Franz Xaver Münch

Katholischer Priester, Generalsekretär des Katholischen Akademikerverbandes Deutschlands (1883-1940)

Andreas Burtscheidt (München)

Franz Xaver Münch, Porträtfoto, ca. 1920-1930. (Historisches Archiv des Erzbistums Köln, NL Münch)

Eng ver­wo­ben mit dem Ka­tho­li­schen Aka­de­mi­ker­ver­band Deutsch­lands (KAV) war des­sen Ge­ne­ral­se­kre­tär Prä­lat Dr. Franz Xa­ver Münch, der zwi­schen 1916 und 1938 do­mi­nie­ren­der Or­ga­ni­sa­tor die­ses Ver­ban­des war. Bis in die frü­hen Wei­ma­rer Jah­re ent­wi­ckel­te sich die­ser Ver­band zu ei­nem wich­ti­gen Im­puls­ge­ber des phi­lo­so­phisch-theo­lo­gi­schen Neu­an­sat­zes ka­tho­li­schen Geis­tes­le­bens in Deutsch­land, der in ers­ter Li­nie vom deut­schen Wes­ten, vor al­lem von Köln und dem Rhein­land, aus­ging.

Franz Xa­ver Münch wur­de am 22.9.1883 als Sohn des am Köl­ner Wai­sen­haus tä­ti­gen Leh­rers Pe­ter Münch und des­sen Ehe­frau Ka­tha­ri­na, ge­bo­re­ne Brei­den­bach, in Köln ge­bo­ren und be­such­te in sei­ner Hei­mat­stadt das Fried­rich-Wil­helm-Gym­na­si­um. Nach sei­nem Ab­itur stu­dier­te Münch zu­nächst in Bonn vier Se­mes­ter Rechts­wis­sen­schaf­ten, ehe er sich 1904 für ein Stu­di­um der Theo­lo­gie ent­schied, das ihn spä­ter noch wei­ter nach Frei­burg i. Br. und Mün­chen führ­te. Münch wur­de am 14.3.1908 in Köln von An­to­ni­us Kar­di­nal Fi­scher zum Pries­ter ge­weiht und we­ni­ge Ta­ge spä­ter zu­nächst zum zwei­ten Ka­plan an St. Apol­li­na­ris in Düs­sel­dorf er­nannt und ein Jahr spä­ter zum Ka­plan in Er­krath be­ru­fen.

Wäh­rend sei­ner Bon­ner Stu­di­en­jah­re mach­te Münch die Be­kannt­schaft mit dem be­deu­ten­den Kir­chen­his­to­ri­ker Hein­rich Schrörs, bei dem er im Jahr 1918 über den Auf­klä­rungs­theo­lo­gen Thad­dä­us An­ton De­re­ser (1757-1827) pro­mo­vier­te. Im Um­feld Schrörs lern­te Münch den jun­gen Be­ne­dik­ti­ner Il­de­fons Her­we­gen aus der rhei­ni­schen Ab­tei Ma­ria Laach ken­nen, der eben­falls zwi­schen 1904 und 1907 in Bonn stu­dier­te und zu dem er ei­ne freund­schaft­li­che Be­zie­hung ent­wi­ckel­te.

Auf dem Hö­he­punkt des Mo­der­nis­mus­streits schlos­sen sich vie­ler­orts ka­tho­li­sche Aka­de­mi­ker zu Ver­ei­ni­gun­gen zu­sam­men, die ba­sie­rend auf der ge­mein­sa­men ka­tho­li­schen Welt­an­schau­ung um die Ver­tie­fung des ei­ge­nen re­li­giö­sen so­wie die Ge­stal­tung des geis­tig kul­tu­rel­len Le­bens be­müht wa­ren. In der Fol­ge kam es 1908 zu ei­nem en­ge­ren Zu­sam­men­schluss der ka­tho­li­schen Aka­de­mi­ker. Münch stieß als Ka­plan in Düs­sel­dorf auf ei­nen Kreis, der sich „Ver­ein aka­de­misch ge­bil­de­ter Ka­tho­li­ken“ nann­te und ma­ß­geb­lich von dem spä­ter be­kann­ten Ro­ma­nis­ten Her­mann Platz (1880-1945) zu­sam­men­ge­hal­ten wur­de. Die Grup­pe fand im Jahr 1911 ein neu­es geist­li­ches Zen­trum in der Erz­ab­tei Beu­ron bei Sig­ma­rin­gen. Män­ner wie der spä­te­re fran­zö­si­sche Au­ßen­mi­nis­ter Ro­bert Schu­man (1886-1963), der spä­te­re Reichs­kanz­ler  Hein­rich Brü­ning (1885-1970) oder der Phi­lo­soph Alois Dempf (1891-1982) ge­hör­ten da­zu. Es war der Be­kannt­schaft Münchs zu Il­de­fons Her­we­gen zu ver­dan­ken, dass die­ser Zir­kel dar­auf­hin nä­her an das Klos­ter Ma­ria Laach her­an­rü­cken und Her­we­gen Vor­trä­ge in die­sem Kreis ab­hal­ten konn­te.

 

Nach de­m Aa­che­ner Ka­tho­li­ken­tag des Jah­res 1912 schlos­sen sich meh­re­re Aka­de­mik­erzir­kel zu ei­nem „Ver­band der Ver­ei­ne ka­tho­li­scher Aka­de­mi­ker“ zu­sam­men, de­ren ers­ter Se­kre­tär Münch am 25.6.1913 wur­de. Be­grün­det war da­mit ei­ne neue in­ner­ka­tho­li­sche Be­we­gung, die star­ke lit­ur­gi­sche Im­pul­se durch das Klos­ter Ma­ria Laach er­hielt, zu des­sen neu­em Abt am nächs­ten Tag Il­de­fons Her­we­gen ge­wählt wur­de. Die­ser ge­stal­te­te in den kom­men­den Jah­ren mit ei­nem neu­en Pro­gramm die lit­ur­gi­sche und geis­ti­ge Welt des Klos­ters, um Ant­wor­ten auf die Her­aus­for­de­run­gen der Zeit nach dem Ers­ten Welt­krieg zu fin­den. Um die­se wich­ti­gen Im­pul­se auch au­ßer­halb der Klos­ter­mau­ern ge­ben zu kön­nen, fiel dem Ver­band um Franz Xa­ver Münch ei­ne wich­ti­ge Sam­mel­funk­ti­on zu. Münch war zu­nächst am 24.2.1915 als Di­vi­si­ons- und La­za­rett­pfar­rer zum Mi­li­tär­dienst im Ers­ten Welt­krieg ein­ge­zo­gen wor­den und dien­te 18 Mo­na­te an der West­front. Nach sei­ner Rück­kehr aus dem Krieg fühl­te er sich als Seel­sor­ger aber nicht ge­nug aus­ge­las­tet. So wur­de er 1916 auf Drän­gen sei­nes Freun­des Her­we­gen und mit Zu­stim­mung des deut­schen Epis­ko­pats vom da­ma­li­gen Köl­ner Erz­bi­schof Fe­lix Kar­di­nal von Hart­mann z­um ers­ten Ge­ne­ral­se­kre­tär des nun­mehr „Ka­tho­li­schen Aka­de­mi­ker­ver­band­s“ er­nannt und am 7.10.1916 zu­dem an St. Ma­ter­nus in Köln ein­ge­setzt. Für sei­ne Tä­tig­keit beim KAV wur­de er 1926 zum päpst­li­chen Hausprä­lat er­nannt.

Ildefons Herwegen, Porträtfoto, 1936. (Abt-Herwegen-Institut Maria Laach)

 

Bei sei­nem Be­mü­hen, kul­tu­rel­les und kirch­li­ches Le­ben mit­ein­an­der zu ver­bin­den, ge­wann Münch zahl­rei­che Freun­de aus dem Krei­se der Künst­ler und In­tel­lek­tu­el­len, et­wa den da­ma­li­gen Ka­pell­meis­ter an der Köl­ner Oper, Ot­to Klem­pe­rer (1885-1973), der zum Ka­tho­li­zis­mus kon­ver­tier­te, vor al­lem aber die bei­den Phi­lo­so­phen Max Scheler (1874-1928) un­d Pe­ter Wust. In die­se Zeit fiel auch der Be­ginn der en­ge­ren Freund­schaft zu dem spä­te­ren rö­mi­schen Kor­re­spon­den­ten Ed­mund Raitz von Fr­entz, der Vor­stands­mit­glied und Schrift­füh­rer des Aus­lands­aus­schus­ses des Ver­bands wur­de und von Rom aus wei­ter in­ten­si­ven Kon­takt zu Münch pfleg­te und ihn re­gel­mä­ßig be­such­te, wenn er nach Köln zu­rück­kam.

Ne­ben der lit­ur­gisch-re­li­giö­sen Prä­gung, die ma­ß­geb­lich durch Her­we­gen ge­leis­tet wur­de, wa­ren zu­erst Scheler und – von die­sem tief be­ein­druckt – Wust die bei­den An­zie­hungs­po­le der ver­schie­de­nen Köl­ner Zir­kel, die dem phi­lo­so­phi­schen Den­ken mit ka­tho­li­scher Ori­en­tie­rung neue zeit­ge­mä­ße Di­men­sio­nen zu ge­ben ver­moch­ten. Scheler, der zu den ma­ß­geb­li­chen deutsch­spra­chi­gen Phi­lo­so­phen der Jah­re nach dem Ers­ten Welt­krieg ge­zählt wird, war im jü­di­schen Glau­ben er­zo­gen wor­den und 1899 zum Ka­tho­li­zis­mus kon­ver­tiert. 1919 hat­te er die Lei­tung des so­zi­al­wis­sen­schaft­li­chen In­sti­tuts an der wie­der ge­grün­de­ten Köl­ner Uni­ver­si­tät über­nom­men und konn­te dar­über hin­aus po­li­tisch für die Zen­trums­par­tei ge­won­nen wer­den, für die er als Stadt­ver­ord­ne­ter wirk­te. An den Kreis der in­tel­lek­tu­ell in­ter­es­sier­ten Ka­tho­li­ken Kölns um Münch fand Scheler An­schluss und re­fe­rier­te häu­fig auf Ein­la­dung Münchs bei den Ver­an­stal­tun­gen des KAV. We­gen ei­ner Schei­dung und an­schlie­ßen­der Wie­der­hei­rat Schelers im Jahr 1923 so­wie ei­ner da­mit ver­bun­de­nen Ent­fer­nung von der Ka­tho­li­schen Kir­che kam es je­doch zum Bruch des Ver­hält­nis­ses zwi­schen Scheler, Münch und dem Aka­de­mi­ker­ver­band.

Die Ver­eh­rung für Schelers Denk­an­sät­ze wur­de da­durch nicht ge­schmä­lert, fiel sein Werk doch, auf der Schwel­le des 19. zum 20. Jahr­hun­dert lie­gend, in ei­ne Zeit tief­grei­fen­der Wand­lun­gen, die die Kunst, die Mu­sik, die Li­te­ra­tur und die phi­lo­so­phi­schen Denk­an­sät­ze be­tra­fen. Im künst­le­ri­schen Aus­druck folg­te der Epo­che des Na­tu­ra­lis­mus  der Ex­pres­sio­nis­mus  so­wie die mit dem Ku­bis­mus ver­bun­de­ne Abs­trak­ti­on – ei­ne Ant­wort auf den neu­en Zu­stand des Men­schen in der Mo­der­ne , der los­ge­löst von der Na­tur und neu aus­ge­rich­tet in sei­ner Stel­lung zum Kos­mos er­schien. Eben­so wan­del­te sich in den frü­hen Jah­ren des 20. Jahr­hun­derts das phi­lo­so­phi­sche Den­ken, des­sen Neu­an­sät­ze ne­ben Scheler vor al­lem bei Ed­mund Hus­serl (1859-1938) zu fin­den wa­ren, der Scheler stark ge­prägt hat­te.

Schelers von den Grund­leh­ren des Ka­tho­li­zis­mus be­ein­fluss­tes Werk fas­zi­nier­te Pe­ter Wust, der Franz Xa­ver Münch eben­falls in Freund­schaft ver­bun­den war und durch Münch zahl­rei­che Ein­la­dun­gen für die Ge­ne­ral­ver­samm­lun­gen oder die ein­zel­nen Orts­grup­pen des KAV er­hielt. Ob­wohl sich Wust zwi­schen­zeit­lich vom christ­li­chen Glau­ben ent­fernt hat­te, fand er ma­ß­geb­lich über Max Scheler zu­rück zu ei­ner christ­li­chen Exis­tenz­phi­lo­so­phie, die ihn ei­ne ihm ei­ge­ne »christ­li­che An­thro­po­lo­gie« ent­wi­ckeln ließ. Le­gen­där wa­ren die Tref­fen ka­tho­lisch ori­en­tier­ter Künst­ler und In­tel­lek­tu­el­ler um Pe­ter Wust im Köl­ner Alt­stadt-Ca­fé Kai­ser in der Brei­ten Stra­ße, zu dem sich Män­ner wie Emil Rit­ter (1881-1968), der spä­te­re Chef­re­dak­teur der „Ger­ma­ni­a“, der be­deu­ten­de Kir­chen­ma­ler Pe­ter He­cker (1884-1971), der Ar­chi­tekt und Kir­chen­bau­meis­ter Do­mi­ni­kus Böhm und an­de­re In­ter­es­sen­ten ge­sell­ten.

Die ers­te Hälf­te der 1920er Jah­re ent­wi­ckel­te sich für den deut­schen Ka­tho­li­zis­mus in ei­ner un­ge­heu­ren Dy­na­mik zu ei­ner in­tel­lek­tu­ell-künst­le­ri­schen Hoch­pha­se, die be­en­gen­de Ghet­to­gren­zen des 19. Jahr­hun­derts mit ei­nem neu­en Selbst­be­wusst­sein zu ver­tau­schen im­stan­de war. Die­se – blickt man auf die Tur­bu­len­zen der un­ter­ge­hen­den Re­pu­blik von Wei­mar im Grun­de auf ei­ne hal­be De­ka­de be­schränk­te – Ent­fal­tung war be­son­ders in Köln, dem zen­tra­len An­zie­hungs- und Sam­mel­ort des ka­tho­li­schen Wes­tens in Deutsch­land be­hei­ma­tet. So wa­ren es be­son­ders die zwan­zi­ger Jah­re, in de­nen der KAV sei­ne Blü­te­zeit hat­te – er war zu ei­nem wich­ti­gen in­tel­lek­tu­el­len Fo­rum ge­wor­den. Die Zeug­nis­se des in­ten­si­ven Ge­dan­ken­aus­tauschs wa­ren die re­li­gi­ös-wis­sen­schaft­lich aus­ge­rich­te­ten Jah­res­ver­samm­lun­gen des KAV, die im ge­sam­ten deutsch­spra­chi­gen Raum ab­ge­hal­ten wur­den (1922 Hei­del­berg, 1923 Ulm, 1924 Dres­den oder 1925 Inns­bruck).

An­fang der 1930er Jah­re be­fand sich Münch je­doch in ei­ner hef­ti­gen, po­li­tisch mo­ti­vier­ten Aus­ein­an­der­set­zung mit der Gör­res-Ge­sell­schaft. Aus der Dis­kus­si­on um die Stel­lung der Ka­tho­li­ken zur Welt in den zwan­zi­ger Jah­ren er­wuchs ihm und vie­len KAV-Mit­glie­dern der Wunsch zur Er­rich­tung ei­ner ka­tho­li­schen Uni­ver­si­tät, wel­che ih­ren Sitz in Salz­burg ha­ben soll­te. Auf der Herbst­ta­gung des KAV 1930 in Salz­burg be­schloss der Ver­ein ein­stim­mig, künf­tig in Ver­bin­dung mit dem Fürst­erz­bi­schöf­li­chen Stuhl in Salz­burg, mit der seit kur­zem dort be­ste­hen­den theo­lo­gi­schen Fa­kul­tät, mit der deutsch­spra­chi­gen Be­ne­dik­ti­ner­kon­fö­de­ra­ti­on und mit der Gör­res-Ge­sell­schaft all­jähr­lich dort Hoch­schul­wo­chen zu ver­an­stal­ten. Die ers­ten Salz­bur­ger Hoch­schul­wo­chen wur­den im Au­gust 1931 noch ge­mein­sam ver­an­stal­tet, doch schon ein Jahr spä­ter kam es zum Zer­würf­nis mit der Gör­res-Ge­sell­schaft. In ei­nem Bei­trag in der „Köl­ni­schen Volks­zei­tun­g“ vom 31.7.1932 griff Münch die Gör­res-Ge­sell­schaft an und be­haup­te­te, dass es den Ka­tho­li­ken an ei­nem ka­tho­li­schen Wis­sen­schafts­be­griff man­ge­le. Ihm ging es bei sei­nen Vor­wür­fen um die Eli­mi­nie­rung an­geb­li­cher Res­te des De­is­mus, Li­be­ra­lis­mus  und Re­la­ti­vis­mus im deut­schen Ka­tho­li­zis­mus, spe­zi­ell in der Gör­res-Ge­sell­schaft. Ihr Prä­si­dent, Hein­rich Fin­ke (1855-1938), trat Münch scharf ent­ge­gen. Der Kon­flikt spitz­te sich bis 1933 zu, fand dann aber sein zwangs­läu­fi­ges En­de durch die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Macht­ge­win­nung.

Ei­ni­ge Zen­trums­krei­se ent­wi­ckel­ten in den ers­ten Mo­na­ten ei­ne ko­ope­ra­ti­ve Li­nie zum neu­en NS-Staat, in dem Be­wusst­sein, bei die­ser Ge­le­gen­heit als na­tio­nal zu­ver­läs­si­ge Reichs­bür­ger zu gel­ten. Sie such­ten vor al­lem ei­ne Ver­bin­dung zu Franz von Pa­pen (1879-1969), dem bis­lang im Zen­trums­mi­lieu weit­ge­hend ab­ge­lehn­ten Ex- aber jetzt neu­en Vi­ze­kanz­ler  A­dolf Hit­lers (1889-1945), weil sie in ihm den ein­zi­gen ver­blie­be­nen Ka­tho­li­ken an den Schalt­he­beln der Macht sa­hen. Hier­zu zähl­te un­ter an­de­rem ab 1933 die mit Franz Xa­ver Münch in Köln be­hei­ma­te­te Lei­tung des KAV.

Es wa­ren Münch und der da­ma­li­ge preu­ßi­sche Zen­trums­füh­rer Prä­la­t Al­bert Lau­scher, die dem auf vie­len rö­misch-di­plo­ma­ti­schen Büh­nen agie­ren­den  Zen­trums­kor­re­spon­den­ten Raitz von Fr­entz bei ei­nem Be­such in Köln An­fang März 1933 drin­gend zu­rie­ten, aus rö­mi­scher Per­spek­ti­ve jetzt die Hand zur Ver­söh­nung Rich­tung Pa­pen zu rei­chen und Brü­cken zur neu­en Reichs­re­gie­rung zu bau­en, da die bis­he­ri­ge „Samm­lungs­stra­te­gie“ des Zen­trums ge­schei­tert war.

Von dem In­halt der Un­ter­re­dun­gen in Köln be­ein­druckt, schrieb Raitz von Fr­entz nach sei­ner Rück­kehr nach Rom ei­nen Brief an Pa­pen, in dem er sich dem Vi­ze­kanz­ler als Ver­mitt­ler vor Ort an­bot. Er be­rich­te­te von sei­nem Ge­spräch mit Prä­lat Münch, mit dem er aus­führ­lich die in­nen­po­li­ti­sche und kul­tu­rel­le La­ge Deutsch­lands be­spro­chen hat­te. Von Münch hat­te Raitz von Fr­entz er­fah­ren, dass Pa­pen ge­gen­wär­tig nicht über ei­nen im va­ti­ka­ni­schen Mi­lieu er­fah­re­nen Ver­trau­ens­mann ver­füg­te.

Hat­te im März die Zen­trums­frak­ti­on nach lan­ger Be­ra­tung be­reits dem Er­mäch­ti­gungs­ge­setz zu­ge­stimmt und hat­ten die Bi­schö­fe ih­re hef­ti­gen Be­den­ken ge­gen­über dem Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ent­ge­gen frü­he­rer Ver­laut­ba­run­gen auf­ge­ho­ben – dies al­les oh­ne er­kenn­ba­ren Druck aus Rom – so woll­te Pa­pen mit dem von ihm ver­folg­ten Plan ei­nes Reichs­kon­kor­dats die deut­schen Ka­tho­li­ken mit dem Drit­ten Reich aus­söh­nen und sich selbst un­ent­behr­lich ma­chen und ihm wur­den auf­grund von kurz­fris­tig auf­kei­men­den Hoff­nun­gen im Va­ti­kan die Tü­ren weit ge­öff­net.

Auf ei­ner kon­tro­ver­sen Son­der­ta­gung des KAV vom 21.-23.7.1933 in Ma­ria Laach, auf der Franz von Pa­pen ei­nen Tag nach Un­ter­zeich­nung des Reichs­kon­kor­dats ein wich­ti­ges Re­fe­rat hielt, sprach sich die Mehr­heit der Teil­neh­mer für ein Be­kennt­nis zum neu­en Staat aus. In der Be­fürch­tung, der KAV könn­te von den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten auf­ge­löst wer­den, ver­trau­te Münch wei­ter­hin noch auf ei­ne Zäh­mung Hit­lers und emp­fahl, künf­tig Kom­pro­mis­se ein­zu­ge­hen.

Dem KAV blieb aber den­noch das üb­li­che Schick­sal ka­tho­li­scher Ver­bän­de im Drit­ten Reich nicht er­spart. Hat­te der Ver­band 1935 noch zir­ka 11.000 Mit­glie­der folg­ten am 21.12.1938 das staat­lich de­kre­tier­te Ver­bot und die Auf­lö­sung des Ver­ban­des. Franz Xa­ver Münch zog sich – ge­sund­heit­lich an­ge­schla­gen – zur Er­ho­lung nach Flo­renz zu­rück und starb dort im Al­ter von 57 Jah­ren am 19.10.1940. Er wur­de am 13.11.1940 auf dem Cam­po San­to Teu­to­ni­co in Rom in ei­ner Pries­ter­gruft bei­ge­setzt.

Werke

Der äu­ße­re Le­bens­gang des Auf­klä­rungs­theo­lo­gen Thad­dä­us An­ton De­re­ser, Diss. Bonn 1929.

Literatur

Braun, An­na C., Er­in­ne­run­gen an Franz Xa­ver Münch, Re­gens­burg 1948.
Breu­er, Die­ter/Cepl-Kauf­mann, Ger­tru­de (Hg.), Der „Ka­tho­li­sche Aka­de­mi­ker­ver­ban­d“ im Über­gang von der Wei­ma­rer Re­pu­blik ins „Drit­te Reich“. Mo­der­ne und Na­tio­nal­so­zia­lis­mus im Rhein­land, Pa­der­born 1997, S. 551–576.
Burt­scheidt, An­dre­as, Ed­mund Frei­herr Raitz von Fr­entz. Rom-Kor­re­spon­dent der deutsch­spra­chi­gen ka­tho­li­schen Pres­se 1924–1964, Pa­der­born [u.a.] 2008.
Eh­rung für Franz Xa­ver Münch, in: Der ka­tho­li­sche Ge­dan­ke, Band 24, 1968, S. 125–127.
Kil­ly, Walt­her/Vier­haus, Ru­dolf (Hg.), Deut­sche Bio­gra­phi­sche En­zy­klo­pä­die, Band 7, Mün­chen 1998, S. 293.
Kosch, Wil­helm, Münch, Franz Xa­ver, in: Das ka­tho­li­sche Deutsch­land, Band 2, Augs­burg 1937, Sp. 3142–3143.
Mu­cker­mann, Fried­rich, Prä­lat Münch zum 50. Ge­burts­tag, in: Augs­bur­ger Post­zei­tung. Nr. 216, 1933.
Scha­ber, Jo­han­nes, Münch, Franz Xa­ver, in: Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon (BBKL). Band 16, Herz­berg 1999, Sp. 1108–1117.
Se­ver­us, Em­ma­nu­el von, Für die Aka­de­mi­ker. Vor hun­dert Jah­ren wur­de Franz Xa­ver Münch ge­bo­ren, in: Christ in der Ge­gen­war, Band 35, 1983, Heft 41, S. 332.

Online

Eb­neth, Ru­dolf, Münch, Franz Xa­ver. In: Neue Deut­sche Bio­gra­phie (NDB). Band 18, Ber­lin 1997, S. 517 f. [On­line]

Edmund Raitz von Frentz, Porträtfoto. (Privatnachlaß Edmund Freiherr Raitz von Frentz, Spay)

 
Zitationshinweis

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Burtscheidt, Andreas, Franz Xaver Münch, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/franz-xaver-muench/DE-2086/lido/57c951d1944ea0.70471419 (abgerufen am 15.11.2024)