Fred Bertelmann

Sänger und Schauspieler (1925-2014)

Björn Thomann (Suderburg)

Fred Bertelmann, Plakat für den Film 'Meine Nichte tut das nicht', 1960. (www.kino.de)

Fred Ber­tel­mann zähl­te zu den po­pu­lärs­ten west­deut­schen Un­ter­hal­tungs­künst­lern der 1950er und frü­hen 1960er Jah­re. Der 1957 ver­öf­fent­li­che Ti­tel „Der la­chen­de Va­ga­bun­d“ mar­kier­te den be­deu­tends­ten Er­folg sei­ner mu­si­ka­li­schen Lauf­bahn. Zeit­le­bens ver­kauf­te er mehr als 40 Mil­lio­nen Ton­trä­ger. 

Fred Ber­tel­mann wur­de am 7.10.1925 als jüngs­tes von neun Kin­dern des In­dus­trie­che­mi­kers Ju­les Ber­tel­mann und des­sen Ehe­frau Eli­sa­beth in Duis­burg-Mei­de­rich ge­bo­ren. In sei­nem neun­ten Le­bens­jahr über­sie­del­te die Fa­mi­lie nach Nürn­berg. Auf­grund sei­ner mu­si­schen Be­ga­bung fand Ber­tel­mann Auf­nah­me in den re­nom­mier­ten Kir­chen­chor von Sankt Lo­renz. Bei des­sen Auf­füh­run­gen sam­mel­te er sei­ne ers­ten Büh­nen- und Tour­nee­er­fah­run­gen.

Ber­tel­mann be­such­te das Gym­na­si­um und er­hielt dar­über hin­aus die Ge­le­gen­heit zu ei­ner in­stru­men­ta­len und ge­sang­li­chen Aus­bil­dung am Nürn­ber­ger Kon­ser­va­to­ri­um. Den Um­gang mit Streich- und Blech­blas­in­stru­men­ten er­lern­te er bei An­ton Gru­ber­bau­er. Ge­sangs­un­ter­richt er­teil­te ihm der Hel­den­ba­ri­ton am Nürn­ber­ger Opern­haus Jon­ny Born (1906-1975).

Nach Be­ste­hen des Ab­iturs wur­de Fred Ber­tel­mann zur Wehr­macht ein­ge­zo­gen und er­hielt ei­ne Aus­bil­dung zum Pan­zer­fah­rer. Nach der Ge­ne­sung von ei­ner nach kur­zem Ein­satz an der Ost­front er­lit­te­nen Ver­wun­dung, nahm er im Som­mer 1944 an den Ab­wehr­kämp­fen in Frank­reich teil. Nach dem Ab­schuss sei­nes Pan­zers ge­riet er schwer­ver­wun­det in ame­ri­ka­ni­sche Ge­fan­gen­schaft, die er in ei­nem La­ger im Bun­des­staat Ala­ba­ma ver­brach­te. Für sei­ne spä­te­re künst­le­ri­sche Lauf­bahn war die Zeit in den USA von weg­wei­sen­der Be­deu­tung. Wäh­rend der Kriegs­ge­fan­gen­schaft ent­deck­te er sei­ne Be­geis­te­rung für die Swing-Mu­sik und grün­de­te mit 13 sei­ner Mit­ge­fan­ge­nen ein von der La­ger­lei­tung ge­för­der­tes Or­ches­ter, in dem er Trom­pe­te spiel­te und als Sän­ger fun­gier­te.

Im Mai 1946 kehr­te Ber­tel­mann zu sei­ner in Füs­sen le­ben­den Mut­ter zu­rück. Auf Ver­mitt­lung der ame­ri­ka­ni­schen Be­sat­zungs­be­hör­de er­hielt er hier ein En­ga­ge­ment als Trom­pe­ter in ei­ner Swing-Band. Über meh­re­re Jah­re ver­dien­te er sich sei­nen Le­bens­un­ter­halt durch Auf­trit­te in den Clubs der US-Ar­mee, in Bars und Ho­tels. Auf Drän­gen sei­ner Mut­ter be­gann er dar­über hin­aus ein Stu­di­um der Me­di­zin, das er aber zu­guns­ten sei­ner mu­si­ka­li­schen Lauf­bahn nach we­ni­gen Se­mes­tern auf­gab. Zwi­schen 1946 und 1950 ge­hör­te er ver­schie­de­nen Or­ches­tern an. Un­ter an­de­rem grün­de­te er 1947 mit Ernst Mosch (1925-1999) und Horst Reipsch (ge­bo­ren 1925) die bis 1948 be­ste­hen­de Swing-Band „Re­mo“. 

Im Jahr 1950 lern­te Ber­tel­mann nach ei­nem Auf­tritt im Carl­ton-Ho­tel in Nürn­berg den schwe­di­schen Di­ri­gen­ten und Jazz­mu­si­ker Ar­ne Hülph­ers (1904-1978) ken­nen, der ihn für die Dau­er von zwei Jah­ren als Sän­ger sei­nes Tanz­or­ches­ters un­ter Ver­trag nahm. 1952 ließ sich Ber­tel­mann zu­nächst in Ham­burg und spä­ter wie­der in Nürn­berg nie­der, wo er sei­ne Ge­sangs­aus­bil­dung am Kon­ser­va­to­ri­um fort­setz­te. Trotz ers­ter Auf­trit­te in Funk und Fern­se­hen war der Fort­gang sei­ner mu­si­ka­li­schen Lauf­bahn zu die­sem Zeit­punkt un­ge­wiss. Den Ein­stieg in die boo­men­de Un­ter­hal­tungs­bran­che der be­gin­nen­den Wirt­schafts­wun­der­jah­re ver­dank­te er nicht zu­letzt dem Mu­sik­ma­na­ger Ste­fan von Baran­ski (1919-2005), des­sen Be­kannt­schaft er 1952 in Tra­ve­mün­de ge­macht hat­te.  

Auf Ver­mitt­lung Barans­kis er­hielt Ber­tel­mann im Jahr 1953 die Ge­le­gen­heit zur Pro­duk­ti­on sei­ner ers­ten Sin­gle mit den Ti­teln „Wenn es Nacht wird in Mon­tana“ und „Bon­soir, Bon­soir“ bei der Tem­po GmbH in Mün­chen. Trotz mä­ßi­ger Ver­kaufs­zah­len wur­de Ber­tel­mann für wei­te­re Auf­nah­men un­ter Ver­trag ge­nom­men. Zwi­schen­zeit­lich war auch der er­folg­rei­che Schla­ger­pro­du­zent Nils No­bach (1918-1985) auf den Sän­ger mit der so­no­ren Ba­ri­ton­stim­me auf­merk­sam ge­wor­den. 1954 ver­half er ihm zu ei­nem Ver­trag bei dem in Köln an­säs­si­gen La­bel Elec­tro­la. Sei­nen Durch­bruch fei­er­te Ber­tel­mann im Jahr 1955 mit dem sich 26 Wo­chen in den bun­des­deut­schen Charts hal­ten­den und bis auf den fünf­ten Platz auf­stei­gen­den Ti­tel „Ti­na Ma­rie“. Zu ei­nem nicht min­der be­lieb­ten Ohr­wurm ent­wi­ckel­te sich der 1956 pro­du­zier­te Ti­tel „Mei­ne klei­ne Su­si“, der 17 Wo­chen in den Charts ge­lis­tet wur­de und bis auf den drit­ten Platz klet­ter­te.

Den Ze­nit sei­ner Kar­rie­re er­reich­te Fred Ber­tel­mann be­reits im drauf­fol­gen­den Jahr mit dem „La­chen­den Va­ga­bun­d“. Bei dem am 9.7. 1957 in Köln auf­ge­nom­me­nen Ti­tel han­del­te es sich um ei­ne Co­ver­ver­si­on des Coun­try-Songs „Gam­bler’s Gui­tar“ aus der Fe­der des ame­ri­ka­ni­schen Sän­gers und Kom­po­nis­ten Jim Lo­we (ge­bo­ren 1927). In der Fas­sung von Rus­ty Dra­per (1923-2003) hat­te der Ti­tel im Jahr 1953 im­mer­hin den sechs­ten Platz in den US-Charts er­reicht. Die von Hans Ber­tram (1915-1991) pro­du­zier­te deut­sche Ver­si­on un­ter­schied sich durch ih­re be­schwing­te in­stru­men­ta­le In­ter­pre­ta­ti­on deut­lich vom ame­ri­ka­ni­schen Ori­gi­nal und sug­ge­rier­te dem Zu­hö­rer ei­ne den Zeit­ge­schmack prä­zi­se tref­fen­de me­di­ter­ra­ne Leich­tig­keit. Das har­mo­ni­sche Zu­sam­men­spiel mit den Ge­sangs­pas­sa­gen und den cha­rak­te­ris­ti­schen Lach­sal­ven Ber­tel­manns ver­lieh dem Lied sei­ne be­son­de­re Ori­gi­na­li­tät. Für den deut­schen Text zeich­ne­te Pe­ter Moes­ser (1915-1989) ver­ant­wort­lich, mit dem Ber­tel­mann auch bei zahl­rei­chen wei­te­ren Pro­jek­ten zu­sam­men­ar­bei­te­te.

Der „La­chen­de Va­ga­bun­d“ stieg am 30.11.1957 auf Platz zehn in die bun­des­deut­schen Charts ein und war dort über ei­nen Zeit­raum von 22 Wo­chen ver­tre­ten. Zwi­schen Ja­nu­ar und April 1958 ran­gier­te er für die Dau­er von elf Wo­chen auf Platz eins. Na­tio­nal und in­ter­na­tio­nal wur­den 3,5 Mil­lio­nen Plat­ten ver­kauft. Zur nach­hal­ti­gen Po­pu­la­ri­tät trug auch die 1958 von der Ufa pro­du­zier­te gleich­na­mi­ge Mu­sik­ko­mö­die bei, in der Ber­tel­mann die Haupt­rol­le des Re­por­ters „Fred Berg­hof­f“ spiel­te. Bis zum Jahr 1962 wirk­te er dar­über hin­aus - ne­ben zahl­rei­chen Gast- und Ne­ben­rol­len - in sechs wei­te­ren tri­via­len Schla­ger­fil­men als Haupt­ak­teur mit. „Der la­chen­de Va­ga­bun­d“ eb­ne­te Ber­tel­mann über­dies den Weg zu ei­ner Kar­rie­re in den USA. Zwi­schen 1961 und 1968 ver­kör­per­te er am Opern­haus in Chi­ca­go den Ha­fen­ar­bei­ter Joe im Mu­si­cal „Show Boat“. 

In der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land konn­te Ber­tel­mann zwi­schen 1958 und 1960 mit wei­te­ren Top Ten-Plat­zie­run­gen durch­aus an den Er­folg des „La­chen­den Va­ga­bun­den“ an­knüp­fen. Wie­der­ho­len ließ er sich al­ler­dings nicht. 1961 wech­sel­te Ber­tel­mann zum Plat­ten­la­bel Po­ly­dor. Die Ver­kaufs­zah­len blie­ben je­doch hin­ter den Er­war­tun­gen zu­rück, vor­de­re Chart­plat­zie­run­gen ge­lan­gen ihm in den Fol­ge­jah­ren nicht mehr. Drei­mal nahm Ber­tel­mann in den 1950er und 1960er Jah­ren an den na­tio­na­len Vor­ent­schei­den für den Grand Prix de la Chan­son teil. Ei­ne Teil­nah­me ver­fehl­te er da­bei je­weils nur knapp. 1958 be­leg­te er mit „Ich bin ja nur ein Trou­ba­dour“ und 1962 mit „Ti­cke-Ti­cke-Tack“ den je­weils zwei­ten so­wie 1964 mit „Das macht dein Lä­cheln, Mo­na Li­sa“ den drit­ten Rang. 

An der sti­lis­ti­schen Wei­ter­ent­wick­lung des deut­schen Schla­gers par­ti­zi­pier­te Ber­tel­mann seit En­de der 1960er Jah­re nicht mehr. Die Re­prä­sen­tan­ten der Un­ter­hal­tungs­in­dus­trie der Ade­nau­er­ä­ra wur­den nun end­gül­tig von ei­ner neu­en Ge­ne­ra­ti­on jun­ger In­ter­pre­ten ab­ge­löst. Den­noch blieb Fred Ber­tel­mann auch in den fol­gen­den Jahr­zehn­ten ins­be­son­de­re durch sei­ne zahl­rei­chen Fern­seh­auf­trit­te und Tour­ne­en ei­ner brei­ten Öf­fent­lich­keit be­kannt. Ne­ben ei­ge­nen Lie­dern ver­leg­te er sich nun auch auf die In­ter­pre­ta­ti­on von Volks­lie­dern, Ope­ret­ten und See­manns­bal­la­den. Sei­ne künst­le­ri­sche Viel­sei­tig­keit be­wies er nicht nur als Thea­ter­schau­spie­ler, son­dern auch als Münch­ner Fa­schings­prinz „Fred I.“ im Jahr 1974. 

1970 grün­de­te Ber­tel­mann mit sei­nem Ge­sangs- und Schau­spie­ler­kol­le­gen Wal­ter Fitz (1921-1992) nach ame­ri­ka­ni­schem Vor­bild die ers­te deut­sche „Show-Schu­le“, in der Nach­wuchs­kräf­te für  die Un­ter­hal­tungs­bran­che aus­ge­bil­det wer­den soll­ten. Die Lei­tung über­nahm die Sän­ge­rin Git­ta Lind (1925-1974). Das am­bi­tio­nier­te und un­ter der Schirm­herr­schaft des baye­ri­schen Fi­nanz­mi­nis­ters Bru­no Merk (1922-2013) ste­hen­de Pro­jekt er­wies sich je­doch als Fehl­schlag und wur­de im Jahr 1974 auch aus öko­no­mi­schen Grün­den auf­ge­ge­ben.

Fred Ber­tel­mann war zwei­mal ver­hei­ra­tet. Die am 23.12.1946 ge­schlos­se­ne Ehe mit Wi­ckie Ber­tel­mann wur­de in der Mit­te der 1960er Jah­ren ge­schie­den. Am 12.8.1966 hei­ra­te­te er die Fern­seh­an­sa­ge­rin Ruth Kap­pels­ber­ger (1927-2014). Aus der ers­ten Ehe gin­gen die Töch­ter Ga­by (ge­bo­ren 1948) und Ali­ce (ge­bo­ren 1959), aus der zwei­ten Ehe die Toch­ter Kath­rin (ge­bo­ren 1967) her­vor. Sei­nen pri­va­ten Le­bens­mit­tel­punkt hat­te der pas­sio­nier­te Ma­ler und Koch be­reits 1955 in sei­nem Haus in Berg am Starn­ber­ger See ge­fun­den. In künst­le­ri­scher Hin­sicht sorg­te Ber­tel­mann in den Jah­ren 2005 und 2006 durch sei­ne Ver­kör­pe­rung des Ae­ne­as in dem an­läss­lich der Münch­ner Opern­fest­spie­le auf­ge­führ­ten Stück „Di­do & Ae­ne­as – die Ba­rock­oper von ih­ren Lieb­ha­bern ent­blö­ßt“ für Auf­se­hen. Sein künst­le­ri­sches Schaf­fen er­streck­te sich bis in die letz­ten Le­bens­jah­re. Zu den wich­tigs­ten Aus­zeich­nun­gen zähl­te die Ver­lei­hung des Bun­des­ver­dienst­kreu­zes im Jahr 1999.

Von ei­ner im Vor­jahr er­lit­te­nen Lun­gen­ent­zün­dung ge­schwächt, starb Fred Ber­tel­mann am 22.1. 2014 in Berg am Starn­ber­ger See. Sei­ne Grab­stel­le be­fin­det sich auf dem na­he­ge­le­ge­nen Fried­hof in Auf­kir­chen.

Literatur

Ber­tel­mann, Fred, Der la­chen­de Va­ga­bund, Kiel 1995.
Hü­gel, Hans-Ot­to Hü­gel/Zei­sler, Gert (Hg.), Die Sü­ßes­ten Früch­te. Schla­ger aus den Fünf­zi­gern, Frank­furt a. M. 1992.
Kranz­pil­ler, Pe­ter, Fred Ber­tel­mann. Ein Senk­recht­star­ter hält die Spur - ei­ne be­gna­de­te Stim­me aus deut­schen Lan­den, Lands­hut 2004. 

Online

Fred Ber­tel­mann - Der la­chen­de Va­ga­bund (Home­page mit aus­führ­li­chen An­ga­ben zur Bio­gra­phie und zum Werk Ber­tel­manns). [on­line]
1925 - Der Ge­burts­tag von Fred Ber­tel­mann (Ra­dio­sen­dung des WDR aus der Rei­he „Zeit­Zei­chen“ vom 7. Ok­to­ber 2015). [on­line]

 
Zitationshinweis

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Thomann, Björn, Fred Bertelmann, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/fred-bertelmann/DE-2086/lido/5e7c753d762166.95485886 (abgerufen am 11.11.2024)