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Der Kölner Erzbischof Engelbert von Berg galt schon bei seinen Zeitgenossen als herausragende und zugleich umstrittene Persönlichkeit. Während seines Episkopats sei die Kölner Kirche an Ruhm, Reichtum und Macht so überragend gewesen wie zuvor nur unter Erzbischof Bruno I., behauptet sein Biograph Caesarius von Heisterbach. Doch vermerkt er auch, Engelbert sei hochfahrend und der irdischen Welt ergeben, ein bedeutend besserer Herzog als Bischof gewesen. Nur sein edler Tod (mors pretiosa), sein Martyrium, habe diesen Makel vollständig aufgewogen.
Seit Anfang November 1225 leitete Erzbischof Engelbert Verhandlungen zwischen dem Vogt des Stiftes Essen, Graf Friedrich von Isenburg, seinem Vetter zweiten Grades, und den Stiftsdamen in Soest, die seit langem in Streit lagen. Die Aussprache musste unterbrochen werden, da Engelbert eine Kirche in Schwelm weihen wollte. Auf dem Weg dorthin wurde er am 7. November in einem Hohlweg von Leuten seines Vetters gestellt. Er sollte gefangen genommen werden, doch die Aktion misslang. Engelbert wurde mit äußerster Brutalität ermordet. Dies berichtet nicht nur Caesarius, sondern haben auch jüngst Untersuchungen an seinem Skelett bestätigt. Der Streit um die Vogtei des Stifts Essen war nicht der Grund, aber das auslösende Moment für seine Ermordung. Hinter der missglückten Gefangennahme standen viele seiner territorialpolitischen Gegner. Die heimtückische Aktion war eng mit seiner Politik und Biographie verbunden.
Engelbert wurde 1185 oder 1186 als Sohn des gleichnamigen Grafen von Berg und seiner Gemahlin Margarethe von Geldern geboren. Er war Neffe des Kölner Erzbischofs Bruno III. (Episkopat 1191-1193) sowie Vetter des Kölner Erzbischofs Adolf I. (Episkopat 1193-1205). Als Nachgeborener wurde er frühzeitig für die geistliche Laufbahn bestimmt und an der Kölner Domschule ausgebildet. Engelbert machte rasch Karriere. Seit Anfang 1198 ist er als Propst des „bergischen Hausstifts" St. Georg in Köln nachzuweisen. Er wurde bereits 1199 auf Drängen Erzbischof Adolfs von der Mehrheit der Kölner Domkanoniker zum Dompropst gewählt, obwohl er nur die niederen Weihen besaß und das kanonisch vorgeschriebene Alter noch nicht erreicht hatte. Allerdings erfolgte die Wahl nicht einstimmig: Dem jungen Engelbert stellte die antibergische Partei mit Dietrich von Heimbach, dem Propst von St. Aposteln in Köln und späteren Erzbischof, einen eigenen Kandidaten entgegen.
Vier Jahre lang stritten beide Prätendenten um das Amt. Engelbert reiste allein zweimal, 1202 und 1203, in dieser Sache an die Kurie nach Rom. Schließlich ordnete Papst Innozenz III. (Pontifikat 1198-1216) im April 1203 eine Neuwahl an, die diesmal anscheinend einmütig auf Engelbert fiel. Seine Wahl zum Bischof von Münster im gleichen Jahr lehnte er angeblich aufgrund seiner Jugend (adolescentia) ab. Seit spätestens 1200 begegnet Engelbert außerdem als Propst von Deventer, um 1203 als Propst von Zutphen, seit 1210 von St. Severin in Köln und spätestens 1215 auch als Propst von St. Marien in Aachen. Es hatte den Anschein, als würden ihm Ruhm und Reichtümer mehr nachjagen als er ihnen, wie Caesarius es formulierte.
Im Thronstreit übernahm er zunächst die prostaufische Position seines Vetters Erzbischof Adolf und wurde 1205 auf Geheiß Papst Innozenz III. suspendiert, gebannt und abgesetzt. Erst als Erzbischof Adolf sich 1208 dem Papst unterwarf, wurde auch Engelbert vom Bann gelöst. Im Gegensatz zu seinem Vetter konnte Engelbert seine alten kirchlichen Würden weitgehend wiedererlangen. 1212 nahm Engelbert zusammen mit seinem Bruder Graf Adolf III. von Berg und anderen Großen am Kreuzzug gegen die Albigenser in Südfrankreich teil, zu dem Innozenz III. aufgerufen hatte. Nach Wiederaufflammen des Thronstreites wechselte Engelbert 1214 erneut auf die Seite der Staufer. Zu dieser Zeit war der Kölner Bischofsstuhl zwischen seinem Vetter Adolf I. und Dietrich von Heimbach strittig. Nach der endgültigen Absetzung beider Kontrahenten wählte das Kölner Priorenkolleg am 29.2.1216 Engelbert einstimmig zum Erzbischof. Anderthalb Jahre später, am 24.9.1217, wurde er durch Erzbischof Dietrich II. von Trier im Kölner Dom geweiht. Mehr als zwei Jahre sollte es jedoch noch dauern, bis ihm der inzwischen amtierende Papst Honorius III. (Pontifikat 1216-1227) das Pallium zukommen ließ.
Als Erzbischof versuchte Engelbert die in Folge des Thronstreits und des Bürgerkriegs zerrüttete Ordnung im Land zu konsolidieren, insbesondere die herzogliche Gewalt des Kölner Erzbischofs wieder durchzusetzen. Den erneuerten Machtanspruch bekamen die Städte Köln und Soest zu spüren, wo er die erzbischöfliche Stadtherrschaft erfolgreich wiederherstellte.
In mehreren Fehden konnte sich Engelbert auch gegen Herzog Walram III. von Limburg (1180-1226) und gegen dessen Verbündeten Graf Dietrich VI. von Kleve durchsetzen und 1220 günstige Friedensverträge abschließen. So wurden die Ansprüche der Limburger – Walrams Sohn Heinrich IV. war mit Irmgard, der Erbtochter Adolfs III. von Berg verheiratet – durch eine Jahresrente abgefunden. Nach dem Tod Adolfs III. als Kreuzfahrer vor Damiette 1218 übernahm Engelbert stellvertretend für seine Nichte die Ausübung der Grafenrechte von Berg. Ende 1220 bestellte ihn Kaiser Friedrich II. (Regierungszeit 1220-1250) zum Tutor seines Sohnes Heinrich (VII.) und zum Reichsverweser. Seitdem handelte Engelbert als Bischof, Herzog und Stellvertreter des Königs und war damit ein überaus bedeutender und mächtiger Mann.
Durch befestigte Stützpunkte und die Schutzausübung über kirchliche Institutionen sowie durch Teilhabe an Städtegründungen versuchte Engelbert sehr erfolgreich die erzbischöfliche Herrschaft auszubauen. Gleichzeitig war es sein Ziel, sowohl der territorialen Konkurrenz der Limburger im Rheinland als auch Paderborns und der Grafen von Arnsberg in Westfalen und deren jeweiligen Verbündeten zu begegnen.
Caesarius betont, dass Engelbert trotz persönlicher Frömmigkeit weder eine besondere Gabe für die Predigt noch für den geistlichen Lebenswandel besaß; doch kam er seinen bischöflichen Pflichten im Erzbistum nach. Mehr noch, er förderte energisch die Zisterzienser und Prämonstratenser, war offen gegenüber den neuen Bettelorden der Franziskaner und Dominikaner in Köln, dem Deutschen Orden und den Johannitern und zeigte Verständnis für die religiöse Frauenbewegung seiner Zeit.
In der Bevölkerung, vor allem beim Adel, stieß die bisweilen harte und rücksichtslose Durchsetzung seiner Politik auf erhebliche Vorbehalte. Caesarius gibt beredtes Zeugnis dieser zeitgenössischen Meinungen, die auch von einigen seiner Mitbrüder geteilt wurden. Ein Heiliger war er in den Augen Caesarius’ und vieler anderer nur aufgrund seines Martyriums.
Die Nachricht von Engelberts Ermordung erschütterte das ganze Land. Um seine Mörder vor Kaiser Friedrich II. anzuklagen, wurden Engelberts Gebeine zunächst an den kaiserlichen Hof nach Frankfurt gebracht, bevor sie am 27.12.1225 in der Stephanskapelle des alten Kölner Doms ihre letzte Ruhestätte fanden. Die Kölner verbrannten direkt nach seinem Tod die Satzungen, die Engelbert ihnen gegeben hatte; die Bürger von Soest zerstörten den Zwingturm der erzbischöflichen Pfalz. Engelberts Mörder, Graf Friedrich von Isenburg, wurde ein Jahr nach der Tat gefangen genommen und am 13.11.1226 vor dem Kölner Severinstor außerhalb der Stadt gerädert. Obgleich Caesarius in seiner Lebensbeschreibung Engelberts Martyrium pries, kam es nicht zu einer förmlichen Kanonisation. Sein Festtag am 7. November wird im Erzbistum Köln erst seit 1618 gefeiert.
Quellen (Auswahl)
Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Band 3/1, bearb. von Richard Knipping, Bonn 1909 (Neudruck Düsseldorf 1985), S. 26-88 .
Literatur (Auswahl)
Bautz, Friedrich Wilhelm, Artikel "Engelbert von Berg", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 1 (1990), Sp. 1501-1510.
Groten, Manfred, Priorenkolleg und Domkapitel von Köln im Hohen Mittelalter, Bonn 1980.
Janssen, Wilhelm, Engelbert I. von Berg (1216-1225), in: Geschichte des Erzbistums Köln, Band 2, Teil 1, Köln 1995, S. 134-145.
Kraus, Thomas R., Die Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg bis zum Jahre 1225, Neustadt a.d. Aisch 1981.
Lothmann, Josef, Erzbischof Engelbert I. von Köln (1216-1225), Graf von Berg, Erzbischof und Herzog, Reichsverweser, Köln 1993.
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Brunsch, Swen Holger, Engelbert von Berg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/engelbert-von-berg/DE-2086/lido/57c6a37a1140f3.07207266 (abgerufen am 10.11.2024)