Franz Möller

CDU-Politiker (1930–2018)

Stefan Marx (Berlin)

Porträtfotografie von Franz Möller. (Rhein-Sieg-Kreis)

Franz Möl­ler hat fast drei Jahr­zehn­te die Po­li­tik in der Re­gi­on Bonn/Rhein-Sieg ma­ß­geb­lich mit­ge­stal­tet und ins­be­son­de­re in den frü­hen 1990er Jah­ren als füh­ren­des Mit­glied der CDU/CSU-Frak­ti­on im Deut­schen Bun­des­tag auch bun­des­po­li­tisch Ak­zen­te ge­setzt.

Franz Möl­ler kam am 2.11.1930 im ems­län­di­schen Bram­sche (heu­te Stadt Lin­gen/Ems) als jüngs­tes Kind des Bä­cker­meis­ters und Land­wirts Bern­hard Möl­ler und des­sen Ehe­frau Ma­ria ge­bo­re­ne Jun­ge­hül­sing zur Welt und wuchs mit sei­nen zwei äl­te­ren Ge­schwis­tern Theo und Mar­g­ret in ei­nem ka­tho­lisch ge­präg­ten Um­feld auf. Die im El­tern­haus ver­mit­tel­te Ver­wur­ze­lung in der ka­tho­li­schen Welt­an­schau­ung präg­te ihn le­bens­lang.

Mit Fleiß und Ge­schick brach­ten es sei­ne El­tern zu An­se­hen und Wohl­stand. Seit Mit­te der 1920er Jah­re ver­grö­ßer­ten sie nach und nach den land­wirt­schaft­li­chen Be­trieb mit Bä­cke­rei und Gast­hof und er­wei­ter­ten ihn um ein Le­bens­mit­tel­ge­schäft, ei­ne Post­stel­le und die Er­rich­tung ei­ner Tank­stel­le. 

Die Jah­re sei­ner Kind­heit und Ju­gend moch­ten in wirt­schaft­lich-ma­te­ri­el­ler Hin­sicht sor­gen­frei ge­we­sen sein, po­li­tisch wa­ren sie es nicht. Die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Macht­über­nah­me mit der Er­nen­nung Adolf Hit­lers (1889-1945) zum Reichs­kanz­ler am 30.1.1933 blieb auch für Möl­ler nicht fol­gen­los. Er ge­hör­te ei­ner Ge­ne­ra­ti­on an, die auf­grund ih­rer Ge­burts­jah­re nicht in der Ge­fahr stand, sich in der Zeit des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ver­stri­cken zu kön­nen, die­se Jah­re aber be­wusst mit­er­leb­te, ins­be­son­de­re die Kon­se­quen­zen des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus in Ge­stalt des Krie­ges.

Der Zwei­te Welt­krieg mach­te auch vor Bram­sche nicht halt. Der nur we­ni­ge Ki­lo­me­ter ent­fern­te Flug­platz Plant­lün­ne wur­de zum Ein­satz­flug­ha­fen der Wehr­macht aus­ge­baut, wo­durch er Ziel al­li­ier­ter Luft­an­grif­fe wur­de. Im März 1945 soll­te Franz Möl­ler noch zur Wehr­macht ein­ge­zo­gen wer­den. Dank des mu­ti­gen Ein­sat­zes sei­nes Va­ters bei der Kreis­lei­tung der NS­DAP ent­ging der da­mals 14-Jäh­ri­ge der Ein­be­ru­fung und er­leb­te das Kriegs­en­de in Bram­sche be­reits An­fang April 1945 mit der Be­set­zung des Or­tes durch al­li­ier­te Streit­kräf­te.

Nach Kriegs­en­de fass­te die Fa­mi­lie schnell wie­der Tritt. Wäh­rend sei­ne El­tern und sein äl­te­rer Bru­der Theo mit dem er­folg­rei­chen Wie­der­auf­bau des Be­trie­bes be­schäf­tigt wa­ren, ging Franz Möl­ler wei­ter zur Schu­le und leg­te 1951 am Gym­na­si­um Geor­gia­num in Lin­gen das Ab­itur ab. Sei­ne be­ruf­li­che Zu­kunft sah er nicht im el­ter­li­chen Be­trieb, in dem nach dem plötz­li­chen Tod sei­nes Va­ters im Sep­tem­ber 1949 sei­ne Mut­ter und sein Bru­der Theo die Ver­ant­wor­tung tru­gen. Er be­gann ein Stu­di­um der Rechts- und Staats­wis­sen­schaf­ten an den Uni­ver­si­tä­ten Frei­burg im Breis­gau und Müns­ter, das er 1955 mit dem Re­fe­ren­dar­ex­amen ab­schloss. 1958 folg­te mit ei­ner Ar­beit zum The­ma „Die ab­re­de­wid­ri­ge Aus­fül­lung von Blan­ko­wech­seln un­ter be­son­de­rer Be­rück­sich­ti­gung der Rechts­be­hel­fe des Blan­kett­ge­ber­s“ die Pro­mo­ti­on zum Dr. jur. in Müns­ter. Sei­ne ju­ris­ti­sche Aus­bil­dung schloss Möl­ler mit dem As­ses­sor­ex­amen am 7.3.1960 in Düs­sel­dorf ab. 

Möl­ler blieb in Düs­sel­dorf und trat mit dem 1.5.1960 in den hö­he­ren Ver­wal­tungs­dienst der Bun­des­wehr­ver­wal­tung. Nur ein Vier­tel­jahr spä­ter ging es für ihn nach Bonn in die Ver­wal­tung des Deut­schen Bun­des­ta­ges. Beim Auf­bau des Wis­sen­schaft­li­chen Diens­tes leis­te­te er Pio­nier­ar­beit. In­ner­halb we­ni­ger Jah­re stieg er zum Ober­re­gie­rungs­rat auf, dem im März 1965 die Lei­tung des Re­fe­ra­tes Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en über­tra­gen wur­de. 

Der be­ruf­li­che Auf­stieg ging ein­her mit der Grün­dung ei­ner ei­ge­nen Fa­mi­lie. Am 28.5. 1962 hei­ra­te­te er die ge­bür­ti­ge Stutt­gar­te­rin Il­se Dom­gör­gen (1933-2018), die in Bonn auf­ge­wach­sen war und als As­sis­ten­tin für die Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Ro­bert Pferd­men­ges und Gerd Bu­ce­ri­us (1906-1995) ar­bei­te­te. Aus der Ehe gin­gen drei Kin­der her­vor: Ni­co­la, An­drea und Mar­tin. Die jün­ge­re Toch­ter An­drea, ver­hei­ra­te­te Stul­lich, wähl­te eben­falls den Weg in die Po­li­tik. Bei der Land­tags­wahl vom 14.5.2017 wur­de sie als Di­rekt­kan­di­da­tin im Kreis Stein­furt in den Land­tag von Nord­rhein-West­fa­len ge­wählt.

Il­se Möl­ler war ei­ne eben­so selb­stän­di­ge wie selbst­be­wuss­te Frau, die ih­rem Mann ei­ne klu­ge Le­bens­ge­fähr­tin war. Sie en­ga­gier­te sich kom­mu­nal­po­li­tisch und ge­hör­te dem Rat der Stadt Sankt Au­gus­tin an, zeit­wei­se als stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de der CDU-Frak­ti­on. Blei­ben­de Ver­diens­te er­warb sie sich bei der Grün­dung und dem Auf­bau der Frau­en Uni­on (sei­ner­zeit noch un­ter der Be­zeich­nung Frau­en­ver­ei­ni­gung) in Sankt Au­gus­tin und im Kreis. Ihr po­li­ti­sches En­ga­ge­ment blieb eh­ren­amt­lich. Im Hau­se Möl­ler wur­de ei­ne für die da­ma­li­ge Zeit üb­li­che Rol­len­ver­tei­lung prak­ti­ziert: Wäh­rend Franz Möl­ler für den Le­bens­un­ter­halt der Fa­mi­lie sorg­te, küm­mer­te sich sei­ne Ehe­frau um den Haus­halt und die drei Kin­der.

In­zwi­schen war auch Bun­des­tags­prä­si­dent Eu­gen Gers­ten­mai­er (1906-1986) auf Möl­ler auf­merk­sam ge­wor­den und be­rief ihn im Ja­nu­ar 1966 zum Per­sön­li­chen Re­fe­ren­ten und Lei­ter des Prä­si­di­al­bü­ros. Da­mit be­gann nach sei­nen ei­ge­nen Wor­ten die lehr­reichs­te, ar­beits­reichs­te und in­ter­es­san­tes­te Zeit sei­ner be­ruf­li­chen und po­li­ti­schen Lauf­bahn.

In sei­ner neu­en Funk­ti­on war Möl­ler un­mit­tel­bar in die Ta­ges­po­li­tik ein­ge­bun­den und auch ver­stärkt mit par­tei­po­li­ti­schen Fra­gen be­fasst. Oh­ne Mit­glied der Par­tei zu sein, be­glei­te­te er Gers­ten­mai­er zu Be­ra­tun­gen in den Gre­mi­en der CDU und der Uni­ons­frak­ti­on im Deut­schen Bun­des­tag. Erst im Ja­nu­ar 1967 ent­schied sich Möl­ler zur Mit­glied­schaft in der CDU. Das christ­li­che Men­schen­bild als das sitt­li­che Fun­da­ment, auf dem sich Men­schen un­ter­schied­li­cher Her­kunft in der Volks­par­tei CDU zu­sam­men­fin­den kön­nen, soll­te für ihn Dreh- und An­gel­punkt sei­ner Po­li­tik wer­den. Das „C“ als ei­ni­gen­des Band christ­lich-so­zia­ler, li­be­ra­ler und kon­ser­va­ti­ver Strö­mun­gen in der CDU hat­te für ihn blei­ben­de Be­deu­tung. Wie sich spä­ter in den Dis­kus­sio­nen um den Schutz des un­ge­bo­re­nen Le­bens zeig­te, war für Möl­ler Po­li­tik aus christ­li­cher Ver­ant­wor­tung kein blo­ßes Schlag­wort. 

 

Mit dem Rück­tritt Gers­ten­mai­ers im Ja­nu­ar 1969 en­de­te auch Möl­lers Tä­tig­keit als Per­sön­li­cher Re­fe­rent des Par­la­ments­prä­si­den­ten und Lei­ter des Prä­si­di­al­bü­ros. Der neue Bun­des­tags­prä­si­dent Kai-Uwe von Has­sel (1913-1997) über­trug Möl­ler die Lei­tung des Per­so­nal­re­fe­ra­tes. We­ni­ge Mo­na­te nach der Bun­des­tags­wahl vom 19.11.1972, aus der die SPD als stärks­te Par­tei her­vor­ging, be­setz­te Has­sels Nach­fol­ge­rin An­ne­ma­rie Ren­ger (1919-2008) die Lei­tungs­funk­ti­on im Per­so­nal­re­fe­rat neu. Möl­ler, der die Ab­tei­lung „Diens­te für Ab­ge­ord­ne­te“ über­nahm, konn­te die Ent­schei­dung Ren­gers nicht ver­ste­hen und war ent­spre­chend ent­täuscht. Zu die­sem Zeit­punkt, im Früh­jahr 1973, war Möl­ler längst kein ein­fa­ches Par­tei­mit­glied mehr. Seit 1970 saß er als Nach­rü­cker für den lang­jäh­ri­gen Sankt Au­gus­ti­ner Bür­ger­meis­ter Karl Gatz­wei­ler (1920-1997) im Kreis­tag de­s Rhein-Sieg-Krei­ses, leg­te dort mit der Be­ru­fung zum Fi­nanz­po­li­ti­schen Spre­cher der CDU-Frak­ti­on und der Wahl in den Kreis­aus­schuss ei­ne kom­mu­nal­po­li­ti­sche Blitz­kar­rie­re hin und ent­wi­ckel­te sich auch in der Kreis­par­tei zu ei­ner fes­ten Grö­ße. Auf dem Kreis­par­tei­tag der CDU Rhein-Sieg im Früh­jahr 1974 wur­de er zum stell­ver­tre­ten­den Kreis­vor­sit­zen­den ge­wählt.

Vor die­sem Hin­ter­grund war es kei­ne gro­ße Über­ra­schung, dass Franz Möl­ler am 26.9.1974 als Nach­fol­ger von Wil­li Lind­lar (1916-1983) aus Hen­nef zum neu­en Land­rat des Rhein-Sieg-Krei­ses ge­wählt wur­de. Der Rhein-Sieg-Kreis war erst im Zu­ge der kom­mu­na­len Ge­biets­re­form 1969 durch den Zu­sam­men­schluss des bis­he­ri­gen Sieg­krei­ses und der Ge­mein­den und Städ­te Alf­ter, Born­heim, Me­cken­heim, Rhein­bach, Swist­tal und Wacht­berg aus dem ehe­ma­li­gen Land­kreis Bonn ge­bil­det wor­den. In sei­ner neu­en Funk­ti­on war Möl­ler als In­te­gra­tor ge­fragt, der die bei­den Kreis­tei­le rechts- und links­rhein­rhei­nisch zu­sam­men­führ­te – ei­ne Auf­ga­be, die er sei­ner 25-jäh­ri­gen Amts­zeit als Land­rat bis 1999 meis­ter­te.

Zwei Jah­re spä­ter folg­te der nächs­te Schritt auf der po­li­ti­schen Kar­rie­re­lei­ter. Bei der Bun­des­tags­wahl vom 3.10.1976 er­rang er als di­rekt ge­wähl­ter Kan­di­dat des Wahl­krei­ses 64 – Rhein-Sieg-Kreis I – ein Ab­ge­ord­ne­ten­man­dat im Deut­schen Bun­des­tag. Bei der Auf­stel­lung als Wahl­kreis­kan­di­dat der CDU hat­te er sich deut­lich ge­gen den Kreis­vor­sit­zen­den Karl La­mers (ge­bo­ren 1935) durch­ge­setzt. Mit der Wahl in den Deut­schen Bun­des­tag be­gann für Franz Möl­ler ein neu­er Le­bens­ab­schnitt mit an­de­ren Her­aus­for­de­run­gen und Tä­tig­keits­fel­dern. Sein Amt als Land­rat woll­te er wei­ter­füh­ren und such­te nach sei­nem Ein­zug in da­s Bon­ner Par­la­ment nach ei­ner Mög­lich­keit, Kom­mu­nal­po­li­tik und Bun­des­po­li­tik mit­ein­an­der zu ver­bin­den. Des­halb leg­te er den Schwer­punkt sei­ner par­la­men­ta­ri­schen Tä­tig­keit auf die Mit­ar­beit im Aus­schuss für Raum­ord­nung, Bau­we­sen und Städ­te­bau, der in be­son­de­rer Wei­se die Po­li­tik in den Kom­mu­nen be­ein­fluss­te.

Möl­lers ers­te Wahl­pe­ri­ode als Bon­ner Par­la­men­ta­ri­er war über­schat­tet von hef­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen den Uni­ons­par­tei­en, die bis hin zu der Ent­schei­dung über den Kanz­ler­kan­di­da­ten für die Bun­des­tags­wahl 1980 in der ge­mein­sa­men Bun­des­tags­frak­ti­on aus­ge­tra­gen wur­den. In der Frak­ti­ons­sit­zung vom 2.7.1979 stell­ten sich der nie­der­säch­si­sche Mi­nis­ter­prä­si­dent Ernst Al­brecht (1930-2014) und sein baye­ri­scher Amts­kol­le­ge Franz Jo­sef Strauß (1915-1988) zur Wahl. Strauß setz­te sich in der Ab­stim­mung mit 135 ge­gen 102 Stim­men durch. Auch Möl­ler stimm­te für Strauß, dem er die grö­ße­re po­li­ti­sche Kraft für die Wah­len wie für die Lö­sung der po­li­ti­schen Fra­gen aus na­tio­na­ler wie in­ter­na­tio­na­ler Ebe­ne hielt. Das Er­geb­nis der Bun­des­tags­wahl vom 5.10.1980 zeig­te, dass er die fal­sche Ent­schei­dung ge­trof­fen hat­te. Mit dem Kanz­ler­kan­di­da­ten Strauß ver­lo­ren die Uni­ons­par­tei­en ge­gen­über der vor­aus­ge­gan­ge­nen Wahl, bei der CDU und CSU mit dem Spit­zen­kan­di­da­ten Hel­mut Kohl (1930-2017) nur knapp die ab­so­lu­te Mehr­heit ver­fehlt hat­ten, 4,1 Pro­zent­punk­te. Möl­ler er­hielt bei sei­ner Wie­der­wahl als Kan­di­dat im Wahl­kreis 65 – Rhein-Sieg-Kreis II – mehr als 54 Pro­zent der ab­ge­ge­be­nen Stim­men.

Die CDU/CSU-Frak­ti­on be­rief ihn zu ih­rem Spre­cher im Aus­schuss für Raum­ord­nung, Bau­we­sen und Städ­te­bau. Im Zu­ge des Re­gie­rungs­wech­sels vom 1.10.1982, als der so­zi­al­de­mo­kra­ti­sche Bun­des­kanz­ler Hel­mut Schmidt (1918-2015) durch ein kon­struk­ti­ves Miss­trau­ens­vo­tum ge­stürzt wur­de bei gleich­zei­ti­ger Wahl Hel­mut Kohls zum neu­en Bun­des­kanz­ler, über­nahm Möl­ler den Aus­schuss­vor­sitz von Os­car Schnei­der (ge­bo­ren 1927), der als Bun­des­mi­nis­ter für Raum­ord­nung, Bau­we­sen und Städ­te­bau in das Ka­bi­nett Kohl ein­trat. Das An­ge­bot Schnei­ders, in des­sen Mi­nis­te­ri­um be­am­te­ter Staats­se­kre­tär zu wer­den, lehn­te er ab, da er nicht be­reit war, sein lieb­ge­wor­de­nes Eh­ren­amt als Land­rat auf­zu­ge­ben und auf sei­ne Mit­glied­schaft im Deut­schen Bun­des­tag zu ver­zich­ten.

Nach den Bun­des­tags­wah­len vom 6.3.1983 und 25.1.1987 wur­de Möl­ler in sei­ner Funk­ti­on als Aus­schuss­vor­sit­zen­der be­stä­tigt. Zu den her­aus­ra­gen­den Leis­tun­gen in sei­ner acht­jäh­ri­gen Amts­zeit zähl­te die Schaf­fung des Bau­ge­setz­bu­ches. Das wich­tigs­te Ge­setz des Bau­pla­nungs­rechts in Deutsch­land trat am 1.7.1987 in Kraft und fass­te das Bun­des­bau­ge­setz und das Städ­te­bau­för­de­rungs­ge­setz in ei­nem Ge­setz zu­sam­men. Dank sei­ner um­sich­ti­gen Ver­hand­lungs­füh­rung war 1990 auch ei­ne zü­gi­ge Aus­schuss­be­ra­tung der Ei­ni­gungs­ver­trä­ge mög­lich. 

Nach der ers­ten ge­samt­deut­schen Bun­des­tags­wahl vom 2.12.1990 wur­den ihm neue Auf­ga­ben über­tra­gen. Die CDU/CSU-Frak­ti­on wähl­te ihn zu ih­rem Jus­ti­zi­ar. Da­mit ge­hör­te Möl­ler dem Ge­schäfts­füh­ren­den Vor­stand wie dem Ge­samt­vor­stand der Frak­ti­on an. Er be­fand sich auf dem Hö­he­punkt sei­ner po­li­ti­schen Lauf­bahn.

In der Ge­mein­sa­men Ver­fas­sungs­kom­mis­si­on von Bun­des­tag und Bun­des­rat be­ein­fluss­te er als der zu­stän­di­ge Be­richt­er­stat­ter sei­ner Frak­ti­on ma­ß­geb­lich die Neu­for­mu­lie­rung des Ar­ti­kels 23 des Grund­ge­set­zes, des so­ge­nann­ten Eu­ro­pa-Ar­ti­kels, mit dem die ver­fas­sungs­recht­li­che Vor­aus­set­zung für die Ra­ti­fi­zie­rung des Maas­trich­ter Ver­tra­ges ge­schaf­fen wur­de. Be­deut­sam war auch sei­ne Mit­wir­kung bei der Er­gän­zung des Ar­ti­kels 28 des Grund­ge­set­zes zur Stär­kung der kom­mu­na­len Selbst­ver­wal­tung.

Be­deu­ten­de Ver­fah­ren vor dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, die er für die CDU/CSU-Frak­ti­on al­le­samt ge­wann, wa­ren ein wei­te­res wich­ti­ges Auf­ga­ben­ge­biet, das Möl­ler wäh­rend der 12. Wahl­pe­ri­ode be­acker­te. Mit Ur­teil vom 12.10.1993 er­klär­te das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Ver­ein­bar­keit des Maas­trich­ter Ver­tra­ges mit dem Grund­ge­setz und be­stä­tig­te da­mit „in be­ein­dru­cken­der Wei­se die Maas­tricht-Taug­lich­keit des Eu­ro­pa-Ar­ti­kel­s“. Auch in der Fra­ge von Aus­lands­ein­sät­zen der Bun­des­wehr durf­te sich Möl­ler in sei­nem Ver­fas­sungs­ver­ständ­nis be­stä­tigt füh­len. Die Karls­ru­her Rich­ter stell­ten in ih­rem Out-of-Area-Ur­teil vom 12.7.1994 fest, dass frie­dens­er­hal­ten­de und frie­dens­schaf­fen­de Ein­sät­ze der Bun­des­wehr im Rah­men der Ver­ein­ten Na­tio­nen durch Ar­ti­kel 24 Ab­satz 2 des Grund­ge­set­zes als le­gi­ti­miert an­zu­se­hen sind. 

Die Um­set­zung des Haupt­stadt­be­schlus­ses vom 20.6.1991 mit dem Ziel ei­nes fai­ren Aus­gleichs zwi­schen Ber­lin und Bonn war das drit­te gro­ße Auf­ga­ben­ge­biet, mit dem Möl­ler in sei­ner fünf­ten Wahl­pe­ri­ode als Mit­glied des Deut­schen Bun­des­ta­ges be­fasst war. Die Fra­ge des Par­la­ments- und Re­gie­rungs­sit­zes war das ers­te gro­ße in­nen­po­li­ti­sche Streit­the­ma nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung. Der Ei­ni­gungs­ver­trag zwi­schen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und der DDR vom 31.8.1990 leg­te Ber­lin als Haupt­stadt ver­bind­lich fest, ließ aber die Fra­ge des Sit­zes von Par­la­ment und Re­gie­rung of­fen. Hier­über soll­te nach der Wahl des ers­ten ge­samt­deut­schen Bun­des­ta­ges ent­schie­den wer­den. 

Als der Ei­ni­gungs­ver­trag un­ter­zeich­net wur­de, war die Haupt­stadt-De­bat­te be­reits in vol­lem Gan­ge. Be­reits am 10.2.1990 hat­te Franz Möl­ler in ei­ner Aus­ar­bei­tung mit dem Ar­beits­ti­tel „Ber­lin ist deut­sche Haupt­stadt – Bonn bleibt Re­gie­rungs­sit­z“ ein­deu­tig Stel­lung be­zo­gen und da­vor ge­warnt, dass es bei ei­ner Wie­der­ver­ei­ni­gung für die Haupt­stadt­re­gi­on Bonn/Rhein-Sieg „kein Aus­trock­nen, kein Aus­blu­ten und kei­nen Aus­ver­kauf“ ge­ben dür­fe. Die Re­gi­on da­vor zu be­wah­ren, war nach dem Be­schluss vom 20.6.1991, als der Deut­sche Bun­des­tag mit der knap­pen Mehr­heit von 338 zu 320 Stim­men für Ber­lin als Par­la­ments- und Re­gie­rungs­sitz vo­tiert hat­te, die gro­ße Auf­ga­be, vor die sich Möl­ler als Land­rat und Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ter des Rhein-Sieg-Krei­ses ge­stellt sah.

Noch am Abend der für ihn so bit­te­ren Bun­des­tags­ent­schei­dung rich­te­te er den Blick nach vorn, weil „es kein rei­ner Ber­lin-Be­schluss, son­dern ein Ber­lin/Bonn-Be­schluss war und als ‚Dop­pel­be­schluss‘ auch für Bonn Be­we­gungs­mög­lich­kei­ten ent­hiel­t“. Möl­ler such­te über al­le Par­tei­gren­zen hin­weg den Schul­ter­schluss von Kom­mu­nal-, Lan­des- und Bun­des­po­li­ti­kern in der Re­gi­on. Von ei­nem bin­dungs­lo­sen Ne­ben­ein­an­der fan­den die Stadt Bonn und die Land­krei­se Rhein-Sieg und Ahr­wei­ler zu ech­ter Part­ner­schaft. Das war die Vor­aus­set­zung da­für, dass in Ko­ope­ra­ti­on mit den Staats­kanz­lei­en in Düs­sel­dorf und Mainz in den Ver­hand­lun­gen mit dem Bund ein fai­rer Aus­gleich zwi­schen Ber­lin und Bonn er­zielt wer­den konn­te. Das Ber­lin/Bonn-Ge­setz vom 26.4.1994 und die Ver­ein­ba­rung über die Aus­gleichs­maß­nah­men für die Re­gi­on Bonn vom 29.6.1994 wa­ren das Er­geb­nis die­ser Ver­hand­lun­gen.

An al­len wich­ti­gen Ent­schei­dun­gen war Möl­ler un­mit­tel­bar be­tei­ligt, un­ter an­de­rem als Mit­glied der Kon­zept- und der Bau­kom­mis­si­on des Äl­tes­ten­ra­tes des Deut­schen Bun­des­ta­ges. Als füh­ren­des Mit­glied der grö­ß­ten Re­gie­rungs­frak­ti­on war er für die Re­gi­on im Kon­takt zu Bun­des­re­gie­rung und Bun­des­tag „ers­ter An­sprech­part­ner und Mit­tels­man­n“, der an­ge­sichts der Er­geb­nis­se bei der Um­set­zung des Haupt­stadt­be­schlus­ses mit dem En­de der 12. Wahl­pe­ri­ode im Herbst 1994 be­ru­higt sei­ne par­la­men­ta­ri­sche Kar­rie­re im Deut­schen Bun­des­tag be­en­den konn­te.

Franz Möller bei einem Interview. (Rhein-Sieg-Kreis)

 

Kom­mu­nal­po­li­tisch blieb er wei­ter­hin ak­tiv und wur­de nach den Kom­mu­nal­wah­len vom 16.10.1994 für ei­ne wei­te­re fünf­jäh­ri­ge Amts­zeit zum Land­rat ge­wählt. In sei­ner letz­ten Amts­pe­ri­ode trat er als Vor­sit­zen­der des Land­kreis­ta­ges Nord­rhein-West­fa­len (1994–1997) und Vi­ze­prä­si­dent des Deut­schen Land­kreis­ta­ges (1995–1999) ver­stärkt ver­bands­po­li­tisch in Er­schei­nung. Auch üb­te er das Eh­ren­amt des Vor­sit­zen­den des Vor­stan­des der Stif­tung Bun­des­kanz­ler-Ade­nau­er-Haus aus, in das er be­reits im Ok­to­ber 1992 ge­wählt wor­den war und bis zum Jahr 2000 be­klei­de­te. Es war Möl­lers Ver­dienst, dass zum 30. To­des­tag Kon­rad Ade­nau­ers 1997 die grund­le­gen­de Neu­ge­stal­tung der Dau­er­aus­stel­lung zum Le­ben und Wir­ken des Grün­dungs­kanz­lers und des Aus­stel­lungs­ge­bäu­des ter­min­ge­recht ab­ge­schlos­sen wur­de.

Mit der Kom­mu­nal­wahl 1999 en­de­te die Ära Möl­ler im Rhein-Sieg-Kreis. Für sei­ne Ver­diens­te wur­de ihm der Ti­tel „Eh­ren­land­ra­t“ ver­lie­hen. Der bis­he­ri­ge Ober­kreis­di­rek­tor Frit­h­jof Kühn (ge­bo­ren 1943) wur­de am 12.9.1999 be­reits im ers­ten Wahl­gang zum neu­en, fort­an haupt­amt­li­chen Land­rat ge­wählt. Die von der gro­ßen Mehr­heit der CDU in Nord­rhein-West­fa­len mit­ge­tra­ge­ne Re­form der Kom­mu­nal­ver­fas­sung mit der Ab­schaf­fung der Dop­pel­spit­ze aus eh­ren­amt­li­chem Bür­ger­meis­ter und haupt­amt­li­chem Stadt­di­rek­tor lehn­te Möl­ler ent­schie­den ab. Sei­ne Be­fürch­tun­gen, dass die­se Re­form ei­nen „Rück­schritt an de­mo­kra­ti­scher Ge­stal­tungs­mög­lich­keit und Ge­stal­tungs­frei­heit der Bür­ger“ be­deu­te­te und „zu ei­ner pha­rao­nen­glei­chen Macht- und Pracht­ent­fal­tung in den Hän­den der Po­lit­bü­ro­kra­tie“ führ­te, wa­ren un­be­grün­det, wie die Ent­wick­lung in Nord­rhein-West­fa­len seit 1999 ge­zeigt hat. 

In den 25 Jah­ren sei­ner Amts­zeit als Land­rat wur­de er zum Ge­sicht des Rhein-Sieg-Krei­ses und er­wies sich nach dem Haupt­stadt-Be­schluss vom 20.6.1991 als ent­schie­de­ner Kämp­fer für Bonn, der ent­schei­den­den An­teil dar­an hat­te, dass die Re­gi­on Bonn/Rhein-Sieg ein ei­ge­nes Pro­fil als Stand­ort für Wis­sen­schaft, Bil­dung und Kul­tur ent­wi­ckeln konn­te. 

Als sich Franz Möl­ler im Sep­tem­ber 1999 aus der ak­ti­ven Po­li­tik zu­rück­zog, konn­te er auf 29 Jah­re Mit­glied­schaft im Kreis­tag des Rhein-Sieg-Krei­ses zu­rück­bli­cken, al­lein 25 Jah­re da­von als Land­rat. An­läss­lich ei­nes gro­ßen Fest­ak­tes im Sieg­bur­ger Kreis­haus wür­dig­te Mi­nis­ter­prä­si­dent Wolf­gang Cle­ment (1940-2020) sein po­li­ti­sches Le­bens­werk und ver­lieh ihm den Ver­dienst­or­den des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len. 

Am 13.4.2018 ver­starb Franz Möl­ler nach lan­ger Krank­heit in Bad Hon­nef – nur acht Ta­ge nach dem Tod sei­ner Frau. Die Bei­set­zung fand am 20.4.2018 statt. Der Rhein-Sieg-Kreis ehr­te sei­nen Eh­ren­land­rat am 4.6.2018 mit ei­ner Ge­denk­fei­er im Kreis­haus in Sieg­burg. In Er­in­ne­rung bleibt ein Mensch mit gro­ßem po­li­ti­schem Sach­ver­stand, klar und nüch­tern in der Ana­ly­se, zu­gleich aus­ge­stat­tet mit fei­nem Hu­mor und ei­ner Por­ti­on Selbst­iro­nie.

Quellen

Der Nach­lass von Franz Möl­ler be­fin­det sich im Ar­chiv für Christ­lich-De­mo­kra­ti­sche Po­li­tik der Kon­rad-Ade­nau­er-Stif­tung. 

Werke (Auswahl)

Der Be­schluss. Bonn/Ber­lin-Ent­schei­dun­gen 1990–1994, Bonn 2002.
Eu­gen Gers­ten­mai­er und die Bun­des­ver­samm­lung in Ber­lin 1969, in: His­to­risch-Po­li­ti­sche Mit­tei­lun­gen 9 (2002), S. 95–126.
Ab­ge­ord­ne­te des Deut­schen Bun­des­ta­ges. Auf­zeich­nun­gen und Er­in­ne­run­gen, Band 17: Franz Möl­ler, Mün­chen 2004.
Der Rhein-Sieg-Kreis im Span­nungs­feld von Bund und Land 1949–2000. Vom Par­la­men­ta­ri­schen Rat (1949) über die kom­mu­na­le Ge­biets­re­form (1969) zum Ber­lin/Bonn-Ge­setz (1994) und zum Um­zug von Bun­des­tag und Bun­des­re­gie­rung nach Ber­lin (2000), Sieg­burg 2006.
Franz Möl­ler/Mar­tin Lim­pert. In­for­ma­ti­ons- und Mit­wir­kungs­rech­te des Bun­des­ta­ges in An­ge­le­gen­hei­ten der Eu­ro­päi­schen Uni­on, in: Zeit­schrift für Par­la­ments­fra­gen 24 (1993), S. 21–32. 

Festschrift

Franz Möl­ler – Land­rat aus Lei­den­schaft. Fest­schrift für Franz Möl­ler. Land­rat des Rhein-Sieg-Krei­ses von 1974 bis 1999, hg, vom Rhein-Sieg-Kreis, Sieg­burg 1999.

Fotografie Dr. Franz Möllers in seinem Arbeitszimmer. (Rhein-Sieg-Kreis)

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Marx, Stefan, Franz Möller, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/franz-moeller/DE-2086/lido/623c780ed18081.17495291 (abgerufen am 05.12.2024)