Eugen Langen

Unternehmer (1833-1895)

Gabriele Oepen-Domschky (Köln)

Eugen Langen, Porträtfoto, um 1893. (Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv Köln)

Eu­gen Lan­gen war im Deut­schen Kai­ser­reich ein füh­ren­der Un­ter­neh­mer der Zu­cker- und Mo­to­ren­in­dus­trie Kölns und des Rhein­lands.

Eu­gen Lan­gen wur­de am 9.10.1833 in Köln ge­bo­ren. Er war der fünf­te von sechs Söh­nen des Fa­bri­kan­ten Jo­hann Ja­kob Lan­gen (1794-1869), der in Köln ei­ne Zu­cker­raf­fi­ne­rie (Jo­hann Ja­kob Lan­gen & Söh­ne) so­wie die Fried­rich-Wil­helms-Hüt­te bei Sieg­burg (seit 1855 Sieg­rhei­ni­scher Berg­werks- und Hüt­ten­ver­ein) be­trieb. Nach Ab­bruch sei­nes Stu­di­ums der Che­mie- be­zie­hungs­wei­se Che­mie­tech­nik und des Ma­schi­nen­baus am Po­ly­tech­ni­kum in Karls­ru­he ent­fal­te­te auch Eu­gen Lan­gen un­ter­neh­me­ri­sches Ta­lent. Nach vor­über­ge­hen­den Be­tei­li­gun­gen trat er 1858 in die Fa­bri­ken sei­nes Va­ters ein, die er nach des­sen Tod fort­führ­te.

 

1870 grün­de­te er zu­sam­men mit Emil Pfei­fer (1806-1889) die Zu­cker­fa­brik Pfei­fer & Lan­gen in Els­dorf (Rhein-Erft-Kreis) und in­ten­si­vier­te durch ei­ne an­ge­glie­der­te land­wirt­schaft­li­che Ab­tei­lung den An­bau von Rü­ben­zu­cker im Rhein­land. Die Ver­ar­bei­tung von Rü­ben­zu­cker statt der Raf­fi­na­ti­on im­por­tier­ten Ko­lo­ni­al- oder Roh­zu­ckers stell­te ei­ne we­sent­li­che Neue­rung in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts dar. Mit der An­glie­de­rung ei­ner Raf­fi­ne­rie im Jahr 1880 wur­de Pfei­fer & Lan­gen als ers­tes Un­ter­neh­men des Rhein­lands von der so ge­nann­ten Kam­pa­gne, der Rü­ben­ern­te von Ok­to­ber bis De­zem­ber ei­nes Jah­res, un­ab­hän­gig und konn­te ganz­jäh­rig wei­ßen Haus­halts­zu­cker her­stel­len. Ne­ben an­de­ren pa­ten­tier­ten Er­fin­dun­gen war es be­son­ders das Ver­fah­ren zur Her­stel­lung von Wür­fel­zu­cker, das Lan­gen über die Gren­zen des rhei­ni­schen Um­felds be­kannt mach­te.

Von gro­ßer un­ter­neh­me­ri­scher wie tech­ni­scher Be­deu­tung soll­te auch Lan­gens Ver­bin­dung mit dem Mo­to­ren­ent­wick­ler Ni­co­laus Au­gust Ot­to wer­den. 1864 grün­de­te Lan­gen mit Ot­to die Fir­ma „N. A. Ot­to & Cie", die 1872 in die „Gas­mo­to­ren­fa­brik Deutz A.G." (heu­te Deutz AG, Köln) um­be­nannt wur­de. In ihr brach­te es Ot­to 1876 zur Pa­tent­rei­fe des von ihm seit Jah­ren ver­folg­ten Kon­zepts ei­nes Vier­takt­mo­tors („Ot­to-Mo­tor"). Lan­gens aus der Zu­cker­in­dus­trie her­rüh­ren­den fi­nan­zi­el­len Mög­lich­kei­ten so­wie das Er­be sei­nes Va­ters mach­ten ihn und sei­ne Brü­der zu be­stim­men­den Ka­pi­tal­ge­bern in der Gas­mo­to­ren­fa­brik; als Vor­stands­mit­glied war Lan­gen jah­re­lang ma­ß­geb­lich am Ma­nage­ment so­wie der in­dus­tri­el­len Ver­wer­tung des Ot­to-Mo­tors be­tei­ligt. Nicht zu­letzt auf sei­ne In­itia­ti­ve ging die Zu­sam­men­ar­beit mit den bei­den Tech­ni­kern Gott­lieb Daim­ler (1834-1900) und Wil­helm May­bach (1846-1929), die spä­ter bei der Daim­ler-Mo­to­ren-Ge­sell­schaft in Stutt­gart (heu­te Daim­ler AG) Kar­rie­re mach­ten, in der Früh­zeit der Gas­mo­to­ren­fa­brik Deutz zu­rück.

Ne­ben dem Wür­fel­zu­cker und dem Ot­to-Mo­tor wird Eu­gen Lan­gen stets auch mit der Schwe­be­bahn in Ver­bin­dung ge­bracht, ein von ihm ent­wor­fe­nes ein­schiei­ni­ges Hän­ge­bahn­sys­tem, das 1901 nur in Wup­per­tal in Be­trieb ge­nom­men wur­de, da man um die Jahr­hun­dert­wen­de den Un­ter­grund­bah­nen den Vor­zug gab: „Die Schwe­be­bahn liegt in der Luft / Wenn das Pro­jekt nur nicht ver­pufft / Und nicht zer­rinnt als hol­der Wahn / Die hoch­er­hab’ne Schwe­be­bahn" ka­ri­kier­ten so 1895 die „Lus­ti­gen Blät­ter" in ih­rer 17. Aus­ga­be.

Des Wei­te­ren en­ga­gier­te Lan­gen sich in ei­ner Viel­zahl von Auf­sichts­rä­ten der Elek­tro- und Trans­port­in­dus­trie so­wie in Ban­ken und Ver­si­che­run­gen (zum Bei­spiel Ba­di­sche Schrau­ben-Dampf­schif­fahrts­ge­sell­schaft, Mann­heim; Elec­tri­zi­täts-Ac­ti­en-Ge­sell­schaft vorm. Schu­ckert & Co., Nürn­berg; A. Schaaff­hau­sen’scher Bank­ver­ein, Köln; Rhei­nisch-West­fä­li­sche Bo­den­kre­dit­bank, Köln; Co­lo­nia Feu­er­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft, Köln). Ge­ra­de im Be­reich der Elek­tro­in­dus­trie in­ter­es­sier­te er sich in Zu­sam­men­hang mit dem Gas­mo­tor für die Elek­tri­fi­zie­rung von In­dus­trie­un­ter­neh­men und Städ­ten.

Eu­gen Lan­gen war Ver­tre­ter sei­nes In­dus­trie­zweigs in den je­wei­li­gen wirt­schaft­li­chen Ver­bän­den. Als Ver­bands­mit­glied der Rü­ben­zu­cker­in­dus­trie und der Raf­fi­na­ti­ons­in­dus­trie – teils in vor­sit­zen­den Funk­tio­nen – plä­dier­te er bei zu­neh­men­der Über­pro­duk­ti­on von Zu­cker und sin­ken­den Prei­sen für ei­nen Zu­sam­men­schluss bei­der Pro­duk­ti­ons­zwei­ge. 1892 schlos­sen sich die rhei­ni­schen Raf­fi­ne­ri­en zu ei­nem ers­ten Syn­di­kat zu­sam­men. 1900, fünf Jah­re nach Lan­gens Tod, grün­de­te sich das ers­te ge­samt­deut­sche Zu­cker­kar­tell aus Rü­ben­zu­cker­fa­bri­kan­ten und Raf­fi­n­eu­ren.

We­gen sei­nes En­ga­ge­ments für ein all­ge­mein gül­ti­ges Pa­tent­ge­setz wur­de er „Pa­tent-Lan­gen" ge­nannt. Noch 1850 wa­ren rund 90 Pro­zent al­ler Pa­ten­te in Preu­ßen ab­ge­lehnt wor­den, und in der Re­gel be­stand für pa­ten­tier­te Er­fin­dun­gen le­dig­lich ei­ne Schutz­dau­er von drei Jah­ren. Ein Pa­tent galt zu je­ner Zeit den frei­händ­le­risch ori­en­tier­ten Krei­sen Preu­ßens als ei­ne Be­schrän­kung frei­er ge­werb­li­cher Nut­zungs­rech­te. Agi­ta­ti­on für den Pa­tent­schutz be­trieb Eu­gen Lan­gen da­her An­fang der 1870er Jah­re im Köl­ner Be­zirk des Ver­eins Deut­scher In­ge­nieu­re (VDI). Be­deu­ten­der Mit­strei­ter wur­de in Ber­lin Wer­ner von Sie­mens (1816-1892). Auf der Grund­la­ge der Aus­ar­bei­tun­gen des VDI er­ließ die Re­gie­rung 1877 ein deut­sches Pa­tent­ge­setz, das seit­dem ei­ne 15-jäh­ri­ge Patent­dau­er vor­sah.

Po­li­tisch kon­ser­va­tiv ori­en­tiert, un­ter­stütz­te Lan­gen auch ko­lo­ni­al­po­li­ti­sche Be­stre­bun­gen der Deutsch-Ost­afri­ka­ni­schen Ge­sell­schaft, der Deut­schen Ko­lo­ni­al­ge­sell­schaft und die Un­ter­neh­mun­gen sei­nes spä­te­ren Schwie­ger­sohns Her­mann von Wiss­mann (1853-1905) zur Er­for­schung der ost­afri­ka­ni­schen Se­en (Ma­la­wi- und Tan­gan­ji­ka­see).

Dar­über hin­aus trat Lan­gen als Kirch­bau­för­de­rer in Köln und in Els­dorf her­vor. In Köln för­der­te er den Bau der evan­ge­li­schen Chris­tus­kir­che am Stadt­gar­ten, in dem er sich – auch in sei­ner Ei­gen­schaft als Stadt­ver­ord­ne­ter – en­er­gisch für den Er­werb ei­nes ent­spre­chen­den Grund­stücks ein­setz­te so­wie den Ar­chi­tek­ten­wett­be­werb und die Bau­aus­füh­rung be­glei­te­te. Für die Chris­tus­kir­che stif­te­te er den von dem Bild­hau­er Hein­rich Renard (1868-1928) aus­ge­führ­ten Tauf­stein. In Els­dorf ließ er die 1895 ge­weih­te Kir­che des Orts­teils Zie­ve­rich bau­en: Grund­stück, ei­ne Stif­tung und ein Kre­dit stamm­ten von ihm, sein Sohn Gott­lieb über­nahm die Bau­lei­tung. Ziel war es, den evan­ge­li­schen Ar­bei­tern von Pfei­fer & Lan­gen ei­ne re­li­giö­se Be­hei­ma­tung zu ge­ben.

Lan­gen war zwei­mal ver­hei­ra­tet. Sei­ne ers­te Frau Hen­ri­et­te (1834-1872), Toch­ter des Bas­ler Pa­pier­fa­bri­kan­ten An­dre­as Thur­ney­sen, starb bei der Ge­burt des zehn­ten Kin­des. In zwei­ter Ehe hei­ra­te­te er sei­ne Nich­te Her­mi­ne Schlei­cher (1849-1935). Er hat­te ins­ge­samt drei­zehn Kin­der, dar­un­ter Eu­gen Gott­lieb von Lan­gen (1896-1982), 1958-1965 Prä­si­dent der Köl­ner In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer, Hans Ru­dolf von Lan­gen (1863-1935), der mit Ro­bert Ger­ling an der Grün­dung von des­sen Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaf­ten be­tei­ligt war, und Ar­nold Lan­gen (1876-1947), der die Fu­si­on der Gas­mo­to­ren­fa­brik Deutz und der Ma­schi­nen­bau­an­stalt Hum­boldt ein­lei­te­te. Eu­gen Lan­gen starb kurz vor sei­nem 62. Ge­burts­tag am 2.10.1895 an den Fol­gen ei­ner Le­bens­mit­tel­ver­gif­tung auf Gut Etzwei­ler bei Els­dorf. Be­gra­ben wur­de er im Fa­mi­li­en­grab auf dem Me­la­ten-Fried­hof in Köln.

Im Köl­ner Stadt­teil Ma­ri­en­burg er­in­nern ei­ne Stra­ße so­wie vor dem Bahn­hof Deutz ein Denk­mal der ers­ten at­mo­sphä­ri­schen Gas­kraft­ma­schi­ne von 1864, dem Vor­läu­fer des Vier­takt-Ot­to-Mo­tors, an Eu­gen Lan­gen. Ei­ne wei­te­re Eh­rung er­fuhr er im No­vem­ber 1990, als er in das Fi­gu­ren­pro­gramm des Köl­ner Ratstur­mes auf­ge­nom­men wur­de (Bild­hau­er: Theo Hei­er­mann.

Literatur

Joe­ris­sen, Pe­ter / Wag­ner, Ri­ta, Sü­ßes Rhein­land. Zur Kul­tur­ge­schich­te des Zu­ckers, Aus­stel­lung des Köl­ni­schen Stadt­mu­se­ums, Bonn 1998.
Köl­ner Zu­cker 100 Jah­re Pfei­fer & Lan­gen, Köln 1970.
Kuske, Bru­no, Eu­gen Lan­gen, in: Rhei­nisch-West­fä­li­sche Wirt­schafts­bio­gra­phi­en, Band 12, Müns­ter i.W. 1986, S. 121-135.
Lan­gen­scher Fa­mi­li­en­ver­band e.V. (Hg.), Jo­hann Ja­kob Lan­gen (1794-1869) und sei­ne Sip­pe, Leip­zig o.J..
Oepen-Dom­schky, Ga­brie­le, Köl­ner Wirt­schafts­bür­ger im Deut­schen Kai­ser­reich. Eu­gen Lan­gen, Lud­wig Stoll­werck, Ar­nold von Guil­leau­me und Si­mon Al­fred von Op­pen­heim, Köln 2003.
Schlan­gen, Die­ter, Marggrafs sü­ße Ent­de­ckung – Ein Bei­trag zur Ge­schich­te der rhei­ni­schen Zu­cker­wirt­schaft, Gre­ven­broich 2003.

Online

Gold­beck, Gus­tav / Reuß, Hans Jür­gen,l „Lan­gen, Eu­gen", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 13 (1982), S. 571-573. [On­line]
Lan­gen­scher Fa­mi­li­en­ver­ban­d (In­for­ma­ti­on auf der Home­page des Lan­gen­schen Fa­mi­li­en­ver­ban­des e.V. Köln). [On­line]

Eugen Langen als Student, undatierte Porträtzeichnung. (Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv Köln)

 
Zitationshinweis

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Oepen-Domschky, Gabriele, Eugen Langen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/eugen-langen-/DE-2086/lido/57c93cea6ad777.56842435 (abgerufen am 12.11.2024)