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Eberhard Anheuser war ein aus Kreuznach stammender Seifenfabrikant, der in den 1840er Jahren in die Vereinigten Staaten von Amerika auswanderte und in St. Louis (Missouri) Eigentümer einer Brauerei wurde. Das kleine Unternehmen wurde zur Keimzelle der Anheuser-Busch Gruppe, des bedeutendsten Bierkonzerns in Nord- und Mittelamerika.
Eberhard Anheuser wurde am 27.9.1806 als Sohn des Kaufmanns und Weinbauern Johann Jakob Anheuser in Kreuznach geboren. Der früheste schriftliche Hinweis auf seine Vorfahren datiert in das Jahr 1627. Das bis heute bestehende und in der 14. Generation geführte Weingut Paul Anheuser in Bad Kreuznach zählt zu den ältesten deutschen Familienunternehmen.
Anheuser erlernte den Beruf des Kerzenherstellers und Seifensieders und war als solcher seit der Mitte der 1830er Jahre in Helmstedt (Herzogtum Braunschweig) ansässig. Hier heiratete er die aus dem nahegelegenen Schöningen stammende Maria Dorothea Richter (1815-1854). Aus der Ehe gingen die Kinder Cäcilie, Hermine (gestorben 1862), Anna (1839-1916), Wilhelm (1836-1901), Adolph (1840-1886) und Elisabeth „Lilly“ (1844-1928) hervor.
Im Jahr 1842 fasste Anheuser den Entschluss, sich in den Vereinigten Staaten von Amerika eine neue Existenz aufzubauen. Seine Familie zurücklassend, gelangte er nach geglückter Überfahrt im Herbst 1843 zunächst nach Cincinnati (Ohio), von wo er zu Beginn des Jahres 1844 nach St. Louis übersiedelte. Hier gelang ihm die Gründung einer florierenden Kerzen- und Seifenfabrik. Die glänzenden geschäftlichen Perspektiven erlaubten es ihm bereits im Jahr 1845, seine Ehefrau und die sechs Kinder nachreisen zu lassen. Zu Wohlstand gelangt, nahm Eberhard Anheuser am 26.10.1848 die Staatsangehörigkeit der Vereinigten Staaten an.
1857 gewährte Anheuser den Inhabern der „Hammer & Urban Brewery“ in St. Louis einen Kredit in Höhe von 90.000 Dollar. Die kleine Brauerei war im Jahr 1852 vom deutschen Einwanderer Georg Schneider als „Bawarian Brewery“ gegründet worden, hatte sich gegenüber 40 örtlichen Konkurrenten aber nur als begrenzt wettbewerbsfähig erwiesen. Auch nachdem das Unternehmen vom renommierten Militärarzt Adam Hammer (1818-1878) und dessen Kompagnon Dominic Urban übernommen und mit großem finanziellen Aufwand modernisiert worden war, blieb die Nachfrage nach dem in einem schlechten Ruf stehenden Bier gering.
Um ihre finanziellen Einlagen zu retten, sahen sich die Hauptgläubiger Eberhard Anheuser, der Kerzenfabrikant Nikolaus Schäffer (gestorben 1880) und der Drogerist William O'Dench im Jahr 1860 dazu veranlasst, sämtliche Schuldscheine der Firma aufzukaufen und diese unter dem Namen „E. Anheuser & Company“ grundlegend zu reorganisieren. Allerdings blieb der Absatz auch unter der neuen Führung niedrig. Anheuser hatte sich zwar als weitsichtiger Geschäftsmann erwiesen, doch mangelte es ihm und seinen Partnern am notwendigen Wissen um die Kunst des Brauwesens. Erst der Geschäftseintritt des deutschstämmigen Abenteurers und Kaufmanns Adolphus Busch (1839-1913) leitete die Wende in der Entwicklung des Unternehmens ein. Busch stammte aus Kastel nahe Mainz und war im Jahr 1857 in die Vereinigten Staaten ausgewandert. 1859 hatte er sich in St. Louis niedergelassen und an der Seite seines älteren Bruders Ulrich Busch (1833-1923) einen Großhandel für Brauereibedarfsartikel gegründet.
Auf diese Weise wurde der aufstrebende Unternehmer nicht nur zum Geschäftspartner Eberhard Anheusers, sondern lernte auch dessen Tochter Lilly kennen. Die sich aus dieser Bekanntschaft entwickelnde Liebesbeziehung eröffnete beiden Seiten vielversprechende wirtschaftliche Perspektiven. Am 7.3.1861 fand in der Heilig-Geist-Kirche in St. Louis eine aufsehenerregende Doppelhochzeit statt, bei der nicht nur Adolphus Busch und Lilly Anheuser, sondern auch deren Schwester Anna und Ulrich Busch getraut wurden. Mit dieser maßgeblich von ihm forcierten Verbindung beider Familien legte Eberhard Anheuser den Grundstein für die Entstehung einer der bedeutsamsten Wirtschaftsdynastien der amerikanischen Geschichte.
Nach den Wirren des Sezessionskrieges, an dem auch Eberhard Anheuser als Freiwilliger teilgenommen hatte, begann der schrittweise Aufstieg der Brauerei. Zwei firmenpolitische bedeutsame Entscheidungen fielen in das Jahr 1865. Zum einen wurde Adolphus Busch durch den Kauf der Anteile von William O'Dench Teilhaber seines Schwiegervaters. Zum anderen fusionierte das Unternehmen mit der in Washington ansässigen „John B. Busch Brewing Company“, deren Inhaber ein Bruder Adolphus Buschs war.
Busch erwies sich als ein ebenso zielstrebiger wie dynamischer Geschäftsmann mit einem ausgeprägten Gespür für technische Innovationen. Anheuser war sich dieser Fähigkeiten bewusst und ließ seinem Schwiegersohn bei der Reorganisation des Unternehmens freie Hand. Das in ihn gesetzte Vertrauen sollte sich auszahlen. Binnen weniger Jahre gelang es Busch, den Absatz durch eine Hebung der Qualität deutlich zu erhöhen. Lag der Ausstoß der Brauerei 1865 noch bei etwa 4.000 Barrel, so produzierte sie im Geschäftsjahr 1876 bereits 44.961 Barrel und rangierte im Vergleich sämtlicher Brauereien in den Vereinigten Staaten auf dem 32. Platz. Mit der von Busch zu Beginn der 1870er Jahre erstmals auf dem amerikanischen Getränkemarkt angewandten Methode der Pasteurisierung konnte das Bier dauerhaft haltbar und über weite Strecken transportfähig gemacht werden. Trotz der starken regionalen Konkurrenz verstand er es, das Absatzgebiet der Brauerei auf diese Weise sukzessive zu erweitern.
Im Jahr 1877 erkrankte Eberhard Anheuser schwer. Nach der Diagnostizierung eines Tumors im Hals unterzog er sich mehreren, letztlich vergeblichen Operationen in Chicago und New York. Wenige Monate vor seinem Tod wandelte er die Brauerei im Jahr 1879 zur „Anheuser-Busch Brewing Association“ um, an der er mit 242 von 480 Aktien die Mehrheit hielt und deren erster Direktor er wurde. Mit den übrigen 238 Aktien firmierte Adolphus Busch als Minderheitseigner.
Am 2.5.1880 starb Eberhard Anheuser in seiner Villa in der Pestalozzi Street in St. Louis. Er wurde auf dem unweit gelegenen Bellefontaine Friedhof beigesetzt. Seine Geschäftsanteile wurden testamentarisch unter den fünf noch lebenden Kindern aufgeteilt. Während Wilhelm Anheuser die Leitung der nach wie vor bestehenden Kerzen- und Seifenfabrik übernahm, wurde Adolphus Busch durch das Erbe seiner Ehefrau Mehrheitseigner an der Brauerei und in der Nachfolge seines Schwiegervaters deren Direktor. Unter seiner sich über einen Zeitraum von mehr als drei Jahrzehnten erstreckenden Führung stieg diese zum größten Brauereikonzern in den Vereinigten Staaten auf. Bereits 1901 verzeichnete das Unternehmen einen Jahresausstoß von einer Million Barrel.
Noch zu Lebzeiten Eberhard Anheusers hatte Busch von dem mit ihm befreundeten Spirituosenhändler Carl Conrad ein Lagerbier unter dem Namen „Budweiser“ entwickeln lassen. Die Marke avancierte binnen kurzer Zeit zum meistgetrunkene Bier der Vereinigten Staaten. Hierzu trug auch die von Busch eingeführte Abfüllung in Glasflaschen maßgeblich bei, die ab 1883 in der eigens errichteten „Adolphus Busch Glass Manufacturing Company“ produziert wurden. Seine Position als Marktführer wusste Busch zudem durch die Übernahme mehrerer konkurrierender Brauereien sowie durch innovative Marketingmaßnahmen zu behaupten und auszubauen.
Die erfolgreiche und auf Expansion ausgerichtete Unternehmenspolitik wurde auch von seinem Sohn August Busch (1865-1934) und dessen Nachfolgern fortgesetzt. Insgesamt blieb die Anheuser-Busch Gruppe über sechs Generationen hinweg ein inhabergeführtes Familienunternehmen, ehe sie im Jahr 2008 für eine Summe von 52 Millionen Dollar vom belgischen Getränkekonzern InBev aufgekauft wurde.
Literatur
Hernon, Peter/Ganey, Terry, Under the influence. The unauthorized story of the Anheuser-Busch dynasty, New York 1991.
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Knoedelsleder, William: Bitter Brew. The Rise and Fall of Anheuser-Busch and America's Kings of Beer, New York 2012.
Krebs, Roland/Percy J. Orthwein: Making friends is our business. 100 years of Anheuser-Busch, St. Louis 1953.
Oliver, Garrett (Hg.), The Oxford Companion to Beer, Oxford 2012, S. 53-58.
Schenck zu Schweinsberg, Christoph, The german element. Deutsche Einwanderer in den USA, Hamburg/Wien 2003.
Tremblay, Victor J./Tremblay, Carol Horton, The U.S. Brewing Industry. Data and Economic Analysis, Massachusettes 2005.
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Thomann, Björn, Eberhard Anheuser, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/eberhard-anheuser/DE-2086/lido/57adb032711c81.61131894 (abgerufen am 28.03.2025)
Veröffentlicht am 12.08.2016, zuletzt geändert am 21.04.2023