugänglich waren, besichtigte. Er kaufte Maschinen und Konstruktionszeichnungen, Saatgut und Nutztierzüchtungen, wenn nötig, unter Bezahlung von Bestechungsgeldern.
Beuth schied im Herbst 1845 aus dem Staatsdienst aus, nachdem die preußische Regierung zu seinem Leidwesen die Gewerbefreiheit wieder eingeschränkt hatte. Im Jahr darauf legte er auch den Vorsitz des Gewerbevereins nieder. Er konnte nun seinen vielfältigen privaten Interessen frönen: dem Gartenbau, der Musik, der Pferdezucht, der Hundehaltung. Als Tenor war er Mitglied einer „Singakademie“. Er besaß eine wertvolle Bibliothek und eine kostbare Sammlung von Stichen Dürers. Nach seinem Tod am 27.9.1853 wurden ihm für einen Beamten ungewöhnlich viele und hohe Ehrungen (Denkmäler, Medaillen, eine Briefmarke) zuteil. Straßen wurden nach ihm in Berlin, Leipzig und in seiner Heimatstadt Kleve benannt. Seit 1899 verleiht die Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft eine Beuth-Medaille für hervorragende Arbeiten auf dem Gebiet des Maschinen- und Wasserverkehrs. Mit diesen Ehrbezeugungen erhält ein Mann der ‚zweiten Reihe‘ für seine kreativen Initiativen im Vorfeld der Industriellen Revolution, die trotz aller Schattenseiten die Lebensbedingungen der wachsenden Zahl der Menschen entscheidend verbessert hat, eine bemerkenswerte Anerkennung.
Seine Grabstele auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin ziert ein Porträtmedaillon von Reinhold Begas (1831-1911).
Literatur
Mieck, Ilja, Preußische Gewerbepolitik in Berlin 1806-1844, Berlin 1965.
Reihlen, Helmut, Christian Peter Wilhelm Beuth – eine geschichtliche Betrachtung aus Anlass des 125. Todestages, hg. DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin/Köln 1979.
Reihlen, Helmut, Christian Peter Wilhelm Beuth: Eine Betrachtung zur preussischen Politik der Gewerbeförderung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und zu den drakeschen Beuth-Reliefs, hg. DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin/Köln 1988.
Straube, H. J., Chr. P. Wilhelm Beuth. Deutsches Museum, Abhandlungen und Berichte, 2. Jg., Heft 5, Berlin 1930.
Wefeld, Hans J., Christian Peter Wilhelm Beuth, ein Lebenswerk. Vortrag aus Anlaß des 200. Geburtstages gehalten im Spiegelturm der Schwanenburg zu Kleve am 14. Mai 1982, hg. vom Klevischen Heimat- und Verkehrsverein e.V.
Online
https://www.beuth-hochschule.de [Online]
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Burg, Peter, Christian Peter Wilhelm Beuth, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/christian-peter-wilhelm-beuth/DE-2086/lido/57c57fe2b0d967.24201967 (abgerufen am 14.11.2024)