Familie Mallinckrodt

Unternehmerfamilie

Christoph Franke (Marburg)

Gustav Mallinckrodt (1799-1856), Porträtfoto. (Historisches Archiv der Stadt Köln)

Die Mit­glie­der der ein­fluss­rei­chen rhei­ni­schen Un­ter­neh­mer­dy­nas­tie Mal­linck­rodt gin­gen aus ei­nem seit dem spä­ten Mit­tel­al­ter nach­weis­ba­ren west­fä­li­schen Pa­tri­zi­er­ge­schlecht her­vor. Ne­ben ih­rer wirt­schaft­li­chen Tä­tig­keit be­tä­tig­ten sie sich seit der Mit­te des 19. Jahr­hun­derts auch auf po­li­ti­scher be­zie­hungs­wei­se auf so­zi­al­po­li­ti­scher Ebe­ne.

Gus­tav Mal­linck­rodt (I) wur­de am 7.8.1799 als Sohn des Kauf­manns Theo­dor Mal­linck­rodt (1774-1822) und sei­ner Frau So­phie Fa­bri­ci­us (1777-1801) in Dort­mund ge­bo­ren. Er ent­stamm­te dem bür­ger­li­chen Zweig ei­ner lu­thera­ni­schen Fa­mi­lie, die seit 1491 in Dort­mund nach­weis­bar ist. Nach dem Be­such des Dort­mun­der Ar­chi­gym­na­si­ums ab­sol­vier­te Gus­tav Mal­linck­rodt ei­ne kauf­män­ni­sche Leh­re in Lipp­stadt. Es schloss sich ei­ne Bil­dungs­rei­se nach Frank­reich und die Mi­li­tär­dienst­zeit in Müns­ter an.

Im No­vem­ber 1820 er­öff­ne­te er zu­sam­men mit sei­nem Freund Ja­kob Au­gust Voigt ein Kom­mis­si­ons- und Spe­di­ti­ons­ge­schäft in St. Pe­ters­burg. Die Stadt war An­fang des 19. Jahr­hun­derts ei­ner der be­deu­tends­ten eu­ro­päi­schen Han­dels­plät­ze. Hier und in sei­nem Ha­fen Kron­stadt wur­den rus­si­sche und si­bi­ri­sche Wa­ren ge­han­delt und Russ­land wur­de dort mit aus­län­di­schen Gü­tern ver­sorgt. Trotz ei­nes er­folg­rei­chen un­ter­neh­me­ri­schen Auf­bruchs muss­te Gus­tav Mal­linck­rodt (I) St. Pe­ters­burg nach dem Tod sei­nes Va­ters schon im Ok­to­ber 1822 wie­der ver­las­sen. Er kehr­te nach Dort­mund zu­rück, grün­de­te dort ei­ne Sia­mo­se­fa­brik und er­öff­ne­te im Mai 1823 zu­sam­men mit Her­mann Mei­ninghaus (ge­stor­ben 1856) die Woll­hand­lung Mal­linck­rodt & Mei­ninghaus.

Nach­dem Gus­tav (I) am 27.10.1823 Ma­ria Strohn (1804-1824), Toch­ter ei­nes Le­der­händ­lers aus Her­de­cke, ge­hei­ra­tet hat­te, ent­schloss er sich zur Auf­ga­be der Dort­mun­der Un­ter­neh­men. Die Sia­mo­se­fa­brik wur­de an Mit­ar­bei­ter des Un­ter­neh­mens ab­ge­ge­ben und die Woll­hand­lung von Her­mann Mei­ninghaus und sei­nem Sohn Au­gust wei­ter­ge­führt.

Ma­ria Mal­linck­rodt starb 1824 bei der Ge­burt des ers­ten Soh­nes. Drei Jah­re spä­ter hei­ra­te­te Gus­tav Mal­linck­rodt (I) die Schwes­ter von Ma­ria, Emi­lie Strohn (1809-1884). Der Va­ter von Emi­lie, Ge­org Strohn (1763-1822), war in Weh­ring­hau­sen bei Ha­gen In­ha­ber ei­ner Ger­be­rei ge­we­sen und hat­te schon 1817 ei­ne wei­te­re Ger­be­rei in Krom­bach bei Sie­gen ge­grün­det. Die Lei­tung des Krom­ba­cher Un­ter­neh­mens er­folg­te nicht zur Zu­frie­den­heit der Fa­mi­lie Strohn und es wur­de be­schlos­sen, dass Gus­tav Mal­linck­rodt (I) und sei­ne Frau nach Krom­bach zo­gen, um die Un­ter­neh­mens­lei­tung vor Ort wahr­zu­neh­men. Im April 1825 ent­schloss sich Gus­tav Mal­linck­rodt (I), die Krom­ba­cher Ger­be­rei wei­ter­zu­füh­ren und das Ha­ge­ner Un­ter­neh­men zu li­qui­die­ren. Zu­sam­men mit Hein­rich Voll­mann be­grün­de­te er die Ger­be­rei Mal­linck­rodt & Co. in Krom­bach. Die Stand­ort­ver­la­ge­rung er­gab sich aus den für die Sohl­le­der­ger­bung be­nö­tig­ten Roh­stof­fe: Was­ser und der Gerb­stoff Ei­chen­rin­de wa­ren in un­mit­tel­ba­rer Um­ge­bung der Ger­be­rei reich­lich vor­han­den, so dass die Kon­zen­tra­ti­on auf den Krom­ba­cher Stand­ort kon­se­quent war.

Bis Mit­te der 1830er Jah­re hat­te Gus­tav Mal­linck­rodt (I) er­kannt, dass der Köl­ner Häu­te­han­del ei­ne do­mi­nie­ren­de Stel­lung in der Rhein­pro­vinz ge­win­nen wür­de. Nach dem Weg­fall der Kon­ti­nen­tal­sper­re hat­te die­ser Han­dels­zweig ei­ne ra­sche Wie­der­be­le­bung er­fah­ren, seit Mit­te der 1820er Jah­re be­gan­nen die Köl­ner Häu­te­händ­ler den hol­län­di­schen Zwi­schen­han­del aus­zu­schal­ten. Wei­te­re Fak­to­ren für das Auf­blü­hen der Köl­ner Häu­te­bran­che la­gen im Er­lass der Rhein­schif­fahrts­ak­te, in der Grün­dung des Deut­schen Zoll­ver­eins und der zen­tra­len La­ge Kölns als Mit­tel­punkt ei­ner be­deu­ten­den Le­der­fa­bri­ka­ti­on in der Rhein­pro­vinz.

Im No­vem­ber 1836 ver­leg­te Gus­tav Mal­linck­rodt (I) sein schon in Krom­bach be­trie­be­nes Im­port­ge­schäft für süd­ame­ri­ka­ni­sche Wild­häu­te nach Köln und er­öff­ne­te die Häu­te­hand­lung Mal­linck­rodt & Cie., die süd­ame­ri­ka­ni­sche Wild­häu­te nach Deutsch­land, ins­be­son­de­re in das Rhein­land und das Sie­ger­land, im­por­tier­te. Zwi­schen 1848 und 1859 hiel­ten die Mal­linck­rodts aus fa­mi­liä­rem In­ter­es­se ei­ne Be­tei­li­gung an der Tuch­fa­brik Mal­linck­rodt & Cie. in Burt­scheid bei Aa­chen. Au­ßer­dem war Gus­tav Mal­linck­rodt (I) ma­ß­geb­lich am Auf­bau meh­re­rer Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten in den Be­rei­chen Ver­kehr, Berg­bau, Ver­si­che­rungs- und Bank­we­sen so­wie Ma­schi­nen­bau im rhei­nisch-west­fä­li­schen In­dus­trie­ge­biet be­tei­ligt. 1844 ge­hör­te er dem Di­rek­to­ri­um der Rhei­ni­schen Ei­sen­bahn­ge­sell­schaft an, wo­bei er sich auf den Aus­bau der Stre­cke von Bonn über Ko­blenz nach Bin­gen kon­zen­trier­te.

 

Im Be­reich des Berg­baus ge­hör­te Gus­tav Mal­linck­rodt (I) zu­sam­men mit Gus­tav Me­vis­sen zu den Grün­dern des Köl­ner Berg­werks-Ver­eins. Mal­linck­rodt war zu Be­ginn der Ge­sell­schaft in der tech­ni­schen Lei­tung des Un­ter­neh­mens tä­tig. Das Vor­ha­ben, zu­sam­men mit Me­vis­sen die „Köl­ni­sche Bank" zu grün­den, schei­ter­te an der preu­ßi­schen Ge­setz­ge­bung.

Auf po­li­ti­schem Feld trat Gus­tav Mal­linck­rodt (I) für ei­nen re­for­ma­to­ri­schen Li­be­ra­lis­mus und ei­ne klein­deut­sche Lö­sung mit ei­ner kon­sti­tu­tio­nel­len Mon­ar­chie un­ter preu­ßi­scher Füh­rung ein. Mit die­sen For­de­run­gen stand er in Op­po­si­ti­on zu den in der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts do­mi­nie­ren­den Schich­ten des preu­ßi­schen Adels und der Be­am­ten­schaft. Auf wirt­schaft­li­chem Ge­biet stemm­ten sich die Be­am­ten ge­gen ei­ne Gleich­stel­lung mit dem auf­stre­ben­den Bür­ger­tum, da sie durch den wirt­schaft­li­chen Er­folg der Un­ter­neh­mer ih­re so­zia­le Po­si­ti­on be­droht sa­hen. Auf dem Feld der Po­li­tik war es der Adel, der sich den Re­form­be­mü­hun­gen des Bür­ger­tums wi­der­setz­te. Nach der ge­schei­ter­ten Re­vo­lu­ti­on von 1848/ 1849 blieb die preu­ßi­sche Aris­to­kra­tie die so­zi­al ma­ß­ge­ben­de Schicht auf po­li­ti­schem und ge­sell­schaft­li­chem Ge­biet.

Gus­tav Mal­linck­rodt (I) zog im April 1850 für den Re­gie­rungs­be­zirk Arns­berg in die Ers­te Preu­ßi­sche Kam­mer ****ein. In sei­ner Zeit als Ab­ge­ord­ne­ter blieb er weit­ge­hend iso­liert und zur po­li­ti­schen Un­tä­tig­keit ver­ur­teilt, so dass er sein Man­dat schon 1853, drei Jah­re vor Ab­lauf der Le­gis­la­tur­pe­ri­ode, auf­gab. In den fol­gen­den Jah­ren wid­me­te er sich wie­der­um dem Auf­bau ver­schie­de­ner Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten. Er un­ter­stütz­te Gus­tav Me­vis­sen bei der Um­wand­lung des A. Schaaff­hau­sen’schen Bank­ver­eins in ei­ne Ak­ti­en­ge­sell­schaft. Dar­über hin­aus war er 1852 an der Grün­dung der Con­cor­dia Le­bens­ver­si­che­rungs AG und 1855 an der Köl­ni­schen Ma­schi­nen­bau AG be­tei­ligt. Zu­gleich en­ga­gier­te er sich sehr für die Fort­ent­wick­lung des Sie­ger­län­der Erz­berg­baus. Mit Hil­fe des Schaaff­hau­sen’schen Bank­ver­eins wur­de 1856 der Köln-Mü­se­ner Berg­werks­ver­ein ge­grün­det.

Gustav Mallinckrodt (1829-1904), Porträtfoto. (Historisches Archiv der Stadt Köln)

 

Gus­tav Mal­linck­rodt (I) starb am 17.11.1856 in Köln. Sein Sohn Gus­tav Mal­linck­rodt (II) wur­de am 29.11.1829 in Krom­bach ge­bo­ren. Nach Ab­schluss der Hö­he­ren Bür­ger­schu­le in Köln ar­bei­te­te er zwi­schen Fe­bru­ar und Ok­to­ber 1845 in der Krom­ba­cher Ger­be­rei, um prak­ti­sche Er­fah­run­gen im Ger­ber­ei­we­sen zu ge­win­nen. Zwi­schen dem Win­ter­se­mes­ter 1845/46 und dem Som­mer­se­mes­ter 1847 be­such­te er Vor­le­sun­gen an den Uni­ver­si­tä­ten in Ber­lin, Bonn und in Gie­ßen. Im Ok­to­ber 1847 be­gann er ei­ne kauf­män­ni­sche Tä­tig­keit im Bank­haus Deich­mann & vom Rath in Ams­ter­dam. Die­se Ar­beit konn­te er aber nur bis zum 29.3.1848 fort­set­zen, da das Bank­haus zu die­sem Zeit­punkt li­qui­diert wur­de. Gus­tav Mal­linck­rodt (II) ging dar­auf­hin als Kor­re­spon­dent für die Köl­ni­sche Zei­tung nach Frank­furt, um von den Ple­nar­sit­zun­gen der Na­tio­nal­ver­samm­lung zu be­rich­ten. Wei­te­re kauf­män­ni­sche Er­fah­run­gen konn­te Gus­tav Mal­linck­rodt (II) beim A. Schaaff­hau­sen’schen Bank­ver­ein in Köln und beim Lon­do­ner Han­dels­haus John Ca­ter und Col­let ge­win­nen.

1855 än­der­te sich das Le­ben für Gus­tav Mal­linck­rodt (II): Er hei­ra­te­te die Toch­ter des wohl­ha­ben­den Köl­ner Ban­kiers Wil­helm Lud­wig Deich­mann, Ber­tha Deich­mann (1836-1901). Zu­gleich über­nahm er die Lei­tung der Burt­schei­der Tuch­fa­brik. Die­ses Un­ter­neh­men muss­te 1859 auf­grund un­zu­rei­chen­der Pro­dukt­qua­li­tä­ten li­qui­diert wer­den. Und auch bei den üb­ri­gen Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men mach­ten sich die Ver­än­de­run­gen der wirt­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen ne­ga­tiv be­merk­bar. Die Ger­be­rei Mal­linck­rodt & Co. muss­te 1881 auf­grund neu­er Gerb­ver­fah­ren mit neu­en Gerb­stof­fen und der Me­cha­ni­sie­rung bei der Wei­ter­ver­ar­bei­tung auf­ge­ge­ben wer­den. Hier kam Gus­tav (II) ei­ner Struk­tur­kri­se die­ses Ge­wer­be­zwei­ges im Sie­ger­land durch die Ver­äu­ße­rung zu­vor. In­fol­ge der Ver­la­ge­rung des Wild­häu­te­han­dels in die See­städ­te und ei­ner zu­neh­men­den Aus­schal­tung des Zwi­schen­han­dels muss­te Gus­tav Mal­linck­rodt (II) auch die Köl­ner Im­port­hand­lung Mal­linck­rodt & Cie. li­qui­die­ren. Die Auf­lö­sung wur­de schlie­ß­lich nach sei­nem To­de durch sei­nen Sohn voll­zo­gen. Nach­hal­ti­ge Struk­tur­ver­än­de­run­gen in­ner­halb der deut­schen Wirt­schaft mach­ten ei­ne ren­ta­ble Wei­ter­füh­rung bei­der Un­ter­neh­men un­mög­lich.

Das vä­ter­li­che En­ga­ge­ment beim Auf­bau von Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten wur­de von Gus­tav (II) nur noch sehr be­grenzt fort­ge­setzt. Er ge­hör­te zwar noch den Kon­troll­gre­mi­en al­ler vom Va­ter mit­be­grün­de­ten Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten an, doch auf dem Ge­biet des Neu­auf­baus von Ak­ti­en­un­ter­neh­mun­gen war er nur noch im Fall der 1894 ge­grün­de­ten Rhei­nisch-West­fä­li­schen Bo­den­kre­dit­bank ak­tiv. Die­se ge­rin­ge In­itia­ti­ve ist um­so er­staun­li­cher, da Gus­tav (II) in den Zei­ten des Grün­der­booms nach dem Deutsch-Fran­zö­si­schen Krieg 1870/1871 gro­ße wirt­schaft­li­che Er­fol­ge mit der Ger­be­rei und der Häu­te­hand­lung ver­zeich­nen konn­te.

Das po­li­ti­sche En­ga­ge­ment Gus­tav Mal­linck­rodts (II) be­schränk­te sich auf die Kom­men­tie­rung ver­schie­de­ner po­li­ti­scher Er­eig­nis­se. An­läss­lich der Be­ra­tun­gen ei­ner Ver­fas­sung auf dem Er­fur­ter Uni­ons­par­la­ment im Jah­re 1850 und der sich zu­spit­zen­den Kon­fron­ta­ti­on zwi­schen Ös­ter­reich und Preu­ßen um das preu­ßi­sche Durch­marsch­recht in Kur­hes­sen lässt sich bei Gus­tav (II) ein Ein­tre­ten für ei­ne klein­deut­sche Lö­sung im Rah­men ei­ner kon­sti­tu­tio­nel­len Ver­fas­sung be­le­gen. Gus­tav Mal­linck­rodt (II) ver­harr­te je­doch in ei­ner pas­si­ven Rol­le, bis zu sei­nem To­de über­nahm er kein po­li­ti­sches Man­dat. Er starb am 6.3.1904. Sein Sohn Gus­tav Mal­linck­rodt (III) wur­de am 2.6.1859 in Köln ge­bo­ren. Nach­dem er 1877 das Ab­itur be­stan­den hat­te, be­gann er im Win­ter­se­mes­ter des­sel­ben Jah­res Ju­ra zu stu­die­ren, zu­nächst in Hei­del­berg, spä­ter in Straß­burg, um dort auch sei­nen Mi­li­tär­dienst­pflich­ten nach­zu­kom­men und schlie­ß­lich in Göt­tin­gen. Hier be­en­de­te er das Ju­ra­stu­di­um mit ei­ner Pro­mo­ti­on zu ei­nem The­ma der Ei­gen­tums­leh­re. Es folg­ten Auf­ent­hal­te in Lon­don und Ant­wer­pen, um sich mit den Ge­wohn­hei­ten des Häu­te­han­dels ver­traut zu ma­chen.

Im Fall von Gus­tav Mal­linck­rodt (III) ist nach ei­nem ver­geb­li­chen Ver­such zum Auf­bau ei­ner Werk­zeug­fa­brik ein star­ker Rück­gang un­ter­neh­me­ri­scher In­no­va­ti­on und Ri­si­ko­über­nah­men fest­zu­stel­len. Die Mit­glied­schaft in zahl­rei­chen Auf­sichts­rä­ten (un­ter an­de­rem Ei­sen- und Stahl­wer­ke Hoesch AG, Co­lo­nia Köl­ni­sche Feu­er- und Köl­ni­sche Un­fall-Ver­si­che­rungs AG, A. Schaaff­hau­sen’scher Bank­ver­ein, Köl­ni­sche Rück­ver­si­che­rung, Ver­ei­nig­te Köln-Rott­wei­ler Pul­ver­fa­bri­ken) bil­de­ten ne­ben sei­nem um­fang­rei­chen Ver­mö­gen die Grund­la­ge für die Wie­der­auf­nah­me des po­li­ti­schen und so­zi­al­po­li­ti­schen Wir­kens.

Gus­tav Mal­linck­rodt (III) knüpf­te in ge­wis­sem Ma­ße an die gro­ßvä­ter­li­chen Tra­di­tio­nen an, aber die Zie­le und die Büh­ne sei­nes En­ga­ge­ments un­ter­schie­den sich stark von de­nen des Gro­ßva­ters. Er ge­hör­te der Na­tio­nal­li­be­ra­len Par­tei an und wech­sel­te 1919 zur Deut­schen De­mo­kra­ti­schen Par­tei. In­ner­halb der Na­tio­nal­li­be­ra­len Par­tei ge­hör­te er dem Köl­ner Par­tei­vor­stand und dem Zen­tral­vor­stand der Rhein­pro­vinz an. Gus­tav Mal­linck­rodt (III) war zwi­schen 1900 und 1919 als Stadt­ver­ord­ne­ter in Köln vor al­lem um die Grün­dung der Han­dels­hoch­schu­le und des Mu­se­ums für Han­del und In­dus­trie be­müht.

Mal­linck­rodt war Vor­stands­mit­glied des Ver­eins für Han­del und In­dus­trie, stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der des Ver­eins für Volks­hy­gie­ne, stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der des Köl­ner Ver­kehrs­ver­eins, Mit­be­grün­der des Köl­ner Frau­en-Fort­bil­dungs­ver­eins, Vor­sit­zen­der des Ver­eins für Na­tur­kun­de, Vor­stands­mit­glied der Ge­sell­schaft für Rhei­ni­sche Ge­schichts­kun­de, Vor­stands­mit­glied des Pro­vin­zi­al­ver­eins vom Ro­ten Kreuz in Köln und Mit­be­grün­der so­wie Eh­ren­mit­glied des Köl­ner Renn­ver­eins. 1914 grün­de­te und lei­te­te er den ers­ten deut­schen Ver­wun­de­ten- und Ver­miss­ten­nach­weis des Deut­schen Ro­ten Kreu­zes in Köln. Hier war er bis 1919 tä­tig. Auf sei­ne ma­ß­geb­li­che In­itia­ti­ve hin wur­de dem Köl­ner Zweig der Fa­mi­lie am 8.9.1902 die Zu­ge­hö­rig­keit zum Adel durch Kai­ser Wil­helm II. (Re­gie­rungs­zeit 1888-1918) be­stä­tigt.

Gus­tav von Mal­linck­rodt (III) starb am 3.3.1939 in Köln. Im Ver­lauf von drei Ge­ne­ra­tio­nen zog sich die Fa­mi­lie von Mal­linck­rodt von ih­rer Tä­tig­keit als Un­ter­neh­mer mehr und mehr zu­rück. Die Mal­linck­rodts ge­hör­ten dem Ty­pus des Köl­ner Händ­ler-Un­ter­neh­mers an, der die im Häu­te­han­del und im Ger­ber­ei­we­sen er­wirt­schaf­te­ten Ge­win­ne in die In­dus­tria­li­sie­rung des rhei­nisch-west­fä­li­schen In­dus­trie­ge­bie­tes in­ves­tier­te. Ein Über­gang zur in­dus­tri­el­len Le­der­pro­duk­ti­on ge­lang den Mal­linck­rodts, wie auch an­de­ren Händ­ler-Un­ter­neh­mern, al­ler­dings nicht. Po­li­tisch lässt sich in der glei­chen Zeit ein Wan­del vom re­for­ma­to­ri­schen Li­be­ra­lis­mus zu ei­ner mon­ar­chisch-kon­ser­va­ti­ven Rich­tung fest­stel­len. Gus­tav Mal­linck­rodt (I) war an ei­nem Wan­del Preu­ßens hin zu ei­ner kon­sti­tu­tio­nel­len Ver­fas­sung und ver­bun­den mit ei­ner klein­deut­schen Lö­sung in­ter­es­siert. Sein En­kel för­der­te den Auf­bau Kölns zu ei­ner mo­der­nen Groß­stadt, oh­ne die Par­ti­zi­pa­ti­on brei­te­rer Be­völ­ke­rungs­schich­ten an der Kom­mu­nal­po­li­tik zu un­ter­stüt­zen.

Literatur

De­res, Tho­mas, Der Köl­ner Rat. Bio­gra­phi­sches Le­xi­kon, Band 1, 1794-1919, Köln 2001, S. 133-134.
Fran­ke, Chris­toph, Die (von) Mal­linck­rodts. Un­ter­neh­mer und li­be­ra­le Po­li­ti­ker im 19. Jahr­hun­dert, in: Sie­ger­land 72 (1995), S. 28-48.
Fran­ke, Chris­toph, Stre­ben nach ge­sell­schaft­li­cher An­er­ken­nung? Die Köl­ner Un­ter­neh­mer­fa­mi­lie Mal­linck­rodt, in: Ge­schich­te in Köln 38 (1995), S. 96-116.
Fran­ke, Chris­toph, Wirt­schaft und Po­li­tik als Her­aus­for­de­rung. Die li­be­ra­len Un­ter­neh­mer (von) Mal­linck­rodt im 19. Jahr­hun­dert, Stutt­gart 1995.
Schei­bler, Hans Carl / Wülfrath, Karl, West­deut­sche Ah­nen­ta­feln I, Wei­mar 1939, S. 67-123.
Zun­kel, Fried­rich, Gus­tav Mal­linck­rodt (1799-1856), in: Rhei­nisch-West­fä­li­sche Wirt­schafts­bio­gra­phi­en, Band 12, Müns­ter 1986, S. 96-120.

Online

Zun­kel, Fried­rich, Ar­ti­kel "Mal­linck­rodt, Gus­tav", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 15 (1987), S. 733-734. [On­line]

Gustav Mallinckrodt (1859-1936), Porträtfoto. (Historisches Archiv der Stadt Köln)

 
Zitationshinweis

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Franke, Christoph, Familie Mallinckrodt, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/familie-mallinckrodt/DE-2086/lido/57c946bf725fa4.84111709 (abgerufen am 25.04.2024)