Zu den Kapiteln
Egbert gilt als eine der herausragenden Persönlichkeiten auf dem Trierer Bischofsthron. Neben seiner Bedeutung als Reichspolitiker und Kirchenreformer trat er wie kein anderer Trierer Erzbischof als Förderer der Künste hervor.
Egbert wurde um 950 als jüngster Sohn des Grafen Dietrich II. von Holland (gestorben 988) und seiner Frau Hildegard von Flandern, der Tochter des Grafen Arnulf II. von Flandern (885/ 890-964) geboren. Er wurde vermutlich im holländischen Benediktinerkloster Egmond erzogen, das seine Familie gegründet hatte und für das er und seine Eltern reiche Stiftungen tätigten. Danach kam er an die von Erzbischof Brun von Köln, dem Bruder Kaiser Ottos I. (Regierungszeit 936-973), geleitete kaiserliche Hofkapelle. Bereits 976 wurde er Kanzler Kaiser Ottos II. (Regierungszeit 973-983) und mit dessen Unterstützung 977 Nachfolger Erzbischof Dietrichs I. von Trier (Episkopat 965-977), der sich bereits für die Klosterreform eingesetzt und den Trierer Primat gegenüber den benachbarten Erzbistümern verteidigt hatte.
Egbert gehörte auch weiterhin zu den einflußreichsten Reichspolitkern seiner Zeit. 980 begleitete er Otto II. und seine Gattin, die byzantinische Prinzessin Theophanu, auf ihrer Italienreise und ist als Teilnehmer am Reichstag in Verona 983 bezeugt. Im Thronstreit von 984 wandte er sich jedoch vom ottonischen Herrscherhaus ab und unterstützte dessen langjährigen Gegenspieler Herzog Heinrich II. von Bayern (951-995), genannt der Zänker, bis zu dessen Unterwerfung im Jahr 985. Es gelang ihm daraufhin, sich mit der an Stelle ihres minderjährigen Sohnes Otto III. (Regierungszeit 983-1002) regierenden Kaiserin Theophanu zu verständigen und somit seine Position als Kirchenfürst zu sichern. In den folgenden Jahren spielte er als Berater und Diplomat im Dienste des Kaiserhauses auch auf Reichsebene eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Als Erzbischof von Trier widmete sich Egbert mit besonderem Eifer der Erneuerung des klösterlichen Lebens auf der Grundlage der benediktinischen Reformbewegung. Vermutlich 983 stiftete er eine jährliche Bittprozession, die am Freitag in der dritten Woche nach Ostern (Bannfreitag) durchgeführt wurde. Sie hatte bis zum Ende des Alten Reichs im Jahr 1806 Bestand.
Auf Egbert geht wohl auch die Prozession des Domkapitels am Tag des heiligen Eucharius in die gleichnamige, vor Trier gelegene Abtei zurück. Der Erzbischof förderte den Wiederaufbau zahlreicher durch den Normanneneinfall von 882 beschädigter oder zerstörter Kirchen und Klöster, machte für Mettlach bedeutende Stiftungen, ebenso für St. Maria ad Martyres in Trier, der er 980 anlässlich der Einweihung der Krypta Güter in Kobern, Gondorf, Niederfell und Dreckenach schenkte.
Besondere Förderung erfuhr die Benedikterabtei St. Eucharius, als deren zweiter Gründer er bezeichnet wurde. Bei den Fundamentierungsarbeiten zum Bau der nach ihm benannten Egbertbasilika entdeckte man das Grab des legendären Bischofs und Märtyrers Celsus (gestorben 304). Nachdem eine Synode in Ingelheim diesen in Gegenwart des Kaisers als Heiligen anerkannt hatte, ließ Egbert seine Gebeine erheben und in die Kirche übertragen.
Bei seiner Rückkehr aus Italien brachte Egbert 983 die Reliquien der Heiligen Severus aus Terentia, Gregor und Pontianus aus Spoleto sowie Felix und Regula aus Zürich nach Trier. Weiter übertrug er die Gebeine des heiligen Diakons Wulfilach nach Carignan und die des heiligen Severus nach Münstermaifeld. Auf diese Weise steckte der Erzbischof im Osten und im Westen wichtige Eckpunkte seines Herrschaftsbereichs ab. Auch am Dom von Trier trat Egbert als Bauherr hervor. Es gelang ihm, die gefährdete Statik des durch den Normannensturm in Mitleidenschaft gezogenen Bauwerks durch die Ummantelung von Vierungssäulen zu Kreuzpfeilern wiederherzustellen.
Egbert starb am 8.12.993, am Tag des heiligen Eucharius, nachdem er mit seinem Gefolge nach der Messfeier die gleichnamige Benediktinerabtei verlassen hatte, um den Mönchen nicht zur Last zu fallen. Begraben wurde er in der von ihm errichteten Andreaskapelle an der Nordseite des Domes, wo auch sein von ihm aus Italien nach Trier überführter Vorgänger Heinrich (Episkopat 956-964) seine letzte Ruhestätte fand.
Egbert gilt als einer der bedeutenden Mäzene seiner Zeit, vergleichbar nur mit seinen Kölner Amtskollegen Brun (Episkopat 953-965) und Gero (Episkopat 969-976), die in manchen Bereichen seine Vorbilder gewesen sein mögen. Während seines Episkopats förderte er die Entwicklung Triers zu einem Zentrum der Goldschmiede- und der Textilkunst. Die „Gesta Treverorum", um 1100 in St. Eucharius entstanden, berichten, Egbert sei ein Mann von bleibendem Andenken gewesen. Er habe die Trierer Kirche nicht nur mit goldenen und silbernen Kruzifixen beschenkt, sondern auch mit Messbüchern, liturgischen Gewändern, mit Kaseln, Dalmatiken, Tuniken, Pallien, Chormänteln, Teppichen und Vorhängen sowie mit Grundstücken. Die Handschriften werden nicht näher bezeichnet, die vier bekannten Werke der Schatzkunst nicht genannt, und von den zahlreichen liturgischen Textilien ist kein einziges Stück erhalten.
Im Benediktinerkloster auf der Insel Reichenau entstanden in seinem Auftrag auf dem Gebiet der Buchmalerei Kunstwerke von europäischem Rang. Von den erhaltenen Handschriften ist vor allem der Codex Egberti zu nennen. Vor 985 entstanden, gelangte er nach Egberts Tod in den Dom und später in den Besitz von St. Paulin. Heute befindet er sich in der Stadtbibliothek Trier. Es handelt sich um ein Evangelistar, das die einzelnen Evangelienabschnitte in der Reihenfolge aufführt, wie sie im Laufe des Kirchenjahres gelesen werden. Die Handschrift besteht aus 233 Blättern und beginnt mit einer Widmungsinschrift, wonach der Codex ein Geschenk des Klosters auf der Reichenau an den Trierer Erzbischof war. Dieser Vorgang wird auf der folgenden Seite illustriert: In der Mitte sieht man den thronenden Egbert, von links und rechts nähern sich die Mönche Keraldus und Heribert, die ihm den Codex übergeben.
Der Egbert-Psalter wurde um 977/ 980 ebenfalls auf der Reichenau hergestellt und gelangte als Geschenk an den Trierer Dom, bereits im 11. Jahrhundert dann nach Kiew und über Zwiefalten und Andechs um 1229 nach Cividale. Er wird von vier Widmungsbildern eingeleitet: Die ersten beiden zeigen den Mönch Ruodprecht, der den Codex dem Erzbischof überreicht, die anderen beiden die Übergabe der Handschrift von Egbert an den heiligen Petrus, den Patron des Trierer Domes. Es folgen die 150 Psalmen, die in 15 Blöcke gegliedert sind, zwischen denen auf 14 Doppelseiten Trierer Bischöfe und Initialen gegenübergestellt sind. Die Oberhirten der Moselmetropole werden einheitlich präsentiert, was ihren Seriencharakter unterstreicht. Es handelt sich so auch um eine Bischofsserie, die Alter und Kontinuität der Trierer Bischofsreihe unter Beweis stellt.
Vier Werke der Schatzkunst werden mit Erzbischof Egbert in Zusammenhang gebracht. Der Trierer Dom besaß der Legende nach einen von der Kaiserin Helena der Trierer Kirche geschenkten Nagel der Kreuzigung. Wahrscheinlich unter Egbert wurde eine kostbare Hülle für die Reliquie in Auftrag gegeben, ein redendes Reliquiar, das die Form des Nagels widerspiegelt, das ihn passgenau barg, das es aber auch erlaubte, den Behälter zu öffnen und die Reliquie zu zeigen oder zu berühren. Das 21,4 Zentimeter lange, mit Email und Edelsteinen verzierte Reliquiar wurde bei Prozessionen mitgeführt, bei Eidesleistungen verwendet und bei Heiltumsweisungen am Allerheiligenaltar gezeigt, wo es Blinde geheilt haben soll.
Als zweites ist der Andreas-Tragaltar zu nennen, der ebenfalls im Domschatz aufbewahrt wird und zwei klassische Gattungen der Schatzkunst miteinander verbindet: er ist redendes Reliquiar und Tragaltar zugleich. Die erste Aufgabe löste der Goldschmied, indem er einen rechteckigen Eichenholzkasten mit Schiebedeckel anfertigte, an dem auf allen Seiten kostbare Zierelemente (Elfenbein, Gold, Emaille, Edelsteine) angebracht wurden. Auf der Oberseite wurde ein aus Goldblech getriebenes Bild des Apostelfußes befestigt; es zeigt dem Betrachter, dass in dem kostbaren Schrein eine Sandale des Heiligen aufbewahrt wird. Die edelsteinbesetzten Sandalenriemen unterstreichen diese Botschaft. Außerdem sollte der Goldschmied einen Tragaltar herstellen. Auf diese Funktion weist eine antike Millefioriplatte, deren Umschrift darüber Auskunft gibt, dass der Tragaltar dem heiligen Andreas geweiht ist. Er wurde vermutlich in der Andreaskapelle des Domes aufbewahrt.
Das dritte Werk der Schatzkunst ist der Petrusstab, der sich heute im Limburger Domschatz befindet. Der Legende folgend von dem Apostelfürsten nach Trier gesandt, gelangte der Stab nach Metz, von wo aus ihn der Kölner Erzbischof Brun nach Köln bringen und teilen ließ; eine Hälfte befindet sich seitdem im Kölner Domschatz. Der Stab besitzt einen Kugelknauf, der durch Bänder mit Edelsteinen in acht trapezförmige Felder unterteilt ist. Sie zeigen oben vier Evangelistensymbole und unten Brustbilder von Petrus sowie der Trierer Bischöfe Eucharius, Valerius und Maternus. Der Halsring ist in zwei Reihen unterteilt, die Emailplatten mit zwölf Apostelbildnissen präsentieren. An dem Schaft schließlich sind in Treibarbeit Medaillons mit Brustbildern von zehn Päpsten und von zehn heiligen Trierer Bischöfen angebracht. Der Petrusstab war also ebenso ein Instrument der Geschichtsschreibung und der Kirchenpolitik wie der Egbert-Psalter.
Eine vierte Schenkung Egberts für den Domschatz ist verloren; ein Inventar von 1776 nennt ein silbervergoldetes, mit Perlen besetztes Kästchen, in dem Reliquien des heiligen Eucharius aufbewahrt wurden. Ferner werden der Egbertwerkstatt der Einband des Codex aureus Epternacensis (heute im Germanischen Nationalmuseum) sowie das Essener Otto-Mathilden-Kreuz (Essener Domschatz) zugeschrieben.
Kein Trierer Bischof des Mittelalters ist in diesem Maße als Förderer der Goldschmiedekunst und der Buchmalerei hervorgetreten wie Egbert. Er begründete eine neue Epoche der Kunstgeschichte, nutzte die von ihm in Auftrag gegebenen Kunstwerke aber auch zur Förderung der Heilgenverehrung in seiner Diözese, zu seiner individuellen Memoria und als Instrument der Kirchenpolitik. Sie hoben gegenüber Köln, Mainz und Reims das Alter und die Bedeutung der Trierer Kirche, ihrer Heiligen und Reliquien hervor. Insofern ist Egbert auch ein typischer Repräsentant der ottonisch-salischen Reichskirche, für die auch in der folgenden Generation Nähe zum Königtum, Heiligenverehrung, Bautätigkeit und Schatzkunst charakteristisch waren.
Quellen
Brower, Christoph / Masen, Jacob, Antiquitatum et annalium Trevirensium Libri XXV. Band 1, Leyden 1670, S. 480-493.
Fuchs, Rüdiger, Die Inschriften der Stadt Trier I (bis 1500), Band 1, Wiesbaden 2006, Nr. 52-54.
Literatur
Barberi, Claudio (Hg.), Psalterium Egberti. Facsimile del ms. CXXXVI del Museo Archeologico Nazionale di Cividale del Friuli, Triest 2000.
Franz, Gunther (Hg.), Der Egbert Codex. Ein Höhepunkt der Buchmalerei vor 1000 Jahren, Trier 2005.
Persch, Martin, Artikel "Egbert von Trier", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 15 (1998), Sp. 509-510.
Ronig, Franz (Hg.), Egbert. Erzbischof von Trier 977-993. Gedenkschrift der Diözese Trier zum 1000. Todestag, Trier 1993.
Westermann-Angerhausen, Hiltrud, Die Goldschmiedearbeiten der Trierer Egbertwerkstatt, Trier 1973.
Online
Der Trierer Domschatz (Homepage des Trierer Doms).
Uhlirz, Mathilde, Artikel "Egbert (Ekbert)", in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 320-321.
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Schmid, Wolfgang, Egbert von Holland, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/egbert-von-holland-/DE-2086/lido/57c69dfdd19735.09747895 (abgerufen am 07.10.2024)