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Franz Möller hat fast drei Jahrzehnte die Politik in der Region Bonn/Rhein-Sieg maßgeblich mitgestaltet und insbesondere in den frühen 1990er Jahren als führendes Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag auch bundespolitisch Akzente gesetzt.
Franz Möller kam am 2.11.1930 im emsländischen Bramsche (heute Stadt Lingen/Ems) als jüngstes Kind des Bäckermeisters und Landwirts Bernhard Möller und dessen Ehefrau Maria geborene Jungehülsing zur Welt und wuchs mit seinen zwei älteren Geschwistern Theo und Margret in einem katholisch geprägten Umfeld auf. Die im Elternhaus vermittelte Verwurzelung in der katholischen Weltanschauung prägte ihn lebenslang.
Mit Fleiß und Geschick brachten es seine Eltern zu Ansehen und Wohlstand. Seit Mitte der 1920er Jahre vergrößerten sie nach und nach den landwirtschaftlichen Betrieb mit Bäckerei und Gasthof und erweiterten ihn um ein Lebensmittelgeschäft, eine Poststelle und die Errichtung einer Tankstelle.
Die Jahre seiner Kindheit und Jugend mochten in wirtschaftlich-materieller Hinsicht sorgenfrei gewesen sein, politisch waren sie es nicht. Die nationalsozialistische Machtübernahme mit der Ernennung Adolf Hitlers (1889-1945) zum Reichskanzler am 30.1.1933 blieb auch für Möller nicht folgenlos. Er gehörte einer Generation an, die aufgrund ihrer Geburtsjahre nicht in der Gefahr stand, sich in der Zeit des Nationalsozialismus verstricken zu können, diese Jahre aber bewusst miterlebte, insbesondere die Konsequenzen des Nationalsozialismus in Gestalt des Krieges.
Der Zweite Weltkrieg machte auch vor Bramsche nicht halt. Der nur wenige Kilometer entfernte Flugplatz Plantlünne wurde zum Einsatzflughafen der Wehrmacht ausgebaut, wodurch er Ziel alliierter Luftangriffe wurde. Im März 1945 sollte Franz Möller noch zur Wehrmacht eingezogen werden. Dank des mutigen Einsatzes seines Vaters bei der Kreisleitung der NSDAP entging der damals 14-Jährige der Einberufung und erlebte das Kriegsende in Bramsche bereits Anfang April 1945 mit der Besetzung des Ortes durch alliierte Streitkräfte.
Nach Kriegsende fasste die Familie schnell wieder Tritt. Während seine Eltern und sein älterer Bruder Theo mit dem erfolgreichen Wiederaufbau des Betriebes beschäftigt waren, ging Franz Möller weiter zur Schule und legte 1951 am Gymnasium Georgianum in Lingen das Abitur ab. Seine berufliche Zukunft sah er nicht im elterlichen Betrieb, in dem nach dem plötzlichen Tod seines Vaters im September 1949 seine Mutter und sein Bruder Theo die Verantwortung trugen. Er begann ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Freiburg im Breisgau und Münster, das er 1955 mit dem Referendarexamen abschloss. 1958 folgte mit einer Arbeit zum Thema „Die abredewidrige Ausfüllung von Blankowechseln unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsbehelfe des Blankettgebers“ die Promotion zum Dr. jur. in Münster. Seine juristische Ausbildung schloss Möller mit dem Assessorexamen am 7.3.1960 in Düsseldorf ab.
Möller blieb in Düsseldorf und trat mit dem 1.5.1960 in den höheren Verwaltungsdienst der Bundeswehrverwaltung. Nur ein Vierteljahr später ging es für ihn nach Bonn in die Verwaltung des Deutschen Bundestages. Beim Aufbau des Wissenschaftlichen Dienstes leistete er Pionierarbeit. Innerhalb weniger Jahre stieg er zum Oberregierungsrat auf, dem im März 1965 die Leitung des Referates Gesetzesmaterialien übertragen wurde.
Der berufliche Aufstieg ging einher mit der Gründung einer eigenen Familie. Am 28.5. 1962 heiratete er die gebürtige Stuttgarterin Ilse Domgörgen (1933-2018), die in Bonn aufgewachsen war und als Assistentin für die Bundestagsabgeordneten Robert Pferdmenges und Gerd Bucerius (1906-1995) arbeitete. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Nicola, Andrea und Martin. Die jüngere Tochter Andrea, verheiratete Stullich, wählte ebenfalls den Weg in die Politik. Bei der Landtagswahl vom 14.5.2017 wurde sie als Direktkandidatin im Kreis Steinfurt in den Landtag von Nordrhein-Westfalen gewählt.
Ilse Möller war eine ebenso selbständige wie selbstbewusste Frau, die ihrem Mann eine kluge Lebensgefährtin war. Sie engagierte sich kommunalpolitisch und gehörte dem Rat der Stadt Sankt Augustin an, zeitweise als stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion. Bleibende Verdienste erwarb sie sich bei der Gründung und dem Aufbau der Frauen Union (seinerzeit noch unter der Bezeichnung Frauenvereinigung) in Sankt Augustin und im Kreis. Ihr politisches Engagement blieb ehrenamtlich. Im Hause Möller wurde eine für die damalige Zeit übliche Rollenverteilung praktiziert: Während Franz Möller für den Lebensunterhalt der Familie sorgte, kümmerte sich seine Ehefrau um den Haushalt und die drei Kinder.
Inzwischen war auch Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier (1906-1986) auf Möller aufmerksam geworden und berief ihn im Januar 1966 zum Persönlichen Referenten und Leiter des Präsidialbüros. Damit begann nach seinen eigenen Worten die lehrreichste, arbeitsreichste und interessanteste Zeit seiner beruflichen und politischen Laufbahn.
In seiner neuen Funktion war Möller unmittelbar in die Tagespolitik eingebunden und auch verstärkt mit parteipolitischen Fragen befasst. Ohne Mitglied der Partei zu sein, begleitete er Gerstenmaier zu Beratungen in den Gremien der CDU und der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag. Erst im Januar 1967 entschied sich Möller zur Mitgliedschaft in der CDU. Das christliche Menschenbild als das sittliche Fundament, auf dem sich Menschen unterschiedlicher Herkunft in der Volkspartei CDU zusammenfinden können, sollte für ihn Dreh- und Angelpunkt seiner Politik werden. Das „C“ als einigendes Band christlich-sozialer, liberaler und konservativer Strömungen in der CDU hatte für ihn bleibende Bedeutung. Wie sich später in den Diskussionen um den Schutz des ungeborenen Lebens zeigte, war für Möller Politik aus christlicher Verantwortung kein bloßes Schlagwort.
Mit dem Rücktritt Gerstenmaiers im Januar 1969 endete auch Möllers Tätigkeit als Persönlicher Referent des Parlamentspräsidenten und Leiter des Präsidialbüros. Der neue Bundestagspräsident Kai-Uwe von Hassel (1913-1997) übertrug Möller die Leitung des Personalreferates. Wenige Monate nach der Bundestagswahl vom 19.11.1972, aus der die SPD als stärkste Partei hervorging, besetzte Hassels Nachfolgerin Annemarie Renger (1919-2008) die Leitungsfunktion im Personalreferat neu. Möller, der die Abteilung „Dienste für Abgeordnete“ übernahm, konnte die Entscheidung Rengers nicht verstehen und war entsprechend enttäuscht. Zu diesem Zeitpunkt, im Frühjahr 1973, war Möller längst kein einfaches Parteimitglied mehr. Seit 1970 saß er als Nachrücker für den langjährigen Sankt Augustiner Bürgermeister Karl Gatzweiler (1920-1997) im Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises, legte dort mit der Berufung zum Finanzpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion und der Wahl in den Kreisausschuss eine kommunalpolitische Blitzkarriere hin und entwickelte sich auch in der Kreispartei zu einer festen Größe. Auf dem Kreisparteitag der CDU Rhein-Sieg im Frühjahr 1974 wurde er zum stellvertretenden Kreisvorsitzenden gewählt.
Vor diesem Hintergrund war es keine große Überraschung, dass Franz Möller am 26.9.1974 als Nachfolger von Willi Lindlar (1916-1983) aus Hennef zum neuen Landrat des Rhein-Sieg-Kreises gewählt wurde. Der Rhein-Sieg-Kreis war erst im Zuge der kommunalen Gebietsreform 1969 durch den Zusammenschluss des bisherigen Siegkreises und der Gemeinden und Städte Alfter, Bornheim, Meckenheim, Rheinbach, Swisttal und Wachtberg aus dem ehemaligen Landkreis Bonn gebildet worden. In seiner neuen Funktion war Möller als Integrator gefragt, der die beiden Kreisteile rechts- und linksrheinrheinisch zusammenführte – eine Aufgabe, die er seiner 25-jährigen Amtszeit als Landrat bis 1999 meisterte.
Zwei Jahre später folgte der nächste Schritt auf der politischen Karriereleiter. Bei der Bundestagswahl vom 3.10.1976 errang er als direkt gewählter Kandidat des Wahlkreises 64 – Rhein-Sieg-Kreis I – ein Abgeordnetenmandat im Deutschen Bundestag. Bei der Aufstellung als Wahlkreiskandidat der CDU hatte er sich deutlich gegen den Kreisvorsitzenden Karl Lamers (geboren 1935) durchgesetzt. Mit der Wahl in den Deutschen Bundestag begann für Franz Möller ein neuer Lebensabschnitt mit anderen Herausforderungen und Tätigkeitsfeldern. Sein Amt als Landrat wollte er weiterführen und suchte nach seinem Einzug in das Bonner Parlament nach einer Möglichkeit, Kommunalpolitik und Bundespolitik miteinander zu verbinden. Deshalb legte er den Schwerpunkt seiner parlamentarischen Tätigkeit auf die Mitarbeit im Ausschuss für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, der in besonderer Weise die Politik in den Kommunen beeinflusste.
Möllers erste Wahlperiode als Bonner Parlamentarier war überschattet von heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Unionsparteien, die bis hin zu der Entscheidung über den Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 1980 in der gemeinsamen Bundestagsfraktion ausgetragen wurden. In der Fraktionssitzung vom 2.7.1979 stellten sich der niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (1930-2014) und sein bayerischer Amtskollege Franz Josef Strauß (1915-1988) zur Wahl. Strauß setzte sich in der Abstimmung mit 135 gegen 102 Stimmen durch. Auch Möller stimmte für Strauß, dem er die größere politische Kraft für die Wahlen wie für die Lösung der politischen Fragen aus nationaler wie internationaler Ebene hielt. Das Ergebnis der Bundestagswahl vom 5.10.1980 zeigte, dass er die falsche Entscheidung getroffen hatte. Mit dem Kanzlerkandidaten Strauß verloren die Unionsparteien gegenüber der vorausgegangenen Wahl, bei der CDU und CSU mit dem Spitzenkandidaten Helmut Kohl (1930-2017) nur knapp die absolute Mehrheit verfehlt hatten, 4,1 Prozentpunkte. Möller erhielt bei seiner Wiederwahl als Kandidat im Wahlkreis 65 – Rhein-Sieg-Kreis II – mehr als 54 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Die CDU/CSU-Fraktion berief ihn zu ihrem Sprecher im Ausschuss für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Im Zuge des Regierungswechsels vom 1.10.1982, als der sozialdemokratische Bundeskanzler Helmut Schmidt (1918-2015) durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt wurde bei gleichzeitiger Wahl Helmut Kohls zum neuen Bundeskanzler, übernahm Möller den Ausschussvorsitz von Oscar Schneider (geboren 1927), der als Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau in das Kabinett Kohl eintrat. Das Angebot Schneiders, in dessen Ministerium beamteter Staatssekretär zu werden, lehnte er ab, da er nicht bereit war, sein liebgewordenes Ehrenamt als Landrat aufzugeben und auf seine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag zu verzichten.
Nach den Bundestagswahlen vom 6.3.1983 und 25.1.1987 wurde Möller in seiner Funktion als Ausschussvorsitzender bestätigt. Zu den herausragenden Leistungen in seiner achtjährigen Amtszeit zählte die Schaffung des Baugesetzbuches. Das wichtigste Gesetz des Bauplanungsrechts in Deutschland trat am 1.7.1987 in Kraft und fasste das Bundesbaugesetz und das Städtebauförderungsgesetz in einem Gesetz zusammen. Dank seiner umsichtigen Verhandlungsführung war 1990 auch eine zügige Ausschussberatung der Einigungsverträge möglich.
Nach der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl vom 2.12.1990 wurden ihm neue Aufgaben übertragen. Die CDU/CSU-Fraktion wählte ihn zu ihrem Justiziar. Damit gehörte Möller dem Geschäftsführenden Vorstand wie dem Gesamtvorstand der Fraktion an. Er befand sich auf dem Höhepunkt seiner politischen Laufbahn.
In der Gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat beeinflusste er als der zuständige Berichterstatter seiner Fraktion maßgeblich die Neuformulierung des Artikels 23 des Grundgesetzes, des sogenannten Europa-Artikels, mit dem die verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Ratifizierung des Maastrichter Vertrages geschaffen wurde. Bedeutsam war auch seine Mitwirkung bei der Ergänzung des Artikels 28 des Grundgesetzes zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung.
Bedeutende Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, die er für die CDU/CSU-Fraktion allesamt gewann, waren ein weiteres wichtiges Aufgabengebiet, das Möller während der 12. Wahlperiode beackerte. Mit Urteil vom 12.10.1993 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Vereinbarkeit des Maastrichter Vertrages mit dem Grundgesetz und bestätigte damit „in beeindruckender Weise die Maastricht-Tauglichkeit des Europa-Artikels“. Auch in der Frage von Auslandseinsätzen der Bundeswehr durfte sich Möller in seinem Verfassungsverständnis bestätigt fühlen. Die Karlsruher Richter stellten in ihrem Out-of-Area-Urteil vom 12.7.1994 fest, dass friedenserhaltende und friedensschaffende Einsätze der Bundeswehr im Rahmen der Vereinten Nationen durch Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes als legitimiert anzusehen sind.
Die Umsetzung des Hauptstadtbeschlusses vom 20.6.1991 mit dem Ziel eines fairen Ausgleichs zwischen Berlin und Bonn war das dritte große Aufgabengebiet, mit dem Möller in seiner fünften Wahlperiode als Mitglied des Deutschen Bundestages befasst war. Die Frage des Parlaments- und Regierungssitzes war das erste große innenpolitische Streitthema nach der Wiedervereinigung. Der Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 31.8.1990 legte Berlin als Hauptstadt verbindlich fest, ließ aber die Frage des Sitzes von Parlament und Regierung offen. Hierüber sollte nach der Wahl des ersten gesamtdeutschen Bundestages entschieden werden.
Als der Einigungsvertrag unterzeichnet wurde, war die Hauptstadt-Debatte bereits in vollem Gange. Bereits am 10.2.1990 hatte Franz Möller in einer Ausarbeitung mit dem Arbeitstitel „Berlin ist deutsche Hauptstadt – Bonn bleibt Regierungssitz“ eindeutig Stellung bezogen und davor gewarnt, dass es bei einer Wiedervereinigung für die Hauptstadtregion Bonn/Rhein-Sieg „kein Austrocknen, kein Ausbluten und keinen Ausverkauf“ geben dürfe. Die Region davor zu bewahren, war nach dem Beschluss vom 20.6.1991, als der Deutsche Bundestag mit der knappen Mehrheit von 338 zu 320 Stimmen für Berlin als Parlaments- und Regierungssitz votiert hatte, die große Aufgabe, vor die sich Möller als Landrat und Bundestagsabgeordneter des Rhein-Sieg-Kreises gestellt sah.
Noch am Abend der für ihn so bitteren Bundestagsentscheidung richtete er den Blick nach vorn, weil „es kein reiner Berlin-Beschluss, sondern ein Berlin/Bonn-Beschluss war und als ‚Doppelbeschluss‘ auch für Bonn Bewegungsmöglichkeiten enthielt“. Möller suchte über alle Parteigrenzen hinweg den Schulterschluss von Kommunal-, Landes- und Bundespolitikern in der Region. Von einem bindungslosen Nebeneinander fanden die Stadt Bonn und die Landkreise Rhein-Sieg und Ahrweiler zu echter Partnerschaft. Das war die Voraussetzung dafür, dass in Kooperation mit den Staatskanzleien in Düsseldorf und Mainz in den Verhandlungen mit dem Bund ein fairer Ausgleich zwischen Berlin und Bonn erzielt werden konnte. Das Berlin/Bonn-Gesetz vom 26.4.1994 und die Vereinbarung über die Ausgleichsmaßnahmen für die Region Bonn vom 29.6.1994 waren das Ergebnis dieser Verhandlungen.
An allen wichtigen Entscheidungen war Möller unmittelbar beteiligt, unter anderem als Mitglied der Konzept- und der Baukommission des Ältestenrates des Deutschen Bundestages. Als führendes Mitglied der größten Regierungsfraktion war er für die Region im Kontakt zu Bundesregierung und Bundestag „erster Ansprechpartner und Mittelsmann“, der angesichts der Ergebnisse bei der Umsetzung des Hauptstadtbeschlusses mit dem Ende der 12. Wahlperiode im Herbst 1994 beruhigt seine parlamentarische Karriere im Deutschen Bundestag beenden konnte.
Kommunalpolitisch blieb er weiterhin aktiv und wurde nach den Kommunalwahlen vom 16.10.1994 für eine weitere fünfjährige Amtszeit zum Landrat gewählt. In seiner letzten Amtsperiode trat er als Vorsitzender des Landkreistages Nordrhein-Westfalen (1994–1997) und Vizepräsident des Deutschen Landkreistages (1995–1999) verstärkt verbandspolitisch in Erscheinung. Auch übte er das Ehrenamt des Vorsitzenden des Vorstandes der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus aus, in das er bereits im Oktober 1992 gewählt worden war und bis zum Jahr 2000 bekleidete. Es war Möllers Verdienst, dass zum 30. Todestag Konrad Adenauers 1997 die grundlegende Neugestaltung der Dauerausstellung zum Leben und Wirken des Gründungskanzlers und des Ausstellungsgebäudes termingerecht abgeschlossen wurde.
Mit der Kommunalwahl 1999 endete die Ära Möller im Rhein-Sieg-Kreis. Für seine Verdienste wurde ihm der Titel „Ehrenlandrat“ verliehen. Der bisherige Oberkreisdirektor Frithjof Kühn (geboren 1943) wurde am 12.9.1999 bereits im ersten Wahlgang zum neuen, fortan hauptamtlichen Landrat gewählt. Die von der großen Mehrheit der CDU in Nordrhein-Westfalen mitgetragene Reform der Kommunalverfassung mit der Abschaffung der Doppelspitze aus ehrenamtlichem Bürgermeister und hauptamtlichem Stadtdirektor lehnte Möller entschieden ab. Seine Befürchtungen, dass diese Reform einen „Rückschritt an demokratischer Gestaltungsmöglichkeit und Gestaltungsfreiheit der Bürger“ bedeutete und „zu einer pharaonengleichen Macht- und Prachtentfaltung in den Händen der Politbürokratie“ führte, waren unbegründet, wie die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen seit 1999 gezeigt hat.
In den 25 Jahren seiner Amtszeit als Landrat wurde er zum Gesicht des Rhein-Sieg-Kreises und erwies sich nach dem Hauptstadt-Beschluss vom 20.6.1991 als entschiedener Kämpfer für Bonn, der entscheidenden Anteil daran hatte, dass die Region Bonn/Rhein-Sieg ein eigenes Profil als Standort für Wissenschaft, Bildung und Kultur entwickeln konnte.
Als sich Franz Möller im September 1999 aus der aktiven Politik zurückzog, konnte er auf 29 Jahre Mitgliedschaft im Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises zurückblicken, allein 25 Jahre davon als Landrat. Anlässlich eines großen Festaktes im Siegburger Kreishaus würdigte Ministerpräsident Wolfgang Clement (1940-2020) sein politisches Lebenswerk und verlieh ihm den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.
Am 13.4.2018 verstarb Franz Möller nach langer Krankheit in Bad Honnef – nur acht Tage nach dem Tod seiner Frau. Die Beisetzung fand am 20.4.2018 statt. Der Rhein-Sieg-Kreis ehrte seinen Ehrenlandrat am 4.6.2018 mit einer Gedenkfeier im Kreishaus in Siegburg. In Erinnerung bleibt ein Mensch mit großem politischem Sachverstand, klar und nüchtern in der Analyse, zugleich ausgestattet mit feinem Humor und einer Portion Selbstironie.
Quellen
Der Nachlass von Franz Möller befindet sich im Archiv für Christlich-Demokratische Politik der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Werke (Auswahl)
Der Beschluss. Bonn/Berlin-Entscheidungen 1990–1994, Bonn 2002.
Eugen Gerstenmaier und die Bundesversammlung in Berlin 1969, in: Historisch-Politische Mitteilungen 9 (2002), S. 95–126.
Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Aufzeichnungen und Erinnerungen, Band 17: Franz Möller, München 2004.
Der Rhein-Sieg-Kreis im Spannungsfeld von Bund und Land 1949–2000. Vom Parlamentarischen Rat (1949) über die kommunale Gebietsreform (1969) zum Berlin/Bonn-Gesetz (1994) und zum Umzug von Bundestag und Bundesregierung nach Berlin (2000), Siegburg 2006.
Franz Möller/Martin Limpert. Informations- und Mitwirkungsrechte des Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen 24 (1993), S. 21–32.
Festschrift
Franz Möller – Landrat aus Leidenschaft. Festschrift für Franz Möller. Landrat des Rhein-Sieg-Kreises von 1974 bis 1999, hg, vom Rhein-Sieg-Kreis, Siegburg 1999.
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Marx, Stefan, Franz Möller, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/franz-moeller/DE-2086/lido/623c780ed18081.17495291 (abgerufen am 05.12.2024)