Zu den Kapiteln
Graf Ferdinand Adolf von Plettenberg ebnete als ehrgeiziger, aufgrund seines diplomatischen Geschicks jedoch auch überaus erfolgreicher Berater der bayrischen Wittelsbacher deren letzten Vertreter, Clemens August, den Weg auf den Kölner Bischofsstuhl. Ein Jahrzehnt lang blieb Plettenberg der erste Minister des wankelmütigen Kurfürsten. Obschon aus Westfalen und damit einem Teil des Kurfürstentums stammend, gelang ihm der politische Aufstieg nur durch bayrische Protektion, und in gleicher Weise endete seine Karriere, als er die Gunst Clemens Augusts verlor. Politisch bald von Caspar Anton von Belderbusch in den Schatten gestellt, bleibt Ferdinand von Plettenberg vor allem seiner reichen Kunstsammlung und seines prachtvollen Schlosses Nordkirchen, des „Westfälischen Versailles“, in Erinnerung.
Geboren wurde Ferdinand am 25. Juli 1690 als Sohn des Freiherrn Johann Adolph von Plettenberg-Lenhausen (1655-1695) und der Franziska Theresia von Wolff-Metternich zur Gracht (1616-1668) auf Schloss Lenhausen, wo diese Seitenlinie des weit verbreiteten, ursprünglich aus dem Sauerland stammenden Adelsgeschlechts der Plettenberger seit der Mitte des 15. Jahrhunderts ansässig war. Sein Vater war erst kurz vor Ferdinands Geburt, 1689, in den Reichsfreiherrenstand erhoben worden, hatte aber bereits zuvor als kurkölnischer Kämmerer und Geheimer Rat Zugang zum inneren Machtbereich des Erzstifts gehabt. Auch sein Großvater mütterlicherseits, Freiherr Degenhardt Adolph von Wolff-Metternich zur Gracht (1616-1668) hatte als Oberstallmeister bereits in kurfürstlichen Diensten gestanden. Sein Onkel, Friedrich Christian von Plettenberg (1644-1706), hinterließ Ferdinand ein beträchtliches Vermögen, welches er insbesondere seit seiner Wahl zum Bischof von Münster im Jahr 1688 erworben hatte, darunter auch das Schloss Nordkirchen, das Ferdinand später zum größten Wasserschloss Westfalens erweitern ließ.
Als nachgeborener Sohn hatte Plettenberg sich zunächst auf eine geistliche Laufbahn vorbereitet und bereits kurz nach seiner Geburt Anwartschaften auf Domherrenstellen in Münster und Paderborn erhalten. In beiden Fällen begünstigten die verwandtschaftlichen Verbindungen Ferdinands schnelle Aufnahme in die jeweiligen Domkapitel: in Münster konnte sein Onkel Friedrich Christian für ihn eintreten, und auch in Paderborn regierte seit 1683 mit Hermann Werner von Wolff-Metternich zur Gracht (1625-1704) ein Großonkel mütterlicherseits. Im Jahr 1704 nahm er in beiden Kapiteln endgültige Residenz, resignierte jedoch 1712, nachdem sein älterer Bruder verstorben war. Noch im gleichen Jahr heiratete er Bernhardina Alexandrina von Westerholt-Lembeck (1695-1757). Zwischenzeitlich hatte er juristische Studien in Mainz, Gießen und auch Köln aufgenommen, jedoch nicht zum Abschluss gebracht.
Mit der vom Onkel ererbten Herrschaft Nordkirchen war das Amt eines Erbmarschalls im Fürstbistum Münster verbunden. Dieser Vorsitz der Münsteraner Ritterschaft trug ihm ein größeres Jahreseinkommen ein. 1713 wurde er von einem weiteren Onkel, Franz Arnold von Wolff-Metternich zur Gracht (1658-1718), der seit 1704 in Paderborn und seit 1707 auch in Münster als Fürstbischof amtierte, zum Geheimen Rat ernannt. Bis zum Tode Franz Arnolds hatte Ferdinand einen solch hohen Einfluss gewonnen, dass er für potentielle Nachfolgekandidaten ein wichtiger Ansprechpartner war. So trat auch das Haus Wittelsbach an ihn heran, als Clemens August in Münster und Paderborn zum Bischof gewählt werden sollte. Ferdinand lenkte die Domkapitel durch eine zurückhaltende, aber geschickte Diplomatie in die gewünschte Richtung, und in beiden Fällen gelang die Wahl im Jahr 1719. Vom Verhandlungsgeschick des jungen Adligen überzeugt, entsandte Clemens August Ferdinand auch nach Köln, als es dort um die Nachfolge des wenig beliebten Kurfürsten Joseph Clemens ging.
Auch dort verlief die Wahl erfolgreich, weil Plettenberg den jungen Wittelsbacher entgegen der üblichen Gepflogenheiten überzeugte, sofort nach Köln zu kommen und persönlich im Domkapitel Residenz zu nehmen. Das gab Clemens August und Plettenberg Gelegenheit, die Kanoniker und ihre Wahlabsichten einzuschätzen und, bei Bedarf unter Verwendung entsprechender Subsidienzahlungen, für sich einzunehmen. Unmittelbar nach seiner Wahl zum Kölner Erzbischof ernannte Clemens August Plettenberg zum Premierminister für das Kurfürstentum Köln. Bereits 1719 hatte er ihm das Amt des Obristkämmerers in Paderborn verliehen, und nach dem vierten Bistum, das der Bayernherzog durch Ferdinands überzeugende Vorarbeit für sich erringen konnte, folgte 1724 zusätzlich das Amt des Kammerpräsidenten in Hildesheim. Im gleichen Jahr wurde Ferdinand in den Reichsgrafenstand erhoben; durch die üppigen Einkünfte aus seinem Erbe und den von Clemens August verliehenen Ämtern konnte er die Grafschaft Wittem in der niederländischen Provinz Limburg und damit Sitz und Stimme im Grafenkollegium des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises erwerben. Außerdem erlaubte ihm seine Stellung einen fürstlichen Lebenswandel, der im Ausbau des Schlosses Nordkirchen seinen architektonischen Ausdruck fand und sogar die Repräsentationsformen seines Dienstherrn, Erzbischof Clemens August, beeinflusste. Plettenberg machte sich auch als Kunstsammler einen Namen.
Ferdinand residierte allerdings überwiegend in seinem Bonner Stadtpalais, von wo aus er die Regierung der seit 1728 fünf Bistümer – Osnabrück brachte Clemens August den Beinamen „Herr von Fünfkirchen“ ein – lenkte. Außenpolitisch setzte er dabei zunächst den traditionellen Kurs der engen Anbindung an Bayern und Frankreich fort. Er hatte jedoch insgeheim den Ehrgeiz entwickelt, am Wiener Kaiserhof das neu geschaffene Amt eines Reichsvizekanzlers übernehmen zu können und orientierte die kurkölnische Politik daraufhin stärker in Richtung Habsburg. Kurfürst Clemens August folgte dieser Lösung von Bayern schon alleine deshalb, weil er sich zeitlebens von seinem älteren Bruder, dem Kurfürsten und späteren Kaiser Karl Albrecht (1697-1745), bevormundet fühlte. 1732 erwirkte Plettenberg die Anerkennung der „Pragmatischen Sanktion“ und damit der Erbfolge der Erzherzogin und späteren Kaiserin Maria Theresias (1717-1780) in den habsburgischen Erblanden zunächst bei Kurfürst Clemens August, dann auch beim ganzen Reichstag. Maria Theresia stimmte daraufhin der Wahl des Kölner Erzbischofs zum Hochmeister des Deutschen Ordens zu, und Ferdinand wurde zum Dank für seine Dienste mit der schlesischen Grafschaft Cosel belehnt sowie in den vornehmen Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen.
Sein politischer und sozialer Aufstieg nahm 1733 ein jähes Ende, als einer von Plettenbergs entfernteren Verwandten, der Freiherr Friedrich Christian von Beverförde-Werries (1702-1768), einen Freund und Vertrauten Clemens Augusts, den Freiherrn Johann Baptist von Roll (1685-1733), im Duell erstach. Beide, Plettenberg und Beverförde, wurden sofort aus den kurkölnischen Diensten entlassen; im Falle Ferdinands scheint dahinter jedoch eine Hofintrige gestanden zu haben, um den einflussreichen Premierminister zu entmachten. Clemens August jedenfalls war über den Tod Rolls untröstlich und hielt Plettenberg für mitschuldig. Möglicherweise spielte auch seine finanzielle Situation eine Rolle, denn trotz seiner Einkünfte hatte Ferdinand aufgrund seiner aufwändigen Lebensführung zum Zeitpunkt seines Sturzes Schulden in Höhe von rund 250.000 Talern angehäuft.
Nach seiner Entlassung ging Ferdinand von Plettenberg nach Wien. Zwar nahm ihn Maria Theresia in ihre Dienste, beauftragte ihn jedoch nur mit politisch unbedeutenden Missionen und nicht mit den erhofften diplomatischen Spitzenpositionen. Zunächst blieb er als kaiserlicher Bevollmächtigter beim Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis in seiner Heimatregion, übersiedelte dann aber 1735 ganz nach Wien, wo er zum Botschafter beim Heiligen Stuhl ernannt wurde. Bevor er dieses Amt jedoch tatsächlich antreten konnte, verstarb er am 18. März 1737 und wurde in der Wiener Minoritenkirche beigesetzt.
Literatur (Auswahl)
Braubach, Max, Ferdinand von Plettenberg (1690-1737), in: Westfälische Lebensbilder 9 (1962), S. 34-51.
Kinsky, E., Die Außenpolitik des kurkölnischen Ministers von Plettenberg 1723-1733, Diss. Bonn 1956.
Leifeld, Marcus, Macht und Ohnmacht der Kölner Kurfürsten um 1700. Vier kurkölnische „Erste Minister“ als politische Bedeutungsträger, in: Zehnder, Frank Günter (Hg.), Im Wechselspiel der Kräfte. Politische Entwicklungen des 17. und 18. Jahrhunderts in Kurköln (= Der Riss im Himmel, Bd. 2), Köln 1999, S. 62-95.
Mummenhoff, Karl-Eugen, Schloß Nordkirchen. Die Bauten Schlauns für Ferdinand von Plettenberg, in: Bußmann, Klaus u. a. (Hg.), Johann Conrad Schlaun 1695-1773. Architektur des Spätbarock in Europa, Stuttgart 1995, S. 238-297.
Online
Leifeld, Marcus, Wilhelm Ferdinand Graf zu Plettenberg und Wittem, in: NDB 20 (2001), S. 536-537. [Online]
Dethlefs, Gerd, Plettenberg zu Nordkirchen/Wittem, Ferdinand, in: Internet-Portal „Westfälische Geschichte“. [Online]
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Bock, Martin, Ferdinand Adolf von Plettenberg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/ferdinand-adolf-von-plettenberg/DE-2086/lido/57c95ae014f695.55810485 (abgerufen am 08.12.2024)