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Fred Bertelmann zählte zu den populärsten westdeutschen Unterhaltungskünstlern der 1950er und frühen 1960er Jahre. Der 1957 veröffentliche Titel „Der lachende Vagabund“ markierte den bedeutendsten Erfolg seiner musikalischen Laufbahn. Zeitlebens verkaufte er mehr als 40 Millionen Tonträger.
Fred Bertelmann wurde am 7.10.1925 als jüngstes von neun Kindern des Industriechemikers Jules Bertelmann und dessen Ehefrau Elisabeth in Duisburg-Meiderich geboren. In seinem neunten Lebensjahr übersiedelte die Familie nach Nürnberg. Aufgrund seiner musischen Begabung fand Bertelmann Aufnahme in den renommierten Kirchenchor von Sankt Lorenz. Bei dessen Aufführungen sammelte er seine ersten Bühnen- und Tourneeerfahrungen.
Bertelmann besuchte das Gymnasium und erhielt darüber hinaus die Gelegenheit zu einer instrumentalen und gesanglichen Ausbildung am Nürnberger Konservatorium. Den Umgang mit Streich- und Blechblasinstrumenten erlernte er bei Anton Gruberbauer. Gesangsunterricht erteilte ihm der Heldenbariton am Nürnberger Opernhaus Jonny Born (1906-1975).
Nach Bestehen des Abiturs wurde Fred Bertelmann zur Wehrmacht eingezogen und erhielt eine Ausbildung zum Panzerfahrer. Nach der Genesung von einer nach kurzem Einsatz an der Ostfront erlittenen Verwundung, nahm er im Sommer 1944 an den Abwehrkämpfen in Frankreich teil. Nach dem Abschuss seines Panzers geriet er schwerverwundet in amerikanische Gefangenschaft, die er in einem Lager im Bundesstaat Alabama verbrachte. Für seine spätere künstlerische Laufbahn war die Zeit in den USA von wegweisender Bedeutung. Während der Kriegsgefangenschaft entdeckte er seine Begeisterung für die Swing-Musik und gründete mit 13 seiner Mitgefangenen ein von der Lagerleitung gefördertes Orchester, in dem er Trompete spielte und als Sänger fungierte.
Im Mai 1946 kehrte Bertelmann zu seiner in Füssen lebenden Mutter zurück. Auf Vermittlung der amerikanischen Besatzungsbehörde erhielt er hier ein Engagement als Trompeter in einer Swing-Band. Über mehrere Jahre verdiente er sich seinen Lebensunterhalt durch Auftritte in den Clubs der US-Armee, in Bars und Hotels. Auf Drängen seiner Mutter begann er darüber hinaus ein Studium der Medizin, das er aber zugunsten seiner musikalischen Laufbahn nach wenigen Semestern aufgab. Zwischen 1946 und 1950 gehörte er verschiedenen Orchestern an. Unter anderem gründete er 1947 mit Ernst Mosch (1925-1999) und Horst Reipsch (geboren 1925) die bis 1948 bestehende Swing-Band „Remo“.
Im Jahr 1950 lernte Bertelmann nach einem Auftritt im Carlton-Hotel in Nürnberg den schwedischen Dirigenten und Jazzmusiker Arne Hülphers (1904-1978) kennen, der ihn für die Dauer von zwei Jahren als Sänger seines Tanzorchesters unter Vertrag nahm. 1952 ließ sich Bertelmann zunächst in Hamburg und später wieder in Nürnberg nieder, wo er seine Gesangsausbildung am Konservatorium fortsetzte. Trotz erster Auftritte in Funk und Fernsehen war der Fortgang seiner musikalischen Laufbahn zu diesem Zeitpunkt ungewiss. Den Einstieg in die boomende Unterhaltungsbranche der beginnenden Wirtschaftswunderjahre verdankte er nicht zuletzt dem Musikmanager Stefan von Baranski (1919-2005), dessen Bekanntschaft er 1952 in Travemünde gemacht hatte.
Auf Vermittlung Baranskis erhielt Bertelmann im Jahr 1953 die Gelegenheit zur Produktion seiner ersten Single mit den Titeln „Wenn es Nacht wird in Montana“ und „Bonsoir, Bonsoir“ bei der Tempo GmbH in München. Trotz mäßiger Verkaufszahlen wurde Bertelmann für weitere Aufnahmen unter Vertrag genommen. Zwischenzeitlich war auch der erfolgreiche Schlagerproduzent Nils Nobach (1918-1985) auf den Sänger mit der sonoren Baritonstimme aufmerksam geworden. 1954 verhalf er ihm zu einem Vertrag bei dem in Köln ansässigen Label Electrola. Seinen Durchbruch feierte Bertelmann im Jahr 1955 mit dem sich 26 Wochen in den bundesdeutschen Charts haltenden und bis auf den fünften Platz aufsteigenden Titel „Tina Marie“. Zu einem nicht minder beliebten Ohrwurm entwickelte sich der 1956 produzierte Titel „Meine kleine Susi“, der 17 Wochen in den Charts gelistet wurde und bis auf den dritten Platz kletterte.
Den Zenit seiner Karriere erreichte Fred Bertelmann bereits im drauffolgenden Jahr mit dem „Lachenden Vagabund“. Bei dem am 9.7. 1957 in Köln aufgenommenen Titel handelte es sich um eine Coverversion des Country-Songs „Gambler’s Guitar“ aus der Feder des amerikanischen Sängers und Komponisten Jim Lowe (geboren 1927). In der Fassung von Rusty Draper (1923-2003) hatte der Titel im Jahr 1953 immerhin den sechsten Platz in den US-Charts erreicht. Die von Hans Bertram (1915-1991) produzierte deutsche Version unterschied sich durch ihre beschwingte instrumentale Interpretation deutlich vom amerikanischen Original und suggerierte dem Zuhörer eine den Zeitgeschmack präzise treffende mediterrane Leichtigkeit. Das harmonische Zusammenspiel mit den Gesangspassagen und den charakteristischen Lachsalven Bertelmanns verlieh dem Lied seine besondere Originalität. Für den deutschen Text zeichnete Peter Moesser (1915-1989) verantwortlich, mit dem Bertelmann auch bei zahlreichen weiteren Projekten zusammenarbeitete.
Der „Lachende Vagabund“ stieg am 30.11.1957 auf Platz zehn in die bundesdeutschen Charts ein und war dort über einen Zeitraum von 22 Wochen vertreten. Zwischen Januar und April 1958 rangierte er für die Dauer von elf Wochen auf Platz eins. National und international wurden 3,5 Millionen Platten verkauft. Zur nachhaltigen Popularität trug auch die 1958 von der Ufa produzierte gleichnamige Musikkomödie bei, in der Bertelmann die Hauptrolle des Reporters „Fred Berghoff“ spielte. Bis zum Jahr 1962 wirkte er darüber hinaus - neben zahlreichen Gast- und Nebenrollen - in sechs weiteren trivialen Schlagerfilmen als Hauptakteur mit. „Der lachende Vagabund“ ebnete Bertelmann überdies den Weg zu einer Karriere in den USA. Zwischen 1961 und 1968 verkörperte er am Opernhaus in Chicago den Hafenarbeiter Joe im Musical „Show Boat“.
In der Bundesrepublik Deutschland konnte Bertelmann zwischen 1958 und 1960 mit weiteren Top Ten-Platzierungen durchaus an den Erfolg des „Lachenden Vagabunden“ anknüpfen. Wiederholen ließ er sich allerdings nicht. 1961 wechselte Bertelmann zum Plattenlabel Polydor. Die Verkaufszahlen blieben jedoch hinter den Erwartungen zurück, vordere Chartplatzierungen gelangen ihm in den Folgejahren nicht mehr. Dreimal nahm Bertelmann in den 1950er und 1960er Jahren an den nationalen Vorentscheiden für den Grand Prix de la Chanson teil. Eine Teilnahme verfehlte er dabei jeweils nur knapp. 1958 belegte er mit „Ich bin ja nur ein Troubadour“ und 1962 mit „Ticke-Ticke-Tack“ den jeweils zweiten sowie 1964 mit „Das macht dein Lächeln, Mona Lisa“ den dritten Rang.
An der stilistischen Weiterentwicklung des deutschen Schlagers partizipierte Bertelmann seit Ende der 1960er Jahre nicht mehr. Die Repräsentanten der Unterhaltungsindustrie der Adenauerära wurden nun endgültig von einer neuen Generation junger Interpreten abgelöst. Dennoch blieb Fred Bertelmann auch in den folgenden Jahrzehnten insbesondere durch seine zahlreichen Fernsehauftritte und Tourneen einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Neben eigenen Liedern verlegte er sich nun auch auf die Interpretation von Volksliedern, Operetten und Seemannsballaden. Seine künstlerische Vielseitigkeit bewies er nicht nur als Theaterschauspieler, sondern auch als Münchner Faschingsprinz „Fred I.“ im Jahr 1974.
1970 gründete Bertelmann mit seinem Gesangs- und Schauspielerkollegen Walter Fitz (1921-1992) nach amerikanischem Vorbild die erste deutsche „Show-Schule“, in der Nachwuchskräfte für die Unterhaltungsbranche ausgebildet werden sollten. Die Leitung übernahm die Sängerin Gitta Lind (1925-1974). Das ambitionierte und unter der Schirmherrschaft des bayerischen Finanzministers Bruno Merk (1922-2013) stehende Projekt erwies sich jedoch als Fehlschlag und wurde im Jahr 1974 auch aus ökonomischen Gründen aufgegeben.
Fred Bertelmann war zweimal verheiratet. Die am 23.12.1946 geschlossene Ehe mit Wickie Bertelmann wurde in der Mitte der 1960er Jahren geschieden. Am 12.8.1966 heiratete er die Fernsehansagerin Ruth Kappelsberger (1927-2014). Aus der ersten Ehe gingen die Töchter Gaby (geboren 1948) und Alice (geboren 1959), aus der zweiten Ehe die Tochter Kathrin (geboren 1967) hervor. Seinen privaten Lebensmittelpunkt hatte der passionierte Maler und Koch bereits 1955 in seinem Haus in Berg am Starnberger See gefunden. In künstlerischer Hinsicht sorgte Bertelmann in den Jahren 2005 und 2006 durch seine Verkörperung des Aeneas in dem anlässlich der Münchner Opernfestspiele aufgeführten Stück „Dido & Aeneas – die Barockoper von ihren Liebhabern entblößt“ für Aufsehen. Sein künstlerisches Schaffen erstreckte sich bis in die letzten Lebensjahre. Zu den wichtigsten Auszeichnungen zählte die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes im Jahr 1999.
Von einer im Vorjahr erlittenen Lungenentzündung geschwächt, starb Fred Bertelmann am 22.1. 2014 in Berg am Starnberger See. Seine Grabstelle befindet sich auf dem nahegelegenen Friedhof in Aufkirchen.
Literatur
Bertelmann, Fred, Der lachende Vagabund, Kiel 1995.
Hügel, Hans-Otto Hügel/Zeisler, Gert (Hg.), Die Süßesten Früchte. Schlager aus den Fünfzigern, Frankfurt a. M. 1992.
Kranzpiller, Peter, Fred Bertelmann. Ein Senkrechtstarter hält die Spur - eine begnadete Stimme aus deutschen Landen, Landshut 2004.
Online
Fred Bertelmann - Der lachende Vagabund (Homepage mit ausführlichen Angaben zur Biographie und zum Werk Bertelmanns). [online]
1925 - Der Geburtstag von Fred Bertelmann (Radiosendung des WDR aus der Reihe „ZeitZeichen“ vom 7. Oktober 2015). [online]
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Thomann, Björn, Fred Bertelmann, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/fred-bertelmann/DE-2086/lido/5e7c753d762166.95485886 (abgerufen am 11.11.2024)