Zu den Kapiteln
Ernst Hardt war Schriftsteller, Übersetzer, Regisseur, Theater- und Rundfunkintendant in Weimar und Köln.
Ernst Hardt kam am 9.5.1876 als Sohn des preußisch-protestantischen Artillerieoffiziers Ernst Friedrich Hardt (geboren 1845) und seiner Frau Anna Lucie geborene Zaettré (geboren 1847) in Graudenz an der Weichsel zur Welt. Beide Eltern stammten aus Ostpreußen, in der väterlichen Linie lassen sich Juristen nachweisen, in der mütterlichen Linie waren es Kaufleute mit weitgespannten Beziehungen im nordeuropäischen Raum. Die ersten Lebensjahre verbrachte Hardt in Königsberg. Im Mai 1888 trat er auf Wunsch der Eltern in die Quinta der Kadettenanstalt in Potsdam ein, brach die Ausbildung jedoch im Mai 1892 ab, da er sich zur Literatur hingezogen fühlte.
Hardt ging mittellos nach Berlin, wo er die Bekanntschaft des Archäologen und Kunsthistorikers Botho Graef (1857-1917) machte. Dieser vermittelte dem jungen Schriftsteller Kontakte innerhalb der Kunstszene. In Berlin lernte Hardt unter anderem Stefan George (1868-1933) kennen, Rainer Maria Rilke (1875-1926), den Kunstgewerbler Melchior Lechter (1865-1937) oder die spätere Dada-Künstlerin Else Plötz (1874-1937), ab 1913 verheiratete Baronin von Freitag-Loringhoven.
Erste literarische Erfolge errang Hardt Anfang der 1890er Jahre als Lyriker beziehungsweise mit sozialkritischen Erzählungen. Seine eigentliche Berühmtheit resultierte jedoch aus seinen neoromatischen Bühnenarbeiten. Für sein wohl bekanntestes Werk, das Drama „Tantris der Narr“ (1907), erhielt Hardt im Jahre 1908 den halben Staats-Schillerpreis sowie den Volks-Schillerpreis. Im späten Kaiserreich gehörte er zu den meist gespielten Dramatikern auf deutschen Bühnen.
Im Jahre 1907 ließ Hardt sich mit seiner Ehefrau Polyxena geborene von Hoesslin (geboren 1872), die er durch Graef in Athen kennengelernt hatte, und den gemeinsamen Kindern Donata und Prosper in Weimar nieder. Der Lebenszuschnitt der Familie war großbürgerlich, Hardt verkehrte mit Diplomaten, Kunstmäzenen oder Industriellen wie Harry Graf Kessler (1868-1937) oder Walther Rathenau (1867-1922). Während des Ersten Weltkrieges versiegte Hardts literarische Produktion. Die neoromantische Periode hatte sich mit dem Ende des Kaiserreichs überlebt. Bedeutsam war jedoch Hardts Engagement im Rahmen der Deutschen Schillerstiftung. Hier setzte sich er sich sowohl für Arbeiterdichter als auch für junge Talente wie Else Lasker-Schüler (1869-1945), Leonard Frank (1892-1961) oder Johannes R. Becher (1891-1958) ein.
Zu Beginn des Jahres 1919 wurde Hardt zum Intendanten des Deutschen Nationaltheaters in Weimar berufen, zum Beginn der Spielzeit 1925/1926 ging er mit seiner späteren zweiten Ehefrau, der Schauspielerin Louise Daenner (geboren 1899), nach Köln. Charakteristisch für Hardts Theaterarbeiten – wie auch für seine Hörspielregie – war eine strikte Wortbasiertheit, durch die er sich von experimentellen Strömungen der 1920er Jahre unterscheidet. In Köln war seine Berufung von Anfang an höchst umstritten. Hardt fühlte am Theater wie auch in der Kölner Lokalpolitik sich zwischen allen Stühlen sitzend, die Spielzeit endete für ihn im Fiasko.
In dieser Situation eröffnete sich durch die Intervention von Oberbürgermeister Konrad Adenauer eine neue Option. Adenauer bot Hardt die „Künstlerische Leitung“, das heißt die Intendanz der Westdeutschen Fundkstunde AG an, deren Geschäftssitz im Herbst 1926 von Münster nach Köln verlegt und in WERAG (Vorläufer des WDR) umbenannt wurde. Für den aufklärerischen Humanisten Hardt war der Rundfunk im Grunde ein Bildungs- und Erkenntnisinstrument, ohne dass er das menschliche Bedürfnis nach Unterhaltung und regionaler Bindung gering geschätzt hätte. Oberstes Kriterium war jedoch stets inhaltliche und formale Qualität der Darbietung. Als Mittel zur Grenzüberwindung, zum Beispiel in klassenübergreifender, soziologischer Hinsicht, galt Hardt die Vermittlung von „Tatsachenkenntnis“, das heißt vertiefender Informationen zu allen Bereichen des menschlichen Lebens und nicht zuletzt von weltanschaulichen Positionen. Idealtypisch kommt dies zum Beispiel im Aufbau eines speziellen Arbeiterfunks zum Ausdruck, den sonntäglichen „Morgenfeiern“, in den sowohl katholische als auch evangelische Geistliche beziehungsweise Rabbiner zu Wort kamen, oder der Diskussionssendung „Gespräche über Menschentum“. Ernst Hardt hat sich wiederholt zu medienästhetischen Fragen geäußert, zum Beispiel auch zur Medienethik und dem „programmbildenden Gewissen“ von Redakteuren im Spannungsfeld zwischen Bildungsauftrag und Publikumsinteresse.
Angeboten wurde ein Vollprogramm von Nachrichten, Sport, Literatur und Musik bis hin zum Schul-, Arbeiter-, Kirchen- Kinder- oder Frauenfunk, das allerdings linear auf einer einzigen Mittelwelle ausgestrahlt wurde, die über den Kölner Haussender Langenberg „aus Köln in die Welt“ ging (so der Titel einer 1974 von Walter Först zum 50-jährigen Jubiläum herausgegeben Publikation).
Selbstredend galt Hardts besonderes Augenmerk der Literatur, insbesondere dem Hörspiel. Hardt inszenierte häufig selbst, zum Beispiel Johann Wolfgang von Goethe (1749-1831) Tagore (1861-1941) oder Bertolt Brecht (1898-1956), verfügte über ein festes Hörspielensemble und zählte zu den besten Regisseuren des frühen Rundfunks, unter anderem in Zusammenarbeit mit Schriftstellern wie Bertolt Brecht oder renommierten Künstlern wie Alexander Granach (1890-1945), Wolfgang Langhoff (1901-1966), Mathias Wieman (1902-1969) oder René Deltgen. Aber auch Arbeiterliteratur stand in Form von Hörspielen oder Lesungen zu guten Sendezeiten auf dem Programm. Hardts Augenmerk galt nicht zuletzt der Förderung der zeitgenössischen Literatur und von Nachwuchstalenten. Ihnen eröffnete der Westdeutsche Rundfunk in Sendereihen wie „Lebende Dichter“ ein eigenes Forum.
Zu den in diesem Rahmen geförderten rheinisch-westfälischen Schriftstellern gehörten etwa Josef Winckler (1881-1966), Christoph Wieprecht (1875-1942), Heinrich Lersch, Stefan Andres, Karlaugust Düppengiesser (1899-1987), Herbert Eulenberg, Walter Hasenclever (1890-1940), Adolf von Hatzfeld (1892-1957) oder Johannes Kirschweng.
Im März 1933 wurde Hardt nach jahrelangen Angriffen und Diffamierungen seitens der Gaupresse von den Nationalsozialisten entlassen. Eine Anklage in dem 1934 in Berlin begonnenen Schauprozess gegen Protagonisten der Führungsspitze des „Systemrundfunks“ kam mangels Beweisen nicht zustande. Hardt zog nach Berlin und fristete sein Leben in der „Inneren Emigration“. Notdürftig bestritt er seinen Lebensunterhalt, unter anderem durch Übersetzungen aus dem Französischen. In den 1930er Jahren wandte er sich wieder eigener Prosa zu. Die Erzählungen „Don Hjalmar“ und „Der Ritt nach Kap Spartell“ wurden jedoch erst nach dem Ende des Krieges veröffentlicht.
1943 zog Hardt, dessen Gesundheit von jeher fragil gewesen war, aus dem kriegszerstörten Berlin nach Ichenhausen in Oberschwaben. Hier heiratete er in dritter Ehe Mathilde („Tilla“) Schmalhorst (1906-1988), seine spätere Nachlassverwalterin.
Nach Kriegsende im Jahre 1945 stellte sich die Frage nach einer neuen Wirkungsmöglichkeit innerhalb eines jetzt demokratischen Rundfunksystems. Letztlich scheiterten die Verhandlungen zur Übernahme einer Generalintendanz beim Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) in der Britischen Besatzungszone mit den Funkhäusern Hamburg und Köln an Hardts Gesundheitszustand. Obwohl er 1946 bereits an einem Atemwegskarzinom litt, nahm er eine beratende Funktion beim Aufbau des NWDR ein.
Ernst Hardt starb am 3.1.1947 in Ichenhausen. Seine Asche wurde auf den Äckern am Wilhelmsberg verstreut. Zur Erinnerung an ihn wurde in Ichenhausen ein Gedenkstein errichtet und an seinem Haus in der Günzburger Straße 31 eine Gedenktafel angebracht.
Werke
Theaterstücke
1898 - Tote Zeit.
1903 - Der Kampf ums Rosenrote.
1904 - Aus den Tagen des Knaben.
1905 - Ninon von Lenclos, Digitalisat.
1907 - Tantris der Narr, Uraufführung Köln 1908.
1911 – Gudrun.
1913 - Schirin und Gertraude.
1913 - König Salomo.
Nachlass
Deutsches Literaturarchiv in Marbach/N.
Literatur
Bernard, Birgit, Ernst Hardt 1876-1947). Den Menschen immer mehr zum Menschen machen“, Essen 2014.
Mohl, Renate, Der Aufbruch. Der Westdeutsche Rundfunk in der Weimarer Republik, in: Am Puls der Zeit. 50 Jahre WDR, Band 1: Die Vorläufer 1924-1955, hg. von Petra Witting-Nöthen, Köln 2006, S. 27-85.
Schüssler, Susanne, Ernst Hardt. Eine monographische Studie, Frankfurt/M. 1994.
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Bernard, Birgit, Ernst Hardt, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/ernst-hardt/DE-2086/lido/57c827132806e0.67875127 (abgerufen am 06.11.2024)