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Friedrich Spee zählt als Dichter und Gegner der Hexenprozesse zu den prominentesten rheinischen Persönlichkeiten im konfessionellen Zeitalter. Spielte sich sein Leben tatsächlich weitestgehend im Horizont des katholischen Rheinlandes ab, so fanden sein Werk und seine Persönlichkeit eine breite Rezeption, die diesen konfessionellen und regionalen Rahmen sprengte.
Am 25.2.1591 wurde Spee in Kaiserswerth (heute ein Stadtteil von Düsseldorf) als Sohn des kurkölnischen Amtmanns und Burgvogts Peter Spee (geboren vor 1531, gestorben vor 1612) und seiner Frau Mechtel (Mechthild) geboren. Er hatte wenigstens drei Geschwister ([Hans] Adolf, Arnold, Sybilla, evtl. auch noch Elsa), über die wenig bekannt ist. In den damals nur kurz zurückliegenden Auseinandersetzungen um den Reformationsversuch des Kölner Erzbischofs Gebhard Truchseß von Waldburg beharrte Spees Vater anscheinend auf der katholischen Position.
Nach Kinderjahren in Kaiserswerth besuchte Spee seit 1603 ein Kölner Gymnasium (Tricoronatum oder Montanum) und erhielt 1606 am Montanum die Zulassung für das Bakkalaureat. An der Universität Köln schrieb er sich in die Philosophische Fakultät ein und erwarb 1609 den Grad eines Bakkalaureus. 1610-1612 absolvierte er sein Noviziat (Vorbereitung zur Aufnahme in einen Orden) bei den Jesuiten in Trier (bzw. zwischenzeitlich in Fulda) und durchlief seitdem die ordensinterne Ausbildung, die 1612 mit einem Philosophiestudium in Würzburg begann, auf das seit 1615 praktische Einsätze im Schuldienst folgten (Speyer 1615/1516, Worms 1616-1618, Mainz 1618/1619). 1619 bis 1623 schloss sich ein Theologiestudium in Mainz an. Dort wurde Spee 1622 zum Priester geweiht. 1623 bis 1626 wirkte er als Hochschullehrer für Philosophie in Paderborn, seit 1629 für Moraltheologie.
1630 wurde er nach Konflikten wegen seiner Position in der Hexenfrage und der Umgehung der ordensinternen Zensur beim Druck seiner Schrift gegen die Hexenprozesse seines Amts enthoben. Nach weiteren Konflikten während seiner Zeit als Professor in Köln 1631/1632 wurde ihm mit dem Ordensausschluss gedroht. Dieser unterblieb jedoch trotz der ausdrücklichen Anordnung des Ordensgenerals, weil der zuständige Provinzial (Leiter der Ordensprovinz) Goswin Nickel ihn schützte. So wurde Spee 1632 stattdessen nur nach Trier versetzt, wo er zunächst wieder als Professur für Moraltheologie wirkte. Seit 1634 übernahm er die Professur für Bibelwissenschaft, was als ordenstypische Form des Aufstiegs und als Rehabilitierung gelten kann.
Spee war regelmäßig auch als Seelsorger in unterschiedlichen Einsatzfeldern tätig. Hervorzuheben ist sein Wirken als Seelsorger der Devotessengemeinschaft St. Ursula in Köln (1627/1628). Die zunächst erfolgreichen Eroberungen der katholischen Truppen im 30jährigen Krieg führten dazu, dass Spee 1628/1629 zur Mitarbeit bei der Rekatholisierung des Amts Peine (Niedersachsen) abgeordnet wurde. Spees Arbeit war nach damaligem Maßstab erfolgreich, jedoch wurde er 1629 bei einem Überfall schwer verletzt, dessen nähere Umstände nicht restlos klar sind (war es ein Racheakt von Protestanten oder ein „einfacher" Raubüberfall?). In seiner letzten Lebensphase wirkte Spee in Trier als Seelsorger in den Spitälern. Als solcher setzte er sich bei der Rückeroberung Triers durch kaiserliche und spanische Truppen auch für die verwundeten Soldaten ein. Er zog sich dabei eine Infektion zu, der er am 7.8.1635 erlag. An diesem Tag wurde er in der Krypta (Gruft) unter der so genannten Jesuitenkirche beigesetzt. Spee kann daher auch als Märtyrer der Nächstenliebe gelten. Sein Grab ist nach der Wiederentdeckung im Jahr 1980 und der würdigen Herrichtung einer Spee-Gruft heute frei zugänglich.
Für die andauernde Rezeption ist vor allem Spees schriftstellerische Tätigkeit verantwortlich, die auch sein Leben wesentlich prägte. Die ersten seiner rund 130 Kirchenlieder erschienen 1621/1622, anonym wie alle anderen auch. Ob und in welchem Umfang Spee auch Melodien dazu schrieb, ist unsicher. 1628 lag eine erste Fassung des „Güldenen Tugend-Buchs" vor, das zunächst als Lose-Blatt-Sammlung konzipiert war. Der Druck erschien erst 1649 beim Kölner Verleger Friessem. Es enthält Übungen, die Spee als Beichtvater für die Mitglieder der Kölner Devotessengemeinschaft St. Ursula konzipiert hatte, damit diese sich täglich in Glaube, Hoffnung und Liebe vervollkommnen konnten. 1631 und 1632 erschienen unter rasch aufgedecktem Pseudonym (Incertus Theologus Orthodoxus bzw. Incertus Theologus Romanus) zwei Auflagen seines heute bekanntesten Werks, der „Cautio Criminalis". Es handelt sich um eine Anklageschrift gegen die in Deutschland grassierenden Hexenprozesse, die nach Spees Tod sowohl ins Deutsche als auch in andere Sprachen übersetzt wurde (deutsche Übersetzungen 1647 und 1649, niederländisch 1657, französisch 1660, polnisch 1680). Bis kurz vor seinem Tod arbeitete Spee an seinem dichterischen Hauptwerk, der „Trutz-Nachtigal", wovon ein Autograph in der Trierer Stadtbibliothek Zeugnis ablegt. Auch dieses Werk erschien erst posthum (gedruckt 1649, tschechische Übersetzungen 1661 und 1662). Die „Trutz-Nachtigal" stellt sich als komplex gegliederte Sammlung von 51 geistlichen Gedichten dar. Sie umkreisen die Sehnsucht der Menschen nach Gott, den Weg von Umkehr und Buße, das Lob Gottes in der Schöpfung und die Heilszuwendung Gottes in Geburt, Tod und Auferstehung Jesu Christi. Von Spee dürfte auch der weit verbreitete Beichtspiegel „Geistliche Unterricht" (1631, lateinisch 1634 „Industria spiritualis") stammen. Elemente seiner moraltheologischen Vorlesungen enthält die seinerzeit ungedruckte Schrift „Theologia moralis explicata", die allerdings nicht von Spee selbst stammt, sondern von Johannes Schücking.
Spee gilt als bedeutendster katholischer Barockdichter, nicht zuletzt weil er in der „Trutz-Nachtigal" in einer „Mini-Poetik" und in seiner dichterischen Praxis für die muttersprachliche Dichtung unabhängig von Martin Opitz (1597-1639) zentrale Maßstäbe setzte (vor allem Zusammenfall von Vers- und Wortakzent). Vier seiner Kirchenlieder stehen im „Ev. Gesangbuch", während sich in den verschiedenen diözesanen Ausgaben des deutschen katholischen Einheitsgesangbuchs „Gotteslob" insgesamt 33 mutmaßliche Spee-Lieder finden. Die methodisch geschickten und abwechslungsreichen Anregungen des „Güldenen Tugend-Buchs" bieten noch immer Impulse für das spirituelle Leben. Leibniz pries es als wahrhaft göttliches Buch, das in die Hände aller Christen gehöre. Spees „Cautio criminalis" ist ein Meisterwerk der Argumentationskunst. Der hier klar formulierte und für seine Zeit sehr ungewöhnliche Einsatz für die Unschuldsvermutung und gegen die Folter reiht Spee unter die Wegbereiter eines humanen, den Menschenrechten verpflichteten Strafrechts ein, der daher in der deutschen Strafrechtsgeschichte einen herausgehobenen Platz einnimmt. Die unmittelbare Wirkung auf die zeitgenössischen Hexenprozesse blieb dagegen begrenzt.
Galt Spee zur Zeit der Aufklärung vorwiegend als Kämpfer gegen den „Aberglauben" des Hexenwahns, so entdeckte man in der Romantik gerade den „kindlich-frommen" Dichter. In der katholischen Bewegung des 19. Jahrhundert nahm man Spee als konfessionellen Helden und Repräsentanten einer eigenen Hochkultur wahr. Heute versteht man ihn als Vertreter des konfessionellen Zeitalters, der dessen zeittypische Begrenzungen vielfach sprengte und so konfessionsübergreifend rezipiert werden konnte. Die letzte Spee-Renaissance wurde durch die Wiederentdeckung seines Grabs 1980 ausgelöst. 1990 wurde ihm eine Figur am Kölner Rathausturm gewidmet (Boldhauerin: Marianne Lüdicke). Die Spee-Gesellschaften in Düsseldorf und Trier pflegen sein Andenken intensiv und fördern gezielt die Forschung zu Spee. Gemeinsam geben sie seit 1994 das Spee Jahrbuch heraus.
Quellen/Werke
Sämtliche Schriften. Historisch-kritische Aussage, bearb. von Theo G. M. van Oorschot, 4 Bände, Basel/Tübingen 1985-2005.
Literatur
Embach, Michael, "Spee, Friedrich SJ", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 14 (1998), Sp. 1497-1506.
Franz, Gunter (Hg.), Friedrich Spee. Dichter, Seelsorger, Bekämpfer des Hexenwahns, Trier 1991 (Ausstellungskatalog und Aufsatzband).
Franz, Gunter (Hg.), Friedrich Spee zum 400. Geburtstag, Paderborn 1995.
Franz, Gunter/Wirtz, Hans-Gerd (Hg.), Friedrich Spee als Theologe, Trier 1997.
van Oorschot, Theo G. M., Friedrich Spee von Langenfeld. Zwischen Zorn und Zärtlichkeit, Göttingen 1992.
Weber, Hartmut/Franz, Gunter, Friedrich Spee (1591-1635). Leben und Werk und sein Andenken in Trier, 3. Auflage, Trier 2004.
Wirtz, Hans-Gerd (Hg.), Friedrich Spee. Was ist geblieben, was hat gewirkt?, Trier 2002.
Online
Drewes, Guido Maria, "Spee, Friedrich v.", in: Allgemeine Deutsche Biographie 35 (1893), S. 92-94. [Online]
Friedrich Spee von Langenfeld 1591-1635 (Website der Friedrich-Spee-Gesellschaft). [Online]
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Schneider, Bernhard, Friedrich Spee von Langenfeld, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/friedrich-spee-von-langenfeld/DE-2086/lido/57c9537ab741e1.30560080 (abgerufen am 14.12.2024)