Gerhard VII.

Graf von Jülich (wohl vor 1250-1328)

Helena Glagla (Frechen)

Siegel Gerhards VII., anhängend an einer Urkunde vom 28. Juli 1295, Bild: Ritter auf galoppierendem Pferd mit gezogenem Schwert in der Linken und Kampfschild mit Jülicher Löwe am ausgestreckten rechten Arm. Auf dem Helm ein Fächerkleinod. Umschrift: S(igillum) ● GERARDI ● DE IVLIACO DOMINI ● D(e)CASTRE. (Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland)

Die ers­te ur­kund­li­che Er­wäh­nung Ger­hards VII. von Jü­lich am 7.6.1274 be­zeugt ei­nen Ver­gleich. Dies ist rich­tung­wei­send für die Jü­li­cher Po­li­tik zwi­schen 1297 und 1328. Ger­hard VII. von Jü­lich ver­stand es, durch ge­schick­te und gleich­zei­tig sehr be­stimm­te Po­li­tik sei­nen Macht­be­reich und das Macht­ge­fü­ge im Rhein­land nach­hal­tig zu sta­bi­li­sie­ren. 

Der als ver­mut­lich vier­ter Sohn des Gra­fen Wil­helm IV. von Jü­lich (wohl 1210-1278) und der Ri­char­da von Gel­dern (ge­stor­ben wohl vor 26.5. oder 16.10.1300) ge­bo­re­ne Ger­hard war zu­nächst nicht für die Nach­fol­ge vor­ge­se­hen. Der Va­ter und die bei­den äl­tes­ten Brü­der fan­den bei ei­nem Über­fall auf die Stadt Aa­chen am 16.3.1278 den Tod. Zu­nächst über­nahm der nächst­äl­te­re Bru­der Wal­ram die Graf­schaft; bei Wal­rams Tod 1297 ­um­ging Ger­hard des­sen zwei Söh­ne, die geist­li­chen Stan­des wa­ren, und ur­kun­de­te am 5.12.1297 erst­mals als Graf von Jü­lich.

1298 un­ter­stütz­te er die Wahl und Krö­nung Kö­nig Al­brechts I. (Re­gie­rungs­zeit 1298-1308) und mar­kier­te da­mit das En­de der Po­li­tik des Still­stan­des, zu der noch sein Bru­der Wal­ram auf­grund der durch den Tod des Va­ters ent­stan­de­nen Si­tua­ti­on ge­zwun­gen war. 

Als Ger­hard die Herr­schaft in der Graf­schaft über­nahm, war die po­li­ti­sche Groß­wet­ter­la­ge am Rhein von ei­ner be­son­de­ren Dy­na­mik ge­kenn­zeich­net. Be­stim­mend für das Herr­schafts­ge­fü­ge am Nie­der­rhein war der Kampf der rhei­ni­schen Fürs­ten ge­gen die Vor­macht­stel­lung de­s Köl­ner Erz­bi­schofs ei­ner­seits und der drän­gen­den Macht aus Frank­reich an­de­rer­seits. Die tra­di­tio­nel­le Haus­po­li­tik der Jü­li­cher, dem Köl­ner Erz­bi­schof ent­ge­gen­zu­tre­ten, be­ein­fluss­te die po­li­ti­sche Si­tua­ti­on im Rhein­land. Bis auf we­ni­ge Ru­he­pha­sen führ­te Ger­hard VII. den Kon­flikt fort. Je­doch wur­den die meis­ten Kon­flik­te per Schieds­ge­richt aus­ge­tra­gen – ein Zei­chen für die Emp­find­lich­keit des Macht­ge­fü­ges am Nie­der­rhein. Je­doch: Wo im­mer sich ein Kon­flikt mit erz­stif­tisch-köl­ni­scher Be­tei­li­gung auf­tat, stand Ger­hard VII. auf der Ge­gen­sei­te, so auch im auf­bre­chen­den Streit zwi­schen Al­brecht I. und dem Köl­ner Erz­bi­schof Wik­bold von Hol­te (Epis­ko­pat 1297-1304). Als Lohn er­hielt er 12.000 Köl­ni­sche Mark, die Ver­pfän­dung der Burg Kai­sers­werth (heu­te Stadt Düs­sel­dorf) und ei­nen Zoll zu Rheineck.

Be­reits 1300 war die her­aus­ra­gen­de Stel­lung Ger­hards VII. als Reichs­vogt am Nie­der­rhein ma­ni­fes­tiert. Die da­mit ver­bun­de­nen Auf­ga­ben und Be­fug­nis­se sind nur lü­cken­haft be­kannt, je­doch be­legt die Ver­lei­hung der Reichs­vog­tei das Ver­trau­ens­ver­hält­nis zwi­schen dem Kö­nig und dem Gra­fen. 

Mit der Er­lan­gung der päpst­li­chen Zu­stim­mung Al­brechts I. im Jahr 1303 ist zu be­mer­ken, dass Ger­hard mit dem Aus­bau sei­nes Macht­be­rei­ches be­gann. Der Ge­gen­satz zwi­schen de­m Erz­stift Köln und Jü­lich er­fuhr da­durch be­son­de­ren Auf­wind. Es ging nun nicht mehr um die Un­ter­stüt­zun­g ­ver­schie­de­ner Kö­nigs­kan­di­da­ten, son­dern um Lo­kal­kon­flik­te, wo­zu die Sta­bi­li­sie­rung von Ger­hards Po­si­ti­on in Dü­ren und Aa­chen ge­hör­te. Die Ein­set­zung ei­nes Jü­li­cher Amt­manns als Vogt von Dü­ren mar­kier­te ei­ne neue Po­li­tik in der Graf­schaft Jü­lich. Auch wenn Ger­hard die auf­wän­di­ge Lehns­po­li­tik sei­ner Ah­nen fort­setz­te, so folg­te er doch nun zu­gleich dem in­no­va­ti­ven An­satz, Amt­leu­te ein­zu­set­zen.

In der Fol­ge­zeit wand­te sich Al­brecht I. an­de­ren Zie­len zu und ver­nach­läs­sig­te die rhei­ni­schen Be­lan­ge. In die­sem Zu­sam­men­hang ist ei­ne An­nä­he­rung Ger­hards VII. an Kö­nig Phil­ipp IV. von Frank­reich (1285-1314) zu ver­zeich­nen, si­cher ge­för­dert durch die Ehe mit Eli­sa­beth von Bra­bant-Arschot (ge­stor­ben nach 26.11.1350), für de­ren An­teil an den fran­zö­si­schen Le­hen Ger­hard VII. dem fran­zö­si­schen Kö­nig im März 1304 hul­dig­te. 

Auf­grund der Wich­tig­keit für die Jü­li­cher Be­lan­ge kann da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass Ger­hard VII. beim To­de Erz­bi­schof Wik­bolds am 28.3.1304 ver­such­te, auf die Wahl des neu­en Köl­ner Erz­bi­schofs Ein­fluss zu neh­men. Sein ver­mut­li­cher Wunsch­kan­di­dat Rein­hard von Wes­ter­burg konn­te sich je­doch nicht ge­gen Hein­rich II. von Vir­ne­burg (Epis­ko­pat 1304-1332) durch­set­zen, der als Köl­ner Erz­bi­schof die Po­li­tik Wik­bolds fort­setz­te. 

Der Druck Frank­reichs auf das Rhein­land wuchs; dem muss­ten die rhei­ni­schen Fürs­ten ge­schlos­sen ent­ge­gen­tre­ten. Dies er­for­der­te ei­nen Kom­pro­miss zwi­schen Jü­lich und dem Erz­stift Köln, der die lo­ka­len Kon­flik­te für kur­ze Zeit zum Er­lie­gen brach­te. In die­se Zeit fällt auch die vor­sich­ti­ge Dis­tan­zie­rung Ger­hards vom fran­zö­si­schen Kö­nig, zu­mal sich Kö­nig Al­brecht I., der den wach­sen­den fran­zö­si­schen Ein­fluss nicht dul­den konn­te und da­ne­ben Un­ter­stüt­zung in Thü­rin­gen und Mei­ßen brauch­te, wie­der dem Rhein­land zu­wand­te. Der Mord an Al­brecht I. am 1.5.1308 er­for­der­te ei­ne neue Po­si­tio­nie­rung der rhei­ni­schen Fürs­ten hin­sicht­lich mög­li­cher Kö­nigs­kan­di­da­ten. Am 11.5.1308 schlos­sen Her­zog Jo­hann von Bra­bant-Lim­burg (1294-1312) und die Gra­fen Hein­rich von Lu­xem­burg (1288-1313), Jo­hann von Na­mur (1305-1330), Ger­hard von Jü­lich und Ar­nold von Loon (1297-1323) ein Bünd­nis zur ge­gen­sei­ti­gen Hil­fe, aus­ge­nom­men den deut­schen und den fran­zö­si­schen Kö­nig. Ver­mut­lich stand Hein­rich von Lu­xem­burg zu die­sem Zeit­punkt be­reits als fa­vo­ri­sier­ter Kan­di­dat für die Kö­nigs­wahl fest. Für sei­ne Wahl und Krö­nung er­freu­te sich der nun­meh­ri­ge Hein­rich VII. (Re­gie­rungs­zeit 1308-1313) um­fas­sen­der po­li­ti­scher und fi­nan­zi­el­ler Un­ter­stüt­zung durch den Jü­li­cher Gra­fen, des­sen An­se­hen in die­ser Zeit er­heb­lich ge­stie­gen war. Zahl­rei­che Lehn­s­auf­tra­gun­gen zeu­gen da­von.

Der Ge­gen­satz zwi­schen dem Gra­fen von Jü­lich und der Reichs­stadt Aa­chen hat­te seit 1278 wei­ter ge­schwelt. 1310 kam schlie­ß­lich ei­ne Ei­ni­gung zu­stan­de, al­ler­dings vor dem Hin­ter­grund ei­nes Bünd­nis­ses rhei­ni­scher Fürs­ten, das den Aa­che­ner Bür­gern kaum ei­ne an­de­re Wahl ließ, als ein­zu­len­ken. Spä­tes­tens 1311 war das Ge­biet zwi­schen Maas und Niers für Jü­lich kon­so­li­diert. Ei­nen wei­te­ren Macht­ge­winn für Jü­lich mar­kier­te der zu­nächst um­strit­te­ne An­fall der Herr­schaf­ten Berg­heim und Müns­ter­ei­fel, mit dem ei­ne wei­te­re Be­haup­tung der Jü­li­cher In­ter­es­se ge­gen die des Köl­ner Erz­bi­schofs ein­her­ging. Nun un­ter­stand die ge­sam­te Erft­li­nie der Jü­li­cher Kon­trol­le.

Ins­ge­samt lässt sich zu Be­ginn der 1310er Jah­re ein Macht­ge­winn Ger­hards fest­stel­len, un­ter­stützt durch die nun sta­bi­le Be­zie­hung zu Bra­bant, des­sen Her­zog Jo­hann II. fi­nan­zi­ell so schlecht ge­stellt war, dass Ex­pan­si­ons­be­stre­bun­gen in Rich­tung Rhein un­denk­bar wa­ren, wäh­rend der fi­nanz­star­ke Ger­hard von Jü­lich die Mög­lich­keit hat­te, durch ge­ziel­te Un­ter­stüt­zung auf in­ner­bra­ban­ti­sche Be­lan­ge Ein­fluss zu neh­men.

Als am 24.8.1313 Kö­nig Hein­rich VII. starb, brach der seit 1309 ru­hen­de Kon­flikt zwi­schen Ger­hard und dem Köl­ner Erz­bi­schof Hein­rich II. er­neut auf. Der Erz­bi­schof fa­vo­ri­sier­te für die Kö­nigs­wahl den Habs­bur­ger Fried­rich, wäh­rend Ger­hard mit der gro­ßen Mehr­heit der rhei­ni­schen Fürs­ten die Kan­di­da­tur Jo­hanns von Böh­men (Re­gie­rungs­zeit 1310-1346) zum deut­schen Kö­nig un­ter­stütz­te, und als die­se sich als nicht zu rea­li­sie­ren er­wies, die Lud­wigs des Bay­ern (Re­gie­rungs­zeit 1314/1322-1347). Nun war es an Ger­hard, ent­schei­den­den Ein­fluss zu neh­men, denn al­le Be­tei­lig­ten muss­ten auf dem Weg nach Aa­chen zur Kö­nigs­krö­nung durch Jü­li­cher Ge­biet - und die­sen Weg ver­wehr­te er dem Erz­bi­schof und sei­nem Kan­di­da­ten Fried­rich von Ös­ter­reich, die statt­des­sen nach Bonn zur Krö­nung zo­gen. Nun er­ho­ben ein vom rich­ti­gen Co­ro­na­tor – de­m Erz­bi­schof von Köln - am fal­schen Ort und ein vom fal­schen Co­ro­na­tor am rich­ti­gen Ort Ge­krön­ter ih­re An­sprü­che auf den deut­schen Thron. Die­se Si­tua­ti­on war nicht ein­deu­tig auf­zu­lö­sen. Wir fin­den Ger­hard von Jü­lich in der Fol­ge­zeit ver­mehrt im Ge­fol­ge Lud­wigs des Bay­ern.

Im Früh­jahr 1317 kam es zu ei­ner mi­li­tä­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen dem Erz­bi­schof und dem Gra­fen von Jü­lich um die Stadt Zül­pich. Die­ser lag ein Streit zu­grun­de, der be­reits seit 1251 be­zeugt ist. Aus ei­nem spä­te­ren Schieds­ur­teil geht her­vor, dass Ger­hard von Jü­lich die Stadt ei­gen­mäch­tig be­fes­tigt hat­te, ob­wohl sie als Pfand­ob­jekt des Köl­ner Erz­bi­schofs nicht ver­än­dert wer­den durf­te. Ger­hard hat­te den Rück­halt des Trie­rer Erz­bi­schofs Bal­du­in, der zu die­sem Zeit­punkt im Streit mit dem Köl­ner Amts­kol­le­gen lag. Bal­du­in schick­te auf ei­ge­ne Kos­ten ein Heer zu Ger­hard und ver­hin­der­te da­mit die Ein­nah­me der Stadt durch den Köl­ner Erz­bi­schof. 

Der Hin­ter­grund für die mi­li­tä­ri­sche Ak­ti­on war ver­mut­lich, dass Ger­hard der ent­schei­den­de Ver­hin­de­rer der Krö­nung Fried­richs in Aa­chen ge­we­sen war. Als eif­ri­ger An­hän­ger Lud­wigs des Bay­ern wur­de er zum ge­fähr­lichs­ten Geg­ner Erz­bi­schof Hein­richs II. am Nie­der­rhein, zu­mal er mit Flo­ris Berthout von Me­cheln (ge­stor­ben 1331) die bra­ban­ti­schen Re­gie­rungs­ge­schäf­te wäh­rend der Min­der­jäh­rig­keit Her­zog Jo­hanns III. von Bra­bant (1312-1355) über­nom­men hat­te. 

  Am 19.6.1317 schloss Lud­wig der Bay­er in Ba­cha­rach mit sei­nen Ver­bün­de­ten ein Of­fen­siv­bünd­nis ge­gen Fried­rich von Ös­ter­reich und sei­nen Prot­ago­nis­ten Hein­rich II. von Köln. Auf die­ser Ba­sis ent­stand drei Ta­ge spä­ter ein Land­frie­dens­bünd­nis für die Dau­er von sie­ben Jah­ren, des­sen Mit­glie­der zu­nächst ne­ben Lud­wig dem Bay­ern die Erz­bi­schö­fe von Mainz und Trier, Kö­nig Jo­hann von Böh­men und die Städ­te Köln, Mainz, Worms, Spey­er, Aa­chen, Op­pen­heim, Frank­furt, Fried­berg, Geln­hau­sen und Wetz­lar wa­ren. Die­ser Land­frie­den be­deu­te­te ei­ne er­heb­li­che Stär­kung des Wit­tels­ba­chers Lud­wig ge­gen­über dem Habs­bur­ger Fried­rich. Au­ßer­dem brach­te er in die Ge­scheh­nis­se am Nie­der­rhein ei­ne neue Dy­na­mik, iso­lier­te er doch den Köl­ner Erz­bi­schof. Es ist zu ver­mu­ten, dass auch Ger­hard dem Land­frie­dens­bund bei­trat, da er für Jü­lich nur Vor­tei­le brach­te.

Zu­nächst über­nahm Graf Wil­helm von Hen­ne­gau-Hol­land (1304-1337) die Auf­ga­be des Land­frie­dens­haupt­man­nes. Im Ju­li 1318 leg­te er das Amt mit der Bit­te um die Wahl ei­nes Nach­fol­gers nie­der. Ihm folg­te Ger­hard von Jü­lich, wie sich aus „zahl­rei­chen Be­mü­hun­gen […] in Land­frie­dens­an­ge­le­gen­hei­ten“ schlie­ßen lässt.[1]

Bis Mit­te De­zem­ber 1320 hat­te sich Ger­hard im El­sass auf­ge­hal­ten, um Lud­wig bei sei­nen Thron­kämp­fen zu un­ter­stüt­zen. Als der Wit­tels­ba­cher sich je­doch 1322 durch­ge­setzt hat­te, ver­lor die­ser das In­ter­es­se am Rhein­land und zwang da­mit die rhei­ni­schen Fürs­ten er­neut zur Um­ori­en­tie­rung.

Im Ver­lauf des Jah­res 1324 voll­zo­gen sich ein Wan­del in der Po­li­tik Ger­hards von Jü­lich und mög­li­cher­wei­se ei­ne schritt­wei­se Dis­tan­zie­rung von Lud­wig dem Bay­ern. Papst Jo­han­nes XXII. (Pon­ti­fi­kat 1316-1334) hat­te bis­her zum deut­schen Thron­streit nicht Stel­lung be­zo­gen. Je­doch kol­li­dier­te zum ei­nen seit 1323 die Ita­li­en­po­li­tik Lud­wigs des Bay­ern mit der des Paps­tes, zum an­de­ren hat­te Lud­wig Fried­rich von Ös­ter­reich 1322 nach der Schlacht bei Mühl­dorf ge­fan­gen ge­setzt und ihn da­mit fak­tisch ent­mach­tet. Da­mit än­der­te die Ku­rie ih­re Hal­tung zum Thron­streit und be­klag­te, dass Lud­wig nach sei­ner Wahl beim Papst nicht um Zu­stim­mung er­sucht und da­mit kei­ne Le­gi­ti­ma­ti­on für die Kö­nigs­kro­ne ha­be. Jo­han­nes XXII. be­zich­tig­te Lud­wig am 8.10.1323 der Amts­an­ma­ßung und for­der­te ihn auf, in­ner­halb von drei Mo­na­ten die Kö­nigs­kro­ne nie­der­zu­le­gen. Die An­hän­ger Lud­wigs for­der­te der Papst auf, die­sem kei­nen Ge­hor­sam mehr zu leis­ten. 

War Ger­hard von Jü­lich bis da­hin ei­ner der ver­läss­lichs­ten An­hän­ger des Wit­tels­ba­chers ge­we­sen, so konn­te er jetzt sei­nen Plan ge­fähr­det se­hen, sei­nen Sohn Wal­ram als Nach­fol­ger für den hoch­be­tag­ten Hein­rich von Vir­ne­burg als Köl­ner Erz­bi­schof zu prä­sen­tie­ren. Die wei­te­re Ex­pan­si­on hing „für Jü­lich we­sent­lich von der Per­son des künf­ti­gen Köl­ner Erz­bi­schofs ab“,[2]  da un­ter Hein­rich von Vir­ne­burg auf­grund der ver­här­te­ten Fron­ten mit ei­ner Zu­sam­men­ar­beit nicht mehr zu rech­nen war. 

Da der Papst be­reits die Wahl des Köl­ner Erz­bi­schofs kas­siert hat­te, war es drin­gend not­wen­dig, dass Ger­hard von Jü­lich Ab­stand von Lud­wig dem Bay­ern nahm und die Ver­bin­dung zu Jo­han­nes XXII. such­te. Die Kon­takt­auf­nah­me er­folg­te im Herbst 1323 über die Re­ak­ti­vie­rung der Be­zie­hung zum fran­zö­si­schen Kö­nig. Die Be­mü­hun­gen des fran­zö­si­schen Kö­nigs­hau­ses, den Papst ge­gen­über der Jü­li­cher Gra­fen­fa­mi­lie mil­de zu stim­men, wa­ren er­folg­reich. Für den Be­ginn des Jah­res 1324 sind meh­re­re päpst­li­chen In­dul­gen­ti­en für die Fa­mi­lie über­lie­fert, un­ter an­de­rem das Ver­spre­chen, die nächs­te frei­wer­den­de Di­gni­tät für Wal­ram von Jü­lich zu re­ser­vie­ren. Da­für er­war­te­te der Papst ei­ne er­kenn­ba­re Ab­kehr von Lud­wig dem Bay­ern. Zehn Ta­ge spä­ter – am 26.2.1324 - je­doch fand die Dop­pel­hoch­zeit zwi­schen Lud­wig dem Bay­ern und Mar­ga­re­the von Hen­ne­gau-Hol­land (En­de 13. Jahr­hun­dert-1356) so­wie zwi­schen Wil­helm von Jü­lich (um 1299-1361) und Jo­han­na von Hen­ne­gau-Hol­land (ge­stor­ben 1374) in Köln statt. 

Am 23.3.1324 ver­häng­te Papst Jo­han­nes XXII. Bann und In­ter­dikt über Lud­wig den Bay­ern und sei­ne An­hän­ger. Von die­sem Zeit­punkt an ist Ger­hard von Jü­lich nicht mehr in der Um­ge­bung Lud­wigs nach­zu­wei­sen. Bei sei­nen Ex­pan­si­ons­be­stre­bun­gen kon­zen­trier­te sich Ger­hard nun auf Lehn­s­auf­tra­gun­gen, um Kon­flik­te mit dem Köl­ner Erz­bi­schof zu ver­mei­den. In der Zeit zwi­schen 1325 und 1328 sind für Ger­hard von Jü­lich 16 Lehn­s­auf­tra­gun­gen von ins­ge­samt 102 be­legt.

Im Früh­jahr 1327 hat­te Lud­wig der Bay­er sei­ne An­hän­ger auf­ge­for­dert, ihn nach Ita­li­en zu be­glei­ten, wo er sich oh­ne Un­ter­stüt­zung des Paps­tes zum Kai­ser krö­nen las­sen woll­te. Ei­ne Zu­sam­men­kunft der Gra­fen von Hen­ne­gau-Hol­land, Jü­lich, Gel­dern, Kle­ve un­d Berg brach­te den Ent­schluss, mit ­Rück­sicht auf die Hal­tung der Ku­rie kei­ne Hil­fe in Ita­li­en zu leis­ten. Für den Gra­fen von Jü­lich kann das als end­gül­ti­ge Ab­kehr von Lud­wig dem Bay­ern ge­wer­tet wer­den. 

Zu die­sem Zeit­punkt hat­te ver­mut­lich Ger­hard VII. be­reits ein sehr ho­hes Al­ter er­reicht. Er tä­tig­te in den Jah­ren 1327 und 1328 noch ei­ni­ge Lehns­ge­schäf­te, die Re­gie­rungs­ge­schäf­te wur­den je­doch weit­ge­hend von sei­nem Sohn Wil­helm wahr­ge­nom­men. Zwi­schen dem 23. und 29.7.1328 ist Ger­hard VII. von Jü­lich ge­stor­ben. Sei­ne Grab­le­ge wird in der Fa­mi­li­en­gruft in­ner­halb der Nideg­ge­ner Pfarr­kir­che ver­mu­tet. 

Erst die vor­sich­ti­ge Dis­tan­zie­rung Ger­hards von Lud­wig dem Bay­ern und die Be­mü­hung um Nä­he zur Ku­rie hat­te ei­ne um­fas­sen­de Aus­söh­nung zwi­schen dem Köl­ner Erz­bi­schof und dem Gra­fen von Jü­lich er­mög­licht, die für die Jü­li­cher Po­li­tik nach Ger­hards Tod weg­wei­send sein soll­te und von sei­nem Sohn Wil­helm fort­ge­setzt wur­de. Am 29.11.1328 kam es zu ei­ner um­fas­sen­den Aus­söh­nung zwi­schen ihm und Hein­rich von Vir­ne­burg; nach des­sen Tod am 6.1.1332 wur­de Wil­helms Bru­der Wal­ram von Jü­lich sein Nach­fol­ger. 

Quellen

La­mey, An­dre­as (Hg.), Aka­de­mi­sche Bei­trä­ge zur Gülch- und Ber­gi­schen Ge­schich­te, Band 3, Mann­heim 1781, S. 62.
La­com­blet, Theo­dor Jo­seph, Ur­kun­den­buch für die Ge­schich­te des Nie­der­rheins oder des Erz­stifts Köln, der Fürs­ten­tü­mer Jü­lich und Berg, Gel­dern, Mo­ers, Kle­ve und Mark und der Reichs­stif­te El­ten, Es­sen und Wer­den, Bän­de 2-4, Düs­sel­dorf 1840-1858, ND Aa­len 1960.
Die Re­ges­ten der Erz­bi­schö­fe von Köln im Mit­tel­al­ter, Band 3, be­arb. von Ri­chard Knip­ping, Bonn 1909-1913; Band 4, be­arb. von Wil­helm Kis­ky, Bonn 1915; Band 5, be­arb. von Wil­helm Jans­sen, Bonn 1973.

Literatur

An­der­mahr, Heinz, Graf Ger­hard VII. von Jü­lich (1297-1328), Bonn 1988. 
Her­born, Wolf­gang, Han­del und Wirt­schaft im Jü­li­cher Lan­de im Spie­gel der Jü­li­cher Zoll­rol­len vor 1350, in: Bei­trä­ge zur Jü­li­cher Ge­schich­te 40 (1973), S. 5-49.
Kraus, Tho­mas R., Jü­lich, Aa­chen und das Reich. Stu­di­en zur Ent­ste­hung der Lan­des­herr­schaft der Gra­fen von Jü­lich bis zum Jah­re 1328, Aa­chen 1987.
Mey­er, Gi­se­la, Graf Wil­helm V. von Jü­lich. Mark­graf und Her­zog (1328-1361), Diss. Phil., Bonn 1968.

 
Zitationshinweis

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Glagla, Helena, Gerhard VII., in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/gerhard-vii./DE-2086/lido/57c6c7ac60bc37.07868004 (abgerufen am 28.03.2024)