Egino G. Weinert

Goldschmied, Bildhauer und Maler (1920-2012)

Andreas Burtscheidt (München)

Egino Weinert beim Zeichnen eines Entwurfes, undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)

Im Be­reich der zeit­ge­nös­si­schen sa­kra­len Kunst er­scheint das Werk Egi­no Wei­nerts für die zwei­te Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts als ein­zig­ar­tig, ist es ei­ner­seits dem ver­hin­der­ten Be­ne­dik­ti­ner­mönch und Mis­sio­nar ge­lun­gen, von Köln aus Auf­trag­ge­ber und An­hän­ger sei­ner Kunst auf al­len Erd­tei­len zu fin­den und hat er an­de­rer­seits sein un­ver­kenn­ba­res, meh­re­re tau­send Ein­zel­stü­cke um­fas­sen­des Oeu­vre als Gold­schmied, Bild­hau­er und Ma­ler nach ei­nem Spreng­un­fall im Herbst 1945 nur mit der lin­ken Hand ge­schaf­fen.

Als Franz Sta­nis­laus Gün­ter Przy­bil­ski wur­de Egi­no Gün­ter Wei­nert am 3.3.1920 in Ber­lin-Schö­ne­berg ge­bo­ren, wo er mit ei­ni­gen Ge­schwis­tern auf­wuchs und sein Va­ter im Schö­ne­ber­ger Rat­haus als An­ge­stell­ter ar­bei­te­te. In den 1930er Jah­ren ließ der Va­ter den Fa­mi­li­en­na­men Przy­bil­ski in Wei­nert um­än­dern. Schon früh kam der Sohn Gün­ter als jun­ger Schü­ler über das El­tern­haus mit Kunst in Ver­bin­dung: die spä­ter noch we­sent­lich be­rühm­ter ge­wor­de­nen Ma­ler Max Pech­stein (1881-1955) und Emil Nol­de (1867-1956) wa­ren Ber­li­ner Nach­barn und be­such­ten die Fa­mi­lie häu­fig. Auch Ot­to Mu­el­ler (1874-1930), Ge­org Grosz (1893-1959) und Ot­to Dix (1891-1969) ka­men hin­zu. Sie prä­sen­tier­ten im Schö­ne­ber­ger Rat­haus in den Wei­ma­rer Jah­ren in Aus­stel­lun­gen hin und wie­der ih­re Wer­ke, die dann im An­schluss im El­tern­haus bei dem Rat­haus­an­ge­stell­ten Wei­nert zwi­schen­ge­la­gert wur­den und die Fas­zi­na­ti­on für Kunst bei dem jun­gen Schü­ler weck­ten.

Kelche und Hostienschale mit Emailledarstellungen, Pfingsten und Kreuzigung, undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)

 

Mit 14 Jah­ren trat Gün­ter Wei­nert 1934 als Klos­ter­schü­ler in die un­ter­frän­ki­sche Ab­tei Müns­ter­schwar­zach bei Würz­burg ein – er woll­te Mis­sio­nar bei den Be­ne­dik­ti­nern und zu­gleich Ma­ler wer­den. Wei­nert ar­bei­te­te in die­ser Zeit dort auch in der Land­wirt­schaft mit und mach­te zu­dem zwei Jah­re ei­ne kauf­män­ni­sche Leh­re. Ab 1936 be­gann er im Klos­ter ei­ne Leh­re als Re­stau­ra­tor und Kir­chen­ma­ler, ein Jahr spä­ter trat er als Pos­tu­lant den Be­ne­dik­ti­nern in Müns­ter­schwar­zach bei und be­gann in der neu ein­ge­rich­te­ten Klost­erwerk­statt ei­ne Leh­re als Gold­schmied. Eben­so er­lern­te der über­aus be­gab­te Wei­nert dort die Bild­haue­rei bei dem Be­ne­dik­ti­ner Pro­fes­sor Va­len­tin Kraus OSB (1873-1941). In die­ser Pha­se wur­de er 1938 No­vi­ze in der Ab­tei und er­hielt den Klos­ter­na­men des Hei­li­gen Bi­schofs Egi­no von Ve­ro­na, den Wei­nert fort­an zeit­le­bens als ers­ten Vor­na­men bei­be­hielt.

Mit Aus­zeich­nung leg­te er 1941 sei­ne Ge­sel­len­prü­fung als Gold- und Sil­ber­schmied ab, doch en­de­te das Le­ben im Klos­ter kurz dar­auf mit der durch die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ver­an­lass­ten Auf­lö­sung des Klos­ters. Egi­no Wei­nert selbst wur­de so­gar ver­haf­tet und für we­ni­ge Mo­na­te in­haf­tiert, weil er in der Ot­to­stra­ße in Würz­burg den Hit­ler­gruß ver­wei­gert hat­te.

Egino Weinert beim Legen der Kupferdrähte für ein neues Emaillebild, undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)

 

En­de 1941 wur­de Wei­nert zum Mi­li­tär­dienst ein­ge­zo­gen, hat­te aber die Wei­ter­ent­wick­lung sei­ner künst­le­ri­schen Lauf­bahn nicht aus den Au­gen ver­lo­ren. Mit den Freun­den und Ma­lern Gün­ther Blunk und Ewald Jor­zig (1905-1983) aus Düs­sel­dorf zeich­ne­te er 1942, wenn es kriegs­be­dingt mög­lich war, ein Jahr lang ge­mein­sam. Im fol­gen­den Jahr leg­te er in Bre­men wäh­rend ei­nes Fron­t­ur­laubs sei­ne Meis­ter­prü­fung als Gold- und Sil­ber­schmied ab. Der Meis­ter­un­ter­richt fand im Schutz­bun­ker statt, die nö­ti­gen Werk­zeu­ge hat­te Wei­nert im­mer griff­be­reit bei sich.

Als er wie­der an die Front zu­rück­kam - er war bei der Ma­ri­ne ein­ge­setzt in Küs­trin und in Schles­wig-Hol­stein - wur­de er we­gen Wehr­kraft­zer­set­zung an­ge­klagt und zum To­de durch Er­schie­ßen ver­ur­teilt. Nur knapp ent­kam er der Voll­stre­ckung des To­des­ur­teils, was er dem Fürs­ten­haus Thurn und Ta­xis ver­dan­ken konn­te, mit des­sen Hil­fe er sich nun vor den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ver­steck­te und sich schlie­ß­lich nach Ber­lin durch­schlug, wo er sei­ne Mut­ter such­te, die er da­mals in ei­ner von Rus­sen kon­trol­lier­ten Ge­mein­de Ber­lins fand.

Kurz vor Kriegs­en­de kehr­te Egi­no Wei­nert in das auf­ge­lös­te Klos­ter Müns­ter­schwar­zach zu­rück, wo er al­lein in der Gold­schmie­de wie­der zu ar­bei­ten be­gann und froh war, die letz­ten Jah­re un­ver­sehrt über­stan­den zu ha­ben. Äl­te­re Mit­brü­der hat­ten in den Kriegs­jah­ren zu­min­dest die Land­wirt­schaft auf­recht ge­hal­ten. Im Herbst 1945 be­such­te er sei­ne Mut­ter in Ber­lin. Die­se bat ihn, ei­ne Si­che­rung im Kel­ler des El­tern­hau­ses aus­zu­tau­schen, nicht ah­nend, dass rus­si­sche Sol­da­ten die Elek­tro­si­che­rung als Spreng­fal­le um­ge­baut hat­ten. Die­se Fal­le zer­riss Wei­nert die rech­te Hand, die am­pu­tiert wer­den muss­te – ein furcht­ba­rer Ein­schnitt im Le­ben des jun­gen Künst­lers, der nun müh­sam lern­te, al­le sei­ne Ide­en mit der ver­blie­be­nen lin­ken Hand um­zu­set­zen und da­für spe­zi­el­le Tech­ni­ken ent­warf, um sein Kunst­hand­werk wei­ter aus­üben zu kön­nen.

Egino Weinert beim Einsetzen einer Cuppa in einen Becherkelch, undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)

 

Er kehr­te nie­der­ge­schla­gen zu­rück ins Klos­ter Müns­ter­schwar­zach und er­hielt vom Abt die Er­laub­nis, ei­ne Gold­schmie­de­ar­beit nach ei­ge­nen Vor­stel­lun­gen zu schaf­fen. Es ent­stand sei­ne ers­te Ar­beit mit der lin­ken Hand, die gleich­sam zu den schöns­ten und hand­werk­lich an­spruchs­volls­ten sei­ner frü­hen Schaf­fens­pha­se zählt: ei­ne Pax-Ta­fel mit ei­nem Rauch­quarz in der Mit­te, der für Chris­tus steht, und zwölf Apos­teln aus Email­le, die den Quarz um­rah­men. Sein Freund, der Ma­ler Ewald Jor­zig, be­such­te Wei­nert 1947 im Klos­ter und be­weg­te den Abt, Egi­no die Er­laub­nis zu ge­ben, nach Köln zu ge­hen und die dor­ti­ge Werk­kunst­schu­le zu be­su­chen. Als Be­wer­bung dien­te die vor­züg­li­che Pax-Ta­fel. Mit sei­ner so­for­ti­gen Auf­nah­me in Köln er­gab sich – noch un­wis­sent­lich – für Egi­no Wei­nert ein neu­er Wir­kungs­kreis, der ihn für den Rest sei­nes Le­bens an das Rhein­land und be­son­ders an Köln bin­den soll­te.

Es be­gann in Köln ei­ne ers­te span­nen­de Ar­beits­pha­se: Wei­nert stu­dier­te bei den Pro­fes­so­ren Jo­sef Jae­kel (1907-1985) Me­tall­bild­haue­rei, bei Hein­rich Hu­ß­mann (1899-1982) Gra­fik und bei Fried­rich Vor­dem­ber­ge (1897-1981) freie Ma­le­rei. Be­son­ders präg­te ihn die Pro­fes­so­rin Eli­sa­beth Tres­kow, bei der er die Fein­hei­ten des Kunst­hand­wer­kes als Gold- und Sil­ber­schmied an ei­nem her­aus­ra­gen­den Ob­jekt stu­die­ren konn­te: Tres­kow hat­te 1948 den Auf­trag er­hal­ten, den wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges aus dem Köl­ner Dom an ei­nen si­che­ren Ort ge­brach­ten und zer­leg­ten Drei­kö­nigs­schrein wie­der zu­sam­men­zu­set­zen – ei­ne Ar­beit, die sie ge­mein­sam mit ih­rem Stu­den­ten Egi­no Wei­nert aus­führ­te. In den rei­chen ers­ten zwei Köl­ner Jah­ren ori­en­tier­te sich Wei­nert an den gro­ßen Künst­lern sei­ner Zeit, ihn be­ein­druck­ten der Ar­chi­tekt Le Cor­bu­si­er (1887-1965), der Ma­ler Pa­blo Pi­cas­so (1881-1973), der Bild­hau­er Ewald Ma­ta­ré (1887-1965), auch ver­folg­te er den Weg der frü­he­ren Ber­li­ner Künst­ler­nach­barn und Freun­de der El­tern.

Emaillebild 'Der gute Vater', undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)

 

Als er er­folg­reich sein Stu­di­um an der Köl­ner Werk­kunst­schu­le be­en­det hat­te, kehr­te Egi­no Wei­nert 1949 in das Klos­ter Müns­ter­schwar­zach zu­rück, fest in dem Glau­ben, als Bru­der end­gül­tig in den Kon­vent auf­ge­nom­men zu wer­den und sei­ne Ewi­ge Pro­fess ab­le­gen zu kön­nen. Er zeig­te den Brü­dern und dem Abt sei­ne Köl­ner Ar­bei­ten: weib­li­che Akt-Zeich­nun­gen und Ana­to­mie-Stu­di­en ge­hör­ten frei­lich da­zu ne­ben an­de­ren Ob­jek­ten, die sei­ne mo­der­ne Kunst­auf­fas­sung und künst­le­ri­sche Ei­gen­stän­dig­keit do­ku­men­tie­ren. Dies war je­doch sei­nen in Kunst­fra­gen sehr kon­ser­va­tiv den­ken­den Mit­brü­dern und dem Abt gar nicht ge­nehm, die nichts da­von se­hen woll­ten. Im Ge­gen­teil – mit Mehr­heits­be­schluss wur­de der an­ge­hen­de Mönch Egi­no 14 Ta­ge vor sei­ner Ewi­gen Pro­fess aus der Klos­ter­ge­mein­schaft aus­ge­schlos­sen. Wei­nert blieb nichts an­de­res üb­rig, als Klos­ter Müns­ter­schwar­zach tief ge­trof­fen zu ver­las­sen und den Wunsch, Be­ne­dik­ti­ner zu wer­den, auf­zu­ge­ben, wenn­gleich er als frei­schaf­fen­der Künst­ler nie in­ner­lich von sei­ner ei­gent­li­chen Be­ru­fung ab­ge­rückt ist, sie ver­sucht hat zu le­ben, auch au­ßer­halb von Klos­ter­mau­ern.

Nun stand er aber zu­nächst oh­ne je­de Exis­tenz da. Wei­nert fuhr zu­rück ins Rhein­land und ließ sich erst ein­mal in Bonn nie­der – oh­ne Geld und Blei­be. Wer wür­de ihn an­stel­len als Gold­schmied oder Bild­hau­er mit ei­ner Hand? Er muss­te selb­stän­dig, frei­schaf­fend ar­bei­ten. Haus­ein­gän­ge, Flu­re und Schlaf­plät­ze bei Bett­lern wa­ren die ers­ten Un­ter­künf­te, ehe er ei­nen Koh­le­kel­ler in der Nä­he des Bon­ner Haupt­bahn­ho­fes fand, der sein ers­tes ei­ge­nes Ate­lier wur­de. Er be­such­te wie­der die Köl­ner Kunst­schu­le und stu­dier­te dort wei­ter freie Ma­le­rei bei dem Di­rek­tor Vor­dem­ber­ge. In der Kron­prin­zen­stra­ße in Bonn grün­de­te Wei­nert 1950 sein ei­ge­nes Ate­lier für Gold­schmie­de, Ma­le­rei und Bild­haue­rei. Er lern­te die Buch­händ­le­rin An­ne­lie­se Leo­pold ken­nen, in de­ren Buch­hand­lung er sei­ne ers­ten Wer­ke aus­stel­len konn­te, und die er 1951 hei­ra­te­te. In den Jah­ren 1952 bis 1954 ar­bei­te­te Wei­nert auch in der Schweiz, wo er in der Lu­zer­ner Wei­he­s­tra­ße ei­ne Werk­statt grün­de­te. In­zwi­schen wuchs die Kin­der­zahl, die Toch­ter Gi­se­la kam 1951 zur Welt, 1953 folg­te Sohn Cle­mens. Das Ate­lier in Bonn wur­de 1954 zur Ga­le­rie er­wei­tert und mitt­ler­wei­le war der Na­me Wei­nerts als be­deu­ten­der zeit­ge­nös­si­scher Künst­ler in der frü­hen Nach­kriegs­zeit über die Gren­zen der Stadt be­kannt ge­wor­den – nicht nur Kon­rad Ade­nau­er o­der Car­lo Schmid (1896-1979) ka­men nun in sein Bon­ner Ate­lier, um sich vor Ort die neu­es­ten Kunst­wer­ke an­zu­se­hen oder ihm ab­zu­kau­fen.

Emaillekreuz mit Darstellung 'Der gute Vater', undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)

 

Die Fa­mi­lie Wei­nert be­schloss schlie­ß­lich, nach Köln über­zu­sie­deln und ein Haus zu bau­en, das Wohn- und Werk­statt, Ate­lier und Ver­kaufs­raum in ei­nem war. In der Mar­zel­len­stra­ße 42 im Schat­ten des Köl­ner Doms be­zog man 1956 - da­mals noch in­mit­ten von Kriegs­trüm­mern - den Neu­bau, der Aus­gangs­punkt für das wei­te­re Schaf­fen des Künst­lers blei­ben soll­te. Im Jahr 1957 wur­de Sohn Egi­no ge­bo­ren, 1961 folg­te noch der jüngs­te Sohn Fi­de­lis.

In­ner­halb der mo­der­nen sa­kra­len Kunst war der Na­me Egi­no Wei­nerts mitt­ler­wei­le ei­ne fes­te Grö­ße ge­wor­den, sei­ne Be­kannt­heit sorg­te für Auf­trä­ge und Auf­merk­sam­keit in al­ler Welt. Pries­ter, Bi­schö­fe und Kar­di­nä­le lie­ßen sich Kel­che, Bi­schofs­stä­be, Kreu­ze und an¬  de­re sa­kra­le Ge­gen­stän­de an­fer­ti­gen. Wei­nert schuf Kir­chen­fens­ter, Ta­ber­na­kel, Al­tä­re, Kreuz­we­ge, Ma­don­nen, Tauf­be­cken und Leuch­ter für meh­re­re hun­dert Kir­chen auf al­len Erd­tei­len. 1961 lern­te er Pa­blo Pi­cas­so am Ran­de ei­nes Lit­ur­gie-Kon­gres­ses im Klos­ter Mont­s­e­rat in Spa­ni­en per­sön­lich ken­nen. Sehr be­ein­druck­te ihn das Schaf­fen von Marc Cha­gall (1887-1985), mit dem er zur glei­chen Zeit in der Ka­the­dra­le von Metz ge­ar­bei­tet hat­te. Auch mit Ge­org Meis­ter­mann (1911-1990) ar­bei­te­te er auf die­se Wei­se in May­en und in So­lin­gen zu­sam­men – Wei­nert schuf die Aus­stat­tungs­tü­cke der Kir­chen, Cha­gall oder Meis­ter­mann je­weils die Fens­ter.

Egino Weinert, undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)

 

Ein be­son­de­rer Ver­eh­rer der Kunst von Egi­no Wei­nert war 1963 zum Papst ge­wählt wor­den – noch im sel­ben Jahr sei­ner Wahl schick­te Papst Paul VI. (Pon­ti­fi­kat 1963-1978) Wei­nert ein Te­le­gramm, er mö­ge so schnell wie mög­lich zu ihm nach Rom kom­men. Wei­nert mach­te sich nach Er­halt des Te­le­gramms nur mit ei­nem Kof­fer vol­ler Kunst­ge­gen­stän­de so­fort auf den Weg. Es folg­ten Jah­re in­ten­si­ver Be­geg­nun­gen mit ei­nem Papst, der den Va­ti­ka­ni­schen Mu­se­en ei­ne neue Ab­tei­lung für mo­der­ne Sa­kral­kunst hin­zu­fü­gen woll­te und der Egi­no Wei­nert als ei­nen wich­ti­gen Ver­tre­ter die­ser Kunst be­son­ders schätz­te und mit ihm dar­über dis­ku­tie­ren woll­te. Ei­ne Viel­zahl von Wer­ken Wei­nerts fin­det sich heu­te in der Samm­lung Mo­der­ner Re­li­giö­ser Kunst in den Va­ti­ka­ni­schen Mu­se­en. Zu den Ver­eh­rern sei­ner Kunst ge­hör­te spä­ter auch Papst Jo­han­nes Paul II. (Pon­ti­fi­kat 1978-2005), mit dem Wei­nert eben­falls in Rom zu­sam­men­traf.

Mehr und mehr mach­te Wei­nert ei­ne Stirn­höh­len­er­kran­kung zu schaf­fen. Sein Arzt riet ihm, me­di­ter­ra­nes Kli­ma zu be­vor­zu­gen. Im spa­ni­schen Dé­nia an der Costa Blan­ca fand Wei­nert ei­nen Ort, der ihm zur zwei­ten Hei­mat wer­den soll­te. 1963 bau­te er dort ei­ne zwei­te Werk­statt und ein Haus; bis zu sei­nem Tod ver­brach­te er im­mer meh­re­re Mo­na­te des Jah­res an der spa­ni­schen Ost­küs­te. Es ent­stan­den Freund­schaf­ten mit den Men­schen vor Ort, die den deut­schen Künst­ler im Lau­fe der Zeit wie ei­nen Ein­hei­mi­schen an­nah­men. Er fuhr mit den Fi­schern aufs Meer hin­aus – im­mer aus­ge­stat­tet mit Block und Stif­ten - oder such­te im Ha­fen der Stadt nach Mo­ti­ven zum Ma­len. Wei­nert wur­de 1992 Eh­ren­bür­ger Dé­ni­as und stat­te­te ei­ne der Kir­chen un­ter an­de­rem mit ei­nem vier mal fünf Me­ter ho­hen Email­le­kreuz aus. Fast al­le Mo­ti­ve sei­ner be­kann­ten Bron­ze­pla­ket­ten, mit de­nen er re­li­giö­se Kunst je­der­mann zu­gäng­lich ma­chen woll­te, ent­stan­den in Spa­ni­en. Wei­nert hat­te die Idee, da im Zwei­ten Welt­krieg sehr vie­le Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de und der Haus­rat bei vie­len Fa­mi­li­en un­wie­der­bring­lich ver­lo­ren ge­gan­gen war, Pla­ket­ten von Hei­li­gen, Na­mens­pa­tro­ne, Kreu­ze und an­de­re christ­li­che Mo­ti­ve zu ent­wer­fen und ver­viel­fäl­ti­gen zu las­sen, so dass es auch für we­nig Geld mög­lich war, ein Werk von Egi­no Wei­nert im ei­ge­nen Heim zu ha­ben. Über 1.300 Vor­la­gen für Bron­ze­ar­bei­ten die­ser Art hat der Künst­ler ge­schaf­fen.

Reliquiar des Heiligen Konrad mit Emailledarstellungen, undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)

 

Das Köl­ner Ate­lier ließ er 1980 noch ein­mal er­wei­tern. Er grün­de­te die Ur­su­la Kunst­werk­stät­ten Egi­no G. Wei­nert GmbH und er­rich­te­te in Fre­chen-Kö­nigs­dorf ein neu­es Aus­stel­lungs­haus für sei­ne Wer­ke, mit de­nen er so ver­bun­den war, dass sie nicht im­mer ver­käuf­lich wa­ren. Sei­ne Ehe­frau An­ne­lie­se starb 1985 nach lan­ger Krank­heit, im Ok­to­ber 1985 hei­ra­te­te Wei­nert sei­ne zwei­te Frau Wal­traud Förs­ter, die sich fort­an um den Ver­kauf der Ar­bei­ten in Köln küm­mer­te.

Ei­ne be­son­de­re Lie­be Wei­nerts galt dem Email­lie­ren. Über 1.400 Email­le-Bil­der ent­stan­den im Lau­fe der Jah­re; sie ste­chen her­vor durch ih­re ein­fa­chen, oft ka­ri­ka­tu­ren­haf­ten Dar­stel­lun­gen bei gleich­zei­ti­ger hand­werk­lich-künst­le­ri­scher Per­fek­ti­on. Bis ins ho­he Al­ter, mit noch über 90 Jah­ren konn­te man den Künst­ler – mitt­ler­wei­le auch geh­be­hin­dert und im Roll­stuhl sit­zend – ge­beugt über sei­nen Email­le-Bil­dern oder an­de­ren Wer­ken in sei­ner Köl­ner Werk­statt am Dom er­le­ben, der lin­ken Hand die ho­he Ar­beits­be­las­tung ei­nes lan­gen Schaf­fens­reich­tums deut­lich an­se­hend. In fast be­ne­dik­ti­ni­scher Kon­zen­tra­ti­on ganz der Ar­beit hin­ge­ge­ben, er­schien Wei­nert so vie­len oft­mals mehr noch als Theo­lo­ge, denn als Künst­ler, was die Tie­fe sei­ner In­ter­pre­ta­tio­nen an­ging. Das Werk, das er schuf, er­reich­te und fas­zi­nier­te Men­schen in al­ler Welt. Die­se mis­sio­na­ri­sche Aus­brei­tung sei­ner Wer­ke hät­te der ver­hin­der­te Mönch im Klos­ter Müns­ter­schwar­zach frei­lich nie er­rei­chen kön­nen, doch ver­lor er mit sei­nem Ar­beits­pen­sum sei­ne ei­gent­li­che Be­ru­fung nie aus den Au­gen.

Egino Weinert beim Emaillieren eines Emaillebildes, undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)

 

Am 4.9.2012 starb Egi­no Wei­nert im Al­ter von 92 Jah­ren in Fre­chen-Kö­nigs­dorf und wur­de dort auf dem Fried­hof bei­ge­setzt. Sei­ne Kin­der sind eben­falls in künst­le­risch-frei­schaf­fen­den Be­ru­fen tä­tig und set­zen die Tra­di­ti­on des Va­ters auf ih­re Wei­se fort.

Im Jahr 2007 wur­de die Egi­no Wei­nert-Stif­tung ins Le­ben ge­ru­fen, de­ren Sitz mit dem Stif­tungs­haus sich in Fre­chen-Kö­nigs­dorf be­fin­det. Ihr An­lie­gen ist der Schutz und die Er­hal­tung des Le­bens­wer­kers des Künst­lers über sei­ne 75-jäh­ri­ge Schaf­fens­zeit hin­aus. Ei­ne gro­ße Dau­er­aus­stel­lung zeigt ei­nen be­ein­dru­cken­den Quer­schnitt sei­ner Ar­beit.

Literatur

Rolf, An­to­nia, „Sei­ne Zeit in dei­nen Hän­den“. Bio­gra­phie des Gold­schmie­de­meis­ters, Ma­lers und Bild­hau­ers Egi­no G. Wei­nert, Köln 2000.

Egino Weinert am Schreibtisch, undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)

 

Online

Her­fen, Bert P. (Rhein­talTV), Sei­ne Zeit in dei­nen Hän­den - Egi­no G Wei­nert - Ma­ler, Gold­schmied und Bild­hau­er. Film­do­ku­men­ta­ti­on. YouTube, 3. Ju­li 2013, ab­ge­ru­fen am 3. De­zem­ber 2016. [on­line]  
Web­site der Ur­su­la Kunst­werk­stät­ten und der Egi­no Wei­nert-Stif­tung. [on­line]   
Al­les mit links ge­macht. „Kunst ist Glau­be, Hoff­nung, Lie­be" - Egi­no G. Wei­nert. [on­line]

Tabernakel 'Zeit Gottes' in Aachen St. Folian mit Emailledarstellungen, undatiert. (Egino Weinert-Stiftung)

 
Zitationshinweis

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Burtscheidt, Andreas, Egino G. Weinert, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/egino-g.-weinert/DE-2086/lido/5e42866c0b8d58.27291717 (abgerufen am 26.04.2024)