Ernst Dröner

sozialdemokratischer Politiker (1879-1951)

Tobias Kühne (Bonn)

Porträtfoto von Ernst Dröner. (Stadtarchiv Wuppertal, Fotosammlung 6.3)

Der So­zi­al­de­mo­krat Ernst Drö­ner ge­hör­te sei­ner­zeit zu den prä­gen­den Per­sön­lich­kei­ten der Stadt El­ber­feld (heu­te Stadt Wup­per­tal). Er war Mit­glied der Wei­ma­rer Na­tio­nal­ver­samm­lung, und Grün­dungs­vor­sit­zen­der der AWO Nie­der­rhein. Bei der Ab­wehr des Kapp-Lütt­witz-Put­sches in Wup­per­tal spiel­te er ei­ne füh­ren­de Rol­le.

Ernst Drö­ner wur­de am 9.1.1879 in El­ber­feld als Sohn ei­nes Satt­lers ge­bo­ren. Nach dem Be­such der Volks­schu­le ab­sol­vier­te er ei­ne Leh­re zum Hand­lungs­ge­hil­fen im be­nach­bar­ten Bar­men (heu­te Stadt Wup­per­tal), trat 1896 in die SPD ein und war 1897 Mit­be­grün­der und Vor­sit­zen­der des ört­li­chen Ab­le­gers des Zen­tral­ver­bands der Hand­lungs­hil­fen und Hand­lungs­ge­hil­fin­nen Deutsch­lands.

Per­sön­li­ches ist über Drö­ner kaum be­kannt, im Reichs­tags­hand­buch ist le­dig­lich ver­merkt, dass er wie vie­le so­zi­al­de­mo­kra­ti­sche Funk­tio­nä­re auch kon­fes­si­ons­los war. Auch sei­ne Her­kunft und sei­ne fa­mi­liä­ren Ver­hält­nis­se sind nicht wei­ter zu re­kon­stru­ie­ren. Der Be­ruf sei­nes Va­ters legt je­doch na­he, dass der Sohn schon in jun­gen Jah­ren im so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Mi­lieu El­ber­felds so­zia­li­siert wur­de. Viel­leicht er­leb­te er schon als Kind die Ver­fol­gungs­wel­le ge­gen So­zi­al­de­mo­kra­ten in El­ber­feld und Bar­men von 1888, die in dem skan­da­lö­sen „El­ber­fel­der Ge­heim­bund­pro­zes­s“ mit 91 An­ge­klag­ten und letzt­lich ei­nem mo­ra­li­schen Er­folg der So­zi­al­de­mo­kra­tie en­de­te. Auch die­se Re­pres­sio­nen ha­ben da­zu bei­ge­tra­gen, dass die Ar­bei­ter­be­we­gung im Ber­gi­schen Land tra­di­tio­nell als be­son­ders links und ra­di­kal galt.

Ob­wohl das Ber­gi­sche Land im Kai­ser­reich als Hoch­burg der So­zi­al­de­mo­kra­tie im Rhein­land galt, hat­ten die So­zi­al­de­mo­kra­ten in­der Be­rufs­grup­pe der An­ge­stell­ten ei­nen schwe­ren Stand. Ernst Drö­ner selbst be­schrieb die An­fangs­zeit des Zen­tral­ver­bands als äu­ßerst be­schwer­lich, da die­ser so­wohl sei­tens bür­ger­li­cher An­ge­stell­ten­ver­bän­de als auch der ört­li­chen Be­hör­den be­kämpft wur­de.So wa­ren dann auch die Wah­len zu den lo­ka­len Kauf­manns­ge­rich­ten - Schieds­ge­rich­ten zur Klä­rung von ar­beits­recht­li­chen Kon­flik­ten zwi­schen Ar­beit­ge­bern und An­ge­stell­ten - für Drö­ner und sei­ne Mit­strei­ter ein schwie­ri­ges Pflas­ter. In El­ber­feld konn­ten von 1904 bis 1910 zwar ei­ni­ge Stim­men hin­zu­ge­won­nen wer­den, letzt­lich stell­te der Zen­tral­ver­band je­doch nur vier von 20 Bei­sit­zern. In Bar­men sah es noch schlech­ter aus, wo 1910 von 861 Wäh­lern nur 52 für die Lis­te des Zen­tral­ver­bands stimm­ten, was ei­nen von 18 Bei­sit­zern be­deu­te­te. Die all­täg­li­che ge­werk­schaft­li­che Kärr­ner­ar­beit vor Ort be­stand letzt­lich dar­in, re­gel­mä­ßi­ge Sit­zun­gen und Ver­samm­lun­gen durch­zu­füh­ren und durch Flug­blatt­ak­tio­nen be­schei­de­ne Mit­glie­der­zu­wäch­se zu or­ga­ni­sie­ren. Ähn­lich wie bei den Land­ar­bei­tern aber war die ge­rin­ge Mo­bi­li­sie­rung von An­ge­stell­ten ein Grund­pro­blem der zeit­ge­nös­si­schen So­zi­al­de­mo­kra­tie, wel­ches sich auch in der Wei­ma­rer Re­pu­blik nicht grund­le­gend än­dern soll­te. , 

Ne­ben sei­ner ge­werk­schaft­li­chen Tä­tig­keit war Ernst Drö­ner in El­ber­feld 1909 Mit­be­grün­der der Kon­sum­ge­nos­sen­schaft Be­frei­ung, Vor­stands­mit­glied und Vor­sit­zen­der der ört­li­chen SPD und Ge­schäfts­füh­rer der Par­tei­zei­tung „Freie Pres­se“. In­ner­par­tei­lich scheint Drö­ner ein aus­glei­chen­der und vor al­lem loya­ler Ge­nos­se ge­we­sen zu sein. Auf dem Mag­de­bur­ger Par­tei­tag von 1910 et­wa for­der­te er in der kon­tro­ver­sen Dis­kus­si­on um die Bud­get­be­wil­li­gung der SPD-Frak­ti­on in Ba­den Par­tei­aus­schlüs­se bei wei­te­ren Brü­chen der Par­tei­dis­zi­plin.

Den Ers­ten Welt­krieg über­leb­te Drö­ner als Ge­frei­ter und wur­de im No­vem­ber 1918 Vor­sit­zen­der des Ar­bei­ter- und Sol­da­ten­rats in El­ber­feld; im De­zem­ber nahm er am 1. Rä­te­kon­gress in Ber­lin teil. Als sich in El­ber­feld zu­nächst der Ar­bei­ter- und Sol­da­ten­rat und dann die So­zi­al­de­mo­kra­tie spal­te­te, stand Drö­ner auf der Sei­te des Par­tei­vor­stands und der Mehr­heits­so­zi­al­de­mo­kra­tie. Mit die­ser Po­si­ti­on avan­cier­te er in sei­ner Hei­mat zu ei­nem be­lieb­ten Feind­bild der lin­ken Op­po­si­ti­on und der spä­te­ren USPD, in de­ren Or­gan „Ber­gi­sche Ar­bei­ter­stim­me“ er hef­tig ver­un­glimpft wur­de. Zwar konn­ten Drö­ner und sei­ne Mit­strei­ter den Kampf um die „Freie Pres­se“ ge­win­nen, im Ber­gi­schen Land (Wahl­kreis Düs­sel­dorf-Ost) aber konn­te sich die USPD, ganz an­ders als et­wa in Köln oder in Bonn, ge­gen­über der Mehr­heits­so­zi­al­de­mo­kra­tie weit­ge­hend durch­set­zen. Bei der Wahl zur Na­tio­nal­ver­samm­lung im Ja­nu­ar 1919 lag die USPD mit 18,7 Pro­zent nur 7 Pro­zent­punk­te hin­ter der MSPD, al­ler­dings mit schlech­te­ren Er­geb­nis­sen in El­ber­feld und Bar­men (7.284 und 11.440 für die USPD, 35.039 und 30.487 für die MSPD).[1] Im Ver­gleich zum reichs­wei­ten Er­geb­nis (MSPD: 37,9 Pro­zent, USPD: 7,6 Pro­zent) war das ein be­ein­dru­cken­des Er­geb­nis. Bei der Wahl zum Reichs­tag im Ju­ni 1920 setz­te sich die­ser Trend fort, die USPD hat­te die Mehr­heits­so­zi­al­de­mo­kra­tie prak­tisch mar­gi­na­li­siert. In Düs­sel­dorf-Ost er­ziel­te sie als stärks­te Par­tei 32,8 Pro­zent ge­gen­über nur 10 Pro­zent für die MSPD.[2] Die Rol­le als re­gio­na­le Füh­rungs­kraft in­ner­halb der Ar­bei­ter­be­we­gung ging dann ab 1924 auf die KPD über.

Bei der Wahl zur Na­tio­nal­ver­samm­lung wur­de auch Ernst Drö­ner ge­wählt, doch war er in der Wei­ma­rer Re­pu­blik vor al­lem kom­mu­nal­po­li­tisch ak­tiv. Als haupt­amt­li­cher Bei­ge­ord­ne­ter der Stadt El­ber­feld und spä­ter Wup­per­tal war er zu­dem stell­ver­tre­ten­des Mit­glied des Preu­ßi­schen Staats­ra­tes.

Ei­ne wich­ti­ge Rol­le spiel­te Ernst Drö­ner bei der Ab­wehr des Kapp-Lütt­witz-Put­sches im März 1920. Auf In­itia­ti­ve Drö­ners in sei­ner Funk­ti­on als Be­zirks­se­kre­tär der SPD kam es zu ei­ner Zu­sam­men­ar­beit al­ler Ar­bei­ter­par­tei­en in ei­nem Ak­ti­ons­au­schuss. Die be­waff­ne­ten Put­schis­ten aus Mi­li­tär und Frei­korps konn­ten schlie­ß­lich von Ar­bei­ter­weh­ren aus Bar­men und El­ber­feld ver­trie­ben wer­den, aber fast 60 Zi­vi­lis­ten ver­lo­ren ihr Le­ben.

Ne­ben sei­nen vie­len po­li­ti­schen Äm­tern und Man­da­ten war Ernst Drö­ner noch ma­ß­geb­lich an der Grün­dung des Be­zirks­ver­bands Nie­der­rhein der Ar­bei­ter­wohl­fahrt be­tei­ligt, des­sen Grün­dungs­vor­sit­zen­der er 1921 wur­de. Als Wohl­fahrts­de­zer­nent von El­ber­feld war er un­ter an­de­rem da­für ver­ant­wort­lich, der auf­grund von In­fla­ti­on und Welt­wirt­schafts­kri­se in wei­ten Tei­len ver­arm­ten Be­völ­ke­rung in ei­ner „Volks­spei­se­an­stal­t“ die drin­gend not­wen­di­ge Nah­rung zur Ver­fü­gung zu stel­len.  Nach der Macht­über­nah­me der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten am 31.1.1933 wur­de auch Drö­ner aus sei­nen Äm­tern ent­fernt und mehr­fach in­haf­tiert. Nach 1945 war er wie­der kom­mu­nal­po­li­tisch ak­tiv und bis zu sei­nem Tod Stadt­ver­ord­ne­ter in Wup­per­tal. Ernst Drö­ner starb am 15.8.1951 in Lüg­de. 

Literatur

100 Jah­re SPD in Wup­per­tal, [o.O. o.J.], S. 21. [On­line]
 
Rhefus, Rai­ner, Der So­zi­al­de­mo­krat Hu­go Lan­dé - Sta­tio­nen aus sei­nem po­li­ti­schen Le­ben zwi­schen So­zia­lis­ten­ge­setz und Na­tio­nal­so­zia­lis­mus, in: Ge­schich­te in Wup­per­tal 12 (2003), S. 67-92. [On­line]

Online

1914-1918: Ein rhei­ni­sches Ta­ge­buch. [On­line]
 
Da­ten­bank der deut­schen Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ten. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Kühne, Tobias, Ernst Dröner, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/ernst-droener/DE-2086/lido/6040b5afb0f522.68726286 (abgerufen am 29.03.2024)