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Friedrich Wilhelm Argelander zählt zu den bedeutenden Astronomen des 19. Jahrhunderts. Aus Memel in Ostpreußen stammend, folgte er 1836 einem Ruf an die Universität Bonn, wo er den Aufbau der Sternwarte leitete und mit der „Bonner Durchmusterung“ ein Standardwerk der Sternenkartographie erstellte.
Friedrich Wilhelm August Argelander wurde am 22.3.1799 in Memel als Sohn des aus Finnland stammenden Kaufmanns und Reeders Johann Gottlieb Argelander und dessen Ehefrau Dorothea Wilhelmine Gruenhagen geboren. Nach der Niederlage in der Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14.10.1806 hatte sich der preußische König Friedrich Wilhelm III. (Regentschaft 1797-1840) mit seiner Familie nach Memel zurückgezogen. Im Hause Argelander fand Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere König Friedrich Wilhelm IV. (Regentschaft 1840-1858) Unterkunft. Zwischen ihm und Argelander entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft.
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Elbing und des Collegium Fridericianum in Königsberg begann Argelander im Jahr 1817 das Studium der Kameralwissenschaften an der Königsberger Universität, besuchte jedoch auch die Vorlesungen des renommierten Astronomen Friedrich Wilhelm Bessel (1784-1846), der sein Talent erkannte und förderte. 1818 wechselte Argelander zur philosophischen Fakultät, um sich fortan ganz dem Studium der Astronomie und der Mathematik zu widmen. Am 1.10.1820 nahm ihn Bessel als Gehilfen an der von ihm geleiteten Königsberger Sternwarte auf. Nachdem er sich bereits durch seine Mitarbeit am fünften Band von Bessels „Königsberger Beobachtungen“ als einer der „ausgezeichnetsten Schüler“ Bessels bewährt hatte, promovierte er am 1.4.1822 mit einer kritischen Betrachtung der Beobachtungen des englischen Astronomen John Flamsteed (1646-1719) zum Doktor der Philosophie. Nur elf Tage später, am 12. April, erwarb er sich mit seinen in Fachkreisen für Aufsehen sorgenden „Untersuchungen über die Bahn des Kometen von 1811“ auch die Lehrerlaubnis an der Königsberger Universität.
Am 2.5.1823 heiratete Argelander die aus Königsberg stammende Marie Charlotte Sophie Courtan (1801-1883). Aus der Ehe gingen der Sohn Heinrich Lorentz (1834-1908) sowie die Töchter Maria Wilhelmine Amalie (1827-nach 1883), Maria Olga Elisabeth (1836-1854) und Anna Mathilde Auguste (1838-1872) hervor. Maria heiratete 1862 Argelanders Schüler Carl Nikolaus Albert Krüger (1832-1896), einen seiner Nachfolger als Leiter der Sternwarte in Helsingfors. Auch Anna ging die Ehe mit einem Schüler und Mitarbeiter des Vaters ein. Sie heiratete 1865 Julius Theodor Wolff (1827-1899), der die Arbeiten seines Schwiegervaters in Bonn und später in München fortsetzen sollte.
Auf Vermittlung Bessels erhielt Argelander 1823 eine Anstellung als Leiter der Sternwarte in Abo (Turku) in Finnland. Nachdem fast die gesamte Stadt 1828 durch eine Feuersbrunst zerstört worden war, übersiedelte die Universität mit sämtlichen Instituten nach Helsingfors (Helsinki). Hier beauftragte man den mittlerweile auch hier zum Professor ernannten Argelander mit der Errichtung einer neuen Sternwarte. Die Aufgabe erwies sich als schwierig, unter anderem verzögerten Probleme mit dem Baugrund und eine verheerende Choleraepidemie eine rasche Umsetzung. Im Herbst 1835 konnte das Institut seiner Bestimmung übergeben werden. Argelanders organisatorisches Geschick und seine hohe wissenschaftliche Reputation machten ihn 1836 zum bevorzugten Kandidaten für die Neubesetzung des Lehrstuhls für Astronomie der Universität Bonn. Argelander folgte ihrem Ruf vom 23.8.1836 unter der Zusicherung des preußischen Staates, den Aufbau eines modernen astronomischen Instituts zu gewährleisten – ein Wunsch, dessen Verwirklichung seinem Vorgänger Karl Dietrich Münchow (1778-1836) verwehrt geblieben war. Argelander wusste sich bei den Verhandlungen nicht zuletzt der Unterstützung seines Jugendfreundes Friedrich Wilhelm sicher. Für den Entwurf der Sternwarte zeichneten die renommierten preußischen Architekten Peter Joseph Leydel (1783-1845) und Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) verantwortlich. 1845 konnte sie - damals eine der modernsten Anlagen ihrer Art - eingeweiht werden. Das Gebäude mit seinen charakteristischen vier Türmen an der Poppelsdorfer Allee im Bonner Süden, zur Bauzeit noch weit außerhalb des Stadtgebietes liegend, überstand als eines der wenigen Universitätsinstitute die Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg und beherbergte noch bis 1973 das astronomische Institut der Universität Bonn.
Die ersten Jahre in Bonn verbrachte Argelander, unter einfachen Verhältnissen im Gartenhaus Peter Joseph Lennés am Alten Zoll lebend und arbeitend, mit der Erstellung der „Neuen Uranometrie“, einem 17 Karten enthaltenden Atlas sämtlicher mit bloßem Auge in Mitteleuropa sichtbaren Fixsterne mit Angabe ihrer Helligkeitsverhältnisse. Argelander hatte ein präzises visuelles Verfahren zur Helligkeitsbestimmung veränderlicher Sterne entwickelt, deren Anwendung er im besonderen auch Amateurastronomen empfahl, die nicht die Möglichkeit nutzen konnten, den Himmel mit den modernen technischen Mitteln zu beobachten. Die Grundlage dieser und seiner folgenden Arbeiten zur Vermessung und Ortsbestimmung bildete das von seinem Lehrmeister Bessel entwickelte Verfahren zur Bestimmung von Sternpositionen im äquatorialen Koordinatensystem. Das neue Bonner astronomische Institut mit seiner höchsten Ansprüchen genügenden Ausstattung – es verfügte unter anderem über einen Meridiankreis zur Bestimmung von Sternpositionen und ein Heliometer zur Winkelbestimmung und der Messung von Sternenabständen – bot Argelander ab 1845 die idealen Voraussetzungen zur Intensivierung seiner Forschungstätigkeit.
Die Entwicklung neuer Beobachtungsinstrumente und die daraus resultierende Entdeckung neuer Sterne im 19. Jahrhundert hatten eine einheitliche Vermessung und Kartierung des Sternenhimmels notwendig gemacht – eine Aufgabe, für die Argelander geradezu prädestiniert war. Vom 25.2.1852 bis zum 27.3.1859 widmete er sich in Kooperation mit dem Berliner Astronomen Johann Friedrich Julius Schmidt (1825-1884) sowie mit seinen Assistenten Friedrich Thormann (1831-1882), Eduard Schönfeld (1828-1891) und Adalbert Krüger der Verwirklichung seines Hauptwerkes, der 1863 veröffentlichten, dreibändigen „Bonner Durchmusterung“. Argelander und seinen Mitarbeitern gelang es dabei, insgesamt 324.198 Sterne mit den Positionen und Helligkeiten derselben zu erfassen. Das 48 Karten umfassende Werk sollte zum Vorbild und Maßstab künftiger Durchmusterungen des nördlichen und südlichen Sternenhimmels werden.
Knapp 40 Jahre wirkte Argelander in Bonn; in den Jahren 1854 und 1860 bekleidete er das Amt des Rektors der Universität und war von 1864 bis 1871 Vorsitzender der von ihm mitbegründeten Astronomischen Gesellschaft. Zu den zahlreichen internationalen Auszeichnungen zählt der bereits 1838 verliehene Demidow-Preis der russischen Akademie und die Goldmedaille der Royal Astronomical Society in London im Jahr 1863. 1866 wurde Argelander in den Rang eines preußischen Geheimrats erhoben und 1874 zum Ritter des Ordens pour le Mérite ernannt. Aus den Beschreibungen seiner Zeitgenossen ergibt sich das Bild eines äußerst umgänglichen Wissenschaftlers, der sich die jugendliche Begeisterung für die Astronomie bis ins hohe Alter erhielt und diese auch im Umgang mit seinen Studenten zu vermitteln und weiterzugeben vermochte.
Friedrich Wilhelm Argelander starb am 17.2.1875 in Bonn. Sein Grab befindet sich auf dem Alten Friedhof. An alter Wirkungsstätte wurde eine Straße nach ihm benannt, darüber hinaus wurde er zum Namensgeber des Argelander-Instituts für Astronomie der Universität in Bonn-Endenich.
Werke (Auswahl)
De observationibus astronomicis a Flamsteedio institutis, Dissertationsschrift, Königsberg 1822.
Untersuchungen über die Bahn des Kometen von 1811, Habilitationsschrift, Königsberg 1822,
Uranometria Nova, Bonn 1843.
Aufforderung an die Freunde der Astronomie zur Beobachtung der veränderlichen Sterne, Bonn 1844.
Bonn Sternenverzeichnis, 3 Bände, Bonn 1862.
Literatur
Becker, Friedrich, Friedrich Wilhelm August Argelander 1799-1875, in: Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn, Band 7: Mathematik und Naturwissenschaften, Bonn 1970, S. 73-78.
Niesen, Josef, Bonner Personenlexikon, 3. verbesserte und erweiterte Auflage, Bonn 2011, S. 25-26.
Schmidt, Hans, Astronomen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität. Ihr Leben, Bonn 1990, S. 36.
Sticker, Bernhard, Friedrich Wilhelm Argelander und die Astronomie vor hundert Jahren, Bonn 1944.
Online
Zinner, Ernst, Artikel "Argelander, Friedrich Wilhelm August", in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 350. [Online]
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Thomann, Björn, Friedrich Wilhelm Argelander, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/friedrich-wilhelm-argelander/DE-2086/lido/57adb119eb2cc6.84427907 (abgerufen am 03.12.2024)