Eberhard Anheuser

Brauereibesitzer (1805-1880)

Björn Thomann (Suderburg)
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Eber­hard An­heu­ser war ein aus Kreuz­nach stam­men­der Sei­fen­fa­bri­kant, der in den 1840er Jah­ren in die Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka aus­wan­der­te und in St. Louis (Mis­sou­ri) Ei­gen­tü­mer ei­ner Braue­rei wur­de. Das klei­ne Un­ter­neh­men wur­de zur Keim­zel­le der An­heu­ser-Busch Grup­pe, des be­deu­tends­ten Bier­kon­zerns in Nord- und Mit­tel­ame­ri­ka. 

Eber­hard An­heu­ser wur­de am 27.9.1806 als Sohn des Kauf­manns und Wein­bau­ern Jo­hann Ja­kob An­heu­ser in Kreuz­nach ge­bo­ren. Der frü­hes­te schrift­li­che Hin­weis auf sei­ne Vor­fah­ren da­tiert in das Jahr 1627. Das bis heu­te be­ste­hen­de und in der 14. Ge­ne­ra­ti­on ge­führ­te Wein­gut Paul An­heu­ser in Bad Kreuz­nach zählt zu den äl­tes­ten deut­schen Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men. 

An­heu­ser er­lern­te den Be­ruf des Ker­zen­her­stel­lers und Sei­fen­sie­ders und war als sol­cher seit der Mit­te der 1830er Jah­re in Helm­stedt (Her­zog­tum Braun­schweig) an­säs­sig. Hier hei­ra­te­te er die aus dem na­he­ge­le­ge­nen Schö­nin­gen stam­men­de Ma­ria Do­ro­thea Rich­ter (1815-1854). Aus der Ehe gin­gen die Kin­der Cä­ci­lie, Her­mi­ne (ge­stor­ben 1862), An­na (1839-1916), Wil­helm (1836-1901), Adolph (1840-1886) und Eli­sa­beth „Lil­ly“ (1844-1928) her­vor. 

Im Jahr 1842 fass­te An­heu­ser den Ent­schluss, sich in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka ei­ne neue Exis­tenz auf­zu­bau­en. Sei­ne Fa­mi­lie zu­rück­las­send, ge­lang­te er nach ge­glück­ter Über­fahrt im Herbst 1843 zu­nächst nach Cin­cin­na­ti (Ohio), von wo er zu Be­ginn des Jah­res 1844 nach St. Louis über­sie­del­te. Hier ge­lang ihm die Grün­dung ei­ner flo­rie­ren­den Ker­zen- und Sei­fen­fa­brik. Die glän­zen­den ge­schäft­li­chen Per­spek­ti­ven er­laub­ten es ihm be­reits im Jahr 1845, sei­ne Ehe­frau und die sechs Kin­der nach­rei­sen zu las­sen. Zu Wohl­stand ge­langt, nahm Eber­hard An­heu­ser am 26.10.1848 die Staats­an­ge­hö­rig­keit der Ver­ei­nig­ten Staa­ten an. 

1857 ge­währ­te An­heu­ser den In­ha­bern der „Ham­mer & Ur­ban Bre­we­ry“ in St. Louis ei­nen Kre­dit in Hö­he von 90.000 Dol­lar. Die klei­ne Braue­rei war im Jahr 1852 vom deut­schen Ein­wan­de­rer Ge­org Schnei­der als „Ba­wa­ri­an Bre­we­ry“ ge­grün­det wor­den, hat­te sich ge­gen­über 40 ört­li­chen Kon­kur­ren­ten aber nur als be­grenzt wett­be­werbs­fä­hig er­wie­sen. Auch nach­dem das Un­ter­neh­men vom re­nom­mier­ten Mi­li­tär­arzt Adam Ham­mer (1818-1878) und des­sen Kom­pa­gnon Do­mi­nic Ur­ban über­nom­men und mit gro­ßem fi­nan­zi­el­len Auf­wand mo­der­ni­siert wor­den war, blieb die Nach­fra­ge nach dem in ei­nem schlech­ten Ruf ste­hen­den Bier ge­ring. 

Um ih­re fi­nan­zi­el­len Ein­la­gen zu ret­ten, sa­hen sich die Haupt­gläu­bi­ger Eber­hard An­heu­ser, der Ker­zen­fa­bri­kant Ni­ko­laus Schäf­fer (ge­stor­ben 1880) und der Dro­ge­rist Wil­liam O'Dench im Jahr 1860 da­zu ver­an­lasst, sämt­li­che Schuld­schei­ne der Fir­ma auf­zu­kau­fen und die­se un­ter dem Na­men „E. An­heu­ser & Com­pany“ grund­le­gend zu re­or­ga­ni­sie­ren. Al­ler­dings blieb der Ab­satz auch un­ter der neu­en Füh­rung nied­rig. An­heu­ser hat­te sich zwar als weit­sich­ti­ger Ge­schäfts­mann er­wie­sen, doch man­gel­te es ihm und sei­nen Part­nern am not­wen­di­gen Wis­sen um die Kunst des Brau­we­sens. Erst der Ge­schäfts­ein­tritt des deutsch­stäm­mi­gen Aben­teu­rers und Kauf­manns Adol­phus Busch (1839-1913) lei­te­te die Wen­de in der Ent­wick­lung des Un­ter­neh­mens ein. Busch stamm­te aus Kas­tel na­he Mainz und war im Jahr 1857 in die Ver­ei­nig­ten Staa­ten aus­ge­wan­dert. 1859 hat­te er sich in St. Louis nie­der­ge­las­sen und an der Sei­te sei­nes äl­te­ren Bru­ders Ul­rich Busch (1833-1923) ei­nen Gro­ßhan­del für Braue­rei­be­darfs­ar­ti­kel ge­grün­det. 

Auf die­se Wei­se wur­de der auf­stre­ben­de Un­ter­neh­mer nicht nur zum Ge­schäfts­part­ner Eber­hard An­heu­sers, son­dern lern­te auch des­sen Toch­ter Lil­ly ken­nen. Die sich aus die­ser Be­kannt­schaft ent­wi­ckeln­de Lie­bes­be­zie­hung er­öff­ne­te bei­den Sei­ten viel­ver­spre­chen­de wirt­schaft­li­che Per­spek­ti­ven. Am 7.3.1861 fand in der Hei­lig-Geist-Kir­che in St. Louis ei­ne auf­se­hen­er­re­gen­de Dop­pel­hoch­zeit statt, bei der nicht nur Adol­phus Busch und Lil­ly An­heu­ser, son­dern auch de­ren Schwes­ter An­na und Ul­rich Busch ge­traut wur­den. Mit die­ser ma­ß­geb­lich von ihm for­cier­ten Ver­bin­dung bei­der Fa­mi­li­en leg­te Eber­hard An­heu­ser den Grund­stein für die Ent­ste­hung ei­ner der be­deut­sams­ten Wirt­schafts­dy­nas­ti­en der ame­ri­ka­ni­schen Ge­schich­te. 

Nach den Wir­ren des Se­zes­si­ons­krie­ges, an dem auch Eber­hard An­heu­ser als Frei­wil­li­ger teil­ge­nom­men hat­te, be­gann der schritt­wei­se Auf­stieg der Braue­rei. Zwei fir­men­po­li­ti­sche be­deut­sa­me Ent­schei­dun­gen fie­len in das Jahr 1865. Zum ei­nen wur­de Adol­phus Busch durch den Kauf der An­tei­le von Wil­liam O'Dench Teil­ha­ber sei­nes Schwie­ger­va­ters. Zum an­de­ren fu­sio­nier­te das Un­ter­neh­men mit der in Wa­shing­ton an­säs­si­gen „John B. Busch Brewing Com­pany“, de­ren In­ha­ber ein Bru­der Adol­phus Buschs war. 

Busch er­wies sich als ein eben­so ziel­stre­bi­ger wie dy­na­mi­scher Ge­schäfts­mann mit ei­nem aus­ge­präg­ten Ge­spür für tech­ni­sche In­no­va­tio­nen. An­heu­ser war sich die­ser Fä­hig­kei­ten be­wusst und ließ sei­nem Schwie­ger­sohn bei der Re­or­ga­ni­sa­ti­on des Un­ter­neh­mens freie Hand. Das in ihn ge­setz­te Ver­trau­en soll­te sich aus­zah­len. Bin­nen we­ni­ger Jah­re ge­lang es Busch, den Ab­satz durch ei­ne He­bung der Qua­li­tät deut­lich zu er­hö­hen. Lag der Aus­stoß der Braue­rei 1865 noch bei et­wa 4.000 Bar­rel, so pro­du­zier­te sie im Ge­schäfts­jahr 1876 be­reits 44.961 Bar­rel und ran­gier­te im Ver­gleich sämt­li­cher Braue­rei­en in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten auf dem 32. Platz. Mit der von Busch zu Be­ginn der 1870er Jah­re erst­mals auf dem ame­ri­ka­ni­schen Ge­trän­ke­markt an­ge­wand­ten Me­tho­de der Pas­teu­ri­sie­rung konn­te das Bier dau­er­haft halt­bar und über wei­te Stre­cken trans­port­fä­hig ge­macht wer­den. Trotz der star­ken re­gio­na­len Kon­kur­renz ver­stand er es, das Ab­satz­ge­biet der Braue­rei auf die­se Wei­se suk­zes­si­ve zu er­wei­tern.

Im Jahr 1877 er­krank­te Eber­hard An­heu­ser schwer. Nach der Dia­gnos­ti­zie­rung ei­nes Tu­mors im Hals un­ter­zog er sich meh­re­ren, letzt­lich ver­geb­li­chen Ope­ra­tio­nen in Chi­ca­go und New York. We­ni­ge Mo­na­te vor sei­nem Tod wan­del­te er die Braue­rei im Jahr 1879 zur „An­heu­ser-Busch Brewing As­so­cia­ti­on“ um, an der er mit 242 von 480 Ak­ti­en die Mehr­heit hielt und de­ren ers­ter Di­rek­tor er wur­de. Mit den üb­ri­gen 238 Ak­ti­en fir­mier­te Adol­phus Busch als Min­der­heits­eig­ner. 

Am 2.5.1880 starb Eber­hard An­heu­ser in sei­ner Vil­la in der Pes­ta­loz­zi Street in St. Louis. Er wur­de auf dem un­weit ge­le­ge­nen Bel­le­fon­tai­ne Fried­hof bei­ge­setzt. Sei­ne Ge­schäfts­an­tei­le wur­den tes­ta­men­ta­risch un­ter den fünf noch le­ben­den Kin­dern auf­ge­teilt. Wäh­rend Wil­helm An­heu­ser die Lei­tung der nach wie vor be­ste­hen­den Ker­zen- und Sei­fen­fa­brik über­nahm, wur­de Adol­phus Busch durch das Er­be sei­ner Ehe­frau Mehr­heits­eig­ner an der Braue­rei und in der Nach­fol­ge sei­nes Schwie­ger­va­ters de­ren Di­rek­tor. Un­ter sei­ner sich über ei­nen Zeit­raum von mehr als drei Jahr­zehn­ten er­stre­cken­den Füh­rung stieg die­se zum grö­ß­ten Braue­rei­kon­zern in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten auf. Be­reits 1901 ver­zeich­ne­te das Un­ter­neh­men ei­nen Jah­res­aus­stoß von ei­ner Mil­li­on Bar­rel. 

Noch zu Leb­zei­ten Eber­hard An­heu­sers hat­te Busch von dem mit ihm be­freun­de­ten Spi­ri­tuo­sen­händ­ler Carl Con­rad ein La­ger­bier un­ter dem Na­men „Bud­wei­ser“ ent­wi­ckeln las­sen. Die Mar­ke avan­cier­te bin­nen kur­zer Zeit zum meist­ge­trun­ke­ne Bier der Ver­ei­nig­ten Staa­ten. Hier­zu trug auch die von Busch ein­ge­führ­te Ab­fül­lung in Glas­fla­schen ma­ß­geb­lich bei, die ab 1883 in der ei­gens er­rich­te­ten „Adol­phus Busch Glass Ma­nu­fac­tu­ring Com­pany“ pro­du­ziert wur­den. Sei­ne Po­si­ti­on als Markt­füh­rer wuss­te Busch zu­dem durch die Über­nah­me meh­re­rer kon­kur­rie­ren­der Braue­rei­en so­wie durch in­no­va­ti­ve Mar­ke­ting­maß­nah­men zu be­haup­ten und aus­zu­bau­en. 

Die er­folg­rei­che und auf Ex­pan­si­on aus­ge­rich­te­te Un­ter­neh­mens­po­li­tik wur­de auch von sei­nem Sohn Au­gust Busch (1865-1934) und des­sen Nach­fol­gern fort­ge­setzt. Ins­ge­samt blieb die An­heu­ser-Busch Grup­pe über sechs Ge­ne­ra­tio­nen hin­weg ein in­ha­ber­ge­führ­tes Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men, ehe sie im Jahr 2008 für ei­ne Sum­me von 52 Mil­lio­nen Dol­lar vom bel­gi­schen Ge­trän­ke­kon­zern In­Bev auf­ge­kauft wur­de. 

Literatur

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Trem­blay, Vic­tor J./Trem­blay, Ca­rol Hor­ton, The U.S. Brewing In­dus­try. Da­ta and Eco­no­mic Ana­ly­sis, Mas­sa­chu­set­tes 2005.

 
Zitationshinweis

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Thomann, Björn, Eberhard Anheuser, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/eberhard-anheuser/DE-2086/lido/57adb032711c81.61131894 (abgerufen am 20.04.2024)